403/J XXV. GP

Eingelangt am 15.01.2014
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ANFRAGE

der Abgeordneten Schenk,

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Justiz

 

betreffend „Unterhaltspflicht für Väter – Anspannungsregelung

 

Im August 2010 wurde vom zuständigen Gericht der Unterhalt für zwei Kinder mit 350,00 € und 450,00 € pro Monat auf Grund der damaligen Einkommenssituation des Unterhaltspflichtigen festgesetzt.

Der unterhaltspflichtige Kindesvater erkrankte im November 2010 an einem Tumor im Rückenmark, welcher im Februar 2011 operativ entfernt werden musste. Im Zuge dieser Operation war er gezwungen, seine damalige feste Anstellung zu kündigen und machte sich dann ab 15.3.2011 als gewerberechtlicher Geschäftsführer einer Kommanditgesellschaft selbstständig. Aufgrund bestehender Förderrichtlinien durfte sich der Kindesvater nur ein maximales Nettogehalt von 1.400,- € pro Monat 12x im Jahr auszahlen.

Eine Minderung der Unterhaltszahlungen für die beiden Kinder war nicht möglich, da in diesem Falle das Prinzip der Anspannung schlagend wurde. Der Kindesmutter war der Umstand bekannt, dass der Kindesvater wesentlich höhere Unterhaltszahlungen tätigte, als ihm dies seine finanzielle Situation eigentlich ermöglichte. Der Jahresnettoverdienst des Kindesvater betrug 2012 ca. 10.933 €. Die Höhe der Alimente beliefen sich im gleichen Zeitraum auf 9.600,00 €. Damit blieben dem Kindesvater 111,00 € pro Monat für die Bezahlung von Miete, Versicherung, Kredit, Essen, Kleidung etc. Das Existenzminimum beträgt derzeit 977.- €.

Um seinen Unterhaltsleistungen nachkommen zu können, musste der Kindesvater nun zahlreiche Nebentätigkeiten zusätzlich zu seiner selbständigen Tätigkeit annehmen. Der Zeitaufwand für die Nebentätigkeiten wirkte sich in der Folge negativ auf die Entwicklung seines Unternehmens aus. Um weitere private finanzielle Verluste abzuwenden, entschied sich der Kindesvater Ende 2012 wieder in ein unselbstständiges Arbeitsverhältnis zu wechseln. So trat er Mitte Jänner 2013 eine entsprechende Stellung an.

Die unselbstständige Tätigkeit verschaffte dem Kindesvater wieder ein geregeltes Einkommen. Im Mai 2013 stellten die Kindesmutter und die mittlerweile volljährige Tochter dann gemeinsam einen Antrag auf Erhöhung der Alimente auf 530,00 € für die minderjährige Tochter und 550,00 € für die volljährige Tochter rückwirkend bis Februar 2013.

Der Kindesvater hat gegen diese Anträge Einspruch erhoben. Nach längerem Austausch von Anträgen, Ansprüchen und Einsprüchen entschied im Oktober 2013 das zuständigen Bezirksgericht, dass der Kindesvater den Anträgen der Kindesmutter und der Tochter Folge zu leisten hat. Damit musste der Kindesvater aufgrund der Rückwirkung 1.800,-€ an die Kindesmutter und Tochter zahlen. Bei nicht fristgerechter Zahlung würde dieser Betrag exekutiert werden.

Der Kindesvater hat daraufhin mit Hilfe eines Rechtsanwalts Möglichkeiten ausgelotet, um die rückwirkenden Zahlungen doch noch abwenden zu können. Der Termin beim Rechtsanwalt war für den Kindesvater sehr ernüchternd, da dieser ihm mitteilte, dass es faktisch keine Möglichkeit für einen erfolgreichen Einspruch gebe. Es ist einem Unterhaltspflichtigen lediglich einmal möglich, eine Minderung der Alimente zu beantragen, wenn er auf Grund eines Arbeitsplatzwechsels weniger verdienen sollte. Dies muss ihm zugestanden werden, danach könne der Unterhaltspflichtige wieder „angespannt“ werden.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Justiz nachstehende

 

Anfrage

1.     Laut Exekutionsordnung haben dem Unterhaltsverpflichteten zwar 75% des unpfändbaren Freibetrags zu verbleiben, dieser Richtsatz kann aber bei Bedarf von der Rechtsprechung unterschritten werden. Bei wie vielen Entscheidungen zu Unterhaltsverpflichtungen durch die Gerichte wurde in 2012 und 2013 dieser Richtsatz unterschritten?

a.     Wie hoch liegt der Anteil dieser Fälle in Relation zu den in 2012 und 2013 gesamt gefällten Entscheidungen zur Unterhaltsverpflichtung?

b.     Auf welche durchschnittliche Höhe belief sich in diesen Fällen der den zur Unterhaltszahlungen Verpflichteten übriggebliebene Freibetrag?

