2238/J XXV. GP

Eingelangt am 22.07.2014
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Anfrage

 

der Abgeordneten Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Justiz

betreffend Verfahrensstand zum Untersuchungsgegenstand Immobiliengeschäfte

BEGRÜNDUNG

 

Die juristische Aufarbeitung des Untersuchungsausschusses zur Klärung von Korruptionsvorwürfen dauert an. Am 8. November 2012 wurde bereits in der Sondersitzung des Nationalrates der Stand der Verfahren erfragt, in einer parlamentarischen Anfrage vom 22.5.2013 wurden die Fragen erneuert. Nunmehr ein Jahr später wird diese Anfrage nach dem Verfahrensstand aktualisiert.

In der Sondersitzung vom 8. November 2012 brachten die Grünen ihren Bericht zu den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses als parlamentarischen Entschließungsantrag ein. Als Grundlage für die Beantwortung werden im Folgenden die wichtigsten Erkenntnisse aus diesem Bericht zum Beweisthema 2 – Immobiliengeschäfte nochmals kurz zusammengefasst:

Zusammenfassung der Ergebnisse des Untersuchungsausschusses auf Basis des Berichts der Grünen an den Nationalrat zum Beweisthema 2 - Immobiliengeschäfte

2a. Verkauf der bundeseigenen Wohnbaugesellschaften „BUWOG“ u.a.

1.    Vorgeschichte:

Bereits in der Regierungserklärung der ÖVP-FPÖ-Regierung aus dem Jahr 2000 war vorgesehen, dass die bundeseigenen Wohnbaugesellschaften verkauft werden sollten. Es handelte sich dabei um: 

Ø  BUWOG: Bauen u. Wohnen GesmbH, 19.854 Wohnungen

Ø  WAG: Wohnungsanlagen GesmbH,  22.097 Wohnungen

Ø  ESG: Wohnungsges. mbH Villach, 12.509 Wohnungen 

Ø  WBG: Wohnen u. Bauen GesmbH Wien, ca. 4.581 Wohnungen

Ø  EBS: Wohnungsges. mbH Linz, ca. 3.234 Wohnungen

 In Summe waren dies 62.265 Wohnungen mit einer Fläche von 4,39 Millionen Quadratmetern, 432 Gewerbeeinheiten, 41 Sonderimmobilien, 23.087 Parkplätzen und mehr als 5,13 Millionen Quadratmeter unbebaute Grundstücke

Als Vorbereitung für den Verkauf legten am 1. April 2001 alle fünf Wohnbau-gesellschaften die Gemeinnützigkeit zurück. Für die bestehenden Mieterinnen und Mieter blieben die Miet-Konditionen vorerst gleich. Der wesentliche Unterschied war, dass nun ein Verkauf der Wohnbaugesellschaften zum Verkehrswert möglich wurde. 

60 Prozent der Wohnungen wären im Wege eines Einzelverkaufes abgabefähig gewesen. Dieser Versuch, den Mieterinnen und Mietern die Wohnungen zum Kauf anzubieten, kann aber bestenfalls als „halbherzig“ bezeichnet werden. Die den Mieterinnen und Mietern angebotenen Konditionen waren weitaus ungünstiger als jene, welche dann beim Gesamtverkauf der Bundeswohnbaugesellschaften geboten wurden.

Nachdem der Verkauf von Einzelwohnungen der Bundeswohnbaugesellschaften wegen der hohen Kosten und Preise auf geringe Resonanz seitens der MieterInnen stieß, fasste am 11. Juni 2002 die Bundesregierung den Grundsatzbeschluss über die Verwertung der Bundeswohnbaugesellschaften. Dabei handelte es sich soweit bekannt um den europaweit umfangreichsten Immobilienverkauf.

Im Gegensatz zu anderen Privatisierungen wurde die Abwicklung des Verkaufs nicht der ÖIAG übertragen, sondern direkt von einer dem Finanzministerium beigestellten Kommissionen vorbereitet und durchgeführt. Dadurch lag die politische Verantwortung für den Gesamtvorgang direkt beim damaligen Finanzminister Karl-Heinz GRASSER.

Durch den Verkauf aller Gesellschaften im Gesamtpaket erzielten die Erwerber einen sehr günstigen Preis: teilweise bezahlten sie nur ein Drittel des wahren Werts.

2.    Vergabe des Beratungsauftrages an Lehman Brothers

Die Abwicklung des Verkaufsverfahrens der Bundeswohnbaugesellschaften sollte mit Unterstützung einer Investmentbank erfolgen. Zur Bestellung dieser Investmentbank gab es ein eigenes Vergabeverfahren,  in dem es zu ersten Unregelmäßigkeiten kam, die auch Gegenstand behördlicher Ermittlungen sind. 

Auffällig ist, dass die schließlich obsiegende Bank Lehman Brothers von Beginn an als Subunternehmer eine Gesellschaft von Karl Heinz MUHR beschäftigte. Karl-Heinz GRASSER schilderte sein Verhältnis zu MUHR als „bekanntschaftliches, freundschaftliches.“  Insgesamt verrechnete MUHRs Fa. VOLARIS schließlich bis inklusive Juni 2004 einen Betrag von 433.820 Euro an LEHMAN BROTHERS. Welche Leistungen dafür erbracht wurden, ist nach wie vor ungeklärt.  Die vom Untersuchungsausschuss befragten Personen hatten keine Wahrnehmungen über Tätigkeiten MUHRs im Projekt. Einzig die Auskunftsperson Klaus REQUAT – damals für die CA-IB, also den Konkurrenten LEHMANS im Vergabeverfahren, tätig – konnte sich konkret an eine Tätigkeit – nämlich einen Anruf – MUHRS erinnern: „Er rief mich an und sagte […], dass ‚das Ministerium‘ – keine Namensnennung – dafür sorgen würde, dass wir ungeachtet unserer sehr guten Leistung den Auftrag nicht bekämen, sondern Lehman.“ MUHR selbst ist mehrmaligen Ladungen des Untersuchungs-ausschusses nicht gefolgt. 

