1119/J XXV. GP

Eingelangt am 25.03.2014
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Anfrage

 

der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres

betreffend Sperren von Konten ukrainischer StaatsbürgerInnen bei österreichischen Banken

BEGRÜNDUNG

 

Während Anfang des Jahres 2014 Kiews zentraler Platz „Maidan“ zunächst ein Hoffnungssymbol wurde, dort dann aber viele Menschen auch ihr Leben lassen mussten, während der ehemalige Präsident Viktor Janukowitsch das Land verließ und die Situation in der Ukraine immer instabiler wurde, nahmen Berichte über Österreich als Bankenstandort zu, der als sicherer Hafen für Oligarchengelder gilt. Nach dem dringenden Ersuchen der Zivilgesellschaft und später auch der neuen ukrainischen Übergangsregierung, Österreich solle doch endlich handeln, hat die Nationalbank am 28. Februar 2014  die Sperre der Konten von 18 Ukrainern angeordnet. Dem zuvor gegangen waren laut Außenministerium Konsultationen mit dem BKA, dem Finanzministerium und dem Europäischen Auswärtigen Dienst.

Es ist ein wichtiges Zeichen der Kooperation an die neue ukrainische Regierung und ihre Behörden, dass Österreich nun den Schutz der Menschenrechte und den Kampf gegen Korruption und Geldwäsche effektiv unterstützt. Nicht zuletzt die Arbeit und die Recherchen der Zivilgesellschaft haben die Netzwerke des Janukowitsch Clans und die Verbindungen zu Österreich offengelegt. Die Flucht des ehemaligen ukrainischen Premierministers nach Wien kurz nach seinem Rücktritt verstärkte in der ukrainischen Protestbewegung den Zweifel an Österreichs Position gegenüber dem korrupten Regime von Janukowitsch.

Die sogenannte Wiener Liste des Außenministeriums, die der Tageszeitung "Die Presse" vorlag, liest sich laut deren Berichterstattung vom 1.3.2014 wie ein „Who is who des Ancien Regime von Kiew“: Neben Janukowitsch Senior und Junior wird sie angeführt von Ex-Premier Mykola Asarow. Sein Sohn Oleksij ist nicht nur Abgeordneter von Janukowitsch‘ Partei der Regionen, er hat auch einen Wohnsitz in Wien-Pötzleinsdorf und betreibt eine Handelsgesellschaft, die in der Wiener Singerstraße angemeldet ist. Weiters findet sich laut „Die Presse“ Andrej Klujew auf der Liste, der mit seinem Bruder Sergej 1994 in Wien die Slav AG gründete, um das Stahlgeschäft in ihrer ukrainischen Heimat zu finanzieren. Sergej Klujew ist Abgeordneter in Kiew, sein Name befand sich aber nicht auf der österreichischen Liste, sehr wohl aber auf der schweizerischen und der EU-Liste.
Und weiters finden sich im Bericht der „Presse“ Topleute aus dem Janukowitsch-Regime, deren Konten gesperrt werden sollen, wie etwa der ehemalige Innenminister Vitali Sachartschenko, dem die neue Führung der Ukraine wegen der tödlichen Schüsse auf Demonstranten den Prozess machen will, Ex-Justizministerin Olena Lukasch und der abgesetzte Generalstaatsanwalt Viktor Pschonka, der maßgebliche Verantwortliche für den Politprozess gegen die ehemalige Premierministerin Julia Timoschenko.

Nicht einmal eine Woche später zog die Europäische Union nach und fror am 5. März 2014 die Konten von insgesamt 18 Ukrainern ein. Das EU-Amtsblatt hat die Liste der betroffenen Personen zuvor veröffentlicht.

·        Viktor Janukowitsch (Ex-Präsident)

·        Vitali Sachartschenko (Ex-Innenminister)

·        Viktor Pschonka (ehemaliger Generalstaatsanwalt)

·        Oleksander Jakimenko (ehemaliger Leiter des Sicherheitsdienstes)

·        Andrej Portnow (Ex-Berater von Janukowitsch) - nicht auf der österreichischen Liste

·        Olena Lukasch (Ex-Justizministerin)

·        Andrej Klujew (ehemaliger Leiter des Präsidialamtes)

·        Viktor Ratuschniak (Ex-Vize-Innenminister) - nicht auf der österreichischen Liste

·        Oleksander Janukowitsch (Sohn des Ex-Präsidenten, Geschäftsmann)

·        Viktor Janukowitsch (Sohn des Ex-Präsidenten, Abgeordneter) - nicht auf der österreichischen Liste

·        Artem Pschonka (Sohn des ehemaligen Generalstaatsanwalts, Vize-Fraktionschef der Partei der Regionen) - nicht auf der österreichischen Liste

·        Sergej Klujew (Geschäftsmann, Bruder von Andrej Klujew) - nicht auf der österreichischen Liste

·        Mykola Asarow (Ex-Premier)

·        Alexej Asarow (Sohn des Ex-Premiers) - nicht auf der österreichischen Liste

·        Sergej Kurtschenko (Geschäftsmann) - nicht auf der österreichischen Liste

·        Dmitri Tabatschnik (Ex-Bildungsminister) - nicht auf der österreichischen Liste

