1656/J XXV. GP

Eingelangt am 28.05.2014
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Bildung und Frauen

betreffend fortdauernde Missstände im Bereich des Landesschulrats für Niederösterreich

BEGRÜNDUNG

 

Seit September 2013 wird an der Volksschule Atzenbrugg-Heiligeneich darüber diskutiert, ob eine Vorbereitung auf die Erstkommunion im Rahmen des Musikunterrichts erlaubt ist. Die Eltern eines Kindes, das nicht konfessionell erzogen wird, haben nun eine Maßnahmenbeschwerde eingebracht, weil es aus ihrer Sicht eine Diskriminierung darstelle, Kinder zum (katholischen) Religionsunterricht zwangszuverpflichten. Diese Rechtsmeinung vertrat auch der langjährige Leiter der Rechtsabteilung des Landesschulrates für Niederösterreich, Dr. Friedrich Freudensprung, der feststellte, dass die Vorbereitungen auf die Erstkommunion ausschließlich in Rahmen des Religionsunterrichts oder außerschulisch stattzufinden haben.

Erschwerend wird behauptet, dass durch die Verwendung des regulären Musik- und dann auch des Rechenunterrichts für die Vorbereitung der Erstkommunion die an der Erstkommunion nicht teilnehmenden Kinder de facto vom Unterricht ausgeschlossen wurden: „Während die katholischen Kinder die Erstkommunionsmappen überreicht bekamen, wurden S.s konfessionsloser Tochter und einem muslimischen Mitschüler Arbeitsblätter gegeben. Sie sollten sich ruhig beschäftigen.“[1]

Dr. Friedrich Freudensprung wurde nun aufgrund seiner Rechtsauslegung, die auch vom seinerzeitigen Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur in einer Stellungnahme bestätigt wurde, seitens des Landes Niederösterreich de facto strafversetzt. Von MitarbeiterInnen des Landesschulrates für Niederösterreich wurden wir darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Entfernung von Dr. Freudensprung aus der Funktion des Leiters der Rechtsabteilung auch dadurch begründet sein soll, dass der Präsident des Landesschulrates, HR Hermann Helm, seinen persönlichen Rechtsberater, Mag. Markus Loibl, als Leiter der Rechtsabteilung einsetzen will.

Dass die an der VS Atzenbrugg-Heiligeneich fortgeführte Praxis, den Unterricht, wie es heißt, nun sogar täglich zur Vorbereitung der Erstkommunion zu verwenden[2], offenbar willkürlich gegen das geltende Recht verstößt und dies vom Präsidenten des niederösterreichischen Landesschulrats sowie vom niederösterreichischen Landeshauptmann sogar forciert wird, wirft Fragen auf, die auch über den konkreten Anlassfall hinaus relevant sind.

Zudem weisen die Grünen seit Jahren auf gravierende Missstände im Bereich des Landesschulrats für Niederösterreich hin. Hauptbeteiligte war immer wieder die Landesschulinspektorin Frau Mag.a Adelinde Ronniger. Dem Vernehmen nach ließ sie sich nicht nur private Geburtstagsfeiern von Schulen, die unter ihrer Aufsicht standen, ausrichten, sondern wurde auch wegen massiven Mobbings gegen Lehrende bekannt. Außerdem organisierte sie einen veritablen Bespitzelungsdienst für den Landeshauptmann für Niederösterreich, Dr. Erwin Pröll.[3] Leider haben weder der Landesschulrat für Niederösterreich noch Ihr Ministerium wirksame Maßnahmen gegen diese Missstände gesetzt. Darüber hinaus wurde uns mitgeteilt, dass sich Präsident HR Helm und Amtsdirektor HR Mag. Friedrich Koprax dafür einsetzen sollen, dass Frau Mag.a Ronniger eine Jubiläumszuwendung in der Höhe des vierfachen Monatsbezugs für „treue Dienste“ gewährt wird.

Das Beispiel Freudensprung ist ein sichtbarer Ausdruck der inakzeptablen Verhältnisse im Landesschulrat für Niederösterreich. SchulleiterInnenbestellungen sind jahrelang gerichtsanhängig (z.B. HTL Krems, HTL Wiener Neustadt), langjährige Amtshaftungsprozesse sowie gerichtliche Strafverfahren sind eine weitere Konsequenz der Praktiken der niederösterreichischen ÖVP. Aus keinem anderen Bundesland sind uns derartige Zustände bekannt.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    In Der Standard werden Sie folgendermaßen zitiert: „Auch das Bildungsministerium gibt den Eltern recht. In einer schriftlichen Stellungnahme heißt es, die Erstkommunion dürfe zwar im Rahmen des Gesamtunterrichts an Volksschulen behandelt werden, religiöse Inhalte seien aber ausschließlich ‚dem Religionsunterricht vorbehalten’.“[4] Auf welche gesetzliche Grundlage stützt sich diese Stellungnahme?


2)    Haben Sie im oben genannten Anlassfall in Niederösterreich über diese Stellungnahme hinaus auf den Ihrer Ansicht nach stattfindenden Rechtsbruch reagiert?

a.    Falls nein: warum nicht?

b.    Falls ja: In welcher Form und an welche Personen richtete(n) sich Ihre Reaktion(en)?

3)    Ist nach Ansicht Ihres Ministeriums in der gegenständlichen Frage eine unterschiedliche Regelung auf Landesebene zulässig?

