1464/J XXV. GP

Eingelangt am 06.05.2014
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Anfrage

 

der Abgeordneten Daniela Musiol, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Inneres

 

betreffend allfälliger Ausschluss von EU-BürgerInnen vom Wahlrecht zum Europäischen Parlament durch das Europa-Wählerevidenzgesetz (EuWEG)

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Die Richtlinie 93/109/EG über die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Parlament für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, gewährleistet, dass jede/r aktiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft ihr/sein aktives Wahlrecht entweder im Mitgliedstaat ausüben kann, in dem er wohnt (Wohnsitzmitgliedstaat) oder in dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörige/r er/sie ist (Herkunftsmitgliedsstaat). Das aktive Wahlrecht im Wohnsitzmitgliedstaat zur Europawahl knüpft dabei beim aktiven Wahlrecht im Herkunftsmitgliedstaat an.

Momentan gibt es in fünf EU-Mitgliedstaaten Rechtsvorschriften, nach denen ein Auslandsaufenthalt zum Verlust des Wahlrechts bei nationalen Wahlen führen kann (Dänemark, Irland, Zypern, Malta und Vereinigtes Königreich). Dabei sind von Staat zu Staat erhebliche Unterschiede festzustellen. Während ZyprerInnen ihr Wahlrecht verlieren, wenn sie sich in den sechs Monaten vor der Wahl nicht in Zypern aufgehalten haben, müssen Briten und Britinnen in den 15 Jahren vor einer Wahl einmal im Vereinigten Königreich im Wählerverzeichnis eingetragen gewesen sein, um ihr Wahlrecht zu behalten. 

Art 5 der Richtlinie 93/109/EG greift diesen Umstand explizit auf. In Bezug auf die Europawahl ist in den erwähnten Fällen der Aufenthalt im Wohnsitzmitgliedstaat dem Aufenthalt im Herkunftsmitgliedsstaat gleichzuhalten:

Wenn die Staatsangehörigen des Wohnsitzmitgliedstaats das aktive oder passive Wahlrecht nur unter der Voraussetzung besitzen, dass sie ihren Wohnsitz seit einer Mindestzeit im Wahlgebiet haben, so gilt diese Bedingung als von den aktiv und passiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft erfüllt, wenn sie in anderen Mitgliedstaaten für die gleiche Dauer einen Wohnsitz hatten.

Art 9 der Richtlinie 93/109/EG, der es den Wohnsitzmitgliedstaaten erlaubt, vom wahlwilligen Unionsbürger eine Erklärung zu verlangen, „dass er im Herkunftsmitgliedstaat seines aktiven Wahlrechts nicht verlustig gegangen ist“,  kann daher nur so verstanden werden, dass das Wahlrecht nicht aufgrund einer gerichtlichen Verurteilung ausgeschlossen ist (siehe auch Art 7 der RL zum Verlust des Wahlrechts aufgrund einer zivilrechtlichen oder strafrechtlichen Einzelfallentscheidung). Er kann sich nicht auf den Wahlrechtsverlust aufgrund fehlenden Wohnsitzes im Herkunftsland beziehen, denn dies stünde im Widerspruch zu Art 5 der Richtlinie 93/109/EG. Die entsprechende österreichische Regelung im Europa-WählerevidenzG lässt diese Differenzierung vermissen und hält daher nachweislich viele UnionsbürgerInnen davon ab, sich in die Europa-Wählerevidenz eintragen zu lassen, also von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen: 

§ 5. (1) Unionsbürger, die ihren Hauptwohnsitz in einer österreichischen Gemeinde haben und die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen, werden auf Antrag für die Dauer ihres Aufenthalts in Österreich in die Europa-Wählerevidenz eingetragen, wenn sie bei Antragstellung einen gültigen Identitätsausweis vorlegen und eine förmliche Erklärung (Europa-Wähleranlageblatt, Muster Anlage) abgeben, dass sie bei Wahlen zum Europäischen Parlament die Mitglieder im Sinne des Art. 23a B-VG wählen wollen und im Herkunftsmitgliedstaat ihres aktiven Wahlrechts nicht verlustig gegangen sind (Hervorhebung dd Verf).

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Wird ein Brite, der in Österreich seinen Wohnsitz hat und der schon so lange nicht mehr in einer britischen Wählerevidenz eingetragen war, dass er aus diesem Grund das nationale Wahlrecht verloren hat, bei der Europawahl in Österreich zugelassen (wenn die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind)?

2.    In welcher Weise gewährleistet das Europa-WählerevidenzG, dass UnionsbürgerInnen die ihren Wohnsitz in der Europäischen Union haben, nicht aufgrund von Mindestwohnsitzzeiten in ihrem Herkunftsmitgliedstaat ihres Wahlrechts bei der Europawahl verlustig gehen? Wie trägt das Europa-WählerevidenzG Art 5 der Richtlinie 93/109/EG also Rechnung und gewährleistet das Wahlrecht für alle UnionsbürgerInnen, die in Österreich wohnen, das Wahlalter erreicht haben und nicht  aufgrund gerichtlicher Entscheidung vom Wahlrecht ausgeschlossen sind?

3.    Treten Sie für eine Klarstellung bzw Änderung  in § 5 EuWEG ein, dass für die Europawahl nur relevant ist, ob der/die Unionsbürger/in aufgrund einer gerichtlichen Einzelfallentscheidung seines Wahlrechts im Herkunftsland verlustig gegangen ist? Wenn nein, warum nicht?

4.    Durch welche Maßnahmen ist Österreich der Informationspflicht nach Art 12 der Richtlinie 93/109/EG gegenüber den aktiv und passiv Wahlberechtigten, wie sie das aktive und passive Wahlrecht ausüben können, nachgekommen?

5.    In welcher Weise tauscht Österreich Informationen mit den Herkunftsmitgliedstaaten über ihre Staatsangehörigen, die in das österreichische EU-Wählerverzeichnis eingetragen wurden, gemäß Art 13 der Richtlinie 93/109/EG aus?

6.    Wie positioniert sich Österreich in der Frage einer zentralen europäischen Wählerevidenz?