1055/J XXV. GP

Eingelangt am 18.03.2014
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

DRINGLICHE ANFRAGE

der Abgeordneten Harald Walser, Freundinnen und Freunde

an die Bundesministerin für Bildung und Frauen

betreffend Angebliches „Datenleck“ im BIFIE (Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung im österreichischen Schulwesen) und Absage sämtlicher nationaler und internationaler Bildungsstandardtestungen

BEGRÜNDUNG

In den vergangenen Tagen haben Sie sämtliche Überprüfungen der Bildungsstandardtestungen für 2014 und 2015 abgesagt sowie die Möglichkeit einer ordnungsgemäßen Durchführung der „Zentralmatura“ infrage gestellt. Begründet wurde dieser Schritt mit der Unsicherheit, die durch das beim BIFIE respektive bei der Firma Kapsch BusinessCom aufgetauchte „Datenleck“ entstanden sei. Demnach sind aus bisher (öffentlich) nicht zweifelsfrei geklärten Gründen Daten aus der „Informellen Kompetenzmessung“ (durchgeführt vom BIFIE in den Jahren 2011 und 2012) auf einem Server in Rumänien aufgetaucht. Auf ein damals noch nicht näher definiertes Datenproblem wurden Sie und das BIFIE laut Medienberichten durch den vormaligen IT- Dienstleister Zoe Solutions bereits am 18.12.2013 schriftlich hingewiesen. Daraufhin haben Sie laut eigenen Angaben das BIFIE aufgefordert, den Hinweisen der Firma Zoe Solutions nachzugehen.

Am 25.2.2014 berichtete „Die Presse“ von dem bis zu diesem Zeitpunkt noch immer offen zugänglichen Datenmaterial auf dem rumänischen Server. Zwei Tage später verhängte das Bildungsministerium einen vorläufigen Stopp aller zentralen Schülertests

sowie der sogenannten „Zentralmatura“ mit der Ankündigung, die Testungen erst dann fortzusetzen, wenn die Sicherheit aller Daten gewährleistet werden könne. Am 10.3.2014 wurden in einem Mail diverse externe Stellen und Personen davon in Kenntnis gesetzt, dass die für Mai 2014 geplanten Standardtestungen im Fach Deutsch abgesagt wurden. Am 11.3. erfolgte die Mitteilung, wonach Österreich im kommenden Jahr weder an der TIMSS- noch an der PISA-Studie für SchülerInnen teilnehmen würde, da die dazu benötigten Feldtestungen aufgrund der laufenden Untersuchungen nicht durchgeführt werden sollen. Die ordnungsgemäße Abhaltung der Matura wäre jedoch nötigenfalls durch die Bereitstellung von Ersatzfragen gewährleistet. Der TÜV Österreich wurde damit beauftragt, die Sicherheit der auf Servern des BIFIE gelagerten Daten zu überprüfen. Mit Ergebnissen sei Ende des Monats März zu rechnen.

Des Weiteren teilten Sie mit, dass es sich um einen kriminellen Angriff auf isolierte Daten gehandelt habe, die auf einem Testserver der Firma Kapsch BusinessCom liegen. Sie sprechen gegenüber der Tageszeitung „Österreich am Sonntag“ angesichts der „Datenlücke“ beim BIFIE vom Verdacht eines „kriminellen Aktes“. Deshalb würden Sie „nicht den Fehler machen, weitere Testungen zuzulassen, bis hier nicht geklärt ist, wer dahintersteckt“: „Nach all dem, was wir bis jetzt wissen, sieht es so aus, als ob es sich um einen kriminellen Akt handelt. Nicht um einen Hack oder ein Leck, sondern dass offenbar jemand, eine Person, quasi mit einem Schlüssel ausgestattet die Türe zu den Daten geöffnet hat.“

Wie es zu der unsicheren Stelle gekommen ist, sei derzeit Gegenstand von Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft.