Zur Vorbereitung der Vergabe der Beraterleistung begann sich ab Dezember 2001 zunächst ein sogenanntes „Kernteam“ aus Michael RAMPRECHT, dem Beamten Wilfried TRABOLD und Kabinettsmitarbeiter René OBERLEITNER informell zu treffen. Weiters nahm regelmäßig Ernst Karl PLECH an den Sitzungen, die sogar im Büro seiner Immobilienvermittlungsfirma stattfanden, teil. PLECH war zu diesem Zeitpunkt Immobilienmakler und Berater des Finanzministers.  Laut Aussagen von Michael RAMPRECHT lief die Kommunikation mit dem Finanzminister zum Verkauf der bundeseigenen Wohnbaugesellschaften ausschließlich über PLECH,  der als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der BUWOG und Aufsichtsrat in der BIG entscheidende Positionen innehatte.

Schließlich wurde auf Anordnung von Finanzminister GRASSER  im März 2002 eine Bewertungskommission  eingerichtet. Die Kommission gründete sich auf Paragraf 8 Bundesministeriengesetz und durfte den Bundesminister nur beraten. Die Letztentscheidung über die Vergabe lag bei GRASSER.  Aus den vorliegenden Unterlagen geht hervor, dass ein „gewünschter politischer Spielraum“ berücksichtigt werden sollte. 

Am 8.5.2002 langten fünf Angebote von Bewerbern ein, welche Mitte Mai ihre Anbote vor der Kommission präsentierten. Anfang Juni fanden Verhandlungen mit den Bewerbern statt.  Schließlich gab es eine Einladung zur Abgabe von „Last and Final Offers“. Die Frist dafür endete am 28.8.2002.

Nachdem die rechtliche Frage der Maastricht-Relevanz  geklärt  war, sollte die kommissionelle Zuschlagsentscheidung in der Kommissionssitzung am 5. September 2002 fallen.  KHG aß am 3. September, knapp vor der entscheidenden Sitzung, mit Plech gemeinsam zu Mittag. Nach zahlreichen Zeugenaussagen waren sich die Kommissionsmitglieder am 5. September 2002 offenbar einig, dass die CA-IB Bestbieter sei. Eine formale Entscheidung wurde an diesem Tag jedoch laut RAMPRECHT auf Anweisung von PLECH verhindert –„ keine Entscheidung ohne Minister“. Durch TRAUMÜLLER wurde GRASSER noch am selben Abend über den Stand der Beratungen informiert. „Der Minister will Lehman“, soll am nächsten Tag die Anweisung von Plech an Ramprecht geheißen haben.

Am 6. September2002 wurde um 12 Uhr die Sitzung der Kommission vom Vortag fortgesetzt und die Zuschlagsentscheidung entgegen der Einschätzung vom Vortag mit 6:3 Stimmen für Lehman Brothers (Alternativangebot 1) getroffen, obwohl dieses Anbot um 40 Prozent mehr kostete als das der CA-IB mit 6,6 Millionen Euro.

Die CA-IB wurde  in weiterer Folge Subunternehmer von LEHMAN und verzichtete auf eine Anfechtung der Vergabe. Dazu wurde Klaus REQUAT vor dem Untersuchungsausschuss befragt: „Auf  meinen  Hinweis,  dass  ich  dann  vermutlich  anfechten  würde, […] hat Karlheinz  MUHR  gemeint,  dass  das  sicherlich  das  Missfallen  des  Ministeriums produzieren würde und dass man sich vielleicht auch darauf einigen könnte, dass die CA IB diese Sache gemeinsam mit Lehman machen würde.“

Neben der Problematik der Kostendifferenz zwischen Lehman Brothers und der CA-IB kritisierte Gottfried EFLER vom Rechnungshof in seiner Befragung am 25. April 2012 grundsätzlich die Auslagerung des Vergabeprozesses an eine Investmentbank und wies außerdem noch auf die sich dadurch ergebende Schwierigkeit bei der Überprüfung der Dokumentation hin.

 

3.    Verkaufsablauf der Bundeswohnbaugesellschaften

Am 17. Juni 2002 unterzeichneten Finanzminister Karl-Heinz GRASSER und der Kärntner Landeshauptmann Jörg HAIDER eine Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Kärnten über das Vorkaufsrecht an der ESG Villach. Es wurde zum entscheidenden Joker bei der letzten Verkaufsrunde.

Nachdem Mitte 2003 ein Gesetz über die Verwertung der Bundeswohnbaugesellschaften wirksam wurde, begann Ende August 2003 das eigentliche Verkaufsverfahren. Eine Auswahlkommission legte Kriterien und Prozessverlauf fest und bestimmte, dass bei knapp beieinander liegenden Anboten noch eine  Nachverhandlungsrunde angesetzt werden sollte. Die Abgabe verbindlicher Kaufangebote hatte bis zum Freitag, dem 4. Juni 2004 zu erfolgen.

