2303/J XXV. GP

Eingelangt am 13.08.2014
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Anfrage

 

der Abgeordneten Steinbichler, Dietrich

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft

betreffend „Milchquote in Österreich“

 

Eine Studie der Universität für Bodenkultur Wien erklärt das österreichische Milchquotensystem folgendermaßen:

 

„Österreich führte 1978 ein Quotensystem für Rohmilch ein und war damit nach der Schweiz eines der ersten Länder in Europa. Jeder Milchlieferant erhielt Lieferrechte auf Grundlage historischer Referenzmengen. Jene Anlieferungsmilchmengen, welche die Quotenzuteilung überschritten, wurden mit Strafzahlungen, der heute so genannten „Überschussabgabe“ belegt. Die EG folgte 1984 mit einem ähnlichen System, gezwungen durch die hohen Kosten der Marktintervention, das Versagen der alternativen „Mitverantwortungsabgabe“ sowie die Kritik an der Störung des Weltmarktes durch gestützte Exporte (Europäische Kommission, 2002). Mit den Reformen der Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) wurden und werden die politischen Marktinterventionen vor allem auch im Milchsektor schrittweise verringert.“1

 

Im Tätigkeitsbericht der Landwirtschaftskammer für das Jahr 2013/14 heißt es:

 

„Das Milchquotensystem läuft per 1. April 2015 aus. Für den Milchmarkt gibt es anstelle der vom Europäischen Parlament angestrebten freiwilligen Lieferrücknahme gegen Kompensation eine politische Willensbekundung, weitere Maßnahmen für den Milchmarkt im Sinne einer Krisenvorsorge beschließen zu wollen.“[1]

 

Weiters wird im Bericht festgestellt:

 

„In Österreich ist die Anlieferung 2013 nach den deutlichen Steigerungen in den Vorjahren nicht mehr weiter gewachsen, jedoch waren in den ersten Liefermonaten 2014 wieder deutliche Steigerungen festzustellen. Österreich zählt damit neben den Niederlanden, Dänemark, Deutschland und Polen weiter zu den wenigen Mitgliedsländern, die ihre nationale Milchquote noch ausschöpfen und teilweise auch überliefern.“[2]

 

Im Bericht „EU Jahresvorschau des Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft“ finden wir auf der Seite zum Thema Milchwirtschaft folgendes:


„Durch den Quotenauslauf 2015 ist die Milchproduktion in den Berggebieten am meisten gefährdet. Die Gründe dafür liegen in der kostenintensiven Produktion und Milchsammlung. Auf diese Herausforderung gibt es rechtzeitig Antworten zu finden.“

 

Auf der Website der AMA ist folgendes zu lesen:

 

„Die Milchquotenregelung wurde eingeführt, um dem Überangebot an Milch- und Milchprodukten am Markt entgegenzusteuern und den Marktpreis zu stabilisieren. Jedem milcherzeugenden Betrieb wurde eine einzelbetriebliche Quote zugeteilt, die Voraussetzung für die Lieferung bzw. Vermarktung von Milch- und Milchprodukten ist.“

 

Gemäß § 10 Abs. Marktordnungsgesetz 2007 kann eine „zeitweilige Übertragung (Quotenleasing) der einzelbetrieblichen Quote“ sowie eine Verpachtung der Milchquote  erfolgen, was nichts anderes bedeutet, dass Milchquoten damit als handelbares Gut definiert werden.

 

Weiters wurde der Kauf der Milchquote von Betrieb zu Betrieb akzeptiert. Durch die Beratung der Interessensvertretung wurde der Kauf der Milchquote mit dem Argument der Zukunftssicherung befürwortet, was zu einem gewaltigen Preisanstieg führte.

Darüber hinaus wurde von einigen Banken in der Vergangenheit die Milchquote als Kreditbesicherung. akzeptiert.

 

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Führt die AMA ein Verzeichnis der Direktverkäufe von Milchquoten?

a.    Wenn ja, wieviel Direktverkäufe wurden in den letzten fünf Jahren getätigt und wie groß ist das Gesamtausmaß dieser Verkäufe zu beziffern?

b.    Wenn nein, warum nicht?

 

2.    Können Sie ausschließen, dass die AMA für die Vermittlung von Milchquotenverkäufen Entgelt erhält bzw. erhalten hat?

a.    Wenn ja, worauf begründet sich Ihre Annahme?

b.    Wenn nein, wie hoch ist dieses Entgelt im Einzelfall bemessen und auf welche Summe beläuft sich dieses für die AMA seit der Einführung der Milchquotenregelung?

