2071/J XXV. GP

Eingelangt am 09.07.2014
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport

betreffend Umgestaltung des Äußeren Burgtores („Heldentor“) in Wien

BEGRÜNDUNG

 

Im Juni 2012 ließ der damalige Verteidigungsminister Norbert Darabos die den „Gefallenen“ der beiden Weltkriege gewidmete Krypta im Äußeren Burgtor schließen, weil in den dort aufliegenden „Ehrenbüchern“ zumindest ein SS-Kriegsverbrecher verzeichnet und naheliegend war und ist, dass sich auch weitere Namen von Kriegsverbrechern in den Büchern finden.

 

Zudem wurde endlich dem nachgegangen, was schon lange zu vermuten war, dass es sich nämlich beim von Wilhelm Frass geschaffenen Epitaph in der Krypta um eine „Figur mit hochverräterischem Inhalt“ handle, wie es der Nazi-Künstler Frass bereits 1938 selbst ausdrückte. Tatsächlich entdeckte man im Juli 2012 nach der Hebung der Figur eine Metallkapsel mit einer nationalsozialistischen Botschaft von Frass.

 

Minister Darabos kündigte eine völlige Umgestaltung der Krypta an. Diese sollte nach einem international ausgeschriebenen Künstlerwettbewerb ab dem Frühling 2014 umgesetzt werden.[1] Ein Rohkonzept liegt nun hierfür vor, das eine weitreichende Umgestaltung des Heldendenkmals zum Lernort vorsieht. Noch vor wenigen Wochen war auf der Website der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ein neuer Fahrplan für die Umgestaltung zu finden. Detailliert waren die einzelnen Schritte ausgeführt, vom Start mit einem Workshop des internationalen Beirats in diesen Tagen, zur Ausschreibung im September 2014 bis hin zur Eröffnung am 26. Oktober 2015. Nun ist dieser Fahrplan von der Website verschwunden.

 

 

Die Krypta ist seit einiger Zeit wieder öffentlich zugänglich, die meisten Artefakte wurden aus dem Raum entfernt und die Totenbücher wurden dem Staatsarchiv zur wissenschaftlichen Aufarbeitung übergeben. Es fehlt jedoch ein Hinweis, dass die derzeitige Gestaltung der Krypta und des Denkmals insgesamt nicht endgültig ist. Dies wäre dringend nachzuholen, damit der Heldenplatz nicht wieder zu einem Spielplatz für Rechtsextreme wird.

 

Auf der Website der Militärseelsorge – eine Unterseite der Website des Verteidigungsministeriums[2] – findet sich bis dato eine in mehrfacher Hinsicht problematische Darstellung der Geschichte des Äußeren Burgtors: „Kaum ein anderer Ort in Österreich wäre würdiger gewesen das Ehrenmal des alten kaiserlichen Heeres und seiner Toten im großen Ringen 1914-1918 aufzunehmen, als der Heldenplatz im Herzen Wiens, der an eine der bedeutendsten Schlachtenentscheidungen der europäischen Geschichte erinnert. (...) Hier war es, wo sich der Ansturm des Islam gegen das Abendland brach.“ Und weiter: „Nach dem ersten Weltkrieg entstanden allerorts in Österreich Denkmäler, die dem Andenken der Mitbürger gewidmet wurden, die 1914-1918 ihr Leben für die Heimat geopfert hatten. Breite Bevölkerungsschichten hatten den Wunsch, in Wien ein Denkmal erstehen zu lassen, das dem Andenken aller gefallenen österreichischen Soldaten gewidmet sein sollte. (...) Der Wunsch, in gleicher Weise wie die Soldaten der einstigen Armee, auch jene Österreicher zu ehren, die 1938-1945 ihr Leben im Kampfe um ein freies Österreich hingegeben haben, veranlasste die Bundesregierung 1965, die (...) Halle im südöstlichen Flügel des Denkmals als Weiheraum für die Opfer im Kampfe um Österreichs Freiheit umzugestalten.“

 

In dieser Beschreibung verdichten sich wesentliche Merkmale einer gängigen identitätsstiftenden österreichischen Geschichtsklitterung und -fälschung: Der Sieg gegen die Türken als zentrales Abwehrmoment des „christlichen“ Abendlandes gegen den Islam, der Erste Weltkrieg als „großes Ringen“ (ohne zu definieren, wofür)

, das Ausblenden von Austrofaschismus und Nationalsozialismus und stattdessen in indirekter Form die Aufrechterhaltung des Mythos, im Nationalsozialismus Opfer gewesen zu sein. Völlig indiskutabel ist die Deutung, der Zweite Weltkrieg sei in irgendeiner Form ein „Kampf um Österreichs Freiheit“ gewesen, denn hier stellt sich die Republik in die Tradition des Nationalsozialismus.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Laut ursprünglichem Zeitplan sollte die Umgestaltung des „Heldendenkmals“ bereits seit März diesen Jahres im Gange sein. Offensichtlich ist es hierbei zu einer Verzögerung gekommen, denn auf der Website der Österreichischen Akademie der Wissenschaften war ein Fahrplan publiziert, nach dem die Fertigstellung bereits um ein Jahr nach hinten verschoben war. Nun ist auch dieser Zeitplan auf der Website nicht mehr aufzufinden. Was sind die Gründe für die Verzögerung der Umgestaltung?

2)    Ab wann ist nun konkret mit der Ausschreibung, der Umgestaltung und der Fertigstellung zu rechnen?

3)    Die mit der wissenschaftlichen Leitung der Umgestaltung beauftragten HistorikerInnen Heidemarie Uhl und Dieter A. Binder haben ein ambitioniertes und sinnvolles Konzept vorgelegt. Gibt es für dessen Umsetzung eine Finanzierungszusage?
a.   Falls nein: warum nicht?
b.   Falls ja: Garantiert die Zusage die volle Umsetzung des Konzepts?
c.   Falls ja: Wie hoch ist das dafür vorgesehene Budget?

4)    Ist bis zur Fertigstellung der Umgestaltung daran gedacht, am Heldendenkmal ergänzende Hinweise anzubringen, die darauf aufmerksam machen, dass der derzeitige Zustand nicht endgültig ist und wohin die Umgestaltung gehen wird?
a.   Falls nein: warum nicht?
b.   Falls ja: wann genau?
c.   Falls ja: in welcher Form?
d.   Falls ja: Wer wird mit der Textgestaltung beauftragt?

5)    Ist daran gedacht, die „Geschichte des Heldendenkmals“ auf der Website der Militärseelsorge inhaltlich neu zu gestalten und dem Stand der wissenschaftlichen Forschung anzupassen oder die Website zu entfernen?
a. Falls nein: warum nicht?
b. Falls ja: wann?

6)    Im Jahr 2002 wurde offensichtlich die Inschrift in der Krypta „In Erfüllung ihres Auftrags liessen sie ihr Leben“ angebracht. Auf wessen Initiative ging die Anbringung dieser Inschrift zurück und wer war für die Textierung verantwortlich?

7)    Wird diese Inschrift bis zum Zeitpunkt der Neugestaltung kontextualisiert werden?
a.   Falls nein: warum nicht?
b.   Falls ja: in welcher Form, von wem und bis wann?



[1] http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20121012_OTS0027/nationalfeiertag-staatsspitze-gedenkt-der-im-einsatz-verstorbenen-bundesheer-soldaten

[2] http://www.bmlv.gv.at/organisation/beitraege/mil_seelsorge/kath_ms/krypta.shtml