1162/J XXV. GP

Eingelangt am 27.03.2014
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Gutachten zur Rechtmäßigkeit eines Zweitgehalts, das der Präsident des Patentamtes bezieht – erneute Fragestellung wegen Nichtbeantwortung

 

In der Anfragebeantwortung 15438/AB (XXIV.GP) haben Sie pauschal zu einer Reihe von Fragen (1 bis 16) betreffend den Kenntnisstand im BMVIT zur Vertragssituation mit Patentamts-Präsident Rödler behauptet, dass diese Fragen ein laufendes Verwaltungsverfahren betreffen würden und eine Beantwortung daher nicht möglich wäre.

Diese Behauptung ist angesichts von Fragen wie zB nach von Ihnen beauftragten Gutachten (Zeitpunkt der Beauftragung und des Einlangens, Auftragnehmer usw.) nicht nachvollziehbar, da solche Informationen jedenfalls auch während eines anhängigen Verwaltungsverfahrens erteilt werden können.

Da mittlerweile mehrere Monate vergangen sind und daher mit wesentlichen Verfahrensfortschritten im angeführten Verwaltungsverfahren gerechnet werden kann, sollen nunmehr die unbeantworteten Fragen neuerlich gestellt und zudem die Begründung für die bisherige Verweigerung der Beantwortung im Detail und im Hinblick auf die Anforderungen des §91 GOG-NR hinterfragt werden.

 

Auch die in 15438/AB (XXIV.GP) unbeantwortet gebliebenen Teile der Fragen 17 bis 20 harren noch ihrer GOG-NR-konformen Beantwortung.

 

Die Begründung der erwähnten, Ihrerseits großteils unbeantwortet gebliebenen Anfrage vom Herbst 2013 lautete:

 

Die Frage, ob das Zweitgehalt, das der Präsident des Patentamtes ohne stichhaltige gesetzliche Grundlage für seine Parallel-Funktion als Geschäftsführer der teilrechtsfähigen Patentamts-Einheit „serv.ip“ bezieht, rechtmäßig ist, beschäftigt spätestens seit einem nicht nur diesbezüglich sehr kritischen Rechnungshofbericht über die Gebarung von „serv.ip“ im Jahr 2012 Politik, Medien, Staatsanwaltschaft und Gerichte.

„Die Presse“ berichtete in ihrer Ausgabe vom 31.8.2013 über den aktuellen Stand und die neuesten Wendungen:


Peinliche Posse um das Patentamt

Der Chef des Patentamts, Friedrich Rödler, bezieht zwei Gehälter. Und er denkt nicht daran, darauf zu verzichten. Infrastrukturministerin Doris Bures beißt sich an der Causa die Zähne aus.

 

Das Österreichische Patentamt: 3263 Erfindungen wurden hier im vergangenen Jahr angemeldet. „Wir sichern Innovationen“, schreibt das Amt auf seiner Homepage also völlig zurecht. Und: „Innovationen sind die Grundlage und Triebfeder jedes Wirtschaftssystems.“

 

Auch dagegen ist absolut nichts einzuwenden: Solche Triebfedern kann Österreichs Wirtschaft – abgesandelt oder nicht – dringend brauchen. Das findet auch der Chef des Patentamts, Friedrich Rödler: „Das Patentamt leistet einen wichtigen Beitrag zum Innovationsstandort“, sagt er stolz.

 

Und doch gibt's dabei ein nicht unwesentliches Problem. Streit nämlich. Gar nicht gut. „So etwas lenkt nur ab“, sagt Rödler folgerichtig. „Das Patentamt muss zur Ruhe kommen.“

Blöderweise sieht es danach so gar nicht aus. Und daran ist – Ironie am Rande – Friedrich Rödler nicht ganz unbeteiligt.

Die Geschichte ist jedenfalls für sämtliche Betroffenen eine höchst ärgerliche – wiewohl nicht frei von skurrilen Elementen. Aber im Endeffekt dermaßen vertrackt, dass eine gütliche Einigung absolut undenkbar ist.