Auf der Website des BMBF wird zudem ein umfangreicher Daten-Sicherheits-Check des BIFIE angekündigt: „Wir werden uns sehr genau ansehen, ob hier alles den strengsten Sicherheitsbestimmungen entspricht.“ Und weiters: „Als Bildungsministerin trage ich die Verantwortung für eine lückenlose Aufklärung, es wird nichts unter den Teppich gekehrt werden. Die Öffentlichkeit hat ein Recht auf volle Transparenz und Offenheit in dieser Frage.“ (http://www.bmukk.gv.at/ministerium/vp/2014/20140311 a.xml. datiert mit 11.3.2014)

Das Institut für Erziehungswissenschaften an der Universität in Salzburg, an dem auch der frühere Direktor des BIFIE Dr. Günter Haider tätig ist, bot am 11.3. an, die für PISA und TIMMS notwendigen Feldtestungen in diesem Jahr durchzuführen und die Daten auf dem Server der Universität Salzburg zu lagern. Dies wurde mit dem Argument, „es wäre unseriös, zusätzliche Risiken durch Datenschnittstellen zu schaffen und einem externen Institut blind zu vertrauen“ von Ihrer Seite abgelehnt.

 

Auf der Website des BIFIE ist (mit Datierung 14.3.2014) zu lesen: „Im Laufe der letzten Wochen gab es mehrere bisher nicht identifizierbare unzulässige Zugriffe auf eine Datenbank des Bundesinstituts BIFIE auf einem Entwicklungsserver unserer Partnerfirma. Die Zugriffsmöglichkeit wurde bereits am 25. Februar 2014 geschlossen.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich diese Datenbank in unautorisierten Händen befindet. Eine missbräuchliche Verwendung der Datenbank ist dem Bundesinstitut BIFIE derzeit allerdings nicht bekannt. Diese Datenbank enthält die E- Mail-Adressen aller Lehrer/innen und Schulleiter/innen, mit denen sich diese im Zeitraum von 25. März 2011 bis 30. Dezember 2012 auf der Plattform zur Informellen Kompetenzmessung (IKM) angemeldet haben. Die Datenbank enthält keine sonstigen personenbezogenen Daten von Lehrerinnen und Lehrern oder Schülerinnen und Schülern.“ (https://www.bifie.at/news/2554)

Ihre Entscheidung, beim Teststopp zu bleiben, ist für die mit der Vorbereitung und Durchführung der Tests Befassten nicht nachvollziehbar. Der Begründung, dass „der Daten-Sicherheits-Check vom zeitlichen Ablauf nicht so abgeschlossen werden [kann], dass für die Durchführung der heurigen Bildungsstandard-Überprüfungen Unbedenklichkeit besteht“, ist entgegenzuhalten, dass ein Missbrauch der Daten erst dann erfolgen kann, wenn die Daten bereits vorhanden sind. Das ist im Falle der geplanten Tests natürlich nicht der Fall, da hierfür in Papierform vorliegende bereits gedruckte Testbögen verwendet werden, deren Digitalisierung solange aufgeschoben werden kann, bis allfällig festgestellte Sicherheitsmängel beseitigt worden sind.

Die Testungen, für deren Vorbereitungen viel Zeit und Geld seitens der involvierten Institutionen - vom BIFIE bis zu den Schulen - investiert wurden, nun überfallsartig zu kippen, ist ein Schritt, für den deutlich mehr Erklärungsbedarf besteht, als von Seiten des Ministeriums bislang geliefert wurde.

Entsprechend lang ist die Reihe derer, die den Testungsstopp kritisieren:

Selbst aus Regierungskreisen werden öffentlich Bedenken artikuliert. Besonders ins Gewicht fällt dabei, dass sich mit Johanna Mikl-Leitner nicht nur die Innenministerin und Obfrau des Arbeitnehmerbundes ÖAAB, sondern auch die sogenannte „Spiegelministerin“ für Ihren Arbeitsbereich in einem Interview mit der Zeitung „Die Presse“ am 15. März 2014 als Kritikerin zu Wort meldet: „Österreich war von der ersten Minute bei PISA mit dabei. Wenn Länder wie Mexiko und Griechenland es schaffen, daran teilzunehmen, dann muss es Österreich auch schaffen.“ Auch Ihre Vorgangsweise wird als unprofessionell dargestellt: „Deshalb wäre das Bundeskriminalamt auch froh darüber gewesen, wenn sie über das Datenleck bereits im Dezember informiert worden wären. Dann hätte man keine Zeit verloren.“ Mikl-Leitner ist anscheinend der Meinung, dass Sie bei der Lösung Unterstützung benötigen: „Es sollten alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, damit PISA 2015 stattfinden kann. Eine Möglichkeit wäre es, den Herrn Außenminister einzuschalten. Er könnte mit der OECD in Kontakt treten und versuchen, die Frist für die PISA-Vortests nach hinten zu verschieben.“

Wie seine Regierungskollegin Mikl-Leitner findet es auch Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner „schade“, dass die Tests nicht fortgesetzt werden können. Den Entfall der Vergleichbarkeit bedauert auch Familienministerin Sophie Karmasin.

