1272/J XXV. GP

Eingelangt am 08.04.2014
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Anfrage

 

der Abgeordneten Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

betreffend Umweltbeeinträchtigungen durch die Firma Borealis Polyolefine GmbH in Schwechat-Mannswörth

BEGRÜNDUNG

 

Die Firma Borealis Polyolefine GmbH in Schwechat Mannswörth ist laut PRTR-Nationales Register eine gewerberechtlich genehmigte Anlage. Zur industriellen Herstellung von organischen Grundchemikalien setzte sie im Jahre 2011 126,000 kg Teilhalogenierte Fluorchlorkohlenwasserstoffe (HFCKW) und 559.559,000 kg flüchtige organische Verbindungen ohne Methan (NMVOC) in die Luft frei und leitete 2,020 kg Tributylzinn und Verbindungen in das Wasser ein. Laut Jahresbericht 2010 kam es zur „versehentlichen“ Freisetzung von 1,200 kg Di-(2-ethylhexyl)phtalat (DEHP). Sowohl Tributylzinn als auch DEHP sind in der Liste der prioritären Stoffe nach der Wasserrahmen-RL genannt, Tributylzinn ist sogar als prioritärer gefährlicher Stoff eingestuft (siehe auch Anhang E des Wasserrechtsgesetz). Die Einleitung dieser Stoffe in die Gewässer soll wegen ihrer Gefährlichkeit schrittweise reduziert bzw ganz eingestellt werden: Es handelt sich um Chemikalien, die besonders gefährlich sind, da sie sich im Körper des Menschen und in den Lebewesen im Gewässer anreichern (Bioakkumulation), sehr giftig sind (Toxizität) und sich in der Umwelt nur sehr schlecht abbauen (Persistenz).

Eine Studie von Forschern der Universität Wien (Lechner, A, et al., The Danube so colourful: A potpourri of plastic litter outnumbers fish larvae in Europe´s second largest river, Environment Pollution (2014), http://dx.doi.org/10.1016/j.envpol.2014.02.006) wies in den Jahren 2010 und 2012 eine höhere Konzentration von Plastikteilen als von Fischlarven in der Donau nach. Die Forscher wollten eigentlich die Verbreitung von Fischlarven untersuchen und stellten fest, dass die Masse an Plastikteilen für den gesamten Untersuchungszeitraum höher war als die Masse von Fischlarven. Eine Hochrechnung in derselben Studie ergab, dass auf diese Weise täglich 4,2 Tonnen Plastikmüll von der Donau in das Schwarze Meer gespült wird. Als eine der Verursacher der Plastikkontamination der Donau gilt die Firma Borealis Polyolefine GmbH in Schwechat Mannswörth.

Aufgrund § 356 b Gewerbeordnung sind in der gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigung auch andere bundesrechtliche Vorschriften anzuwenden; aus dem Wasserrechtsgesetz sind insbesondere die Regelungen betreffend

-           Abwassereinleitungen und

-           Lagerung von Stoffen, die zur Folge haben, dass durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird,

nicht aber die Lagerung und Leitung wassergefährdender Stoffe gemäß § 31 a Abs 3 WRG (die entsprechende Verordnung des BMLFUW sieht nur eine Genehmigungspflicht für Anlagen zur Lagerung und Leitung von Brenn- und Kraftstoffen auf Mineralölbasis einschließlich von Rohölen aber einer bestimmten Menge vor, siehe BGBl Nr II 4/1998) mitanzuwenden. Ebenso ist von der Gewerbebehörde die Kontrolle der Anlage vorzunehmen und allenfalls entsprechende Schritte zu setzen (Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustands, nachträgliche Auflagen etc).

Der Gewerbebehörde obliegt daher die gewässerpolizeiliche Aufsicht (§ 130 Abs 1 lit a WRG). Sie kann im Bedarfsfalle jederzeit die Anlage kontrollieren (§ 133 Abs 2 WRG). Der Betrieb, in dem Fall die Borealis Polyelofine GmbH, hat selbst das Maß seiner Einwirkung auf ein Gewässer, den Betriebszustand und die Wirksamkeit der bewilligten Abwasserreinigungsanlagen durch Sachverständige auf eigene Kosten zu prüfen und der Behörde Befunde vorzulegen, sofern nicht bescheidmäßig öfters vorgeschrieben, mindestens alle fünf Jahre (siehe § 134 WRG).

Besondere Vorschriften gelten für gefährliche Anlagen gemäß der Seveso II-RL (96/82/EG idgF) und der RL über Industrieemissionen (2010/75/EU) bzw der IPPC-RL.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.         a)      Über welche gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigungen verfügt die Borealis Polyolefine GmbH  am Betriebsstandort in Schwechat/Mannwörth?

b)      Wann wurden diese Genehmigungen  und von welcher Behörde wurden sie erteilt?


c)      Welche wasserrechtlichen Genehmigungstatbestände kamen in diesen Genehmigungen zur Anwendung, welche Maßnahmen wurden unter Vorschreibung welcher Auflagen erlaubt?

d)      Insbesondere: Welche prioritären Stoffe laut Anhang E zum Wasserrechtsgesetz kommen in der Anlage zum Einsatz bzw werden von der Anlage freigesetzt, welche Emissionsgrenzwerte wurden vorgeschrieben?

e)      Wann wurde die Einleitung des prioritär gefährlichen Stoffes Tributylzinn und Verbindungen behördlich – trotz der Vorgaben der Wasserrahmen-RL zur schrittweisen Einstellung von Freisetzungen dieses Stoffes - erlaubt?

f)       Enthalten die Bescheide auch Emissionsgrenzwerte für abfiltrierbare Stoffe?

g)      Wurde der Borealis Polyolefine GmbH das Einbringen von Plastikteilen in die Donau erlaubt? Wenn ja, welche Jahresfracht an Plastikteilen darf die Borealis Polyolefine GmbH in die Donau bescheidmäßig einbringen?

h)      Welche konkreten Kontrollen wurden der Borealis Polyolefine GmbH in den Genehmigungsbescheiden zum Schutz des Grundwassers und der Fließgewässer vorgeschrieben und in welcher Häufigkeit? Wurden die diesbezüglichen Befunde rechtzeitig vorgelegt? Von wann stammt der letzte Befund?

i)       Wie oft hat die Behörde die Einhaltung der Bescheidauflagen überprüft? Wann wurde die Anlage das letzte Mal in Augenschein genommen?

 

2.         a)      Wann hat die Borealis Polyolefine GmbH die „versehentliche“ Freisetzung von DEHP im Jahre 2010, wie im Schadstofffreisetzungsregister angeführt,  der Behörde gemeldet?

b)      Wann und wie kam es zu dieser „versehentlichen“ Freisetzung?

c)      Wurde die konsenslose Einbringung von Plastikteilen im Jahre 2010 umgehend der Behörde gemeldet oder nicht?

d)      Wann und auf welche Weise kam es 2010 zur konsenslosen Einbringung von Plastikteilen in die Donau?

e)      Welche Maßnahmen hat die Behörde verfügt, dass derartige Vorfälle in der Zukunft verhindert werden?

f)       Liegt der Gewerbebehörde die von Borealis Polyolefine GmbH in Auftrag gegebene Studie zu den Vorfällen des Jahres 2010 vor?


3.         a)      Welche Produktionsumstände bzw die Verwendung welcher Stoffe,  führen dazu, dass  die Borealis Polyolefine GmbH eine IPPC-Anlage ist?

b)      Ist die Borealis Polyolefine GmbH eine SEVESO II Anlage und unter welchen Tatbestand des Anhangs der Richtlinie fällt die Anlage?