1853/J XXV. GP

Eingelangt am 26.06.2014
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Karlsböck, Dr. Belakowitsch-Jenewein

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Gesundheit

 

betreffend fehlende Maßnahmen gegen Ärztemangel

 

Während vom Gesundheitsministerium die „neue Primärversorgung in Österreich“ als brutaler Anschlag auf die Selbstverwaltung favorisiert wird und damit die Grundpfeiler des sozialen Österreichs ausgehebelt und die Freiberuflichkeit der Ärzteschaft infrage gestellt werden, fehlt jegliches Konzept, um dem akuten Ärztemangel wirksam zu begegnen.

 

Die Gesellschaft hat sich verändert. Vor allem in ländlichen Regionen ist ein Mangel an Allgemeinmedizinern zu beklagen. Der Zeitgeist nagt auch an den Lebensentwürfen junger Ärzte. Den Landarzt alten Stils, der rund um die Uhr verfügbar war,
den man um 6 Uhr wecken konnte und der für alle da war, gibt es nicht mehr. Pflichtbewusstsein und Selbstaufgabe gelten in manchen Kreisen bereits als reaktionär. Die Medizin verweiblicht zusehends, was nicht wertend sondern feststellend gemeint ist. Immer mehr Frauen beenden das Studium und sind, wie auch viele Männer, nicht mehr bereit, auf eine ausgeglichene „Work-life-Balance“ zu verzichten. Es passt einfach nicht mehr in die jeweilige Lebensplanung, 60 Stunden und mehr pro Woche ausschließlich in den Arztberuf zu investieren. Teilzeitmodelle zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie werden trotz verlängerter Ausbildung immer attraktiver.

 

Ein Ausweg wäre, die Patientenbetreuung weg von den Spitalsambulanzen hin zu
den niedergelassenen Ärzten zu verlagern und deren Berufsbild attraktiver zu gestalten, etwa durch Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen, dass Ärzte auch Ärzte anstellen dürfen, was derzeit aufgrund von Kassenverträgen nicht möglich ist. Jeder, der einmal dringend ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen musste, weiß wie wichtig eine flächendeckende ärztliche Rund-um-die-Uhr-Versorgung ist.

 

Stattdessen wird mit der geplanten Integration der Hausärzte in ein fragwürdiges „Netzwerk“ ein erster Schritt zur Abschaffung der Gesamtverträge der Ärztekammer gesetzt und die Vergabe von Kassenplanstellen nur mehr auf Basis von Einzel- und Pauschalverträgen forciert. Es scheint, als wolle man aus rein politisch-ideologischen Gründen einen der Partner der Selbstverwaltung, nämlich die Ärztekammer, massiv schwächen und damit die Attraktivität des niedergelassenen Arztes zusätzlich herabsetzen.

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Gesundheit folgende

 

Anfrage

 

1.    Wie viele allgemeinmedizinische Arztpraxen gibt es zurzeit in Österreich, aufgeschlüsselt nach Bundesländern?

 

2.    Wie viele allgemeinmedizinische Arztpraxen wurden innerhalb der letzten 10 Jahre (2004 bis 2013) geschlossen, aufgeschlüsselt nach Bundesländern und Jahren?

 

3.    Wie viele allgemeinmedizinische Arztpraxen wurden innerhalb der letzten 10 Jahre (2004 bis 2013) neu eröffnet, aufgeschlüsselt nach Bundesländern und Jahren?

 

4.    Wie viele allgemeinmedizinische Arztpraxen wurden innerhalb der letzten 10 Jahre (2004 bis 2013) neu übernommen, aufgeschlüsselt nach Bundesländern und Jahren?

 

5.    Wie sieht die Altersstruktur der Allgemeinmediziner zurzeit aus, aufgeschlüsselt nach Bundesländern?

 

6.    Wie viele der zurzeit praktizierenden Allgemeinmediziner werden innerhalb der nächsten drei Jahre (2014 bis 2016) das gesetzliche Pensionsantrittsalter erreichen und voraussichtlich ihre Praxis schließen bzw. übergeben, aufgeschlüsselt nach Bundesländern?

 

7.    Wie viele Facharztpraxen gibt es zurzeit in Österreich, aufgeschlüsslet nach Bundesländern?

 

8.    Wie viele Facharztpraxen wurden innerhalb der letzten 10 Jahre (2004 bis 2013) geschlossen, aufgeschlüsselt nach Bundesländern und Jahren?

 

9.    Wie viele Facharztpraxen wurden innerhalb der letzten 10 Jahre (2004 bis 2013) neu eröffnet, aufgeschlüsselt nach Bundesländern und Jahren?

 

10. Wie viele Facharztpraxen wurden innerhalb der letzten 10 Jahre (2004 bis 2013) neu übernommen, aufgeschlüsselt nach Bundesländern und Jahren?

 

11. Wie sieht die Altersstruktur der Fachärzte zurzeit aus, aufgeschlüsselt nach Bundesländern?

 

12. Wie viele der zurzeit praktizierenden Fachärzte werden innerhalb der nächsten drei Jahre (2014 bis 2016) das gesetzliche Pensionsantrittsalter erreichen und voraussichtlich ihre Praxis schließen bzw. übergeben, aufgeschlüsselt nach Bundesländern?

 

13. Ist in den letzten 10 Jahren (2004 bis 2013) ein signifikanter Unterschied zwischen den Schließungen von allgemeinmedizinischen Arztpraxen im ländlichen Raum und denen in Ballungsräumen bzw. Großstädten feststellbar?

 

14. Wenn ja, wie sieht er in Prozenten und absoluten Zahlen aus, aufgeschlüsselt nach Bundesländern?

 

15. Ist in den letzten 10 Jahren (2004 bis 2013) ein signifikanter Unterschied zwischen den Schließungen von Facharztpraxen im ländlichen Raum und denen in Ballungsräumen bzw. Großstädten feststellbar?

Wenn ja, wie sieht er in Prozenten und absoluten Zahlen aus, aufgeschlüsselt nach Bundesländern?

 

16. Werden Sie Maßnahmen setzen, um vor allem im ländlichen Raum, das Berufsbild des niedergelassenen Arztes/ Facharztes zu verbessern?

 

17. Wenn ja, welche?

 

18. Wenn nein, warum nicht?

 

19. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen so adaptiert werden, dass niedergelassene Ärzte auch Ärzte anstellen dürfen?

 

20. Wenn ja, wann?

 

21. Wenn nein, warum nicht?

 

22. Wollen Sie mit dem Konzept der „neuen Primärversorgung“ die bewährte Selbstverwaltung der Ärzteschaft infrage stellen?

 

23. Wenn ja, werden sie dann auch die Selbstverwaltung der Gebietskrankenkassen überdenken?

 

24. Streben Sie im Rahmen der „neuen Primärversorgung in Österreich“ Pauschal- und Einzelverträge zugunsten von Gesamtverträgen zwischen Ärztekammer und Gebietskrankenkassen an?

 

25. Wenn ja, wollen Sie die Freiberuflichkeit der niedergelassenen Ärzte infrage stellen?