Deutlicher noch als die Kritik der drei Regierungsmitglieder fällt die Missbilligung aus Nicht-Regierungskreisen aus. WKO-Chef Christoph Leitl spricht laut von einer „Blamage“ und befürchtet hinter Ihrer Entscheidung „offensichtlich auch das Kalkül, die Kontrolle von Bildungsstandards abzuwürgen, da die PISA-Ergebnisse für Österreich - vornehm ausgedrückt - nicht sonderlich erfreulich waren“. Zahlreiche ExpertInnen aus diversen Einrichtungen, die sich zum PISA-Stopp geäußert haben, kritisieren Ihre Entscheidung massiv und warnen vor den Folgen, dass nämlich „durch die Absage ein nicht abzusehender Schaden im internationalen Ansehen Österreichs wie auch für die nationale, bildungsbezogene Forschung und daraus folgend für die Weiterentwicklung des österreichischen Bildungssystems [entstehe]." (Stellungnahme der Österreichischen Gesellschaft für Fachdidaktik an BM Heinisch-Hosek zum Ausstieg aus den PISA- und TIMSS-Erhebungen, http://oegfd.univie.ac.at)

Zudem wird als gravierende Folge angeführt, ein Ausstieg aus den PISA-Testungen 2015 hätte zur Folge, dass bei einem Wiedereinstieg Österreichs im Jahr 2018 erst die Werte ab 2024 international vergleichbar wären, da in den Testzyklen 2018 und 2021 Aufgaben von 2015 weiterverwendet würden. Österreich würde also neun (!) Jahre verlieren, weil auf keine validen internationalen Vergleichswerte via PISA zurückgegriffen werden könnte.

Das BIFIE warnt vor den hohen finanziellen Verlusten, die durch die Verschiebung der Bildungsstandardtestung entstehen würden, da die Testhefte neu gedruckt werden müssten. Auch die bereits getätigten Investitionen in andere Tests, wie z.B. die Feldtestungen für PISA 2015 wären vergeblich gewesen.

Österreich wäre das erste Land, das aus den PISA-Testungen ausscheidet. Der Schaden im internationalen Ansehen für das österreichische Bildungssystem wäre enorm. Viel schwerer wiegt jedoch, dass mit PISA ein international bewährtes Testinstrument für die Schulentwicklung entfällt. Die Kontinuität der Überprüfungen lässt Rückschlüsse auf die Entwicklung des österreichischen Schulsystems zu, die durch andere, jüngere Testreihen noch nicht erreicht werden konnten. Ohne nationale und internationale Untersuchungen der Leistungen der Schülerinnen fehlen wesentliche Grundlagen für Reformen des Bildungssystems. Der PISA-Koordinator der OECD Andreas Schleicher warnt deshalb: „Moderne Bildungssysteme kann man nicht im Blindflug steuern, und die OECD wird deshalb alles tun, um Österreich bei der Schaffung der entsprechenden evidenzbasierten Grundlagen zu unterstützen.“

Aus diesem Grund hat Bildungslandesrätin Doris Hummer (ÖVP) am 14. März 2015 angekündigt, das Bundesland Oberösterreich werde notfalls allein an den PISA- Testungen teilnehmen. Vom ORF Oberösterreich wird sie wie folgt zitiert: „Die vom Bundesministerium beschlossene Aussetzung trage ich nicht mit - Oberösterreich will PISA durchführen.“ Die OECD hat hierfür bereits Unterstützung zugesagt, vorausgesetzt die Bundesregierung wäre damit einverstanden.