 

Begonnen hat sie im Sommer 2012. Damals war ein Rechnungshofbericht über das Patentamt veröffentlicht worden, der alles andere als wohlwollend war. Das Faktum, dass das Patentamt über die Jahre bei den Ausgaben die budgetären Vorgaben überschritten hatte, sorgte dabei freilich für weniger Aufregung. So etwas gehört in Österreich offenbar eh zum guten Ton. Dafür erhitzten sich die Gemüter über die ausgegliederte Gesellschaft Servip.

 

Sie ist für Service- und Informationsleistungen für Patentamtskunden zuständig. Wer beispielsweise erfahren will, ob ein Produkt hierzulande schon als Patent eingetragen oder eine Marke geschützt ist, kann sich vertrauensvoll an Servip wenden. Klingt gut, ist es auch, freilich weniger für Servip: Der Rechnungshof konstatierte eine „seit Jahren negative Geschäftsentwicklung“. Vor allem aber monierte er Doppelgleisigkeiten von Patentamt und Servip.

 

Und dann ging's rund. So wurde publik, dass Friedrich Rödler seit 2005 neben seinem Monatsgehalt als Präsident des Patentamts in Höhe von 8900 Euro brutto auch ein Gehalt als Geschäftsführer der Servip kassiert. Diesfalls bekommt er eine Gage von monatlich 6250 Euro brutto.

 

Die grüne Abgeordnete Gabriela Moser wandte sich daraufhin mit einer Sachverhaltsdarstellung an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Doch ein Mann wie Friedrich Rödler weiß sich zu wehren: Er zeigte Moser wegen Kreditschädigung an – der Prozess beginnt am 17.September.

 

Rödler sieht sich rechtlich nämlich auf absolut sicherem Boden. Was auch die Staatsanwaltschaft gleichsam bestätigte: Das Verfahren gegen ihn wurde mittlerweile eingestellt. Rödler hat nämlich zwei Verträge: einen als Präsident des Patentamts, einen als Geschäftsführer der Servip. „Und Vertrag ist Vertrag“, sagt Rödler. Womit die Sache allenfalls als dreist, jedenfalls aber als rechtlich wasserdicht abgehakt werden könnte.


Keineswegs. Denn in der Zwischenzeit ist das Infrastrukturministerium, zu dem das Patentamt ressortiert, ordentlich aufgeschreckt worden. Dazu muss man wissen, dass Friedrich Rödler einst selbst ranghoher Mitarbeiter desselben Ministeriums war – nämlich Generalsekretär unter FPÖ-Minister Hubert Gorbach. Diesem hat Rödler es auch zu verdanken, dass er Anfang 2005 an die Spitze des Patentamts wechseln durfte. Doch auch unter SPÖ-Ministerin Doris Bures war Rödler wohlgelitten: Sein Vertrag wurde vor drei Jahren verlängert.

 

Mittlerweile dürfte das Ministerium die Entscheidung bitter bereuen. Denn Rödler zeigt sich in der Causa Doppelgehalt mehr als unkooperativ.

 

Das Ministerium hat zwischenzeitlich mehrere Gutachten anfertigen lassen, die die Doppelgage Rödlers als höchst problematisch einstufen. Worauf Bures im Juni dieses Jahres eine Weisung erteilt hat: Rödler möge die Auszahlung seines Servip-Gehalts ab sofort unterlassen. Doch der denkt nicht im Traum daran: „Ich habe die Angelegenheit meinem Rechtsanwalt übergeben“, sagt er trocken, „und er hat der Weisung widersprochen.“ Nachsatz: „Wenn die Sache dem Ministerium wirklich so wichtig ist, wird es wohl das Arbeits- und Sozialgericht bemühen müssen.“

 

Die weitere Strategie des Ministeriums ist freilich nicht in Erfahrung zu bringen. Dem zuständigen Sektionschef Christian Weissenburger ist jedenfalls nur ein Satz zu entlocken: „Ich nehme zu Personalangelegenheiten keine Stellung.“

 

Schade – aber angesichts der hochnotpeinlichen Angelegenheit durchaus verständlich. Zumal in einem Wahljahr. Und so kann über die weitere berufliche Zukunft Friedrich Rödlers nur mehr gemutmaßt werden: Lässt man ihn einfach gewähren, um endlich Frieden einkehren zu lassen? Kommt es zu seiner Suspendierung, weil er als weisungsgebundener Patentamts-Präsident eine Weisung der Ministerin ignoriert? Möglich ist das durchaus.

