384/J XXV. GP

Eingelangt am 10.01.2014
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Anfrage

 

der Abgeordneten Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Rechtsberatung für die ÖBB

BEGRÜNDUNG

 

Der Rechnungshof hat in seinem Prüfbericht 2006/2 die massiv gestiegenen Beratungsleistungen, die von den ÖBB in Auftrag gegeben wurden, kritisiert. Besonders hervorgehoben wurden Rahmenverträge für Rechtsberatung mit einer Wiener Kanzlei, obwohl die ÖBB über eine eigene Rechtsabteilung verfügt. Diese Verträge sahen Honorare vor, die weit über den üblichen lagen. Der RH stellte fest, dass die Stundensätze bis zu 79% über den höchsten bislang von den ÖBB bezahlten Sätzen lagen. Das ursprünglich vorgesehene Vertragsvolumen von 700.000 Euro wurde nach Vertragsabschluss auf 3,3 Mio., also um fast das Fünffache erhöht und somit das Vergaberecht umgangen.

Statt den Vertrag aufzulösen wurde 2007 ein neuer Rahmenvertrag mit 10-jähriger Laufzeit vereinbart, mit dem die bisherigen Vereinbarungen zusammengefasst und abgelöst wurden. Dieser Vertrag sah ein neuerlich gestiegenes Volumen von 4,5 Mio. vor. Das ist insofern bemerkenswert, als 2006 die ÖBB Restrukturierung und die Integration des Postbus für die enorm gestiegenen Beratungskosten  geltend gemacht wurde, diese Argumente aber nun weggefallen waren.

Der Rahmenvertrag sah aber vor allem garantierte Einnahmen für die Rechtsanwaltskanzlei vor, da auch nicht abgerufene Leistungen bezahlt werden müssen. Auch wenn keinerlei Beratung in Anspruch genommen wird, müssen die ÖBB mindestens 2,9 Mio Euro bezahlen. In der Nachprüfung von 2009 berichtete der RH bereits von leistungsfreien Zahlungen in Höhe von rund einer Viertelmillion Euro an die Kanzlei, da etwa ein Drittel der für 2008 vereinbarten Leistung nicht abgerufen worden war.


Zu dem Vertrag wurde aber offenbar auch ein Side Letter abgefasst, mit dessen Hilfe das Vergaberecht ausgehebelt wurde: Sollte der Vertrag von einem Mitbewerber beeinsprucht werden, so verpflichtet sich die ÖBB (!) gegen diesen Einspruch juristisch vorzugehen und die Kanzlei Lansky, Ganzger & Partner für den Verdienstentfall zu entschädigen.

Deshalb erscheinen der Anfragestellerin verschiedene Aspekte des Vertrags zwischen den ÖBB und der Kanzlei Lansky, Ganzger & Partner als sittenwidrig und anfechtbar. Vor allem weil ohne erbrachte Leistungen Zahlungen erfolgen. Die ÖBB lassen sich quasi als Goldesel missbrauchen und schütten regelmäßig ihr Füllhorn in die Kassen der Anwaltskanzlei, egal ob eine Gegenleistung erfolgte oder nicht. Dies kann nicht im Sinne der Steuerzahlerinnen sein und stellt angesichts der erheblichen Finanzierung der ÖBB durch die Öffentliche Hand und angesichts der bereits 2006 vorliegenden massiven Kritik des Rechnungshofes eine Verhöhnung der SteuerzahlerInnen und der parlamentarischen Kontrollinstanzen dar. Als Eigentümervertreterin hätten Sie und Ihre Vorgänger schon längst den Aufsichtsrat und Vorstand zu Verantwortung ziehen und eine Änderung der Vertragsbedingungen anstreben müssen. Andernfalls drängt sich der Verdacht von Kick-back-Zahlungen an die SPÖ auf.

 

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Warum wurde beim Rahmenvertrag der ÖBB mit der Kanzlei Lansky, Ganzger & Partner 2007 eine unrealistisch hohe und offenbar weit über dem Bedarf liegende Vertragssumme vereinbart?

2)    Gab es Klauseln zur Beendigung der früheren Verträge (2002-2005) mit der Kanzlei Lansky, Ganzger & Partner?

3)    Warum wurde ein neuer Rahmenvertrag abgeschlossen, statt – wie es der RH empfohlen hatte – externes juristisches Know-How nur punktuell sowie in zeitlich und betraglich eingegrenzten Projekten zuzukaufen?

4)    Wer hat den neuen Rahmenvertrag verhandelt und von wem wurde er unterzeichnet?

5)    Wann wurde er dem Aufsichtsrat zur Bewilligung vorgelegt?

6)    Welche Verträge waren Ende 2006 mit der Kanzlei Lansky, Ganzger & Partner aufrecht und welche Auftragssummen umfassten diese im Einzelnen?

7)    Wurden alle diese Verträge zum Jahresbeginn 2007 gekündigt?


8)    Wurde zum Risiko, dass die Kanzlei Lansky, Ganzger & Partner erfolgreich gegen die Vertragskündigung klagt, eine juristische Meinung eingeholt?

a.    Wenn ja, von wem?

b.    Wenn ja, wie hoch wurde das finanzielle Risiko eingeschätzt?

9)    Wie erklärt sich die laut Profil vom 7.8.2010 kolportierte Honorarprognose der Kanzlei von 15,6 Mio. bzw. die ÖBB Schätzung von sogar 20 Mio.? Gibt bzw. gab es sachliche Grundlagen für diese Zahlen?

10) Mit welcher Begründung wird das Ergebnis des Vertrags vom 11.6.2007 als Vergleich oder als Einsparung bezeichnet?

11) Zum Vertrag vom 11.6.2007 existiert auch ein Side Letter:

a.    Wer hat diesen Side Letter formuliert und unterzeichnet?

b.    Wurde dieser Side Letter dem Aufsichtsrat vorgelegt und der Finanzprokuratur zur Kenntnis gebracht?

c.    Wer wurde mit der Frage, ob dieser Side Letter rechtskonform und nicht sittenwidrig ist, befasst?

12) Ist der Side Letter rechtskonform und nicht sittenwidrig?

13) Wie hoch war die Beratungsleistung, die für das Jahr 2008 (bzw. 2009, 2010, 2011, 2012, 2013) mit der Kanzlei Lansky, Ganzger & Partner vereinbart war?

14) Welcher Betrag wurde

a.    in den jeweiligen Jahren tatsächlich abgerufen,

b.    wieviel wurde jeweils ohne entsprechende Gegenleistung ausbezahlt und

c.     wieviel wurde jeweils auf das Folgejahr fortgeschrieben?

15) Gelang es den ÖBB – so wie im Rechnungshofbericht 2009/6 angekündigt – nicht ausgeschöpfte Auftragsvolumen ohne Entschädigungszahlungen auf das Folgejahr zu übertragen?

16) Werden Sie als Eigentümervertreterin mit dem Aufsichtsrat der ÖBB Holding dahingehend Gespräche führen, dass Zahlungen ohne Gegenleistung eingestellt und der Vertrag mit der Kanzlei Lansky, Ganzger & Partner gekündigt wird?