Aus Ihrem Ministerium wurde der Vorstoß aus dem Land Oberösterreich allerdings abrupt gestoppt: „Nach unserer Rechtsauffassung ist die Teilnahme eines Bundeslandes bei PISA nicht möglich“, zitiert der ORF eine Stellungnahme. Begründet wird das damit, dass zum einen die Bundesregierung Vertragspartner der OECD sei, andererseits könne ein Bundesland die Schüler nicht zur Teilnahme am Test verpflichten. Die Kompetenz dazu liege beim Bund.

Trotz all dieser Angebote haben Sie am 16. März 2014 in der ORF-Pressestunde am Sonntag jede Unterstützung brüsk abgelehnt und nicht einmal den Versuch gemacht, in Verhandlungen eine Lösung zu erzielen: „Schließe definitiv aus, dass dieser Test heuer stattfindet.“ Demnach seien Sie gegenüber dem Land Oberösterreich auch nicht bereit, Daten zur Verfügung zu stellen: „Ich bleibe dabei: Es wird PISA dieses Jahr nicht geben können.“ Das Aussetzen der für PISA notwendigen Feldtestungen begründen Sie u.a. damit, dass ein Teil der Testungen in elektronischer Form (mit USB-Stick und Laptop) zu erfolgen hätte.

Die oberösterreichische Bildungslandesrätin erwiderte in den Oberösterreichischen Nachrichten: „Das Datenleck sei eine .billige Ausrede, um sich vor einem transparenten Vergleich mit anderen Ländern zu drücken“. Man könne doch nicht einen Test, d[er] erst nächstes Jahr durchgeführt wird, schon jetzt mit dem Hinweis auf mangelnde Datensicherheit absagen. (...) Ihr Ziel bleibe eine bundesweite Teilnahme am PISA-Test, sagt Hummer. Zumal die OECD die Frist für die PISA-Vortests bis September gestreckt habe. „Innerhalb eines halben Jahres muss es doch möglich sein, Datensicherheit zu gewährleisten“, sagt Hummer. Bei der Behebung des Datenlecks könne Oberösterreich auch die Unterstützung von IT-Experten der Fachhochschule Hagenberg anbieten. (http://www.nachrichten.at/nachrichten/politik/innenpolitik/Konfrontationskurs-bei-PISA- Hummer-will-sich-Tests-nicht-verbieten-lassen;art385,1332886)

 

In einem Kommentar in der Zeitung „Der Standard“ vom 15. März 2014 stellt Eric Frey Ihnen und Ihrer Vorgangsweise ein vernichtendes Zeugnis aus: „Heinisch-Hoseks Absage an Pisa-Tests wird Österreichs Schulwesen auf Jahre schädigen, weil die internationalen und die zeitlichen Vergleichszahlen fehlen, um zu wissen, wo man wirklich steht. Die Entscheidung ist so unverständlich, so irrational, dass man insgesamt um die Zukunft der Schulpolitik unter ihrer Führung fürchten muss.“

Über die Ursachen für diese Vorgangsweise wird gerätselt. Auch eine mögliche Einsparung im Budget des BMBF kann und darf nicht ausschlaggebend für den Teststopp sein. Das Einsparungspotential beläuft sich - laut den Aussagen im Unterrichtsausschuss - auf rund 3,6 Mio. €. Diese würden ins laufende Budget einfließen und den Einsparungsbedarf von 68 Mio. € im Bildungsministerium entsprechend verringern. Das sind 0,045% des gesamten Bildungsbudgets und 0,02% des Finanzbedarfs, der durch den Skandal um die Hypo-Alpe-Adria notwendig wird. Der Schaden für das österreichische Bildungssystem und die internationale Reputation Österreichs als Bildungsland sowie vor allem für die Schülerinnen und Schüler lässt sich nicht beziffern.

