1898/J XXV. GP

Eingelangt am 08.07.2014
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Erwin Spindelberger und GenossInnen

an den Bundesminister für Justiz

betreffend „Organe auf Bestellung; Transplantationstourismus und Organraub“

 

Die Transplantationsmedizin rettet zahlreichen Menschen das Leben und verbessert für viele andere die Lebensqualität ganz erheblich. Eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2010 regelt Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Spenderorgane; in Österreich wurde dazu das Organtransplantationsgesetz erlassen (das ua. die Widerspruchslösung und ein Gewinnerzielungsverbot vorsieht - dh Organe, Organteile oder gespendetes Gewebe dürfen nicht Gegenstand von Rechtsgeschäften sein, die auf Gewinn ausgerichtet sind)

Der Bedarf an Spenderorganen nimmt zu; die Anzahl der postmortalen OrganspenderInnen in Europa 2011 bewegte sich von 35,3 in Spanien über 24,4 in Österreich bis hin zu 0,5 in Bulgarien (pro eine Million Einwohner; Quelle). Auf der Warteliste von EUROTRANSPLANT standen am 1.1.2014 aktiv 15.292 PatientInnen.

Dem Transplant-Jahresbericht 2012 kann entnommen werden, dass in Österreich 2012 682 Organtransplantationen mit Organen verstorbener Organspender durchgeführt wurden. Zur Organverteilung führt der Bericht aus, dass 92 explantierte Nieren, 34 Lebern, 19 Herzen, 82 Lungen und 3 Pankreaten aus dem Ausland stammen.

Eine wachsende Anzahl von Menschen aus Europa oder den USA, die auf ein Spenderorgan warten, umgehen die strengen europäischen ethischen Regeln zur Organspende und lassen die Transplantation in Kliniken in Ländern durchführen, in denen Organe käuflich erworben werden können. Studien zufolge dürften rund 10% der weltweiten Nierentransplantationen dem sogenannten Transplantationstourismus


zuzuordnen sein - obwohl es Hinweise gibt, dass diese Organe nicht freiwillig, sondern aus finanzieller Not gespendet wurden oder die Organentnahme allen ethischen Grundsätzen der Transplantationsmedizin widerspricht. Medienberichten zufolge verkaufen arme Dorfbewohner in Bangladesch ihre Nieren für 1400 bis 1900 Euro; in

der ägyptischen Sinai-Wüste sollen Berichten zufolge Flüchtlingen aus Afrka Organe bei lebendigem Leibe herausgeschnitten worden sein. In China landen Nieren, Lungen und Herzen von Hingerichteten im Operationssaal und auch auf dem Balkan soll Handel mit menschlichen Körperteilen vorgekommen sein.

Diesbezüglich stand in den letzten Jahren vor allem China im Fokus der Kritik, wo immer noch die Organentnahme an hingerichteten Gefangenen praktiziert wird. Das Europäische Parlament hat in einer Entschließung vom 11.12.2013 (2013/2981 (RSP)) dazu sehr klar Stellung bezogen und die chinesische Regierung aufgefordert, „die Organentnahme an gewaltlosen politischen Gefangenen und Angehörigen religiöser und ethnischer Minderheiten unverzüglich einzustellen“.

Die Unterzeichneten Abgeordneten richten an den Bundesminister für Justiz nachstehende

Anfrage:

1.    Wie viele Fälle von illegalem Organhandel sind seit 2004 in Österreich bekannt geworden?

2.    Laut §104a StGB sind nicht nur nicht nur die sexuelle Ausbeutung und die Ausbeutung der Arbeitskraft, sondern auch der Organhandel ausdrücklich als Menschenhandel definiert und unter Strafe gestellt. Wie viele rechtskräftige Verurteilungen erfolgten seit 2004 aufgrund des Straftatbestandes des Organhandels?

3.    Der Organhandel hat erhebliche Konsequenzen für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität - denn das organisierte Verbrechen ist auch in diesem  speziellen Bereich tätig. Sind Ihrem Ressort seit 2004 Beweise für einen Zusammenhang zwischen dem Handel mit menschlichen Organen und der organisierten Kriminalität bekanntgeworden?


4.    Die UNO machen den weltweiten Mangel an Organen für den zunehmenden Menschenhandel zum Zweck der Organentnahme (biopiratery) verantwortlich. Aus dem UNO-Jahresbericht 2013 über Menschenhandel geht hervor, dass sich der Transplantationstourismus vor allem in Asien und dem Nahen Osten etabliert hat. Die Opfer würden mit Geldbeträgen geködert oder auch gezwungen, ihre Organe zu verkaufen. Zurzeit bleiben in vielen Ländern sowohl Menschenhändler als auch Empfänger der Organe weitgehend straffrei. Zur Prävention des Organhandels fordert die UNO daher strafrechtliche Maßnahmen gegen diese Form des Organhandels. Wie steht Ihr Ressort zu dieser Forderung?

5.    Wie sollte mit Fällen umgegangen werden, in denen sich Personen zur Verbesserung Ihres Gesundheitszustandes im Ausland - außerhalb der EU - Organe kaufen und einpflanzen lassen? Können Sie sich für derartige Fälle die Erarbeitung eines rechtlichen Rahmens für ein Meldesystem zur Klärung der Provenienz der implantierten Organe vorstellen?

6.    Der Europarat hat im November 2013 den Entwurf für eine erste umfassende Konvention über den Kampf gegen den Organhandel verabschiedet. Dieser sieht ua Strafen für diejenigen vor, die Menschen Organe unter Zwang oder gegen Geld entnehmen, um damit zu handeln; auch der sog. Transplantationstourismus soll unterbunden werden. Die Unterzeichnung dieser Konvention soll allen Staaten weltweit möglich sein. Wird Österreich diese Konvention unterstützen?