1257/J XXV. GP

Eingelangt am 01.04.2014
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Anfrage

 

der Abgeordneten Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

betreffend EU VO TEN-Energie

BEGRÜNDUNG

 

Gemäß Art 3 TEN-Energie VO (EU VO Nr 347/2013) erstellt die Kommission auf Vorschlag der Mitgliedsstaaten bzw der regionalen Gruppen eine Unionsliste der Vorhaben von gemeinsamem Interesse. Die Projekte sollen in den Genuss finanzieller Förderung und gestraffter und koordinierter Genehmigungsverfahren kommen. Art 4 der VO zählt die Kriterien, die die Projekte der Unionsliste von Energieinfrastruktur-Vorhaben erfüllen müssen, im Detail auf.  Die Unionsliste ist erstmals per 30. 9. 2013 und dann alle zwei Jahre zu erstellen.

Kapitel III TEN-Energie VO legt das Genehmigungsverfahren und die Beteiligung der Öffentlichkeit fest, insbesondere ist vorzusehen:

-       ein zentraler „Anprechpartner“, wobei die VO drei Modelle anbietet: das integrierte, das koordinierte und das kooperative Schema,

-       ein Vorverfahren zur Beteiligung der Öffentlichkeit,

-       eine Entscheidungsfrist für Vor- und Genehmigungsverfahren (ohne Rechtsmittelverfahren) und

-       eine Straffung der Verfahren, die Vorgaben der Aarhus- bzw Espoo-Konvention und des Unionsrechts (zB UVP-RL, SUP-RL, Natura 2000- RL, Wasserrahmen-RL) sind aber zu beachten.

Die Verordnung gilt unmittelbar, bedarf aber wegen ihrer Unbestimmtheit in vielen Punkten noch nationaler legislativer und nichtlegislativer Begleitmaßnahmen. Unter anderem ist bis zum 16. Mai 2014 ein „nicht verbindliches“ Verfahrenshandbuch zu erstellen. Für laufende Verfahren wird Kapitel III nicht wirksam: „Die Bestimmungen nach Kapitel III gelten nicht für Vorhaben von gemeinsamem Interesse im Genehmigungsverfahren, für die ein Vorhabenträger vor dem 16. November 2013 Antragsunterlagen eingereicht hat“ (Art 19 TEN-Energie VO).

Österreich, vertreten durch den BMWFW (damals BMWFJ), hat für die „Unionsliste“ drei Pumpspeicherkraftwerke und etliche Strom- und Gasleitungen gemeldet (siehe Delegierte Verordnung Nr 1391/2013 der Kommission vom 14. Oktober 2013). Unter den Pumpspeicherkraftwerksvorhaben sind genannt: Erweiterung Kaunertal, Tirol, Obervermuntwerk II, Vorarlberg und Limberg III, Salzburg. Alle drei Projekte fallen, wie übrigens auch das Vorhaben Tauerngasleitung,  nicht in Kapitel III der Verordnung (Antrag Kaunertal ging ein am 12. 8. 2012, Antrag Limberg III am 26. 1. 2010, Antrag Obervermuntwerk III am 7. 4. 2011, letzteres Verfahren mit Bescheid des Umweltsenats vom 26. 4. 2013 abgeschlossen[1]).

Da Vorhaben von gemeinsamem Interesse großteils UVP-pflichtig sind bzw sein werden, befasste sich der Umweltrat auf Verlangen der Anfragestellerin in seiner Sitzung am 21. Jänner 2014 mit dem Verhältnis von UVP-G und TEN-Energie-VO. Er fasste einstimmig (mit einer Enthaltung) folgende Empfehlung:

Die TEN-Energie VO wurde von Ihnen Herr BM Mitterlehner verhandelt, Sie haben das BMWFW gegenüber der Kommission als für die Erleichterung und Koordinierung des Genehmigungsverfahrens „zuständige nationale Behörde“ gemäß Art 8 Abs 1 TEN-Energie VO gemeldet, das Verfahrenshandbuch ist daher von Ihnen zu erstellen, auch wenn in erster Linie UVP-pflichtige Projekte betroffen sein werden und für die UVP das BMLFUW und als Genehmigungsbehörde die Landesregierungen zuständig sind. Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.         In welcher Weise hat das Wirtschaftsministerium das Umweltministerium im Vorfeld der Verhandlung über das Kapitel III TEN-Energie VO auf EU-Ebene jeweils eingebunden?

2.         a)      In welcher Weise kam die von Österreich bzw dem Wirtschaftsministerium  erstellte Liste von Vorhaben für die Unionsliste per 30. 9. 2013 zustande?

b)      Inwiefern erfüllen diese gemeldeten und aufgenommenen Vorhaben jeweils die Kriterien des Art 4 TEN-Energie VO? Welche Materialien gibt es dazu, die der Öffentlichkeit zugänglich sind?


c)      Wer wird auf EU- und innerstaatlicher Ebene bei der nächsten Ausweisung/Evaluierung der PCI Liste eingebunden sein? Welche Veränderungen sind geplant, um den Prozess der PCI-Ausweisung künftig transparenter zu gestalten?

d)      Treten Sie für eine gesetzlich verpflichtende Energieplanung in Verordnungsform ein, die dann auch vorab einer Strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden müsste? Wenn nein, warum nicht?

