1967/J XXV. GP

Eingelangt am 08.07.2014
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Anfrage

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Justiz

betreffend Einstellungen der Ermittlungen wegen Amtsmissbrauch gegen den Kitzbüheler Bürgermeister und dessen Vizebürgermeister

BEGRÜNDUNG

In der Wochenzeitung „basics“ vom Freitag den 13.06.2014 (Nr. 317) wurde folgender Artikel publiziert:

 

Ein „Sideletter“ zum Baurechtsvertrag ist mittlerweile ein Fall für den Staatsanwalt.

Das kranke Haus von Kitzbühel

Kitzbühel pflegt vornehmlich ein mondänes Image. Doch was sich derzeit im Zusammenhang mit dem ehemaligen Krankenhaus, aus dem ein Sanatorium hätte werden sollen, abspielt, zeichnet ein gänzlich anderes Bild von der Gamsstadt und beschäftigt mittlerweile sogar die Staatsanwaltschaft. Gegen den Kitzbüheler Bürgermeister Klaus Winkler und dessen Vizes Gerhard Eilenberger und Siegfried Luxner wird nun wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs ermittelt. Den Anstoß dazu gab eine basics vorliegende Sachverhaltsdarstellung, die bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien sowie bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck eingebracht wurde. In dieser geht es um einen Sideletter – eine Art Schattenvertrag – zum mittlerweile hinfälligen 75-jährigen Baurechtsvertrag, abgeschlossen zwischen der Stadt und der Holding des Ex-FPÖ und BZÖ-Politikers Harald Fischl. Der Baurechtsvertrag hat sich zwischenzeitlich in Luft aufgelöst, nachdem der Investor trotz Fristverlängerung nicht zahlen konnte. Für den Sideletter, der von Winkler, Luxner und Eilenberger unterschrieben worden war, existiere kein Gemeinderatsbeschluss vom 8. Juli 2013, der die nachträgliche Abänderung des Baurechtsvertrages in Form eines Sideletters genehmige, heißt es in der Sachverhaltsdarstellung. Und tatsächlich ist im Protokoll der Gemeinderatssitzung der Sideletter mit keinem Wort erwähnt. Außerdem ist der aus drei Teilverträgen bestehende Baurechtsvertrag notariell beglaubigt, der Sideletter jedoch nicht. Mehrere Personen, die an besagter Sitzung teilgenommen haben, wurden mittlerweile als Zeugen im Ermittlungsverfahren geladen. „Ein Sideletter wurde in der öffentlichen Gemeinderatssitzung am 8. Juli 2013 nie erwähnt, thematisiert oder vom Gemeinderat abgestimmt“, erklärt der ehemalige Primar des Krankenhauses Kitzbühel, Siegfried Nagl, der von der Staatsanwaltschaft Innsbruck als Zeuge vorgeladen wurde. Nagl zeigt sich generell skeptisch, was die Nachnutzung des Krankenhauses als Sanatorium betrifft, da wichtige Grundvoraussetzungen für einen wirtschaftlichen Betrieb nicht gegeben seien. Den Baurechtsvertrag habe der Bürgermeister mit hohem persönlichen Einsatz gegen allen Widerstand „durchgezogen“, so die Sachverhaltsdarstellung. Im inkriminierten Sideletter finden sich einige Passagen, die den Baurechtsvertrag zum Nachteil der Stadt Kitzbühel abändern, wie etwa die Zinsvereinbarung. Während im Baurechtsvertrag eine Zinszahlung von vier Prozent p.a. vom jährlichen Sockelbetrag festgelegt wurde, sah die Bestimmung im Sideletter den 3-Monats-Euribor als Basis für die Verzinsung des Bauzinses vor. Im Juli 2013 betrug dieser Zinsatz lediglich 0,222 Prozent, wodurch der Stadt allein im ersten Jahr Zinseinnahmen von mehr als 75.000 Euro entgangen wären. Gegenüber dem Standard erklärt Bürgermeister Winkler, dass „die vier Prozent Zinsen, die im Hauptvertrag stehen, nie das Verhandlungsergebnis waren“. Das sei allen Gemeinderäten bekannt gewesen. Aus seiner Sicht seien die vier Prozent gültig gewesen, erklärt Harald Fischl gegenüber News. Ein Sideletter könne keinen Baurechtsvertrag aushebeln, so Fischl weiter. Eine Ansicht, die man in der Gemeindestube in Kitzbühel nicht zu teilen scheint, heißt es doch im Sideletter, „auch wenn die darin getroffenen Vereinbarungen mit dem Wortlaut des Baurechtsvertrages zum Teil in Widerspruch stehen“, komme in diesen Punkten dem Inhalt des Sideletters Vorrang zu. Das gesamte, nun hinfällige Vertragswerk soll an die 80.000 Euro gekostet haben, wird kolportiert. Der Kitzbüheler Gemeinderat Thomas Nothegger, der mit seiner Liste JUK als Einziger gegen einen Verkauf des Gebäudes gestimmt hatte, befürchtet, „dass die Stadtgemeinde auf diesen Kosten sitzenbleiben wird.“ Nothegger moniert das fragwürdige Agieren Winklers. „Die rechtliche Bewertung obliegt nun den Behörden. Jedenfalls sind diese Vorgänge ein politischer Bauchfleck für Bürgermeister Klaus Winkler“, so der Gemeinderat.