 Heinrich Traumüller informierte gemäß seiner handschriftlichen Notizen noch am selben Abend Grasser über die Angebote. Das Ergebnis dieser Angebotsrunde war, dass die CA-Immo Bestbieter mit einem großen Vorsprung von 64 Mio Euro war. Der Vorsprung der CA-Immo gegenüber dem „Österreich“-Konsortium (Immofinanz, RLB Oberösterreich und andere) betrug damit 8,4 Prozent.  Man kann davon ausgehen, dass die Angebotshöhen noch vor dem Wochenende auch Minister GRASSER mitgeteilt wurden.  Es besteht Grund zu der Annahme, dass noch am Wochenende die Information über die Höhe der Angebote an Walter MEISCHBERGER gelangte, der sie an Peter HOCHEGGER weitergab. Hochegger sagte dazu aus: „Ich wusste die Höhe des zweiten Gebots des Bestbieters, und zwar teilte mir dieses MEISCHBERGER mit. Dies habe ich wiederum an Karl Petrikovics mündlich mitgeteilt.“ Schon am Vormittag des 7.6.2004 begann das „Österreich-Konsortium“ mit der Ermittlung eines neuen Anbotspreises. Festzuhalten ist, dass der dabei angesetzte Betrag von 930 Mio Euro knapp über dem Gebot der CA-Immo von 922 Mio Euro lag.

Die nächste Sitzung der Vergabekommission war für den 8. Juni 2004 einberufen. Bei dieser Sitzung bestand die Gefahr einer Entscheidung zugunsten des Bestbieters CA-Immo. GRASSER ließ die Sitzung absagen und lud an ihrer Stelle für den Tag davor zu einem Termin ins Finanzministerium. So fand am 7. Juni keine offizielle Kommissionssitzung statt, sondern um 8:30 Uhr im „Goldenen Salon“ des Finanzministeriums ein Briefingtermin mit GRASSER , in welchem Lehman Brothers in einer Präsentation die Angebote erläuterte. In dieser Präsentation wurde auch das „Gesamtinvestitionsvolumen“ der CA Immo in Höhe von 960 Millionen Euro bekannt gegeben.

Am selben Tag, dem 7. Juni 2004, wurde im Anschluss an das „Briefing“ zu einem „Last and Final Offer“ eingeladen. Die Ausschreibung der zweiten Angebotsrunde erfolgte auf Weisung GRASSERs ohne Befassung der Auswahlkommission. Dazu ist zu sagen, dass sich die Kommission in ihrer 5. Sitzung vom 16. April 2004 darauf geeinigt hatte, dass eine zweite Runde stattfinden soll, wenn die Anbote nahe beieinander liegen – genau das war hier jedoch nicht der Fall.

Den beiden verbleibenden Bietern wurde damit ermöglicht, verbesserte verbindliche Angebote („Last and Final Offer“) bis 11. Juni 2004 zu legen. Ihnen wurde mitgeteilt, dass nach Einlangen dieser Angebote keine Verhandlungen mehr durchgeführt werden. 

Wahrscheinlich am 8.6.2004 vormittags informierte Peter HOCHEGGER  Immofinanz-Chef Karl PETRIKOVICS über das Erfordernis einer Mindestgebotssumme von  960 Millionen  Euro. Dazu führte HOCHEGGER aus: „MEISCHBERGER machte dann eine erste Einschätzung, dass das Höchstgebot der CA Immo zwischen € 940 und 960 Millionen  liegen wird. Wie er dazu kam, weiß ich nicht. Meine Empfehlung an KPE, die ich von MEISCHBERGER erhalten und weitergegeben habe, war nicht unter  960 Millionen  Euro sondern eher Richtung einer Mrd. zu bieten.“ MEISCHBERGER bestätigte vor Gericht, dass er den Betrag von 960 Mio Euro aus der Finanzierungsgarantie wusste. In einem auffälligen zeitlichen Naheverhältnis zu diesen Abläufen ist in den Akten dokumentiert, dass man im „Österreich-Konsortium“ am 8.6.2004 mittags begann, ein Angebot zu errechnen, das 960 Millionen  Euro überstieg. 

Am Vormittag  des 11. Juni 2004  wurde in der Aufsichtsratssitzung der CA Immobilien Anlagen AG beschlossen, ein Anbot für die zweite Runde in der Höhe von € 960,1 Mio Euro zu legen

Am Sonntag, den 13. Juni 2004 fand die siebente Sitzung der Auswahlkommission statt, in der über die Ergebnisse der „Last and Final Offers“ berichtet wurde, Grasser „spazierte“ laut Traumüller wie „zufällig“ vorbei und entschied, keine weitere Bieterrunde zu veranlassen. Bemerkenswert ist, dass von einer dritten Runde jetzt abgesehen wurde, obwohl die Auswahlkommission gerade bei knappen Anboten eine weitere Runde beschlossen hatte und der Finanzierungsrahmen bei einer Millarde Euro lag.

Nun lag es allein bei Kärnten, welcher Bieter den Zuschlag erhält. Das „Österreich Konsortium“ samt Immofinanz hatte für die ESG Villach überproportional viel geboten.  Wenn auf das Vorkaufsrecht verzichtet wurde, dann ging das Gesamtpaket an die Immofinanz und das Österreich-Konsortium, da sie für die ESG Villach mehr als 104 Millionen Euro boten. Wenn nicht, dann lag die die CA-Immo besser. Aus unbekannter Quelle wusste Haider über die Anbote Bescheid und verzichtet am 15. Juni um 8 Uhr auf das Vorkaufsrecht. Eine nachträgliche Kaufoption für die ESG war ihm zugesichert worden. Also ging der Verkauf wie geplant am 6. Juli 2004 über die Bühne.

Hätte das BMF die Gesellschaften einzeln beziehungsweise in Teilpaketen verkauft, hätte der Bund insgesamt 1.089,62 Millionen Euro (und damit um 128,34 Millionen Euro mehr als tatsächlich erhalten) erzielen können, meint der Rechnungshof.

