2074/J XXV. GP

Eingelangt am 09.07.2014
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Rainer Wimmer
und GenossInnen

an den Bundesminister für Finanzen
betreffend der aktuellen Vorgänge in der ÖIAG

Am 23. April 2014 wurde in einer allgemein als „chaotisch“ charakterisierten Aufsichtsratssitzung der ÖIAG ein Syndikatsvertrag betreffend ihrer Anteile an der Telekom Austria AG beschlossen.

Die Telekom Austria AG ist ein für den Wirtschafts- und Industriestandort zentrales Infrastrukturunternehmen in teilweise öffentlichem Eigentum. Die ÖIAG als Verwalterin dieses öffentlichen Eigentums an der Telekom Austria AG verweigert jedoch Transparenz hinsichtlich des genauen Inhalts dieses Syndikatsvertrags, obwohl berechtigte Sorge besteht, dass die Interessen der Arbeitnehmerlnnen und des Standortes Österreich nicht hinreichend abgesichert wurden. Öffentlich dokumentiert ist lediglich, dass die ÖIAG die industrielle Führerschaft an der Telekom Austria AG aufgibt und die Mehrheit im Vorstand und Aufsichtsrat der Telekom Austria AG verliert.

Weiters ist nicht dokumentiert (bzw. falls dokumentiert, ein Geheimnis), wie lange und intensiv sich die Aufsichtsratsmitglieder - insbesondere jene KapitalvertreterInnen, die dem Syndikatsvertrag ihre Zustimmung erteilt haben - mit dem konkreten Vertragsinhalt beschäftigten konnten bzw. beschäftigt haben.

Der öffentlichen Kritik namhafter Experten wie Dr. Claus Raidl oder Dr. Werner Doralt am Syndikatsvertrag an sich oder der Art und Weise, wie er zustande kam, konnte seitens der Verantwortlichen in der ÖIAG bisher nicht glaubhaft entgegengetreten werden.

Vielmehr verstieg sich Alleinvorstand Ing. Rudolf Kemler zu der Ankündigung, Klage gegen die Arbeitnehmerlnnenvertreter im ÖIAG-Aufsichtsrat (das ihn kontrollierende Organ!) einreichen zu wollen. Auch Aufsichtsratsvorsitzender DI DDr. Peter Mitterbauer, der das eingangs erwähnte Sitzungschaos durch seine anfängliche urlaubsbedingte Abwesenheit maßgeblich mit zu verantworten hatte, ist bemüht, die Arbeitnehmerlnnenvertreter in ein schlechtes Licht zu rücken.

Bei der ÖIAG-Hauptversammlung am 26. Juni wurde Peter Mitterbauer von seinem bisherigen Stellvertreter an der Spitze des ÖIAG-Aufsichtsrates abgelöst. Die Wahl von Siegfried Wolf erfolgte mehrheitlich. In den Tagen vor und nach der Wahl von Wolf wurden berechtigte Zweifel an seiner Eignung laut: Im Fokus standen unter anderem seine Rolle beim letztendlich gescheiterten Geheimprojekt „Minerva“ (Verkauf der VOEST an Magna), oder seine aktuelle leitende Tätigkeit im Konzern eines russischen Oligarchen.

Rund um die Wahl Wolfs tauchten in den Medien Gerüchte um einen möglichen Einstieg des russischen Energiekonzerns Gazprom bei der OMV auf. Zudem meldete die Telekom Austria überraschend einen Abschreibungsbedarf von rund 400 Millionen Euro.


Die Wahl Wolfs wurde weder vom neuen Aufsichtsratsvorsitzenden selbst noch von Eigentümervertreter Vizekanzler Spindelegger genutzt, um Zukunftsvisionen für die ÖIAG zu präsentieren.

Es sei daran erinnert, dass die ÖIAG wesentliche Anteile an drei zentralen, börsennotierten österreichischen Unternehmen (OMV AG, Telekom Austria AG, Österreichische Post AG) hält, mit insgesamt rund 70.000 Beschäftigten und rund 40 Mrd. Euro Umsatz.

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen als Hauptversammlung der ÖIAG folgende

Anfrage:

1.    In früheren Parlamentarischen Anfragen zur ÖIAG wurde seitens des BMF immer wieder darauf verwiesen, dass sich die ÖIAG lückenlos an die Bestimmungen des österreichischen „Corporate Governance Codex“ halte.

Begrüßen Sie als Eigentümervertreter die Überlegungen des Vorstandes, Klage gegen Teile des Aufsichtsrates einzureichen?

2.      In einer Presseaussendung vom 23.04.2014 (OTS 0255) kommentieren Sie den Syndikatsvertrag zwischen ÖIAG und America Movil äußerst positiv.

a. ) Beruht Ihre diesbezügliche Einschätzung auf der genauen Kenntnis des konkreten Syndikatsvertrags?

b. ) Wenn nein, wie gelangen Sie zu dieser Einschätzung?

c. ) Wenn ja, werden Sie den Ihnen vorliegenden Syndikatsvertrag auch dem Parlament bzw. der Öffentlichkeit zugänglich machen?

3.    Im Zuge der ÖIAG-Hauptversammlung am 26. Juni zogen Susanne Riess, Wolfgang

Leitner und Friedrich Rödler neu in den Aufsichtsrat der ÖIAG ein, Siegfried Wolf wurde zum Vorsitzenden dieses Gremiums gewählt.

a. ) Wann und wie haben Sie als Eigentümervertreter von diesen Personalien Kenntnis erlangt?

b. ) Genießen die genannten Personen ihr uneingeschränktes Vertrauen?

4.    Viele aktuelle und ehemalige Mitglieder des ÖIAG-Aufsichtsrates seit dem Jahr 2000

sind der Meinung, dass die „Selbsterneuerung“ des Aufsichtsrates und die seit 2010 stattgefundenen Privatisierungen eine „Erfolgsstory“ sondergleichen sind.

a. ) Teilen Sie als Eigentümervertreter diese Meinung?

b. ) Wenn nein, welchen Änderungsbedarf sehen Sie bei der ÖIAG, speziell hinsichtlich des Bestellmodus des Aufsichtsrates?

c. ) Wenn ja, sehen Sie überhaupt Änderungsbedarf bei der ÖIAG?