2251/J XXV. GP

Eingelangt am 23.07.2014
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Anfrage

 

der Abgeordneten Judith Schwentner, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend Pflegefonds

BEGRÜNDUNG

 

Der Pflegefonds soll den Mehraufwand der Länder und Gemeinden für die Pflege in Form von zweckgebundenen Bundeszuschüssen teilweise abdecken. Die Mittel aus dem Fonds werden zu 2/3 vom Bund und zu 1/3 von den Ländern aufgebracht  und dürfen ausschließlich für die Pflege, vorwiegend im nicht-stationären Bereich, verwendet werden. Der Pflegefonds sollte zu einer österreichweiten Harmonisierung im Bereich der Pflegedienstleistungen, auch im Bereich der Qualitätsstandards und der Versorgungsgrade beitragen.

Die Mittelaufteilung auf die Bundesländer erfolgt nach dem im jeweiligen Jahr geltenden Schlüssel der Wohnbevölkerung und in Form eines Vorwegabzugs beim Finanzausgleich. Die Aufteilung im Innenverhältnis zwischen Land und Gemeinden erfolgt nach tatsächlichen und nachgewiesenen Netto-Aufwendungen für Pflegedienstleistungen. Die Mittelweiterleitung an die Gemeinden erfolgt durch die Länder. Die Länder müssen einen Beleg über die Mehraufwendungen für die Sicherung der Pflegedienstleistungen in Form von Nettokosten belegen oder den Ausbau mit dem Verweis auf zusätzliche Leistungsstunden für mobile Dienste und das Case- und Caremanagement, zusätzliche Verrechnungstage für die stationäre Pflege, zusätzliche Besuchstage für teilstationäre Pflege und zusätzliche Plätze bei alternativen Wohnformen belegen. Können die Kosten für den Ausbau der Pflege- und Betreuungsdienstleistungen nicht belegt werden, so kann ein Bundesland nicht den vollen Zweckzuschuss aus dem Pflegefonds erhalten.

In einem jüngst präsentierten Bericht (Altenbetreuung in Kärnten und Tirol; Entwicklungen unter Berücksichtigung der Pflegereform 2011/2012) kommt der Rechnungshof zu dem Ergebnis, dass das österreichische Pflegesystem auf die demographischen Herausforderungen der Zukunft nicht vorbereitet ist.


Die Finanzierung sei, trotz Änderung von Teilaspekten durch die Schaffung des Pflegefonds, komplex und uneinheitlich. Der RH stellte weiters fest, dass der Anstieg der Pflegekosten zwischen 2008 und 2012 insgesamt weit höher ausgefallen ist, als von Finanz- und Sozialministerium prognostiziert wurde. In den näher untersuchten Bundesländern Kärnten und Tirol lag die Steigerung der Kosten drei bis viermal so hoch wie vom BMASK angenommen. Mittel- und langfristige Ausgabenplanungen der Länder sowie eine Abstimmung zwischen Ländern und Gemeinden betreffend die Bedarfsplanung für neue Heimplätze erscheinen mangelhaft. So wurden in Kärnten zwischen 2008-2012 rund 1.200 Heimplätze geschaffen. Zwischen 2010 und 2012 standen jedoch mehr als 400 Heimplätze leer.

Im Pflegefondsgesetz wurden erste Schritte hinsichtlich einer Bedarfsplanung geschaffen (Richtversorgungsgrad). Der RH kritisiert jedoch, dass die dass die Übernahme von Mehrkosten der Länder durch den Bund keinen Anreiz zur sparsamen Mittelverwendung setzt. Würde sich das Bundesland Kärnten weiterhin am Richtversorgungsgrad orientieren(55% ab 2016), so müsste es weiterhin Heimplätze schaffen. Das wäre, angesichts bereits leer stehender Plätze jedoch nicht sachgerecht.

Lt. Rechnungshof besteht daher das Risiko der Überversorgung. Das Prinzip ambulant vor stationär ist zwar als Ziel definiert, aber es wird zu wenig konsequent verfolgt. Zweckzuschüsse werden auch ausbezahlt, wenn 2014 od. 2016 auch nur eine Person mehr mobil betreut wurde als 2011 – ganz unabhängig davon wie stark stationär ausgebaut wurde.