3.         a)      Wie genau wurde das Projekt Ausbau Kraftwerk Kaunertal im Rahmen der PCI – Ausweisung im Jahr 2013 in den regionalen Gruppen evaluiert?

b)      Rechtfertigt diese Evaluierung den PCI Status des vorgenannten Projektes?

c)      Wie sah die Evaluierung hinsichtlich folgender Kriterien aus (siehe Kriterien in Art 4 Abs 1 u 2 VO 347/2013):

aa)    Vorhaben ist für mindestens einen bzw. eines der vorrangigen Infrastrukturkorridore und –gebiete erforderlich.

bb)     Der potentielle Gesamtnutzen übersteigt auch langfristig seine Kosten.

cc)      Erhebliche Grenzüberschreitende Auswirkungen sind gegeben.

dd)     Marktintegration

ee)     Nachhaltigkeit

ff)        Versorgungsicherheit?

4.         Sind finanzielle Förderungen/Zuwendungen der Europäischen Union (zB CEF) für das Projekt Ausbau Kraftwerk Kaunertal aufgrund des PCI-Status möglich? Wenn ja, welche Projekttätigkeiten sind förderungswürdig?

5.         Warum hat für das Vorhaben Ausbau Kraftwerk Kaunertal keine ausreichende Variantenprüfung bezüglich ökologisch, sozialer, finanzieller Nachhaltigkeit des Projektes Ausbau KW Kaunertal mit und ohne Zuleitungen von Gurgler und Venter Ache stattgefunden, wodurch die Charakteristika eines PCI-Projektes eher erfüllt wären?

6.         a)      In welcher Weise soll Kapitel III nach Ihrer Auffassung legistisch in Österreich umgesetzt bzw gesetzlich begleitet werden?

b)      Für welche der drei Modelle zum „einzigen Ansprechpartner“ treten Sie ein – für das integrierte Schema (wie es bereits durch das UVP-G verwirklicht ist), für das koordinierte Schema (alle zur Genehmigung zuständigen Behörden bilden eine Arbeitsgruppe, erlassen aber getrennte Bescheide) oder das Kooperationsschema (einzelne Entscheidungen der zuständigen Behörden aber Koordination und Aufsicht durch den „einzigen Ansprechpartner“?

c)      Was spricht aus Ihrer Sicht dagegen, den Anwendungskreis des UVP-G um mögliche Vorhaben von gemeinsamem Interesse zu erweitern und Sonderregelungen für PCI-Projekte (Vorverfahren und Fristen) im UVP-G zu ergänzen, außer die Tatsache, dass in diesem Fall Oberste Behörde das BMLFUW wäre?

d)      Welche Gesetze (Novellierungen) müssen auf Bundes- bzw Landesebene erlassen werden, um das von Ihnen präferierte Umsetzungsmodell zu verankern? Wann ist mit entsprechenden Ministerialentwürfen  zu rechnen? Wird die vom BKA empfohlene Begutachtungsfrist von 6 Wochen eingehalten werden und inwiefern werden Umweltorganisationen und Bürgerinitiativen eingebunden sein?

e)      Warum wurden diese Gesetzesentwürfe nicht längst vorgelegt, sodass die Situation eintritt, dass das Verfahrenshandbuch, welches gemäß VO am 16. Mai fertig gestellt sein muss, im rechtsfreien Raum ist? Die EU-VO ist in vielen Punkten nicht hinreichend präzise, um direkt angewandt zu werden. Das Verfahrenshandbuch kann aber vor dem Hintergrund des österreichischen Legalitätsprinzips Gesetze, die von den Parlamenten zu verabschieden sind, nicht ersetzen.

f)       Welche Gespräche haben Sie bisher mit dem BMLFUW und den Landesregierungen zwecks Umsetzung der TEN-EnergieVO, Kapitel III, geführt? Wie stehen die Landesregierungen zu dem von Ihnen präferierten Umsetzungsmodell?

g)      Werden Sie der Empfehlung des Umweltrates vom 21. Jänner 2014 Rechnung tragen und den Entwurf zum Verfahrenshandbuch dem BMLFUW so rechtzeitig übermitteln, dass die Stellungnahme des BMLUW auch noch vor dem 16. Mai 2014  im Umweltrat diskutiert werden kann?

h)      Für welche der in der Unionsliste aufgenommenen österreichischen Vorhaben werden Kapitel III TEN-Energie VO und die Begleitgesetze bzw -darauf aufbauend - das Verfahrenshandbuch aufgrund der in Art 19 verankerten Übergangsfrist gelten?



[1] http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/uvpsup/uvpoesterreich1/uvpdatenbank/uvp_online