Der Rechnungshof  errechnete weiters, dass durch den Entfall der Einweisungsrechte für mehr als 5.000 Wohnungen auf Käuferseite insgesamt ein zusätzlicher Erlös von rund 200 Millionen Euro erzielt werden konnte. Er kritisierte, dass den Bietern dieses Erlössteigerungspotential im Verkaufsprozess nicht klar und deutlich aufgezeigt wurde. Dies hätte nach seiner Ansicht mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Erhöhung der Kaufanbote geführt.

 

4.    Provisionen

Ende 2003 oder Anfang des Jahres 2004 wandte sich Walter MEISCHBERGER anlässlich der Verkaufsausschreibungen der bundeseigenen Wohnbaugesellschaften an Peter HOCHEGGER und schlug vor, für die Bietergemeinschaft Immofinanz und OÖ-Konsortium eine Vorgangsweise zu entwickeln, um die Ausschreibung zu gewinnen. HOCHEGGER sollte den Kontakt zur Immofinanz/Karl PETRIKOVICS herstellen, während MEISCHBERGER sein „politisches Netzwerk“ nützen wollte. Am 2. Juni 2004 kam es zum Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrags zwischen der Hochegger-Firma VALORA und der Immofinanz. Da der endgültige Kaufpreis 961,3 Millionen Euro betrug, waren schließlich 9,61 Millionen Euro Provision (1%) zu bezahlen. 

Die Abwicklung der Provisionszahlungen begann im August 2005. Zu diesem Zweck wurden diverse Scheinrechnungen der HOCHEGGER zuzuordnenden „Astropolis Investments Consulting Ltd.“ auf Zypern  an die CPB Corporate Finance Consulting GmbH gelegt. Insgesamt wurden dabei 9,9 Millionen Euro von ASTROPOLIS an die CPB verrechnet und von dieser bezahlt; von dort gingen 7,7 Millionen Euro weiter auf ein Konto der OMEGA International LLC mit Sitz in der US-Steueroase Delaware bei der Hypo Investment Bank AG in Liechtenstein.  Der verbleibende Restbetrag von 2,2 Millionen Euro dürfte nach dem Stand der Ermittlungen der Anteil von Peter HOCHEGGER gewesen sein.In Liechtenstein wurde das Geld bar behoben, und (mit zwei Ausnahmen) jeweils zu gleichen Teilen auf drei Konten aufgeteilt, die unter den Bezeichnungen „Walter“ (auch oft bezeichnet als „Konto 400815“), „Karin“ und „Natalie“ geführt wurden. Mehrere Personen aus dem Bereich der OMEGA beziehungsweise der Hypo Investment Bank behoben in weiterer Folge wiederum größere Barbeträge von diesen drei Konten und übergaben sie in einem Hotel am Stephansplatz an Walter MEISCHBERGER. Nach Aussagen von MEISCHBERGER soll dies etwa 30 bis 50mal geschehen sein. 

Walter MEISCHBERGER behauptete, dass er hinsichtlich aller drei genannten Konten wirtschaftlich verfügungsberechtigt sei. Die Ermittlungsbehörden teilen diese Einschätzung lediglich hinsichtlich des Kontos „Natalie“. Das Konto „Karin“ wurde am 17.10.2005 von Ernst Karl PLECH persönlich eröffnet. Die Ermittlungsbehörden gehen nach den dem Untersuchungsausschuss vorliegenden Unterlagen davon aus, dass dieses Konto PLECH zuzurechnen ist.Hinsichtlich des Kontos „Walter“ beziehungsweise „400815“ wird schließlich dem Verdacht nachgegangen, dass die Beträge darauf Karl-Heinz GRASSER zugutekommen sollten. Anders als beim Konto „Karin“ war auf diesem Konto MEISCHBERGER zeichnungsberechtigt und als Kontoinhaber eingetragen. Aus Geschäften, die über das Konto abgewickelt wurden, ergibt sich jedoch eine Reihe von Indizien, die für eine Zuordnung zu GRASSER sprechen. So wurden größere Aktienpakte von Unternehmen erworben, in denen GRASSER Organfunktionen ausübte. 

 

2b. Provisionen für Einmietungen

Die schwarz-blaue Regierung beschloss,  die Einmietung von Bundesinstitutionen bei Privaten zu forcieren. Auch für die bundeseigenen Flächen mussten bei der Bundesimmobiliengesellschaft Mieten bezahlt werden, was zur Wettbewerbssituation mit Privaten führte. Auf diesem Feld bedienten sich laut Ermittlern Walter Meischberger und Ernst Karl Plech und stehen im Verdacht, Provisionen in Millionenhöhe kassiert zu haben. Ihre Nähe zu Ministern/Entscheidungsträgern oder zur Telekom ließ sich vergolden.

1.    City-/Justiztower

Ende der 1990er Jahre wurde das Projekt der Neugestaltung des Areals Wien Mitte mit vier Hochhäusern geplant. Nach einer kontroversiellen öffentlichen Diskussion und aufgrund der Kritik der UNESCO 1997 wurde schließlich davon Abstand genommen. Als einziges „Hochhausprojekt“ wurde der City-Tower beziehungsweise spätere Justiz-Tower verwirklicht, da das Justizressort als Dauermieter gewonnen wurde.