In einer den unterfertigenden Abgeordneten vorliegenden rechtlichen Bewertung der Vorgangsweise durch einen mit der Konzeption des sogenannten „BIFIE-Gesetzes“ befassten Insiders wird der Stopp der Testungen scharf kritisiert und als „Amtsanmaßung“ bezeichnet, jedenfalls sei das Vorgehen rechtlich nicht gedeckt. Begründet wird das damit, dass das BIFIE eine eigenständige Einrichtung sei und das Arbeitsprogramm, zu dem die Durchführung der PISA-Studie zählt, in Dreijahresplänen fixiert wird. Die Bundesministerin für Bildung und Frauen habe eine Aufsichtspflicht über das BIFIE, dürfe in die Arbeit aber nur eingreifen, indem sie zum Beispiel bis 31. Dezember 2014 entsprechende Vorgaben für den Dreijahresplan ab 2015 mache. Sie ist dagegen „nicht berechtigt“, durch direkte Weisungen einen laufenden Dreijahresplan außer Kraft zu setzen, wie sie es nun bei der PISA-Studie getan habe.

Konkret heißt es: „Die Aufgaben der Unterrichtsministerin sind im § 24 Z.3 BIFIE-Gesetz festgelegt: Neben den üblichen Feststellungen der Bilanz, der Abschlussprüfer und der Entlastungen sind es zwei prinzipielle Möglichkeiten der „Steuerung“ des BIFIE:

a.     die Genehmigung einer vom Direktorium vorgelegten Institutsordnung (die die Organisation, die Zuständigkeiten und Abläufe im Institut regelt) und eines allgemeinen Unternehmenskonzeptes - was bisher vor allem im Zuge der fünfjährigen Direktorenbestellung angewandt wurde;

b.     die Formulierung von Vorgaben zu einem Dreijahresplan und dessen Genehmigung - denn die tatsächliche Arbeit des BIFIE erfolgt auf der Basis der vom Direktorium erstellten und vom Aufsichtsrat und Regierungsmitglied genehmigten Dreijahrespläne.

Dies ist im Normalfall die formal einzige Möglichkeit der Ministerin, Einfluss auf die Arbeit des BIFIE zu nehmen, setzt aber voraus, dass Direktorium und Aufsichtsrat diesen Vorgaben folgen und sie auch mehrheitlich genehmigen (widrigenfalls sie sich der Gefahr der Abberufung durch die Unterrichtsministerin aussetzen, was aber rechtlich zuerst den Nachweis einer schweren Pflichtverletzung erfordert).

Die Aufsichtspflicht der Unterrichtsministerin ist ebenfalls in §24 leg. cit. festgelegt - Absatz (2) Z.1 bis 3 - und erstreckt sich auf die Einhaltung der Gesetze und Verordnungen, die Erfüllung der Aufgaben und die Gebarungsprüfung. Hier kommt auch §6 BIFIE Gesetz zum Tragen, wonach das BIFIE verpflichtet ist, bei den praktischen Arbeiten (i.A. den Erhebungen) an den Schulen Anordnungen der Ministerin zu folgen.“

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

DRINGLICHE ANFRAGE

1)   Wann und von wem haben Sie die ersten Hinweise über unsichere Daten aus der „Informellen Kompetenzmessung“ (durchgeführt vom BIFIE in den Jahren 2011 und 2012) auf einem Server in Rumänien erfahren?

2)    Stimmt es, dass diese Information vom vormaligen IT-Dienstleister Zoe Solutions bereits am 18.12.2013 in schriftlicher Form erfolgte?

3)    Welche Maßnahmen haben Sie daraufhin konkret gesetzt?

4)    Welche Personen und Einrichtungen wurden von Ihnen zu welchem Zeitpunkt über das Problem informiert?

5)   Was ist der aktuelle Stand in den Erhebungen des Bundesministeriums für Bildung und Frauen bezüglich der „DatenIeck“-Affäre?

6)   In welcher Form und auf welcher Rechtsgrundlage haben Sie dafür gesorgt, dass das BIFIE die vorgesehenen Testungen sowie die Durchführung der „Zentralmatura“ in den kommenden Monaten nicht durchführt?

7)   Gab es von Ihrer Seite eine schriftliche Mitteilung an die Direktoren des BIFIE, in der Sie einen Stopp der Testungen verlangt haben?

8)   Stimmt die Meldung der Tageszeitung „Die Presse“ vom 17.3.2014, dass der Aufsichtsrat des BIFIE in einem Sonderaufsichtsrat am 6.März einstimmig beschlossen hat, dass das Bildungsinstitut „die gesetzlichen Kernaufgaben im beschlossenen Umfang und Zeitplan unter der Voraussetzung der Datensicherung durchzuführen“ habe und somit die Tests in geplanter Form weiterzuführen sind?