·        Raissa Bogatyrjowa (Ex-Gesundheitsministerin) - nicht auf der österreichischen Liste

·        Igor Kalinin (Ex-Berater des Präsidenten) - nicht auf der österreichischen Liste

Vergleicht man aber die Liste der Inhaber der gesperrten Konten der EU-Liste mit den Namen, die auf der österreichischen Liste standen, so verwundern die Diskrepanzen. Wohl bestehen beide Listen aus achtzehn Namen, doch sind nicht weniger als zehn davon unterschiedlich. Zum Vergleich hier auch die österreichische Liste, wie sie von der Tageszeitung „Die Presse“ am 28.2.2014 online gestellt wurde:

·        Viktor Janukowitsch (Ex-Präsident)

·        Oleksander Janukowitsch (Sohn des Ex-Präsidenten)

·        Mykola Asarow ( Ex-Premier)

·        Andrej Klujew (Ex-Vorsitzender des ukrainischen Sicherheits-und Verteidigungsrats)

·        Vitali Sachartschenko (Ex-Innenminister)

·        Sergej Arbuzow (Kurzzeit-Premier) – nicht auf der EU-Liste

·        Michail Dobkin (Gouverneur der Provinz Charkow) – nicht auf der EU-Liste

·        Gennadi Kernes (Bürgermeister von Charkow) – nicht auf der EU-Liste

·        Olesander Klymenko (Ex-Minister für Steuern) – nicht auf der EU-Liste

·        Valerij Korjak (Ex-Polizeichef von Kiew) – nicht auf der EU-Liste

·        Olena Lukasch (ehemalige Justizministerin)

·        Oleksander Popow (ehemaliger Leiter der Stadtverwaltung von Kiew) – nicht auf der EU-Liste

·        Viktor Pschonka (Ex-Generalstaatsanwalt)

·        Stanislaw Schuljak (ehemals Kommandant der Truppen des Innenministeriums) – nicht auf der EU-Liste

·        Volodymyr Siwkowitsch (Ex-Vize-Chef des Nationalen Sicherheits-und Verteidigungsrates) – nicht auf der EU-Liste

·        Oleksander Jakimenko (Ex-Geheimdienstchef)

·        Juri Iwanjuschtschenko (Abgeordneter der Partei der Regionen) – nicht auf der EU-Liste

·        Eduard Stawitski (ehemaliger Minister für Energie) – nicht auf der EU-Liste

 

Auffällig ist darüber hinaus, dass auf keiner Liste der Name Dmytro Firtash, ukrainischer Gas-Milliardär, aufschien, der in Wien laut APA nach jahrelangen Ermittlungen durch das FBI am 12.3.2014 verhaftet wurde. Die US-Behörden werfen laut Bundeskriminalamt Dmytro Firtash im Zusammenhang mit Auslandsgeschäften Bestechung und Bildung einer kriminellen Vereinigung vor.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende


 

ANFRAGE

 

1.    Die sogenannte „Wiener Liste“ mit Namensnennungen vonseiten des Außenministeriums und die offizielle EU-Liste vom 5.3.2014 sind nicht ident. Auf welcher Grundlage kam die österreichische Bundesregierung zu ihrem Beschluss genau jene 18 Konten einzufrieren?

 

2.    Die Bundesregierung gab bekannt, auf Ersuchen der neuen ukrainischen Regierung tätig geworden zu sein, wie Vizekanzler Spindelegger bestätigte. Können Sie ausschließen, dass sich das ursprüngliche Ersuchen der ukrainischen Regierung auf mehr als 18 Personen bezog?

 

3.    Wenn ja, wieso kam die österreichische Bundesregierung dem Ersuchen der ukrainischen Regierung nicht in jedem der Fälle nach?

 

4.    In welcher Form wurde der österreichischen Bundesregierung das Ersuchen der ukrainischen Regierung übermittelt?

 

5.    War die Ausführung des Ersuchens gleichzeitig die Anerkennung der unter kritischen Umständen entstandenen neuen ukrainischen Regierung durch die österreichische Regierung?

 

6.    Wie erklären Sie die eklatanten Unterschiede der österreichischen und der EU-Liste der Kontosperren in zehn von achtzehn Fällen?

 

7.    War auch auf europäischer Ebene ein Ersuchen der ukrainischen Regierung der Ausgangspunkt? Und wenn ja, wann wurde dies der österreichischen Regierung übermittelt?

 

8.    Wann traten die am 28.2.2014 verkündeten Kontosperren in Kraft und wie lange gelten die Sperren?

 

9.    Wann traten die die auf Grundlage der offiziellen EU-Liste vorzunehmenden Sperrungen der weiteren Konten in Kraft? Wie viele und welche Konten waren in Österreich davon betroffen?

 

10. Wurde die Sperre der Konten jener 10 Personen, die sich zwar auf der österreichischen Liste, nicht aber auf der EU-Liste befinden, wieder aufgehoben?

 

11. Wieso findet sich auf keiner der Listen der Name Dmytro Firtash?

 

12. Betreffen die Kontosperren nur die persönlichen Konten der betroffenen Personen oder auch die Geschäftskonten der Firmen, an denen sie mittelbar oder unmittelbar Anteile halten?