Dem Vernehmen nach soll mittlerweile das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen die angezeigten Personen wieder eingestellt worden sein.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Wann hat die StA Innsbruck strafbehördliche Ermittlungen in der Sache aufgenommen?

2)    Welche Ermittlungen wurden durchgeführt?

3)    Insbesondere wie viele Beschuldigte und wie viele Zeugen wurden einvernommen?

4)    Warum wurden am 26.6.2014 nicht alle in der Sache geladenen Zeugen einvernommen?

5)    Der Sideletter war weder in der Tagesordnung angeführt (obwohl es einen Stadtrartsbeschluss gibt dass über den Sideletter abgestimmt werden muss), noch im Protokoll sowohl hinsichtlich der Abstimmung als auch der inhaltlichen Präsentation erwähnt. Der Sideletter war nicht im notariell beglaubigten Vertragskonvolut eingebunden, weder ist dieser als Anhang irgendwo im Vertrag aufgeführt. Der beschuldigte Bürgermeister rechtfertige in öffentlichen Aussagen diesen Umstand mit einem Protokollierungsfehler (Tiroler Tageszeitung vom 1.12.2013). Wurde die für die Protokollierung der Gemeinderatssitzung am 8. Juli 2013 zuständige Gemeindebedienstete einvernommen?

6)    Wenn nein, warum nicht?

7)    Wenn ja, hat die zuständige protokollführende Gemeindebedienstete vom 8. Juli 2013 diese Darstellung bestätigt?

8)    Konnte festgestellt werden, dass über einen Sideletter und über ein damit verbundenes Abstimmungsergebnis eines Sideletters in der amtlichen Stadtzeitung „Stadt Kitzbühel“ in der Ausgabe Juli/August 2013 publiziert wurde?

9)    Wurden im Protokoll Anhaltspunkte gefunden, dass der Sideletter Teil der Abstimmung war?

10) Wenn nein, wie wurde dieser Umstand unter dem Gesichtspunkt gewürdigt, dass das Protokoll dieser Sitzung in einer späteren Sitzung explizit bestätigt wurde?

11) Wurde insbesondere untersucht, ob der Sideletter eigenständig (unabhängig vom Baurechtsvertrag) abgestimmt wurde?

12) Wenn nein, warum nicht?

13) Wenn ja, zu welchem Ergebnis ist man gekommen?

14) Wenn der Sideletter nicht unabhängig abgestimmt wurde, wurde untersucht, ob explizit die Inhalte des Sideletters als Teil des Baurechtsvertrags abgestimmt wurden?

15) Wurde geprüft, ob den GemeinderätInnen zum Zeitpunkt der Abstimmungen sämtliche Verträge in vollem Umfang (inkl. Sideletter) ausgehändigt wurden?

16) Wenn nein, warum nicht?

17) Wenn ja, zu welchem Ergebnis ist man gekommen?

18) Ergibt sich aus den Ermittlungen, dass der vorgelegte Gemeinderatsbeschluss den Inhalt des Sideletters mitumfasst?

19) Wurde überprüft, ob die präsentierten Vertragsunterlagen (laut GR-Protokoll lit.a, lit.b, lit.c) in der Gemeinderatssitzung am 8. Juli 2013 inhaltlich in ihrem Umfang ident mit den beigelegten Unterlagen von der eingereichten Sachverhaltsdarstellung sind?

20) Konnte im Ermittlungsverfahren festgestellt werden, dass das entsprechende Sideletter-Dokument in der Gemeinderatssitzung vom 8. Juli 2013 weder thematisiert, noch erwähnt, noch abgestimmt wurde?

21) Wenn nein, warum nicht?

22) Wenn ja, wie wurde der Umstand strafrechtlich gewürdigt, dass der Baurechtsvertrag unter Berücksichtigung der durch den Sideletter vorgenommenen Änderungen unterfertigt wurde, ohne dass diese Änderungen durch einen Gemeinderatsbeschluss gedeckt waren?

23) Aufgrund des Verdachts der Begehung welcher strafbaren Tatbestände wurden die Ermittlungen durchgeführt?

24) Wurden insbesondere auch aufgrund des Verdachts der Untreue ermittelt? Immerhin war zu befürchten, dass bei der Stadtgemeinde Kitzbühel aufgrund der fehlenden Wertesicherung und dem überproportional hohen finanziellen Risiko ein erheblicher Schaden entstehen würde.

25) Wenn nein, warum nicht?

26) Wurde die beabsichtigte Einstellung an die OStA Innsbruck berichtet?

27) Wenn ja, wurde die beabsichtigte Einstellung genehmigt, oder gab es weitere Ermittlungsaufträge?

28) Wurde die beabsichtigte Einstellung an das BMJ berichtet?

29) Wenn ja, wurde die beabsichtigte Einstellung genehmigt, oder gab es weitere Ermittlungsaufträge?

30) Wann wurde das Verfahren von der StA Innsbruck eingestellt?

31) Warum hat die WKStA das Verfahren nicht an sich gezogen?