Die im Gerichtsgebäude Riemergasse 4 und 7, 1010 Wien, untergebrachten Gerichte litten seit Jahren unter starker Raumnot. Es gab daher Pläne, ein neues Bezirksgericht für den 3. und 11. Bezirk aus dem BG Innere Stadt auszugliedern und an einem anderen Standort anzusiedeln. Im Gespräch dafür war längere Zeit eine Lösung im Bereich der Schnellbahnstation Rennweg. Parallel zu diesen Überlegungen wurde auch nach einem neuen Standort für das Landesgericht für Zivilrechtssachen gesucht. Im Zuge seiner Untersuchung im Jahr 1999 prüfte der Ziviltechniker Wolfgang GRÄSEL im Auftrag des BMJ auch das Projekt des geplanten City Tower als eine Möglichkeit und bewertete das Projekt als geeignet. Das Projekt City Tower war also nachweislich dem BMJ bereits seit 1999 als Variante für einen möglichen Gerichtsstandort zur Entlastung der Riemergasse bekannt. 

Per 6. Juni 2001 erteilte die PORR Immoprojekt GmbH Ernst Karl PLECH einen Alleinvermittlungsauftrag für das neu zu errichtende Gebäude. Zum Zustandekommen dieses Auftrages schilderte der damals verantwortliche PORR Manager Martin HUBER dem Untersuchungsausschuss:  „Plech ist dann aufgetreten […] und hat kundgetan, dass er einen Nutzer für dieses Hochhaus hätte. Nachdem  wir  ihm  eine  grundsätzliche  Provisionszusage  in  Höhe  von  drei  Brutto-Monatsmieten  gegeben  haben […] hat er das Justizministerium als Nutzer genannt.“ Bemerkenswert ist hier: PLECH gab an, bereits einen Nutzer zu haben, BEVOR der Alleinvermittlungsauftrag unterfertigt wurde. Dem Untersuchungsausschuss lag weiters eine mit 11.6.2001 datierte Honorarvereinbarung in Form eines gegengezeichneten Schreibens von PLECH an Walter MEISCHBERGER vor: „[...] bestätigte ich dir hiermit auch schriftlich, dass du im Hinblick auf deine speziellen Kontakte und deiner konstruktiven Mitarbeit am Projekt „City Tower“, 1030 Wien, im Falle des Zustandekommens eines rechtsgültigen Miet- bzw. Kaufvertrages mit dem Justizministerium 50% zzgl MWSt. des gesamten eingehenden Honorars erhältst.“ Wie schon nach der Aussage von HUBER war also das BMJ im Visier, bevor es ein erstes Herantreten an BÖHMDORFER gab.

Am 19. Juni 2001 bot das Büro Ernst PLECH das Objekt City Tower schriftlich Justizminister Dieter BÖHMDORFER zur Miete an. Für den Fall des Zustandekommens wurde eine Provision in Höhe von drei Bruttomonatsmieten gefordert. Am 7. August 2001 wurde das Projekt City-/Justiz-Tower der Justiz präsentiert. Eine Woche später, am 13. August 2001, legte die PORR Immoprojekt GmbH an das BMJ ein Mietanbot mit monatlichem Nettomietzins von ATS 4.620.000 bei 20-jähriger Mietdauer. Böhmdorfer wurde höchst persönlich mit Plech über die Provision handelseins. Vor dem Untersuchungsausschuss vertrat BÖHMDORFER vehement die Auffassung, dass diese Vereinbarung den Provisionsanspruch PLECHs nicht begründet sondern gegenüber den gesetzlich vorgesehenen drei Bruttomonatsmieten auf eineinhalb bis zwei Mieten reduziert habe.

Eine abschließende zivilrechtliche Beurteilung, ob hier ohne die Vereinbarung von BÖHMDORFER mit PLECH ein Provisionsanspruch bestanden hätte oder nicht, kann aufgrund des nur teilweise feststehenden Sachverhaltes nicht getroffen werden. Neben der dokumentierten und bereits bestehenden Kenntnis des Objekts aufgrund der Recherchen von GRÄSEL ist nämlich unklar, wann tatsächlich erstmalig ein Kontakt zwischen dem BMJ und PORR hergestellt wurde. Die „offizielle“ Variante – Alleinvermittlungsauftrag 1. Juni 2001, Anbot am 19. Juni 2001 – erscheint aufgrund der oben angeführten Umstände (Benennung des BMJ durch PLECH als Interessenten noch vor diesen Terminen!) mehr als fragwürdig.

Sowohl das Finanzministerium als auch der Rechnungshof standen der Einmietung in den CityTower ablehnend gegenüber. In einer ablehnenden Stellungnahme kritisierte auch das BMWA am 21. Jänner 2002 die Wirtschaftlichkeit des Projekts: es bestehe keine Notwendigkeit der Aufgabe der Riemergasse, Eigentum sei günstiger als Miete, die Mietkosten wären höher als beim letzten Projekt, detto die Betriebskosten, und auch die CO2-Bilanz sei schlechter.  Trotzdem erwirkte Böhmdorfer am 20. Feber 2002 die Zustimmung Grassers. Der dreifache Mehraufwand an Mieten gegenüber der Riemergasse und dem Rennwegprojekt sollte mit einem Betrag von 65 Millionen ATS durch eine Erhöhung der Pauschalvergütung des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger (§ 93 ASGG) wesentlich mitfinanziert werden. Den Mietvertrag erstellte trotz ausreichender rechtlicher Kompetenz im Justizministerium Rechtsanwalt Johannes PATZAK, der laut eigener Aussage seit „25 Jahren“ PLECH als Mandanten betreute.

Schließlich wurde der Mietvertrag zwischen der City Tower Errichtungs- und Vermietungs GmbH und der Republik Österreich am 22. Februar 2002 abgeschlossen; der monatliche Bruttomietzins betrug EUR 501.454,80. Das Objekt wurde im Herbst 2003 zeitgerecht fertig gestellt und der Justiz übergeben. 

