2091/J XXV. GP

Eingelangt am 10.07.2014
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein, Neubauer

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres

 

betreffend Hausdurchsuchungen bei der Bewegung “Süd-Tiroler Freiheit“

 

Mitte Juni 2014 kam es in den Büroräumlichkeiten sowie Privatwohnungen von Funktionären der im Südtiroler Landtag vertretenen Oppositionspartei “Süd-Tiroler Freiheit“ zu Hausdurchsuchungen sowie Beschlagnahmungen von Akten, Computern, Mobiltelefonen etc.

Durchgeführt wurden die Hausdurchsuchungen von der Carabinieri-Spezialeinheit “Ragruppamento Operativo Speciale“ (ROS), eine Einheit, die zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (Mafia) eingerichtet wurde. Die bewaffneten Beamten gingen dabei nicht zimperlich vor, selbst die Wohnung einer hochschwangeren Mutter eines knapp 2 jährigen Kindes wurde buchstäblich auf den Kopf gestellt.

 

Die Staatsanwaltschaft Bozen wirft der Bewegung den angeblichen Missbrauch eines vergünstigten Posttarifes im Zuge des im Herbst 2013 durchgeführten Selbstbestimmungsreferendums vor, an dem über 61.000 Südtiroler teilgenommen haben. Dieser vergünstigte Posttarif steht allen wahlwerbenden Parteien für einen bestimmten Zeitraum vor den Landtagswahlen zur Versendung von Wahlwerbung zur Verfügung.

Die Unterlagen für das Selbstbestimmungsreferendum wurden gezielt im Vorfeld der Landtagswahlen verschickt, um die Selbstbestimmung damit zum zentralen Wahlkampfthema zu machen. In allen Stellungnahmen zum Referendum wurde dies unmissverständlich betont. Die Briefe wurden von der Postverwaltung vorab begutachtet und ausdrücklich genehmigt, sie mussten auch explizit mit dem Aufdruck “Wahlwerbung“ deklariert werden. Wäre dies nicht rechtens gewesen, hätte die Post die Briefe nicht verschickt und die Staatsanwaltschaft hätte bereits damals umgehend alle Briefe beschlagnahmt.

Auch der zweite Vorwurf der Staatsanwaltschaft, nämlich dass die Bewegung nachvollziehen könne, wie die Teilnehmer abgestimmt haben, scheint leicht widerlegbar.  Die Abstimmung beim Referendum war völlig geheim, da alle Briefe von den Wahlkarten getrennt ausgezählt wurden, sodass die Absender nicht mehr rückverfolgbar waren. Zudem erfolgte die Auszählung öffentlich und im Beisein unzähliger Journalisten, die somit alle Zeugen waren, dass die Abstimmung geheim war.

 

Seit der Gründung der “Süd-Tiroler Freiheit“ versucht die italienische Staatsanwaltschaft immer wieder, besagte Bewegung zu kriminalisieren bzw. mit Klagen und Ermittlungen zu konfrontieren, welche die politische Arbeit naturgemäß massiv behindern. Der Eindruck, dass es sich in diesem Fall um Schikane und polizeistaatliche Methoden handelt, erhärtet sich dadurch, dass es bisher zu keiner rechtskräftigen Verurteilung gekommen ist bzw. die Ermittlungen bald eingestellt wurden. Der finanzielle und politische Schaden für die Bewegung wird allerdings schwer wieder gutzumachen sein und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass genau dieses Ziel von der italienischen Staatsanwaltschaft verfolgt wurde und weiterhin verfolgt wird.

In Anbetracht dieser Vorgänge ist es eine Pflicht, dass Österreich seine völkerrechtlich verankerte Schutzfunktion für die Südtiroler Bevölkerung wahrnimmt und als Garant für die von Italien zugesicherten Minderheitenrechte auftritt!

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres folgende

 

ANFRAGE

 

1.    Sind Ihnen die beschriebenen Vorgänge rund um die Hausdurchsuchungen bei der Bewegung “Süd-Tiroler Freiheit“ bekannt?

2.    Haben Sie den italienischen Botschafter bereits zu sich zitiert, um in dieser Angelegenheit mit ihm zu sprechen?

3.    Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

4.    Wenn nein, warum nicht?

5.    Sind Sie in Kenntnis davon, ob die Rechtsstaatlichkeit der italienischen Justiz bei dieser Vorgehensweise eingehalten wurde, bzw. liegen Ihnen Argumente vor, dass mit Willkür vorgegangen wurde?

6.    Sehen Sie diese polizeistaatliche Vorgehensweise der Republik Italien als Anlass, die Schutzfunktion Österreichs für Südtirol endlich aktiv zu betreiben und entsprechende diplomatische Schritte zu setzen?

7.    Wenn ja, welche Schritte werden Sie setzen?

8.    Wenn ja, wann werden Sie diese Schritte setzen?

9.    Wenn nein, warum nicht?

10. Werden Sie den außenpolitischen Ausschuss bzw. den Südtirol-Unterausschuss über Inhalt und Ergebnis der Gespräche informieren?