408/J XXV. GP
Eingelangt am 20.01.2014
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Anfrage
der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Entschuldung der Republik Sudan
Im Rahmen der HIPC-Initiative (High Indebted
Poor Countries) der internationalen Geber- und Gläubigerländer, soll
es zur Ausweitung und Beschleunigung der Entschuldungen von hoch verschuldeten
armen Ländern kommen. Das angestrebte Ziel der Entschuldungen, die bereits
1999 von Weltbank und Internationalem Währungsfonds eingeleitet wurden,
war und ist die Armutsbekämpfung in den ärmsten Ländern der
Welt. Für die Entschuldung können sich
Länder qualifizieren, die bei der Weltbank Kredite zu den günstigsten
Bedingungen erhalten, da sie einen Schuldenstand (im Gegenwartswert bemessen)
aufweisen, der mehr als 150 Prozent der Exporte oder mehr als 250 Prozent der
Staatseinnahmen ausmacht. Diese Initiative umfasst
über 40 verschuldete Länder, wie u.a. Äthiopien,
Ghana, Demokratische Republik Kongo, Laos, Madagaskar, Nicaragua, Sierra Leone,
Somalia, Sudan oder Uganda. Die Befürworter der
HIPC-Initiative erwarteten, dass sich die betroffenen Länder nun nicht
mehr auf die Tilgung von Schulden, sondern auf entwicklungspolitische
Maßnahmen wie Infrastruktur-, Sozial- und Bildungsaufgaben konzentrieren
können. Die Schuldenanpassung der ärmsten Länder durch IWF und
Weltbank bringt aber auch mit sich, dass - abhängig vom Exportvolumen
eines Landes – eine bestimmte Menge an Auslandsschulden als bedienbar gelten
und nach einem fixierten Plan nach der „Entschuldung“ zu begleichen
sind. Es wird also jener Anteil der Schulden gestrichen, der von den
ärmsten Ländern nicht mehr bezahlt und von den Gläubigern nicht
mehr eingefordert werden kann. Entschuldung macht dann Sinn,
wenn die frei werdenden Mittel für Armutsbekämpfung eingesetzt
werden, aber ein größerer Handlungsspielraum
für wichtige Strukturprogramme gegen Armut scheint daraus jedoch nicht zu
folgen.
Die Entwicklungen hinsichtlich einer möglichen Entschuldung der Republik Sudan ist gerade für die Republik Österreich, als anteilsmäßig größter westlicher Gläubigerstaat, von höchster Relevanz. Eine Entschuldung des Sudan ist nur dann möglich, wenn alle 55 Mitglieder des Pariser Clubs ebenfalls zustimmen. Im „Comprehensive Peace Agreement“ zwischen den Republiken Südsudan und Sudan aus dem Jahr 2005 wurde festgehalten, dass sie sich gemeinsam für eine Entschuldung einsetzen. Sollte dies scheitern, müsste die Aufteilung der Schuldenlast - die offiziell beim Sudan alleine liegt - verhandelt werden. Vor diesem Hintergrund ist von Beweglichkeit der Schuldner im Verhandlungsprozess auszugehen und diese sollte auch gerade von Österreich genutzt werden, um politische und rechtsstaatliche Fortschritte sowie Reformen zum Wohle der Bevölkerung zu forcieren.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1. Wie hoch sind die Schulden der Republik Sudan gegenüber Österreich mit 1.1.2014?
2. Was ist die österreichische Position hinsichtlich einer „Entschuldung“ des Sudan? Welche Schulden würden in eine Umschuldung/Schuldenreduzierung aufgenommen werden? Wie hoch wäre jeweils der Schuldenrest und unter welchen Bedingungen und Regelungen müssten diese beglichen werden?
3. Welche politischen, demokratischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen im Sudan sind für Österreichs Schuldenreduzierung/Schuldenerlass absolut notwendig? Mit der Bitte um Auflistung.
4. An welchem Punkt stehen die Verhandlungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt?
5. Wie gestaltet sich die Diskussion im Rahmen des Pariser Clubs? In wie vielen Sitzungen im Jahr 2013 wurde die Frage des Sudan diskutiert, wann fanden diese statt und was waren die wichtigsten Diskussionspunkte? Ist eine einstimmige Zustimmung der Gläubigerstaaten in Sicht?
6. Liegen Ihnen Protokolle von Sitzungen im Rahmen des Pariser Clubs vor? Wenn, ja: Bitte diese aus dem Jahr 2012 und 2013 der Anfragebeantwortung beilegen.
7. Wann finden die nächsten internationalen Verhandlungsrunden statt bei denen die Entschuldung des Sudan Thema ist?
8. Würde dieser Schuldenerlass in die ODA-Quote (Official Development Assistance) einfließen bzw. welche Kriterien für Entschuldungen legen Sie fest, um sie tatsächlich als entwicklungsrelevant einstufen zu können?
9. Nur neun Prozent der österreichischen Entwicklungshilfe flossen im Jahr 2011 tatsächlich in „Country Programmable Aid“, das sind Zahlungen, die direkt von der Republik Österreich in Projekte im Empfängerland investiert werden. Damit liegt Österreich EU-weit an letzter Stelle[1]. Wie hoch war dieser Prozentsatz im Jahr 2013?
[1] http://derstandard.at/1339638919009/Laut-Bericht-Entwicklungshilfe-Oesterreich-hat-Vorgabe-klar-verfehlt