1604/J XXV. GP

Eingelangt am 23.05.2014
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Anfrage

des Abgeordneten Dr. Johannes Hübner

und weiterer Abgeordneter

 

an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres

betreffend Al Nakba 2014

 

Der frühere Finanzminister und nunmehrige Generalsekretär der „Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen“ (GÖAB) Fritz Edlinger richtete anlässlich der sechsundsechzigsten Wiederkehr der „Al Nakba“ (die Katastrophe) einen Brief an Sie und Ihren Stellvertreter im außenpolitischen Ausschuss, Herrn Josef Cap. In einer  von der GÖAB an alle Abgeordneten des Hohen Hauses versanden Aussendung mit dem Titel „66 Jahre israelische Besatzung und Landraub sind genug!“, in der  die wesentlichen Inhalte dieses Briefes zitiert wurden und deutliche Kritik an der angeblichen Naivität und der Untätigkeit der EU und der USA in der Nahost-Frage geübt wurde, war folgendes zu lesen:

 

„Am 15.5. jährt sich der Beginn der systematischen Vertreibung des palästinensischen Volkes aus seiner Heimat durch den neugegründeten Staat Israel zum 66. Male. Innerhalb weniger Monate wurden damals 750.000 bis 800.000 Palästinenserinnen und Palästinenser aus ihren Städten und Dörfern vertrieben, was mehr als 50% der gesamten palästinensischen Bevölkerung des britischen Mandats war. Die Rückkehr wurde ihnen durch eine Reihe völkerrechtswidriger Bestimmungen der neuen Machthaber verwehrt, ihr Besitz wurde entschädigungslos enteignet, ihre Häuser und Wohnungen großteils zerstört. An die 500 palästinensische Dörfer wurden zerstört. Bis heute leugnet Israel seine Verantwortung an diesem inzwischen hinlänglich dokumentierten Vorgang – er ging in das Gedächtnis des palästinensischen Volkes unter der Bezeichnung „Al Nakba“ (die Katastrophe) ein. Seit kurzem ist es durch einen Beschluss des israelischen Parlamentes sogar verboten, sich dieser Verbrechen in Israel öffentlich zu erinnern (!). Betrachtet man die Ereignisse seit der Al Nakba, vor allem auch die Vertreibung weiterer 350.000 Menschen nach dem Sechs-Tage-Krieg 1967, kommt man nicht umhin, Israel der jahrzehntelangen ethnischen Säuberung Palästinas zu beschuldigen, erklärte der Generalsekretär der „Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen“ (GÖAB) Fritz Edlinger in einer Aussendung seiner Organisation.


Edlinger verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass Israel wohl jenes Mitglied der Vereinten Nationen sei, welches am häufigsten und nachhaltigsten gegen Beschlüsse der UNO verstoße. Dass dieses arrogante und aggressive Verhalten im Gegensatz zu vielen anderen internationalen Rechtsbrechern zu keinerlei ernsthaften Sanktionen geführt habe, sei ausschließlich auf die bedingungslose politische Unterstützung Israels durch die USA zurückzuführen. Vor diesem Hintergrund sei es geradezu grotesk, dass die gegenwärtige israelische Rechtsregierung den USA mit dem Abbruch der jüngsten Friedensverhandlungen eine der größten außenpolitischen Blamagen der letzten Jahre bereitet habe. Nach Außenminister John Kerry, der sich neun Monate massiv für konkrete Fortschritte im israelisch-palästinensischen Konflikt eingesetzt hat, liege die Verantwortung dafür ganz eindeutig bei Israel. 

Der GÖAB-Generalsekretär verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass die meisten internationalen Experten das Scheitern dieser jüngsten US-Initiative erwartet hätten. Diese sei doch etwas naiv gewesen und habe die jahrzehntelangen Erfahrungen ignoriert. Die Bekenntnisse unterschiedlicher israelischer Regierungen zu einer völkerrechtlich korrekten Lösung des israelisch-palästinensischen Konfliktes im Sinne einer Zwei-Staaten-Lösung seien reine Lippenbekenntnisse und stünden im krassen Gegensatz zur fortgesetzten Vertreibungs- und Landraubpolitik Israels. Auch das von vielen als Durchbruch betrachtete Oslo-Übereinkommen aus 1993 sei nur ein weiterer Schachzug Israels gewesen. Israels Politik habe ein klares Ziel, die Verwirklichung der alten zionistischen Träume eines Eretz Israel, und darin sei einfach für einen unabhängigen palästinensischen Staat kein Platz. Die israelische Politik sei seit vielen Jahren darauf ausgerichtet, Zeit zu gewinnen und gleichzeitig die Enteignung und Besiedlung palästinensischer Gebiete konsequent fortzusetzen, führte Fritz Edlinger weiter aus.

 

Nicht zuletzt angesichts der jüngsten Blamage der USA sei es daher dringend notwendig, dass die internationale Staatengemeinschaft endlich die Lehren aus der Arroganz Israels ziehe und eine völlige Neuorientierung der Nahostpolitik in Angriff nehme. Dabei müsse die Akzeptanz des Völkerrechts und einschlägiger Beschlüsse der Vereinten Nationen im Vordergrund stehen. Angesichts des völligen Scheiterns des überwiegend auf bilaterale Verhandlungen aufgebauten „Oslo-Prozesses“ sei auch eine neuerliche Internationalisierung des Friedensprozesses in Erwägung zu ziehen. Der GÖAB-Generalsekretär schlug daher die Einberufung einer internationalen Nahost-Friedenskonferenz unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen vor. Sicherlich würde den USA auch weiterhin eine wichtige Rolle in diesem Zusammenhang zukommen, dennoch erwarte er sich von Europa – nicht zuletzt aufgrund seiner historischen Verantwortung für die gesamte Situation im Nahen Osten aber auch seiner ureigenen Sicherheitsinteressen – eine deutlich aktivere und eigenständige Nahostpolitik. 

Nach 66 Jahren ist es höchst an der Zeit, der ungehemmten israelischen Vertreibungs- und Landraubpolitik ein Ende zu setzen, und eine faire und völkerrechtskonforme Lösung des israelisch-palästinensischen Konfliktes durchzusetzen, schloss Fritz Edlinger.“


In diesem Zusammenhang richten die nachstehend unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres folgende

Anfrage

1.    Stimmen Sie dieser Analyse Edlingers zu?

2.    Wie ist die offizielle österreichische Position zu den aufgeworfenen Fragen?

3.    Befürworten Sie die neuerliche Internationalisierung des Nahost-Friedensprozesses?

4.    Werden Sie sich – im Sinne Bruno Kreiskys - für die Einberufung einer internationalen Nahost-Friedenskonferenz unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen als ein wesentliches Ziel der österreichischen Außenpolitik aktiv einsetzen?