638/J XXV. GP

Eingelangt am 14.02.2014
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Schenk

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Inneres

 

betreffend „Probleme im Vorfeld der Inbetriebnahme des Schubhaftzentrums Vordernberg“

 

 

Das Schubhaftzentrum Vordernberg wurde – nach fünf Jahren Planung und Bauzeit - mit
15. Jänner 2014 eröffnet, jedoch hat sich die aktive Aufnahme der Tätigkeit über Wochen verzögert. Laut Medienberichten wurde zuerst die Ankunft der ersten Häftlinge auf die letzte Jännerwoche verschoben. Allerdings kamen auch zu diesem Zeitpunkt noch keine Insassen an, da es laut Berichten Lieferprobleme bei medizinischen Geräten, wie z.B. einer Laboreinrichtung gab. Diesbezüglich äußerte Polizeisprecher Fritz Grundnig sinngemäß, dass das kurzfristig aufgetauchte Problem bereits in der Planung thematisiert wurde. Letzten Berichten zufolge wurde die tatsächliche Inbetriebnahme aufgrund eines neuen Problems um weitere Wochen verschoben. Diese weitere Verzögerung ergibt sich aus einer noch nicht erteilten Arbeitsstättengenehmigung für die Mitarbeiter des privaten Sicherheitsdienstes G4S. Natürlich stellt sich die Frage, wenn gewisse Probleme bereits voraussehbar waren, wieso man hier nicht rechtzeitig agiert hat.

 

Das Schubhaftzentrum Vordernberg war in den letzten Wochen aufgrund der Beschäftigung einer privaten Sicherheitsfirma bereits Gegenstand zahlreicher Debatten. Begründung des BM.I für die Auftragsvergabe an die private Sicherheitsfirma war, dass gewisse Leistungen durch die private Sicherheitsfirma G4S billiger erbracht werden können, als wenn diese durch Personal des BM.I erledigt würden. Laut Innenministerium sind die Aufgaben zwischen Mitarbeitern des Ministeriums und Angestellten der Sicherheitsfirma klar getrennt. Bei einem Interview mit Volksanwalt Peter Fichtenbauer äußerte dieser hinsichtlich der strikten Aufgabentrennung zwischen Polizeibeamten und Angestellten der privaten Sicherheitsfirma Bedenken. Ob die strikte Trennung der hoheitlichen Aufgaben der Polizei von den Tätigkeiten der privaten Sicherheitskräfte gewährleistet sei, könne man erst im täglichen Betrieb feststellen. „Es könnte sein, dass es in der Realität der Tagesabläufe zu Verwischungen kommen könnte.“

 

Laut Berichten war der Bau des Schubhaftzentrums – mit insgesamt 25 Millionen Euro - die größte Investition in der Gemeinde. Dadurch soll in der Region eine jährliche Wertschöpfung von 13 Millionen Euro entstehen. Dies soll u.a. dadurch erreicht werden, dass Verträge bevorzugt an Unternehmen aus der Region vergeben werden. Besucht man die Website von G4S, werden mindestens drei Partnerfirmen von G4S – Humanocare GmbH, Lykos Gastro GmbH und IFMS Infrastrukturelles Facility Management Service GmbH – angegeben, die im Schubhaftzentrum Vordernberg tätig sind. In diesem Fall ist anzunehmen, dass es sich bei zwei Unternehmen nicht um Unternehmen der Region handelt.


Bezugnehmend hierauf stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Inneres folgende

 

Anfrage:

 

 

1.    Sind zum heutigen Zeitpunkt bereits Häftlinge im Schubhaftzentrum einquartiert worden?

2.    Wann ja, wie viele?

3.    Wenn nein, warum nicht?

4.    Wenn nein, wann kann mit einem Betriebsbeginn im Schubhaftzentrum Vordernberg gerechnet werden?

5.    Wenn nein, welche finanziellen Auswirkungen hat die Verzögerung der Inbetriebnahme des Schubhaftzentrums?

 

6.    Warum wurde nicht vorgebeugt, um eine Verzögerung der tatsächlichen Inbetriebnahme des Schubhaftzentrums zu verhindern, obwohl in der Planung bereits thematisiert wurde, dass es zu Problemen bei der Lieferung von medizinischen Gerätschaften kommen könnte?

 

7.    Ist das Schubhaftzentrum zum jetzigen Zeitpunkt fertig ausgestattet und betriebsbereit?

8.    Wenn nein, welche konkreten Geräte fehlen?

 

9.    Ist die fehlende Arbeitsstättengenehmigung für die Firma G4S mittlerweile erteilt worden?

10.  Wenn nein, wann wird die, für die private Sicherheitsfirma notwendige, Arbeitsstättengenehmigung erteilt werden?

11.  Wenn nein, wann kann die private Sicherheitsfirma G4S ihre Arbeit tatsächlich aufnehmen?

 

12.  Laut BM.I sollen keine Polizeianhaltezentren geschlossen werden, obwohl das Schubhaftzentrum gebaut wurde. Aus welchen Gründen wird die Anzahl der Anhaltezentren nicht gekürzt?