 

Aber auch das ist Friedrich Rödler ziemlich egal. „Ich sehe das sehr gelassen“, sagt er. Da er nämlich selbstverständlich gegen so eine Suspendierung rechtlich vorgehen würde. Rödler verheißungsvoll: „Bis das ausjudiziert ist...“ Eh klar: Das kann dauern, und sein Vertrag läuft ohnehin nur mehr zwei Jahre. Er stellt sich jedenfalls auf den Standpunkt, dass er ausschließlich als Patentamts-Präsident weisungsgebunden ist – und nicht als Servip-Chef. Unschwer zu erkennen: Die Sache ist juristisch äußerst verworren.

 

In einem Punkt wenigstens dürfte es aber Einigkeit geben: Dass sein Vertrag in zwei Jahren nochmals verlängert wird, glaubt Rödler nicht. Und da wird wohl niemand dagegen wetten. Dazu meint Rödler achselzuckend: „Dann bin ich ohnehin schon 61Jahre alt.“

 

Im Interesse der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und im Interesse eines nachvollziehbaren Umgangs mit Öffentlichen Geldern wäre ein etwaiges „Aussitzen“ dieser Angelegenheit nicht angebracht und eine Klärung ohne unnötige Verzögerungen sehr wünschenswert. Es kann Ihrerseits doch nicht länger geduldet werden, dass die Republik zum Selbstbedienungsladen einzelner hoher Funktionsträger wird, die ein Spitzengehalt noch mit einem weiteren überdurchschnittlichen Bezug vergolden.

 

Die angesprochenen Fragen sind – nicht zuletzt infolge der Nichtbeantwortung in 15438/AB XXIV.GP – unverändert offen und brisant.


Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Liegt dem Zweitgehalt, das Patentamts-Präsident Rödler bezieht, ein Vertrag zugrunde?

2)    Wenn ja: Wer hat diesen Vertrag textlich erstellt?

3)    Wer hat diesen Vertrag wann konkret mit wem abgeschlossen?

4)    Falls das BMVIT Vertragspartner ist: Wer hat diesen Vertrag für das BMVIT unterfertigt?

5)    Wer war an der Entscheidung über diesen Vertrag im BMVIT konkret wie beteiligt?

6)    Falls das BMVIT nicht Vertragspartner ist: In welcher Weise und wann war das BMVIT sonst in die Entstehung des Vertrags – zB als Aufsichtsbehörde, … – involviert?

7)    Welche konkrete gesetzliche Grundlage hat dieser Vertrag im Patentamtsgesetz?

8)    Falls dem Zweitgehalt, das Patentamts-Präsident Rödler bezieht, kein Vertrag zugrunde liegen sollte: Auf welcher Grundlage bezieht der Patentamts-Präsident sein „Serv.ip“-Zweitgehalt?

9)    Welche Gutachten haben Sie bzw Ihr Haus zur Frage der Rechtmäßigkeit des „Serv.ip“-Zweitgehalts von Patentamts-Präsident Rödler beauftragt?

10) Wann haben Sie diese Gutachten a) beauftragt, b) erhalten?

11) Bei wem haben Sie diese Gutachten beauftragt?

12) Welche Conclusio mit welcher Begründung ziehen diese Gutachten jeweils im Einzelnen (Verhältnis Gesetzestext/Erläuternde Bemerkungen, u.dgl.) zur Frage, ob das „Serv.ip“-Zweitgehalt von Patentamts-Präsident Rödler gesetzeskonform ist?

13) Auf welche Rechtsgutachten, Rechtsmeinungen, Judikate etc aus früheren Jahren wird von den Gutachtern diesbezüglich Bezug genommen?

14) Welche Conclusio ziehen die nunmehrigen Gutachten jeweils im Einzelnen zur Frage, ob und für welchen Zeitraum das „Serv.ip“-Zweitgehalt von Patentamts-Präsident Rödler zurückzuzahlen ist?