9)   Die OECD-Direktorin für Bildungswesen und Chefin der weltweiten PISA-Testungen, Barbara Ischinger, wird am 14.3.2014 in der Tageszeitung „Kurier“ wie folgt zitiert: „Wir stehen in Kontakt mit Wien. Und gehen davon aus, dass man alle Probleme, die es derzeit gibt, rechtzeitig beheben kann, damit der PISA-Test 2015 auch in Österreich durchgeführt werden kann.“ Hat es Kontak mit Ihnen oder MitarbeiterInnen Ihres Ministeriums gegeben? Wenn ja, was waren die Ergebnisse?

10) Was war der Grund dafür, dass Sie nicht umgehend, wie Innenministerin Mikl-Leitner bedauert, das Bundeskriminalamt informiert haben? Laut Mikl-Leitner „hätte man (dadurch) keine Zeit verloren“.

11 )Wann haben Sie die Strafverfolgungsbehörden bzw. das Bundeskriminalamt informiert?

12) Ist es korrekt, dass sich aus den ungesicherten Daten am rumänischen Entwicklungsserver ausschließlich die Mail-Adressen der Lehrer/innen und Schulleiter/innen, mit denen sich diese im Zeitraum von 25. März 2011 bis 30. Dezember 2012 auf der Plattform zur Informellen Kompetenzmessung angemeldet haben, auslesen lassen?

13) Wer hat diese Daten auf den Entwicklungsserver gestellt? War dies die Firma Kapsch BusinessCom oder wurden Daten des BIFIE von einem anderen Server entwendet und von Dritten illegal auf den Kapsch-Server transferiert?

14) Wie viele „unzulässige Zugriffe“, von denen das BIFIE auf seiner Website spricht, waren es und wann genau fanden diese statt?

15) Welche Erklärungen gibt es dafür, dass diese „unzulässigen Zugriffe“ möglich waren?

16) lst es korrekt, dass der Zugang zu diesen Daten am 25. Februar 2014 gesperrt wurde?

17) Gibt  es auch irgendwelche Hinweise darauf, dass weitere Daten (außer jenen aus der Informellen Kompetenzmessung) nach außen gelangt sein könnten? Wenn ja, welche Daten sind davon betroffen?

18) Welche Erklärung gibt es dafür, dass die Firma Zoe Solutions Kenntnis von diesem „Datenleck“ haben konnte?

19) Was ist der Grund, warum der Firma Zoe Solutions die Verwaltung der BIFIE-Daten entzogen und die Firma Kapsch BusinessCom damit beauftragt wurde?

20) Wann  und von wem wurde die Entscheidung getroffen, den IT-Dienstleister zu wechseln?

21) Nach welchen Kriterien erfolgte die Entscheidung, die Fa. Kapsch BusinessCom mit der Verwaltung der BIFIE-Daten zu beauftragen?

22) Welche  Kosten werden durch den Wechsel des IT-Dienstleisters verursacht?

23) Werden  Sie hinsichtlich dieser Kosten gegenüber dem bisherigen Dienstleister Schadenersatzansprüche geltend machen?

24) Wurde seit dem Wechsel zur Firma Kapsch BusinessCom von einem Organ des BIFIE jemals ins Auge gefasst, die Sicherheit der Datenverwaltung einer Überprüfung zu unterziehen?

a.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn ja, von welchem Organ?

c.    Wenn ja, hat es diese Überprüfung gegeben?

d.    Wenn ja, wann war diese und von wem wurde sie mit welchem Ergebnis durchgeführt?

25) Was waren die Beweggründe für die Auslagerung der Daten der Informellen Kompetenzmessung an die Firma Kapsch BusinessCom?

26) Welche vertraglichen Vereinbarungen wurden mit der Firma Zoe Solutions und der Firma Kapsch BusinessCom bezüglich Datensicherheit getroffen und wie sehen die Vereinbarungen im Schadensfall - wie er nun eingetreten ist - aus?

27) Gibt  es zwischen dem BIFIE und der Firma Kapsch BusinessCom vertraglich geregelte Bestimmungen, welche den Schutz personenbezogener und die Sicherheit anderer gesammelter Daten gewährleisten?

