2226/J XXV. GP

Eingelangt am 14.07.2014
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Anfrage

 

der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres

betreffend Aufnahme in den höheren auswärtigen Dienst: Diskriminierung von Absolvent_innen

BEGRÜNDUNG

 

Von den rund 1.180 Mitarbeiter_innen des Außenministeriums gehören etwa 430 Bedienstete dem höheren auswärtigen Dienst (Verwendungsgruppe A1 bzw. v1)[1] an.

Das Betätigungsfeld österreichischer Diplomat_innen umfasst ein weites Spektrum, von politischer Berichterstattung, Wirtschaft, Finanzen und Soziales über Entwicklungs- und technische Zusammenarbeit, Kultur, Wissenschaft, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bis hin zu Rechts-, Konsular- und Schutzmachtangelegenheiten (Betreuung von Auslandsösterreicher_innen, Pässe, Visa).

Neben den persönlichen Voraussetzungen für die Aufnahme in den höheren auswärtigen Dienst sind für die Teilnahme am Auswahlverfahren ein Abschluss eines österreichischen bzw. gleichwertigen Bachelor-, Diplom-, Magister-, Master- oder Doktoratsstudiums der Rechtswissenschaften (Mag. oder Dr.iur.), der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften (BA, BSc, MA, MSc, Mag. oder Dr.rer.soc.oec.) oder der Politikwissenschaften (als erste Studienrichtung) erforderlich.

Wurde ein Universitätsstudium oder ein Fachhochschulstudiengang einer anderen Fachrichtung positiv abgeschlossen, ist zusätzlich die erfolgreiche Absolvierung des Diplomlehrgangs an der Diplomatischen Akademie (DA) Wien oder eines vergleichbaren post- universitären Lehrganges an einer ausländischen Lehranstalt (z.B. Johns-Hopkins-University Bologna, Collège d'Europe in Brügge) notwendig. Die Absolvierung des Diplomlehrgangs der Diplomatischen Akademie Wien ist im Hinblick auf die Anforderungen des Auswahlverfahrens für den höheren auswärtigen Dienst jedenfalls empfehlenswert.


 

Mit anderen Worten: Nur Absolvent_innen aus Jus, Ökonomie oder Politikwissenschaft ist die Eignungsprüfung möglich. Absolvent_innen anderer Studienrichtungen müssen zusätzlich eine postgraduale Fortbildung an der Diplomatischen Akademie (jährliche Kosten: ca. 12.000 EUR) oder ähnlicher Einrichtung wie der John Hopkins University (Kosten: ca. 48.000 EUR) machen.

 

Auch das Studium der Internationalen Entwicklung[2] an der Universität Wien, das nach Eigendefinition seine Schwerpunkt auf die transdisziplinäre Analyse und kritische Reflexion globaler Ungleichheitsverhältnisse legt, sich mit Theorien und Ansätzen sozialer, politischer, wirtschaftlicher und kultureller Entwicklungen in internationaler Perspektive befasst, berechtigt nicht zur Eignungsprüfung.

 

Im Vergleich zum europäischen Ausland scheint diese Beschränkung doch sehr restriktiv zu sein, als Vergleichsbeispiele für offenere Herangehensweise anzuführen wären etwa Belgien[3] (elaboriertes kompetenzzentriertes Auswahlverfahren), , Niederlande[4] (Setzen im Einstiegsprogramm für Politische Referent_Innen im Höheren Dienst auf Fremdsprachenkenntnisse und weltpolitisches Interesse), und Deutschland[5] (eher allgemein gehaltene Auswahlkriterien).

 

Einen ähnlichen Verweis auf teure, privat zu finanzierende postgraduale Einrichtungen wie die Diplomatische Akademie oder das Bologna Center der John Hopkins Uni gibt es in keinem der angeführten Länder.

 

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Aus welchem Jahr stammen diese restriktiven Aufnahmebeschränkungen? Unter welcher Minister_in wurde dies festgelegt? Welches Verfahren, welche Begründung liegt dem zugrunde, dass nur jene 3 Studienrichtungen ausgewählt wurden, deren Absolvent_innen ohne weitere postgraduale Ausbildung zum Bewerbungsverfahren überhaupt antreten dürfen?

2)    Welche rechtlichen Grundlagen liegen dieser Auswahl zugrunde?


 

3)    Erachtet das Außenministerium generell eine Absolvent_in des Juridikums als geeigneter als eine Absolvent_in der Internationalen Entwicklung? Wenn ja, bitte um die Auflistung der genauen Indikatoren sowie eine Erklärung dafür. Wenn nein, wieso können Jurist_innen ohne teure postgraduale Ausbildung an einem Bewerbungsverfahren teilnehmen, Absolvent_innen der Internationalen Entwicklung jedoch nicht?

4)    Erachtet das Außenministerium generell eine Absolventin der Politikwissenschaften als geeigneter als eine Absolvent_in der Internationalen Entwicklung? Wenn ja, bitte um die Auflistung der genauen Indikatoren sowie eine Erklärung dafür. Wenn nein, wieso können Politikwissenschafter_innen ohne teure postgradulae Ausbildung an einem Bewerbungsverfahren teilnehmen, Absolvent_innen der Internationalen Entwicklung jedoch nicht?

5)    Wie erklären Sie diese große soziale und finanzielle Ungerechtigkeit, dass  Absolvent_innen aus anderen Studienrichtungen, welche die finanziellen Ressourcen nicht aufbringen können, von Beginn an ausgeschlossen sind, weil eine Bewerbung ohne eine teure postgraduale Weiterbildung nicht möglich ist?

6)    Gibt es Bestrebungen die Anforderungen für das Bewerbungsverfahren zu ändern und in den europäischen Kontext der Gleichberechtigung zu setzen? Wenn ja, wann und welche Schritte braucht es dafür? Wenn nein, wieso nicht?

 

 

 

 

 

 



[1]http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/aussenministerium/karrieremoeglichkeiten-im-aussenministerium/laufbahnmoeglichkeiten-im-aussenministerium/hoeherer-auswaertiger-dienst.html

 

[2]https://ie.univie.ac.at/home/

[3]http://diplomatie.belgium.be/de/uber_die_organisation/arbeiten_bei_auswartigen_angelegenheiten/im_ausland/als_statutarischer_bediensteter/diplomat/auswahlverfahren/ und http://www.selor.be/fr/emplois/job/?jobCode=AFG14141

[4]https://www.werkenvoornederland.nl/de-rijksoverheid-als-werkgever/organisaties/ministerie-van-buitenlandse-zaken/welke-functies-kent-buitenlandse-zaken/startende-beleidsmedewerker/functieprofiel-startende-beleidsmedewerker/wat-is-je-bagage

[5]http://www.auswaertiges-amt.de/DE/AusbildungKarriere/AA-Taetigkeit/HoehererDienst/Voraussetzungen_node.html