Reformbedarf sieht der RH auch bei der Ausgestaltung des Richtversorgungsgrades. Dieser bezieht sich lediglich auf die Quote der Personen, die eine Leistung beziehen (mobil oder stationär). Es werden jedoch keinerlei Qualitätsvorgaben gemacht (z.B. Pflegepersonalschlüssel).

Weiters kritisiert der Rechnungshof, dass das Pflegefondsgesetz keinerlei Vorgaben zu den Tarifen in Pflegeheimen enthält. Dadurch entstehen für Pflegebedürftige Menschen große Unterschiede bei den Tarifen obwohl sie sich in der gleichen Pflegestufe befinden. Diese Unterschiede sind sachlich schwer begründbar.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    In welcher Höhe wurden Zweckzuschüsse aus dem Pflegefonds an die einzelnen Bundesländer im Jahr 2012 ausbezahlt?

2.    In welcher Höhe wurden Zweckzuschüsse aus dem Pflegefonds an die einzelnen Bundesländer im Jahr 2013 ausbezahlt?

3.    Gibt es Bundesländer, die ihren Zweckzuschuss für das Jahr 2012 sowie für das Jahr 2013 nicht ausgeschöpft haben und falls ja, wie hoch war  jeweils der nicht abgerufene Betrag?

4.    Wie viele betreute Personen gab es 2012 nach Bundesländern und Art der Pflege- und Betreuungsdienstleistung (Mobile Dienste, Stationäre Dienste, Teilstationäre Dienste, Kurzzeitpflege, alternative Wohnformen und Case- und Caremanagement) getrennt aufgelistet?

5.    Wie viele betreute Personen gab es 2013 nach Bundesländern und Art der Pflege- und Betreuungsdienstleistung (Mobile Dienste, Stationäre Dienste, Teilstationäre Dienste, Kurzzeitpflege, alternative Wohnformen und Case- und Caremanagement) getrennt aufgelistet?

6.    Wie viele Betreuungs/Pflegepersonen (Vollzeitäquivalente) gab es 2012 nach Bundesländern und Art der Pflege- und Betreuungsdienstleistung (Mobile Dienste, Stationäre Dienste, Teilstationäre Dienste, Kurzzeitpflege, alternative Wohnformen und Case- und Caremanagement) getrennt aufgelistet?

7.    Wie viele Betreuungs/Pflegepersonen (Vollzeitäquivalente) gab es 2013 nach Bundesländern und Art der Pflege- und Betreuungsdienstleistung (Mobile Dienste, Stationäre Dienste, Teilstationäre Dienste, Kurzzeitpflege, alternative Wohnformen und Case- und Caremanagement) getrennt aufgelistet?

8.    Für die Jahre 2011 bis 2013 ist ein Richtversorgungsgrad von 50 vH im Pflegefondsgesetz festgelegt. Wie hoch war der Versorgungsgrad in den einzelnen Bundesländern in den einzelnen Jahren 2011, 2012 und 2013?

9.    Wie hoch waren die Bruttoausgaben der Bundesländer für Pflege- und Betreuungsdienste im Jahr 2012 nach Bundesländern und Art der Pflege- und Betreuungsdienstleistung (Mobile Dienste, Stationäre Dienste, Teilstationäre Dienste, Kurzzeitpflege, alternative Wohnformen und Case- und Caremanagement) getrennt aufgelistet?

10. Wie hoch waren die Bruttoausgaben der Bundesländer für Pflege- und Betreuungsdienste im Jahr 2013 nach Bundesländern und Art der Pflege- und Betreuungsdienstleistung (Mobile Dienste, Stationäre Dienste, Teilstationäre Dienste, Kurzzeitpflege, alternative Wohnformen und Case- und Caremanagement) getrennt aufgelistet?

11. Wie hoch waren die Nettoausgaben der Bundesländer für Pflege- und Betreuungsdienste im Jahr 2012 nach Bundesländern und Art der Pflege- und Betreuungsdienstleistung (Mobile Dienste, Stationäre Dienste, Teilstationäre Dienste, Kurzzeitpflege, alternative Wohnformen und Case- und Caremanagement) getrennt aufgelistet?

