1305/J XXV. GP
Eingelangt am 22.04.2014
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Anfrage
der Abgeordneten Beate Meinl-Reisinger, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Justiz
betreffend den Rechnungshofbericht zum staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren
Im Bericht des Rechnungshofs 2014/5 vom 19.3.2014 wurde ua. das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren überprüft. Dabei zeigte der Rechnungshof wesentliche Mängel auf:
„In den Jahren 2008 bis 2012 war die Anzahl der Staatsanwälte um rd. 15 % von 270 auf 312 gestiegen. Im gleichem Zeitraum ging die Anzahl der Ermittlungsverfahren gegen bekannte Personen um rd. 3 % zurück. Daher verringerte sich auch die durchschnittliche Fallanzahl pro Staatsanwalt um rd. 12 % von rd. 255 auf rd. 224. Dennoch erhöhte sich die Anzahl der drei Jahre oder länger anhängigen Verfahren österreichweit von 2008 bis 2012 um rd. 62 % von 159 auf 257.
Das BMJ hatte keine konkrete Ursachenanalyse für den stetigen Anstieg derartiger Verfahren bzw. zu verfahrensverlängernden Einflussfaktoren. Damit fehlten dem BMJ die erforderlichen Informationen zur Steuerung der Verfahrensdauer.
Das Interne Kontrollsystem war grundsätzlich geeignet, Verfahrensverzögerungen rechtzeitig aufzuzeigen. Ein seit 2012 laufendes Projekt soll weitere Verbesserungen bewirken.
Die Gesamtausgaben für Sachverständige stiegen im überprüften Zeitraum österreichweit um rd. 280 % von rd. 5,15 Mio. EUR (2008) auf rd. 19,57 Mio. EUR (2012). Bei den überprüften Staatsanwaltschaften stellte der RH eine Konzentration sowohl von Aufträgen als auch von Ausgaben, insbesondere in Wirtschaftsstrafsachen, bei einigen wenigen Sachverständigen fest. Kontrollinstrumente zur Qualitätssicherung der Tätigkeit der Sachverständigen waren nur in Teilbereichen vorhanden.
Das BMJ setzte zwar vereinzelte Maßnahmen zur Erhöhung der Informationssicherheit, ein längerfristiges strategisches Informationssicherheitsmanagement bestand jedoch nicht.“
Im Ergebnis präsentierte der Rechnungshof 32 Empfehlungen, die Verfahrensdauer, Personal, Sachverständige und Informationssicherheit betreffen und zu einer effizienteren Arbeitsweise führen sollen.
Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende
Anfrage:
1. Wie erklären Sie sich den Anstieg der drei Jahre oder länger anhängigen Fälle um 62% zwischen 2008 und 2012? Welche Konsequenzen haben Sie aus dieser Feststellung gezogen?
2. Warum wird das System der handschriftlich zu führenden Tagebücher nach wie vor beibehalten? Wann planen Sie eine Umstellung auf ein digitales Aufzeichnungssystem?
3. Wie begegnen Sie dem Vorwurf, dass längere Bearbeitungspausen auch bei Verfahren auftreten, bei denen weder ein Auslandsbezug noch eine große Komplexität gegeben war?
4. Wann wird das Projekt IRStA umgesetzt werden und welche Aufgaben werden dadurch im Detail wahrgenommen werden?
5. Wann wird ein System eingeführt werden, das aufzeichnet, wie lange Ermittlungsverfahren durch Vorhabensberichte unterbrochen sind? Welche Zahlen gibt es dazu aktuell? Bitte um Bekanntgabe.
6. Wird die Berichtspflicht im Allgemeinen bei einer Reform des Weisungsrechts mitberücksichtigt werden? Wenn ja, welche Vorschläge existieren dafür?
7. Warum gibt es keine Aufzeichnungen über die Personalfluktuation auf Ebene der Staatsanwaltschaften? Wann ist die Einführung einer solchen bundesweit vergleichbaren Statistik geplant?
8. Warum setzt die Staatsanwaltschaft Graz nicht die zur Verfügung stehenden Experten ein, sondern gibt rund EUR 1, 5 Mio für Sachverständige aus? Welche Maßnahmen hat bzw wird das BMJ setzen, um diesen Umstand zu beseitigen?
9. Bestehen Pläne Teamassistenzen, wie bereits bei der WKStA praktiziert, auch für die Staatsanwaltschaften zu etablieren? Ist geplant den Aufnahmestopp für Hilfs- und Kanzleikräfte aufzuheben? Wenn ja, wann?
10. Wie viele Bedienstete nutzen die angebotenen Fortbildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten Wirtschaft und Kriminologie jährlich? Wie hoch ist der finanzielle Aufwand des BMJ dafür?
11. Wie erklären Sie sich den Anstieg der Sachverständigenkosten um 280% zwischen 2008 und 2012? Welche Pläne bestehen um dieser Entwicklung zu begegnen?
12. Werden Verfahren eingeführt, um eine Überprüfung der Eignung von Sachverständigen durchzuführen und dadurch strengere Rezertifizierungskriterien zu etablieren?
13. Warum werden immer nur einige wenige, bereits ausgelastete Sachverständige bestellt, obwohl ausreichend andere Sachverständige aus der Liste zur Verfügung stehen? Wie begegnen Sie dieser Entwicklung?
14. Wird ein System eingeführt, in dem für Staatsanwälte einerseits ersichtlich ist, wie viele Aufträge ein Sachverständiger aktuell bearbeitet und in dem auch vorangegangene Fristüberschreitungen erkennbar gemacht werden?
15. Wie oft wurde in den letzten 10 Jahren von der Möglichkeit gebraucht gemacht, Fristüberschreitungen von Sachverständigen zu sanktionieren? Welche Sanktionen wurden jeweils verhängt? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr und Sanktion.
16. Bestehen Bestrebungen einen einheitlichen Tarif sowie regelmäßige Berichtspflichten und detaillierte Aufzeichnungen des Aufwands und der tätig gewordenen Personen in Honorarnoten von Sachverständigen aus der Fachgruppe „Steuer- und Rechnungswesen“ auszuhandeln bzw gesetzlich festzulegen?
17. Gibt es Pläne zur Einführung eines Aufzeichnungssystems über vom Revisor beanstandete Honorarnoten von Sachverständigen?
18. Wird in Zukunft eine Strategie und ein umfassendes Konzept zur Informationssicherheit ausgearbeitet werden? Wann ist mit der Umsetzung zu rechnen?
19. Bestehen innerhalb der angekündigten „kleinen StPO-Reform“ Bestrebungen die Verschlusssachenordnung aus 1998 an die bestehende Rechtslage anzupassen?
20. Werden in Zukunft Richtlinien existieren, die die präventive Auswertung der Protokolldaten und Maßnahmen zur Erhöhung der Informationssicherheit durch die Dienstaufsicht festlegen?
21. Welche Empfehlungen des Rechnungshofs, die durch die vorstehenden Fragen nicht abgedeckt sind, planen Sie umzusetzen? Welcher Zeitraum ist für die einzelnen Umsetzungsschritte geplant? Bitte um Auflistung.