Nun zu den Provisionen: Am 19. März 2002 übermittelte PLECH eine Provisionsnote an die PORR Immoprojekt GmbH über 625.910,40 Euro (brutto) zu Handen Martin HUBER (die Berechnungsbasis ist unklar und entspricht nicht den im Alleinvermittlungsauftrag vereinbarten drei Bruttomonatsmieten).

Auch die Provision der Republik sollte nunmehr abgerechnet werden. Am 29. Mai 2002 richtete die PLECH & PLECH Immobilientreuhänder GmbH eine Provisionsnote an das BMJ über 728.971,20 Euro (Basis sind 1,5 Mieten), die auch beglichen wurde. Schließlich legte MEISCHBERGER am 16. Dezember 2002 eine Honorarnote über 525.182,20 Euro netto an PLECH.

Laut Telefonüberwachungsprotokollen musste sich MEISCHBERGER von PLECH beraten lassen, was denn seine Leistung beim City Tower gewesen sei. Auch die befragten Auskunftspersonen, die mit dem Projekt eng befasst waren, hatten keine Tätigkeiten MEISCHBERGERs in dieser Angelegenheit wahrgenommen. Es besteht daher der Verdacht, dass über das Honorar an MEISCHBERGER Kick-Back Zahlungen verschleiert werden sollten. 

Die von Justizminister BÖHMDORFER unter Mithilfe von Finanzminister GRASSER gewählte Lösung zur Unterbringung der vorher in der Wiener Riemergasse untergebrachten Gerichte stellt sich, obwohl die Lösung für das Gerichtswesen zweckmäßig erscheint, als die für die Republik Österreich und die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler teuerste Variante dar. Seit 1989  wurden die Justizgebäude in der Riemergasse 4 und 7 mit einem Aufwand 168,7 Millionen ATS (Quelle Wirtschaftsministerium) saniert und modernisiert. Den aus damaliger Sicht noch weiter erforderlichen Sanierungskosten von rund zwölf Millionen ATS standen die Übersiedlungskosten von 50 Millionen ATS und die höheren Mietkosten im CityTower gegenüber.  Die Einmietung im CityTower führte und führt zu erheblichen und gegenüber dem vor BÖHMDORFER favorisierten Alternativ-Projekt (Riemergasse und Rennweg) massiv erhöhten Mietkosten (mindestens  eine Million Euro pro Jahr). Sie kommen im Gegensatz zum Alternativprojekt ausschließlich Privaten zu Gute. Die dadurch ausgelösten Leerstände und Mietausfälle der BIG in der Riemergasse fügten der Republik einen zusätzlichen Schaden zu.  Die Entscheidung für den City-/Justiz-Tower war eindeutig „politischer“ Natur. Hierfür liegt die Verantwortung bei BÖHMDORFER und GRASSER. Am Projekt verdienten MEISCHBERGER und PLECH Provisionen von über 1,3 Millionen Euro, wobei die Leistung von MEISCHBERGER nicht nachweisbar ist und die Verdienstlichkeit der Vermittlungstätigkeit von PLECH durch die bereits 1999 erfolgte Projektbeurteilung von GRÄSEL in Zweifel gezogen werden kann. Wie bei anderen Immobilienprojekten des Bundes in der Ära GRASSER zogen MEISCHBERGER und PLECH offensichtlich erheblichen persönlichen Nutzen aus ihrem Naheverhältnis zum Minister und ihrem Insider-Wissen.

2.    Finanzzentrum Linz

Seit Mitte der 1990er Jahre wurde eine Lösung für die verbesserte Unterbringung diverser Finanz- und Zollämter in Linz gesucht. Die Finanz- und Zolldienststellen in Linz sollten an einem zentralen Standort zusammengelegt werden, um den Bürgerinnen und Bürgern lange Behördenwege zu ersparen und Synergieeffekte zu schaffen. Die Erhaltungs- beziehungsweise Erneuerungskosten der damals genutzten Objekte, so das Finanzministerium, rechtfertigten die Suche nach einer neuen Lösung. Zudem sollte dadurch auf längere Sicht der Personalaufwand minimiert werden. 

In einem ersten Schritt wurde im Jahr 2003 ein Ausbietungsverfahren durchgeführt, das mangels geeigneter Ergebnisse im Juli 2004 beendet wurde.

Der Terminal Tower nahe des Linzer Bahnhofs wurde von einem Konsortium bestehend aus PORR, Raiffeisen Leasing und Real-Treuhand (einer Tochterfirma der Raiffeisenlandesbank OÖ)  gebaut. Eine intensivierte Mietersuche begann noch vor dem Bau. Besprechungsprotokolle und handschriftliche Notizen belegten, dass bereits Ende 2004, also knapp nach der erfolglosen Beendigung des Ausbietungsverfahrens, gezielte Verhandlungen zwischen BMF und Terminal Tower geführt wurden. Am 21. Jänner 2005 übermittelte die PORR AG ein unverbindliches Mietoffert für den Terminal Tower an Gerhard PIPAL im BMF. Auf Seiten des BMF bestanden jedoch Bedenken wegen der vergaberechtlichen Zulässigkeit der direkten Kontaktaufnahmen. Es wurde daher vereinbart, dass die Bauherren Inserate schalten sollten, in denen sie freie Mietflächen bewerben, damit das BMF sich „offiziell“ auf diese Inserate stützen kann. Um sicherzustellen, dass die Inserate auch optimal zu den Anforderungen des BMF passen, wurde der Text sogar mit Beamten des BMF abgestimmt. Tatsächlich erschienen diese Inserate am 2. Juli 2005 im Kurier und am 16. Juli 2005 in der Presse.  Somit wurden europarechtliche Vorgaben umgangen, indem ein ausschreibungspflichtiges Projekt bereits im Vorhinein akkordiert, dann aber formal erst durch Scheininserate vom BMF „entdeckt“ wurde. 