2.     Bei wie viel Gerichtsentscheidungen wurde in den Jahren 2010, 2011 und 2012 die Anspannungsregelung angewendet und wie viele davon betrafen Kindesmütter?

3.     Die realen Erwerbschancen eines Unterhaltspflichtigen sind wie die Anwendung des Anspannungsgrundsatzes nach den konkreten Umständen des Einzelfalls vom Gericht auszuloten. Wie erfolgt in der Gerichtspraxis die Erhebung der Erwerbschancen?

4.     Gibt es von Seiten Ihres Ressorts Untersuchungen bzw. Erhebungen, die darstellen, wie viele Betroffene aufgrund der o.a. Unterschreitung des Richtsatzes an den Rand des Existenzminimums und darunter gebracht wurden bzw. werden?

a.     Wenn ja, welche Erkenntnisse konnten/können Sie bzw. Ihr Ressort daraus ziehen und welche darauf bezogene Maßnahmen werden bzw. wurden von Ihnen gesetzt?

b.     Wenn nein, warum nicht?

5.     „Die Armutsgefährdungsschwelle aus EU-SILC 2011 liegt für einen Einpersonenhaushalt bei 12.791 Euro pro Jahr. Dieser Betrag umfasst die Summe der Jahreseinkünfte aus Erwerbsarbeit, Sozialtransfers, Einkommen aus Unterhaltszahlungen und anderen Privateinkommen.“[1] Gibt es von Seiten Ihres Ressorts ein Monitoring o. Ä., das die Berücksichtigung der o.a. Armutsgefährdungsschwelle im Falle von Gerichtsentscheidungen, die eine Unterschreitung von 75% des unpfändbaren Freibetrags bewirken, beobachtet?

a.     Wenn ja, welche Erkenntnisse haben Sie bzw. Ihr Ressorts bisher daraus gezogen und welche darauf bezogene Veranlassungen haben Sie getroffen?

b.     Wenn nein, warum nicht?

6.     Besteht zwischen Ihrem Ressort und dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz ein Informationsaustausch bezüglich der armutsgefährdenden Auswirkung von Gerichtsentscheiden betreffend Unterhaltsverpflichtungen, die zu einer Unterschreitung des unpfändbaren Freibetrags führen?

a.     Wenn ja, welche konkreten Informationen werden/wurden ausgetauscht, welche Maßnahmen bzw. Veranlassungen wurden von Ihnen daraus bisher abgeleitet?

b.     Wenn nein, warum nicht?

7.     „Nach Schätzungen des Vereins vaterverbot.at fallen 37% der unterhaltspflichtigen Väter mit ihrem frei verfügbaren Einkommen unter die Armutsgrenze von 951 € monatlich. Rund 26% bleibt nicht einmal das Existenzminimum von 772 € pro Monat. Unterhaltspflichtige Väter können gezwungen werden, mit 75 % des Existenzminimums, also mit 579 € oder weniger pro Monat auszukommen (bei manchen Einzelurteilen auch darunter).“[2] Entsprechen diese Angaben aus Ihrer Sicht bzw. aus der Sicht Ihres Ressorts den tatsächlichen Gegebenheiten?

a.     Wenn ja, welcher Handlungsbedarf besteht aus Ihrer bzw. aus der Sicht Ihres Ressorts diesbezüglich?

b.     Wenn nein, wie lauten die diesbezüglichen Erhebungen bzw. Daten Ihres Ressorts dazu?

 



[1] Armutsbericht Österreich 2013, S.32 (Studie der Statistik Austria im Auftrag des BMASK)

[2] http://www.vaterverbot.at/mindestsicherung.html