28) Entspricht die Vertragsgestaltung zwischen dem BIFIE und der Firma Kapsch BusinessCom den gesetzlichen Datenschutzbestimmungen?

29) Wurde bei der Auftragsvergabe vertraglich geklärt, welche MitarbeiterInnen der Firma Kapsch BusinessCom Zugriff zu personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit der „Informellen Kompetenzmessung“ erhalten durften?

30) Was ist der Grund dafür, dass Sie im Zusammenhang mit den „Standardtestungen“ die Option, die Tests durchzuführen und die Daten nicht sofort, sondern erst nach garantierter Datensicherheit zu digitalisieren und auszuwerten, nicht in Betracht gezogen haben?

31) Ist bei der OECD angefragt worden, ob die Feldtests und die Hauptuntersuchung für PISA 2015 wie bisher als „Papier und Bleistift“-Test durchgeführt werden kann?

a.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn ja, welche Antwort gab es seitens der OECD?

32) Sie lehnten das Angebot des Instituts für Erziehungswissenschaft an der Universität Salzburg, die Tests durchzuführen, mit dem Argument ab: „Es wäre unseriös, jetzt eine Datenschnittstelle zu schaffen und das einem externen Institut anzuvertrauen.“ Welche Daten wären durch die Datenschnittstelle konkret betroffen?

33) Haben Sie konkrete Anhaltspunkte, den Server der Universität Salzburg und/oder die Mitarbeiterinnen des Instituts für Erziehungswissenschaften für nicht vertrauenswürdig zu halten? Wenn ja, warum?

34) Wird das Bildungsministerium auf andere Instrumente/Diagnosetools anstatt PISA (u.a. Erhebungen) zurückgreifen, um zu empirisch belegten Aussagen über das österreichische Schulsystem zu gelangen?

a.    Falls nein, warum nicht?

b.    Falls ja, auf welche?

35) Die Ergebnisse aus der letzten E8-Testung zeigten, dass SchülerInnen der NMS im österreichischen Durchschnitt (mit Ausnahme Wien) zum Teil signifikant schlechtere Resultate aufwiesen als jene von Hauptschulen. Aus einer Einzeltestung (in einem Fach) können nun bekanntermaßen keine endgültigen Aussagen über die Ursachen dieser Problematik getroffen werden. Die für Mai geplante D8-Testung haben Sie jedoch ebenfalls abgesagt. Welche konkreten Evaluierungsmaßnahmen werden Sie nun zeitnah setzen, um die Ursachen für dieses unbefriedigende Resultat zu eruieren?

36) Haben  Sie sich in Ihrer Entscheidung, die Standardtestungen für 2014/2015 abzusagen, von außenstehenden ExpertInnen beraten lassen?

a.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn ja, von wem konkret und wer davon hat die Absage für richtig erachtet?

37) Haben Überlegungen zu Sparmaßnahmen im Budget des BMBF diese Entscheidung (mit)beeinflusst?

38) Sie werden in diversen Medien damit zitiert, dass Sie die Testpause dafür nützen

wollen zu überprüfen, an welchen Studien Österreich zukünftig überhaupt noch teilnehmen wolle. Haben Sie einen Hinweis darauf, dass Überprüfungen stattgefunden haben, auf die Österreich ohne nachhaltigen Schaden verzichten kann?

a.    Falls nein, worauf begründet sich die Überprüfungsabsicht?

b.    Falls ja, welche Überprüfungen sind dies konkret?

 

39) Wie hoch waren die bisher angelaufenen Gesamtkosten für die Testungen, die nun nicht mehr durchgeführt werden?

40) Wie schlüsseln sich diese Kosten in Sach- und Personalkosten auf?

41) Wie hoch sind die Kosten für die nun angeordneten Überprüfungen der Datensicherheit durch externe Firmen/Institutionen?

42) Sollten die Überprüfungen zum Ergebnis führen, dass die Datensicherheit in der Vergangenheit nicht nach dem bestmöglichen Standard gewährleistet war: Wer konkret haftet für den finanziellen Schaden, der nun der Republik Österreich entstanden ist?

43) Die Überprüfung jener Daten, welche die Zentralmatura betreffen, wird von TÜV Austria durchgeführt. Welche Kriterien führten zur Entscheidung, TÜV Austria damit zu beauftragen?