Kurze Zeit später, am 9. August 2005, richtete die Terminal Tower Immobilien GmbH ein Schreiben an PIPAL im BMF, in dem sie den Terminal Tower als Mietobjekt anbot. Damit begannen die Mietvertragsverhandlungen

Am 22. November 2005 wurde die Baubewilligung für den Tower durch die Stadt Linz erteilt. 

Nachdem sich alle Beteiligten auf einen Preis von 9,9 Euro pro Quadratmeter geeinigt hatten und bereit für die Unterzeichnung des Vertrags waren, trafen sich die Verhandler des BMF  bei GRASSER im Ministerbüro, der plötzlich seine Zustimmung verweigerte. Die Ermittler vermuten: „Es bestand der Verdacht, BM GRASSER könnte durch die Verweigerung zur Zustimmung zum Mietvertrag entsprechenden Druck ausgeübt haben, um eine Provisionszahlung zu erzwingen.“ Aus einem Aktenvermerk der PORR geht hervor, dass ein Mietvertrag zu einem günstigeren Quadratmeterpreis, nämlich 9,5 Euro pro Quadratmeter möglich gewesen wäre. Deshalb ergibt sich der Verdacht, dass ein höherer Quadratmeterpreis zu Lasten des BMF für eine eventuelle Bestechungszahlung akzeptiert werden sollte.

Es besteht außerdem der Verdacht, dass die Projektverantwortlichen des Terminal Tower bei der Stadt Linz intervenierten, um die Realisierung des Konkurrenzprojektes der BIG in der Sonnensteinstraße zu verhindern beziehungsweise zu verzögern. Aus Recherchen von mir während meiner  Zeit als Linzer Gemeinderätin ist bekannt, dass die BIG bereits vor 2003 ein derartiges Projekt auf eigenen Gründen in Linz Urfahr in Planung hatte. Die Änderung des Bebauungsplans hätte maximal ein Jahr erfordert, sodass 2004 mit der Errichtung begonnen worden wäre. Spätestens im Jahr 2006 wäre der Bau fertiggestellt gewesen, wodurch sogar eine frühere Übersiedlung der Finanz- und Zollämter möglich gewesen wäre. Warum sich Finanzminister GRASSER trotzdem gegen eine Beauftragung der BIG entschied, ist vor diesem Hintergrund unverständlich. 

Aus Telefonüberwachungsprotokollen geht hervor, dass Ludwig SCHARINGER, Chef der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich, immer wieder bei GRASSER intervenierte. Die persönlichen Kontakte SCHARINGERs zu GRASSER wurden auch zum wiederholten Male zur Beschleunigung des Umzugs in den Terminal Tower genutzt.

Am 29. März 2006 erfolgte die Unterzeichnung des Mietvertrags zwischen der Terminal Tower-Gesellschaft  und der Republik Österreich (BMF). Der Quadratmeterpreis betrug jetzt 9,90 Euro. Ein Kündigungsverzicht von 15 Jahren wurde ebenso vereinbart wie vier Monate Mietzinsfreistellung. Im ersten Nachtrag zum Mietvertrag vom 8. Mai 2007 wurde die Mietzinsfreistellung auf einen Monat verkürzt.

Der Verdacht auf verschleierte Provisionszahlungen stützt sich auf eine Aussage von Martin HUBER in seiner Beschuldigtenvernehmung vom 24. März 2011, als er eine Besprechung mit  PÖCHHACKER und PLECH im Spätsommer 2005 schilderte, in der über eine Provision in Zusammenhang mit der Vermietung des Terminal Towers geredet wurde. Dem Ausschuss und den Ermittlungsbehörden liegt eine mit 16. Dezember 2005 datierte Vereinbarung zwischen Peter HOCHEGGERS Firma Astropolis auf Zypern und der PORR Solutions über die „Erstellung einer Studie“ gegen ein Honorar von 200.000 Euro vor.  Ähnlich wie bei den Telekom-Provisionszahlungen in Zusammenhang mit dem „Infotech-Masterplan“ wurde auch im Fall Terminal Tower das Werk eines Mitarbeiters benutzt, um Dokumente zu getätigten Provisionszahlungen vortäuschen zu können.

Peter HOCHEGGER schilderte vor dem Untersuchungsausschuss, dass er in diesem Fall seine Firma Astropolis nur für die Abrechnung bereitgestellt und dafür 10% des Rechnungsbetrags erhalten habe. Laut HOCHEGGERs Selbstanzeige betrug sein Anteil 20.000 Euro, die restlichen 180.000 Euro seien Walter MEISCHBERGER zuzurechnen. Am 4. Juli 2007 erfolgten die Überweisungen von der Astropolis. 180.000 Euro gingen an Omega International. Via Omega wurden sodann in 3 Tranchen am 6. Juli 2007 jeweils 56.980 in Euro bar auf die Konten „Natalie“, „Karin“ und „Walter“ bei der Hypo Investment Bank Liechtenstein AG einbezahlt. Im Ermittlungstagebuch der Staatsanwaltschaft wurde diesbezüglich angemerkt:   „Aufgrund der bisherigen Ermittlungsergebnisse steht fest, dass jeweils ein Konto MEISCHBERGER und PLECH zuzurechnen ist. Hinsichtlich des dritten Kontos liegen Indizien vor, welche auf ein Naheverhältnis zu GRASSER hindeuten.“ 

Meischberger fragte dazu Grasser am Telefon um Rat und konnte sich an keine Gegenleistung erinnern: „Da bin ich jetzt supernackt.“

Die Untersuchungen haben mehrere bedenkliche Vorgänge im Zusammenhang mit der Einmietung der Finanzbehörden in den Terminal Tower Linz zu Tage gefördert.  Zuallererst erschien die Wahl der vergaberechtlichen Vorgehensweise problematisch. Es war bezeichnend, dass die Bauherren „zum Schein“ mit dem BMF abgesprochene Inserate schalteten, um ein „Aufmerksamwerden“ auf ein längst akkordiertes Projekt konstruieren zu können. 