13.  Wo besteht das Einsparungspotential durch die Errichtung des Schubhaftzentrums, wenn auf der anderen Seite alle bestehenden Anhaltezentren erhalten bleiben?

14.  Wie ist dies mit den Sparmaßnahmen des BM.Is in Ihrem Ressort vereinbar?

15.  Wie sieht die Kosten-Nutzen-Relation des Projekts Schubhaftzentrum Vordernberg aus?

 

16.  Wie hoch wären die Kosten gewesen, wenn die gesamten Leistungen im Schubhaftzentrum Vordernberg zu 100 % von Beamten des BM.I erbracht worden wären?

 

17.  Wie hoch ist das nunmehrige Einsparungspotential durch die Auslagerung eines Teils der Leistungen an die private Sicherheitsfirma G4S?

 

18.  Wie kann sichergestellt werden, dass hoheitliche Aufgaben in der Praxis tatsächlich nur von der Polizei wahrgenommen werden und nicht von der privaten Sicherheitsfirma G4S?

 

19.  Gibt es hinsichtlich der Aufgabentrennung und deren Wahrnehmung ein Qualitätssicherungskonzept?

 

20.  Welcher Kontroll-Mechanismus wurde installiert, um eine klare Aufgabentrennung zu gewährleisten?

 

21.  Welche Maßnahmen werden seitens des BM.I unternommen, wenn sich Mitarbeiter der Firma G4S nicht an ihren Kompetenzbereich halten und ebenfalls hoheitliche Aufgaben wahrnehmen?

 


22.  Welche rechtlichen Maßnahmen können Insassen ergreifen um sich vor etwaigen Kompetenzüberschreitungen durch Angestellte von G4S zu schützen?

 

23.  Wie erklärt sich das Personalverhältnis von 55 Beamten des BM.I zu 68 Angestellten der privaten Sicherheitsfirma?

 

24.  Laut Berichten kommen die Mitarbeiter der privaten Sicherheitsfirma auch für die Förderung zwischenmenschlicher Kommunikation, z.B. wenn Fehlverhalten von Angehaltenen festgestellt wird, zum Einsatz. Wie kann sichergestellt werden, dass Mitarbeiter im Rahmen ihrer Tätigkeiten ihren Kompetenzbereich nicht überschreiten (z.B. wenn es zu Angriffen auf die privaten Sicherheitspersonen kommt)? Dürfen diese Einschreiten oder müssen sie auf das Eingreifen der Polizeibeamten warten?

 

25.  Liegen bereits Erfahrungswerte hinsichtlich der Aufgabenteilung in diesem sensiblen Bereich zwischen privaten Unternehmen und staatlichen Institutionen/Ministerien innerhalb Österreichs und im Ausland vor?

 

26.  Haben Sie sich im Vorfeld in Europa mit Ihren diesbezüglichen Amtskollegen ausgetauscht?

27.  Wurden Erfahrungsberichte eingeholt?

28.  Wenn nein, warum nicht?

29.  Wenn ja, mit welchem Ergebnis (Studien udgl.)?

 

30.  Sind Folgeprojekte des BM.I mit Aufgabenteilung zwischen privaten Unternehmen (auch Sicherheitsfirmen) geplant?

31.  Wenn ja, welche konkreten Projekte und in welchem Zeitraum?

 

32.  Ist eine Evaluierung des Projektes Schubhaftzentrum Vordernberg vorgesehen?

33.  Wenn nein, warum nicht?

34.  Wenn ja, innerhalb von welchem Zeitraum und anhand welcher Kriterien?

 

35.  Durch welche Maßnahmen sollen die behaupteten jährlichen 13 Millionen Euro an Wertschöpfung durch das Schubhaftzentrum in der Region erreicht werden?

 

36.  Welche regionalen Unternehmen haben Verträge im Rahmen des Schubhaftzentrums Vordernberg erhalten? Bitte um detaillierte Aufstellung nach Unternehmen, Auftragswert, Laufzeit und Gegenstand des Vertrages (welche Dienstleistungen und Lieferungen).

 

37.  Werden außer den oben genannten Tochterfirmen von G4S - Humanocare GmbH, Lykos Gastro GmbH und IFMS Infrastrukturelles Facility Management Service GmbH - noch weitere Tochterfirmen von G4S im Rahmen des Schubhaftzentrums beschäftigt?

 

38.  Sind diese Firmen im Rahmen des Vertrages mit G4S als Subunternehmer beschäftigt?

39.  Wenn nein, liegen für die jeweiligen Firmen gesonderte Verträge vor?

 

40.  Wenn gesonderte Verträge vorliegen, wurde für diese Firmen ebenfalls ein öffentliches Ausschreibungsverfahren durchgeführt?

41.  Wenn nein, warum nicht?

42.  Wenn ja, was waren die konkreten Kriterien für die Vergabe der Verträge?

43.  Wie viele Bewerbungen welcher Firmen gab es um diese Verträge?

44.  Aufgrund welcher Qualifikationen wurden diese Verträge vergeben?