 

3.    Sehen Sie bzw. Ihr Ressort in der ordnungsgemäß zugeteilten Milchquote ein Eigentum des jeweiligen landwirtschaftlichen Betriebes?

a.    Wenn ja, welche Konsequenzen sind mit Auslaufen der Quote für die landwirtschaftlichen Betriebe zu erwarten und werden von Seiten Ihres Ressorts Überlegungen hinsichtlich etwaiger Entschädigungen/alternativer Weiterführungen angestellt?

b.    Wenn nein, warum konnten Landwirte ihre Quote verkaufen, warum wurden ungenutzte Kontingente nicht in die nationale Quote rückgeführt und welche rechtlichen Grundlagen sind aus Ihrer Sicht beim Verkauf von Milchquoten anzuwenden?

c.    Sollte es kein Eigentumsrecht sein, welchen rechtlichen Status genießt die Milchquote?

 

4.    Wie ist die Stellung des Landwirts (Milchquoteninhabers) gegenüber der Molkerei rechtlich bis 30. März 20015 bzw. ab 1. April 2015 zu bewerten? Dies in Anbetracht der Tatsache, dass

a.    Landwirte nur mit einem aufrechten Lieferertrag Rohmilch abliefern konnten und analog zur Größe ihrer jeweiligen A-Quote dafür zwangsweise Genossenschaftsanteile zeichnen mussten,

b.    Landwirte als Zwangsgenossenschafter mit einem Mehrfachen ihres Genossenschaftsanteils für die jeweilige Molkerei haften müssen und

c.    Landwirte nach Verkauf ihrer A-Quote und Ausstieg aus der Molkerei auf die Rückzahlung ihres zumeist zinsenlosen Zwangsgenossenschaftsanteils oft bis zu drei Jahren warten müssen.

5.    Wie beurteilen Sie den Umstand als Mitglied der österreichischen Bundesregierung, dass Milchquoten von Banken als Kreditbesicherung akzeptiert wurden sowie auch bei bilanzierenden Betrieben in den Bilanzen entsprechend dargestellt werden?

a.    Wie ist dieser Umstand aus Ihrer Sicht in Zusammenhang mit dem „Bostock-Urteil“ des EU-GH aus 1994 zu beurteilen?

b.    Können Sie als zuständiges Regierungsmitglied die Rechtsfolgen für die Betroffenen unter besonderer Berücksichtigung des „Bostock-Urteils“ und der o.a. Kreditbesicherungen skizzieren?

 

6.    Ist die Milchquote (mit oder ohne Lieferrecht) ein wertmäßig taxiertes Eigentum, das den Milchbauern mit 1. April 2015 verlustig geht?

a.    Wenn ja, wie beurteilen Sie als zuständiges Regierungsmitglied diesen Umstand?

b.    Wenn nein, aufgrund welcher Überlegungen und Daten kommen Sie zu dieser Ansicht?

 

7.    Sind Sie der Ansicht, dass das Ende des Milchquotenregimes einer Enteignung gleichkommt?

a.    Wenn ja, welche Maßnahmen werden Sie setzen, um dieser Enteignung entgegen zu wirken?

b.    Wenn nein, welche Überlegungen und Fakten veranlassen Sie zu dieser Ansicht?

 

8.    Wer muss aus Ihrer Sicht bzw. aus Sicht Ihres Ressorts die Milchbauern als Eigentümer der ab 1. April 2015 abgeschafften Milchquoten entschädigen?

 

9.    Landwirte, die aufgebaut und investiert haben, wurden in Vergangenheit durch Milchquotenzukaufkosten, Strafzahlungen und notwendige Betriebsmittelkredite massiv belastet. Mit dem Auslaufen der Quotenregelung werden diese Landwirte quasi dem freien Markt „ausgeliefert“ ohne zu wissen, ob sie Unterstützung von Seiten der Bundesregierung erwarten dürfen. Welche Unterstützungsmaßnahmen sind ungeachtet der Eigentumsdefinition der Milchquoten von Seiten Ihres Ressorts für die Milchbauern geplant?

 

10.  Die o.a. Studie der BOKU Wien sagt u.a. aus, dass ab dem 1. April 2015 kein österreichweites einheitliches privates Mengenmanagement betreffend Milchproduktion und Milchabsatz zu erwarten ist. Welche Vorgehensweise präferieren Sie hinsichtlich eines künftigen Mengenmanagements?

a.    Welche potentiellen Probleme werden sich aus Ihrer  bzw. aus Sicht Ihres Ressorts für die Landwirte und milchproduzierenden Betrieben ergeben?

 

11.  Wurde schon eine Lösung für die im Bericht des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft erwähnte Herausforderung nach Ablauf der Milchquote (Benachteiligung der Bergmilchproduktion) gefunden?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nicht, bis wann soll eine Lösung gefunden werden?

c.    Wer wurde mit der Lösungsfindung beauftragt?

 

 



[1] LK-Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 43

[2] Ebda, S.79