Nicht nachvollziehbar war auch, weshalb die BIG als möglicher Anbieter von vornherein „ausgebootet“ und nicht auf deren rechtliche Bedenken eingegangen wurde. Besonders problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass mit Ernst Karl PLECH letztlich der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der BIG  sich für das Konkurrenzprojekt Terminal Tower einsetzte und – wie aus der Aufteilung der Provision auch auf das Konto „Karin“ ableitbar ist – dafür mutmaßlich eine Provision bezog.  Das Zusammenspiel von BMF, Raiffeisen Landesbank OÖ, PORR und den Freunden des Finanzministers GRASSER ermöglichte, Provisionszahlungen zu lukrieren.

Grundsätzlich zeigte sich an dem Projekt Terminal Tower die Problematik der Einmietung öffentlicher Dienststellen in privaten Gebäuden statt dem käuflichen Erwerb.

3.    Nordbergstraße 15

Während der Umbauarbeiten in der Wirtschaftsuniversität Wien übersiedelten im Jahr 2003 Teile der Universität in ein Gebäude in der Nordbergstraße 15. Der ursprüngliche Plan, demzufolge die BIG das Gebäude von der Telekom kaufen und dann an die WU vermieten sollte, wurde von einem Konsortium aus PORR und AKP durchkreuzt: Zu einem Zeitpunkt, als die BIG schon in konkreten Verhandlungen mit der Telekom stand, tauchten Vertreter der Konkurrenz auf und machten der WU das Angebot, den Kauf und die Vermietung zu denselben Konditionen wie die BIG abzuwickeln. Die WU stimmte dem Angebot zu, und das Konsortium PORR/AKP erwarb das Gebäude zu einem knapp über dem Angebot der BIG liegenden Kaufpreis. Nur wenige Monate später wurde das Gebäude in der Nordbergstraße mit etwa 14 Millionen Euro Gewinn an einen deutschen Investor verkauft. 

Auffällig bei diesem Geschäft ist die Aufsichtsratstätigkeit des GRASSER-Vertrauten Ernst Karl PLECH in der BIG, der möglicherweise Insider-Wissen an MEISCHBERGER und an die späteren Käufer weitergegeben hat. Der geringe Unterschied zwischen den Angeboten der zwei Bieter erinnert an andere Vergaben der Ära GRASSER. Die Entscheidung der Telekom, doch nicht an die BIG zu verkaufen, erscheint auf Grund der Provisionszahlungen in einem seltsamen Licht: Die Telekom zahlte als Verkäuferin dem Käufer Provisionen (!), die wenig später an MEISCHBERGER weiterflossen. Ob auch PLECH und möglicherweise GRASSER von diesem Geschäft profitiert haben, ist unklar.  Einer der Schlüsselpunkte in der Causa Nordbergstraße ist daher, welche Informationen PLECH an Personen in seinem Umfeld weitergegeben hat, und ob sich diese ihr Wissen in weiterer Folge von den Käufern abkaufen ließen. Für Meischberger fiel immerhin eine Provision von 700.000 Euro ab, obwohl er nicht einmal wusste, wo die Nordbergstraße liegt.  In einem Telefonat mit Plech erkundigte er sich über den Grund der Provision mit dem legendären Ausspruch: „Wo woar mei Leistung?“

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Sind derzeit Strafverfahren in Zusammenhang mit den vom Untersuchungsausschuss als Beweisthema 2 untersuchten Fällen von Immobiliengeschäften anhängig?

2)    Falls ja: wie viele Verfahren und bei welchen Staatsanwaltschaften bzw. Gerichten?

3)    Kamen seit der letzten Anfrage neue Verfahren dazu, und wenn ja, welche?

4)    Welche Teilaspekte werden strafgerichtlich verfolgt?

5)    Gegen wie viele Beschuldigte richten sich diese Verfahren?

6)    Wer sind die Beschuldigten?

7)    Wegen welcher Straftatbestände werden Ermittlungen geführt?

8)    Wie ist der Stand der Verfahren und wann ist mit einer Entscheidung über die Anklageerhebung zu rechnen?

9)    Sind derzeit Strafverfahren in Zusammenhang mit dem vom Untersuchungsausschuss im Rahmen des Beweisthemas 1 untersuchten Immobiliengeschäft „Nordbergstraße 15“ anhängig?

10) Falls ja: wie viele Verfahren und bei welchen Staatsanwaltschaften bzw. Gerichten?

11) Welche Teilaspekte werden strafgerichtlich verfolgt?

12) Gegen wie viele Beschuldigte richten sich diese Verfahren?

13) Wer sind die Beschuldigten?

14) Wegen welcher Straftatbestände werden Ermittlungen geführt?

15) Wie ist der Stand der Verfahren und wann ist mit einer Entscheidung über die Anklageerhebung zu rechnen?