4)    Ist nach Ansicht Ihres Ministeriums die Rückmeldung des Präsidenten des niederösterreichischen Landesschulrats, HR Hermann Helm, dass die kritisierte Praxis in der VS Atzenbrugg-Heiligeneich fortgeführt werden kann, gesetzeskonform?

5)    Der de facto strafversetzte Ex-Leiter der Rechtsabteilung des niederösterreichischen Landesschulrats, Dr. Friedrich Freudensprung, war ein an eine Bundesbehörde zugeteilter Landesbeamter. Wurde das Ministerium im Vorfeld über die Versetzung informiert? Falls ja: Gab es Einwände des Ministeriums zur Versetzung?

6)    Im Ö1-Mittagsjournal vom 16.5.2014 äußerte sich der Verfassungsrechtler Univ.-Prof. Dr. Heinz Mayer: „Die Dienstzuteilung von Landesbeamten an Bundesbehörden ist rechtswidrig, dafür gibt's keine Rechtsgrundlage. Das Bundeschul-Aufsichtsgesetz sieht keine derartige Maßnahme als zulässig vor.“[5] Entspricht diese Aussage auch der Rechtsmeinung Ihres Ministeriums? Falls nein: Worauf begründet sich Ihre Rechtsmeinung?

7)    Sind auch weitere Beamte, die beim Landesschulrat Niederösterreich tätig sind, diesem als Landesbeamte dienstzugeteilt?

8)    Bestehen solche Dienstzuteilungen auch in anderen Bundesländern?
Falls ja, bitte um eine Aufgliederung nach Ländern und Zahl der Dienstzuteilungen.

9)    Einem Bericht des ORF-NÖ vom 9.5.2014 war folgende Aussage zu entnehmen: „Helm berief sich dabei auf Paragraf 2 des Schulorganisationsgesetzes, in dem es heißt, dass neben sittlichen und sozialen auch religiöse Werte im Gesamtunterricht zu vermitteln seien. Zudem habe man sich bereits im Februar beim Ministerium erkundigt.“[6]

a.    Der entsprechende Paragraf im SchoG weicht jedoch von HR. Helms zitierter Formulierung ab und lautet: „Die österreichische Schule hat die Aufgabe, an der Entwicklung der Anlagen der Jugend nach den sittlichen, religiösen und sozialen Werten (...) mitzuwirken.“ Entspricht es der Rechtsauffassung und Intention des Gesetzgebers, die Vermittlung religiöser Werte als Teil des Gesamtunterrichts zu sehen?

b.    Ergänzend dazu hält das Bundesgesetzblatt 255 Teil II vom 12.08.2010 (Lehrpläne für den katholischen Religionsunterricht) fest: „Im Religionsunterricht verwirklicht die Schule in besonderer Weise ihren Auftrag zur Mitwirkung an der religiösen Bildung (Art. 14 Abs. 5a des Bundes-Verfassungsgesetzes und § 2 des Schulorganisationsgesetzes) in Form eines eigenen Unterrichtsgegenstandes.” Ist diese Präzisierung so zu interpretieren, dass im Rahmen des Religionsunterrichts die Aufgabe der Schule, die Jugend nach religiösen Werten zu bilden, zu erfüllen ist?

c.    Gab es, wie oben behauptet, eine Anfrage des Landesschulrates für Niederösterreich oder eines Organs der Niederösterreichischen Landesregierung bei Ihrem Ministerium bzgl. der Zulässigkeit der Vorbereitung auf die Erstkommunion im Rahmen des Gesamtunterrichts?
Falls ja: Wann wurde/n diese Anfrage/n eingebracht und wie lautete/n sie konkret?
Falls ja: Wie lautete die Antwort Ihres Ministeriums auf diese Anfrage/n?

10)  Ist Landeshauptmann Dr. Pröll ermächtigt zu garantieren, dass eine Vorbereitung auf religiöse Feiern im Musik- und Rechenunterricht einer Volksschule stattfinden kann?

11)  Ist Ihnen bekannt, dass der Vertraute von Herrn Präsidenten HR Helm und Landeshauptmann Dr. Pröll, Herr Mag. Loibl, Leiter der Rechtsabteilung im Landesschulrat werden soll? Falls ja: Werden Sie dem Wunsch der beiden Genannten entsprechen?

12)  Werden Sie sich dafür verwenden, dass Frau Mag.a Ronniger eine Jubiläumszulage gewährt wird? Falls ja: bitte um Nennung der Gründe für diese Zulage.

13)  Welche konkreten Maßnahmen beabsichtigen Sie zu setzen, um zu verhindern, dass SchulleiterInnenbestellungen jahrelang verschleppt werden und die Gerichte beschäftigen, unqualifizierte Beamte nicht zur Rechenschaft gezogen werden und die leitenden Beamten des Landesschulrates (HR Helm, HR Mag. Koprax) im Dienste der niederösterreichischen ÖVP in einer Bundesbehörde Personalpolitik betreiben?



[1] http://derstandard.at/1397522511244/Eltern-gegen-Kirchenlieder-im-Musikunterricht

[2] vgl. http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20140508_OTS0011/politwillkuer-in-noe-proell-und-helm-ruecktrittsreif-unterrichtsministerin-heinisch-hosek-gefordert-stellung-zu-beziehen

[3] vgl. u.a. meine Parlamentarische Anfragen 14466/J XXIV. GP und 12558/J XXIV. GP

[4] http://derstandard.at/1397522511244/Eltern-gegen-Kirchenlieder-im-Musikunterricht

[5] http://oe1.orf.at/artikel/375189

[6] http://noe.orf.at/news/stories/2646351/