615/J XXV. GP

Eingelangt am 05.02.2014
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Anfrage

 

der Abgeordneten Wolfgang Zinggl, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister im Bundeskanzleramt

betreffend TTIP und kulturelle Vielfalt

BEGRÜNDUNG

 

Hinter verschlossenen Türen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt die Europäische Kommission seit Juli 2013 über das Transatlantische Freihandels- und Investitionsabkommen (TTIP), mit dem „Handelshemmnisse“ dies- und jenseits des Atlantiks abgebaut werden sollen. Im Wesentlichen geht es nicht um Zölle, sondern um sogenannte nicht tarifäre Handelshemmnisse und um investitionspolitische Regelungen.

Mit nicht tarifären Handelshemmnissen sind unter anderem auch kulturelle Dienstleistungen, Patente und Urheberrechte gemeint. Der absehbare Eingriff in die kulturelle Vielfalt hat im Mai 2013 die französische Kulturministerin Aurélie Filipetti dazu veranlasst, einen Brief an die damalige irische EU-Ratspräsidentschaft zu verfassen, in dem sie die Herausnahme des gesamten Kultur- und Medienbereichs aus dem Verhandlungsportfolio forderte. Dieser Brief wurde von 15 weiteren europäischen KulturministerInnen unterzeichnet, auch von Ihrer Amtsvorgängerin Claudia Schmied.

Außerdem hat der EU-Handelsministerrat eine klare Bereichsausnahme für die audiovisuellen Medien beschlossen, aber EU-Handelskommissar Karel de Gucht vermittelt nicht den Eindruck, als kümmerten ihn diese Einwände besonders. Das vor wenigen Tagen beschlossene Verhandlungsmoratorium soll wohl eher dazu dienen, das Thema aus dem EP-Wahlkampf herauszuhalten.

Es herrscht also auch auf kulturellem Gebiet weiterhin Anlass zur Besorgnis.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende


ANFRAGE

 

1)        In welchem Verhältnis stehen nach Ansicht Ihres Ministeriums TTIP und das Unesco-Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen?

2)        Wie bewertet Ihr Ministerium mögliche Spannungen bei den Verhandlungen um kulturelle Dienstleistungen die mit der Ratifizierung des Unesco-Übereinkommens über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen eingegangenen Verpflichtungen, und in welcher Form wird sich das Ministerium dafür einsetzen, dass ein Verhandlungsergebnis beim TTIP diesem UNESCO-Abkommen nicht widerspricht?

3)        Inwieweit wird das System der Buchpreisbindung durch TTIP berührt?

4)        Inwieweit werden die europäischen Traditionen des Urheberrechts durch TTIP berührt?

5)        Inwieweit werden nationale und regionale Kultursubventionen und -förderungen durch TTIP berührt?

6)        Welche Auswirkungen hätte TTIP auf die österreichische Filmförderung?

7)        Welche Auswirkungen hätte TTIP auf die österreichische Verlagsförderung?

8)        Welche Auswirkungen hätte TTIP auf die österreichische Musikförderung?

9)        Welche Auswirkungen hätte TTIP auf die österreichische Förderung von bildender und darstellender Kunst?

10)     Welche Auswirkungen hätte TTIP auf die österreichische Förderung von Kulturinitiativen?

11)     Wie wird sichergestellt, dass im Rahmen des Abkommens zu treffende Regelungen zum geistigen Eigentum keine Auswirkungen auf audiovisuelle Dienstleistungen haben?

12)     Unter welchen Umständen werden Sie einer möglichen Aufhebung der Ausnahme für audiovisuelle Medien zustimmen, wie sie in der sogenannten Öffnungsklausel vorgesehen ist?

13)     Hat sich die Bundesregierung für eine Herausnahme des geistigen Eigentums aus dem Regelungsbereich des Handelsabkommens eingesetzt?

14)     Welche weiteren kultur- und medienpolitischen Bereiche werden von TTIP berührt?

15)     Sieht Ihr Ministerium durch TTIP die kulturelle Vielfalt Europas in Gefahr?

16)     Werden Sie sich weiterhin dafür einsetzen, dass der gesamte Medien- und Kulturbereich von den TTIP-Verhandlungen ausgenommen wird?

17)     Auf welche Weise ist Ihr Ministerium in den TTIP-Diskussions- und Verhandlungsprozess involviert?

18)     In welchem Gremium auf europäischer Ebene werden die Agenden verhandelt, die in den Kompetenzbereich Ihres Ministeriums fallen?

19)     Durch wen wird Ihr Ministerium auf europäischer Ebene vertreten?

20)     In welchen Abständen wird Ihr Ministerium über den Stand der Verhandlungen informiert bzw. kann sich Ihr Ministerium in die Verhandlungen einbringen?


 

21)     Auf Basis welcher Dokumente finden die Diskussionen auf europäischer Ebene statt?

22)     Hat Ihr Ministerium ein eigenes Positionspapier verfasst?

23)     Wie ist die Verhandlungsposition Ihres Ministeriums zu den in Ihren Kompetenzbereich fallenden Agenden der TTIP-Verhandlungen?

24)     Wie erfolgt die Koordinierung zwischen jenen Ministerien, die von den TTIP-Verhandlungen betroffen sind?

25)     In welcher Weise informieren Sie den Nationalrat über die Verhandlungen?

26)     Wie viele und welche Dokumente über welche Inhalte der Verhandlungen haben Sie bisher an den Nationalrat übermittelt?

27)     Wann haben diese Übermittlungen stattgefunden?

28)     Wird sich Ihr Ministerium am Konsultationsprozess der Europäischen Kommission zu den Investor-Staat-Klagen beteiligen?

29)     Wenn ja, mit welcher Position?

30)     Wenn nein, warum nicht?

31)     Welche der im Rahmen der TTIP-Verhandlungen behandelten Themen in Ihrem Kompetenzbereich fallen Ihrer Auffassung nach in die gemischte Zuständigkeit zwischen EU und Nationalstaaten?