12. Wie hoch waren die Nettoausgaben der Bundesländer für Pflege- und Betreuungsdienste im Jahr 2013 nach Bundesländern und Art der Pflege- und Betreuungsdienstleistung (Mobile Dienste, Stationäre Dienste, Teilstationäre Dienste, Kurzzeitpflege, alternative Wohnformen und Case- und Caremanagement) getrennt aufgelistet?


13. Gibt es Bundesländer deren Nettoausgaben im Jahr 2012 bei den einzelnen Pflege- und Betreuungsdienstleistungen im Vergleich zu 2011 gesunken sind? Falls ja, um welche Bundesländer und welche Pflege- und Betreuungsdienste handelt es sich?

14. Haben alle Bundesländer Ihrem Ressort für das Jahr 2012 vorzulegende Sicherungs-, Aus- und Aufbaupläne fristgerecht übermittelt?

15. Wurde überprüft, ob die für das Jahr 2012 geplanten Sicherungs-, Aus- und Aufbaumaßnahmen bei den einzelnen Pflege- und Betreuungs-dienstleistungen in der 2011 gemeldeten Form umgesetzt wurden? Falls nein, warum nicht? Falls ja, wie hoch war der Umsetzungsgrad nach Bundesländern?

16. Wie wird überprüft, ob die Zweckzuschüsse aus dem Pflegefonds sowohl von den Ländern als auch den Gemeinden entsprechend ihrer Widmung verwendet werden und nicht überwiegend für den stationären Bereich?

17. Wenn nach Berücksichtigung der Mehrausgaben im nichtstationären Bereich, noch Zweckzuschussanteile offen sind, haben die Länder nicht Möglichkeit auch nachgeordnet die offenen Mittel für Maßnahmen im stationären Bereich heranzuziehen. Welche Bundesländer haben in den Jahren 2011 und 2012 von der Möglichkeit Gebrauch gemacht? Mittel in welcher Höhe wurden jeweils nachgeordnet dem stationären Bereich zugeführt?

18. Laut Regierungsprogramm ist eine Weiterentwicklung des Pflegefonds geplant. Welche konkreten Schritte wollen sie ergreifen?

19. Inwieweit berücksichtigt die Weiterentwicklung die Empfehlungen des RH hinsichtlich Vorgaben bei Bedarfsplanung, Tarifhöhe und Personalschlüssel?

20. Es wird angedacht die 24-Stunden-Betreuung in den Pflegefonds überzuführen. Im Ausschuss erwähnten sie große rechtliche Herausforderungen. Können Sie das bitte genauer erläutern?

21. Inwieweit ist geplant den Richtversorgungsgrad im Pflegefondsgesetz an Qualitätsvorgaben zu knüpfen?

22. Inwieweit ist geplant im Pflegefondsgesetz Vorgaben zu den Tarifen in Pflegeheimen zu machen?

23. Inwieweit ist geplant auch unterstützende Leistungen für pflegende Angehörige  (Beratung/ Unterstützung/ Entlastung) in den Pflegefonds aufzunehmen?

24. Die Mittelverteilung erfolgt derzeit nach der Wohnbevölkerung. Welche Argumente sprechen dagegen die Mittelverteilung nach dem Anteil der älteren Menschen an der Wohnbevölkerung vorzunehmen?

25. Inwieweit ist es Ziel, im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen auch von Bundesseite darauf Einfluss zu nehmen, dass Mittel für die Pflege effizienter eingesetzt werden. Können wir es uns in Zeiten der hohen Ausgabensteigerung für die Pflege leisten, dass Heimplätze geschaffen werden, die dann leer stehen?


26. Für die Verlängerung des Pflegefonds sind 2017 und 2018 jeweils 350 Mio Euro vorgesehen.  Laut Ländervertretern klafft bereits in diesen Jahren eine Lücke von 200 Mio Euro. Ist es aus ihrer Sicht möglich mit jährlich 350 Mio die Kostensteigerungen zu bewältigen? Wird der Bund seine Zuschüsse bei Bedarf erhöhen?

27. Wie soll aus Ihrer Sicht die Pflegefinanzierung ab 2019 abgesichert sein?

28. Wann findet das erste Gespräch mit den Ländern betreffend Pflege-Finanzierung statt?