44) Sie haben in der ORF-Pressestunde erklärt: „... und es wird noch eine große Prüfung demnächst passieren, und die wird über Monate dauern; da haben wir uns schon erkundigt.“ Ist bereits klar, welche Firma/Institution mit der Gesamtüberprüfung der BIFIE-Daten beauftragt wird?

a.    Wenn nein, nach welchen Kriterien wird die Beauftragung erteilt werden?

b.    Wenn ja, welche Firma/Institution wurde damit beauftragt und nach welchen Kriterien wurde die Beauftragung erteilt?

c.    Welcher Zeithorizont ist konkret mit „ein paar Monaten“ gemeint?

45) Wie Sie selbst gemeint haben, ist eine ordnungsgemäße Durchführung der „Zentralmatura“ nicht gefährdet. Dies begründen Sie damit, dass im Ernstfall Ersatzfragen zur Verfügung stünden. Sind diese Ersatzfragen bereits ausgearbeitet?

a.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn ja, wie können Sie hier garantieren, dass diese Fragen sicher gelagert sind, wenn Sie dies gleichzeitig bei allen anderen Daten nicht können?

 

46) Werden Sie die Ersatzfragen für die „Zentralmatura“ vom BIFIE erstellen lassen?

47) Werden Sie die Ersatzfragen für die „Zentralmatura“ von einer anderen Institution als dem BIFIE erstellen lassen?

48) Wurde  bei der Vorbereitung der „Zentralmatura“ jemals auch ein Plan B erarbeitet, der im Falle von Pannen zum Einsatz gelangen könnte, wie es in anderen Ländern - beispielsweise in Finnland - üblich ist?

a.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn ja, welche Maßnahmen sieht dieser Plan bei einer missbräuchlichen Verwendung von Daten vor?

c.    Wenn ja, kommt dieser Plan B nun zum Einsatz?

49) Gehen  Sie auf die Anregung von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ein und ersuchen Außenminister Sebastian Kurz darum, „mit der OECD in Kontakt (zu) treten und (zu) versuchen, die Frist für die PISA-Vortests nach hinten zu verschieben“?

50) Gab  es für die Ablehnung des oberösterreichischen Vorstoßes, die kommende PISA- Testung zumindest in einem Bundesland und auf Kosten Oberösterreichs durchzuführen eine rechtliche und sachliche Prüfung?

a.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn ja, wurden Versuche unternommen, allfällige rechtliche Probleme einvernehmlich zu lösen?

51 )Gibt es einen begründeten Verdacht dafür, dass das Land Oberösterreich im

Zusammenhang mit einer eventuellen landeseigenen PISA-Testung nicht in der Lage ist, für die Sicherheit gesammelter Daten zu sorgen?

52) Gab  es seitens der OECD - etwa durch den PISA-Koordinator Andreas Schleicher - in Sachen „Rettung der PISA-Testung in Österreich“ Kontaktaufnahme mit Ihnen?

a.    Wenn ja, durch wen?

b.    Wenn ja, welche Position hat die OECD eingenommen?

53) Haben  Sie von sich aus versucht, mit der OECD und speziell mit PISA-Koordinator Andreas Schleicher in Kontakt zu treten und eine Lösung der Problematik zu finden, um die PISA-Testungen durchführen zu können, nachdem dieser erklärt hat, dass die OECD alles tun werde, um Österreich bei der Durchführung zu unterstützen?

a.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn ja, zu welchem Zeitpunkt und mit welcher Ansprechperson?

c.    Wenn ja, was waren die Ergebnisse dieser Kontaktaufnahme?

 

54) Wenn ja, haben Sie mit der OECD die Frage besprochen, ob die Feldtestungen für PISA auch ausschließlich in handschriftlicher Form (also ohne USB-Stick und Laptop) erfolgen können und wenn ja, was war die Antwort seitens der OECD?

55) Wenn ja, hat es seitens der OECD unabhängig von einer allfälligen Kontaktaufnahme durch Sie Vorschläge für eine ordnungsgemäße und datensichere Durchführung der PISA-Studie gegeben?

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung gemäß § 93 Abs. 1 GOG verlangt.