15) Welche Maßnahmen haben Sie bzw Ihr Haus wann konkret gesetzt, um diesen Gutachten gemäß für eine gesetzeskonforme Gebarung im Bereich der Leitung des Österreichischen Patentamts und seiner Teilrechtsfähigkeit (serv.ip) zu sorgen?

16) Welcher Verfahrensstand ist infolge dieser Maßnahmen derzeit erreicht?

17) Welche Maßnahmen haben Sie bzw Ihr Haus wann im Hinblick auf die übrigen, teilweise kaum weniger brisanten Kritikpunkte des Rechnungshofberichts BUND 2012/7 hinsichtlich der Gebarung von „serv.ip“ - Finanzveranlagungen, üppige Berateraufträge zB beim Projekt ELVIS, … - im Einzelnen konkret gesetzt?

18) Welche Ergebnisse hatte insbesondere die im Februar 2013 extern beauftragte Analyse des Veranlagungsportfolios des ÖPA/serv.ip?

19) Welche Konsequenzen wurden a) aus der trotz Weisung erfolgten offenen Weigerung des Patentamtspräsidenten, diese Analyse zu unterstützen, b) aus den Ergebnissen dieser Analyse gezogen?


20) Können Sie ausschließen, dass der Präsident des Patentamtes öffentliche Gelder (von Amt oder serv.ip) für die rechtliche Beratung für seine gegen BMVIT-Anweisungen gerichteten Aktivitäten einsetzt?

21) Können Sie bestätigen, dass nie ein Entwurf für eine Gesetzesänderung durch den Präsidenten des Patentamtes bzw auf seine unmittelbare Veranlassung hin an Ihr Ressort herangetragen wurde?

22) Ihnen musste die mangelhafte Amtsführung des Präsidenten des Patentamtes bei gleichzeitigem Doppel-Bezug vor der Vertragsverlängerung bekannt gewesen sein. Warum haben Sie dennoch den Vertrag verlängert?

23) Werden Sie den Bericht der Internen Revision über die Überprüfung der Gebarung des Patentamtes hinsichtlich der Finanzveranlagungen der Öffentlichkeit zugänglich machen? Wenn nein, warum nicht?

24) In Ihrer Anfragebeantwortung vom 18.11.2013 teilten Sie mit: „Die Empfehlungen des Rechnungshofes betreffend das Österreichische Patentamt werden sukzessive geprüft und so weit wie möglich umgesetzt.“ a) Welche dieser seit mindestens 2012 vorliegenden Empfehlungen des Rechnungshofes im Einzelnen wurden bisher wann geprüft? b) Welche dieser seit mindestens 2012 vorliegenden Empfehlungen des Rechnungshofes im Einzelnen wurden bisher wann umgesetzt? c) Welche der seit mindestens 2012 vorliegenden, noch nicht geprüften Empfehlungen des Rechnungshofes im Einzelnen werden wann geprüft werden? d) Welche der seit mindestens 2012 vorliegenden, noch nicht umgesetzten Empfehlungen des Rechnungshofes im Einzelnen werden wann umgesetzt werden?

25) Auf welches „laufende Verwaltungsverfahren“ haben Sie in Ihrer Anfragebeantwortung 15438/AB XXIV.GP „zu Fragen 1 bis 16“ konkret Bezug genommen?

26) Welche Schritte sind in diesem Verfahren wann im Einzelnen erfolgt?

27) Wie ist es möglich, dass das BMVIT im Rahmen seiner Aufsicht über das Österreichische Patentamt und seine Leitung zum Zeitpunkt der Vertragsverlängerung 2010 „kein(en) Grund, Dr. Rödler nicht wieder zu bestellen“ (vgl. Ihre Antwort zu Frage 22 in 15438/AB XXIV.GP) sehen konnte, wo doch zB der Rechnungshof zahlreiche Auffälligkeiten in den Jahren 2005 bis 2010 feststellte, etwa einen Liquiditätsengpass im Jahr 2009, und in TZ 17 seiner Berichts auch unumwunden feststellte, dass das BMVIT „nicht rechtzeitig auf Fehlentwicklungen reagiert“ hatte, was allerdings zugleich heißt, dass diese Fehlentwicklung dem BMVIT zum Zeitpunkt der Vertragsverlängerung längst bekannt gewesen sein müss(t)en?