2306/J XXV. GP

Eingelangt am 18.08.2014
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage 

der Abgeordneten Werner Kogler, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

betreffend CETA - Keine Sonderklagsrechte für Konzerne

BEGRÜNDUNG

 

Am 5.8.2014 erhielt der Nationalrat den Vertragsentwurf über ein Handelsabkommen der EU mit Kanada (CETA). In diesem Vertrag, der mit dem engeren Vertragstext und seinen Anhängen ca. 1500 Seiten umfasst, sind u.a. Investitionsschutz-Klauseln für Investoren vorgesehen, die diesen Sonderklagsrechte gegen Staaten einräumen. Wie diverse Klagen vor nicht demokratisch-legitimierten Schiedsgerichten in den letzten Jahren zeigen, stellen Investitionsschutz-Bestimmungen ein Einfallstor für Klagen von Investoren gegen demokratisch zustande gekommene Regulierungen und Verfahren im Interesse der Allgemeinheit dar (z.B. Klage von Vattenfall gegen Atomausstieg Deutschlands). Trotz Beteuerungen der Europäischen Kommission durch Handelskommissar Karel de Gucht[1], dass CETA klare und eindeutige Klauseln gegen diese Art des Missbrauchs von Investoren-Klagen enthalten werde, finden sich diese im vorliegenden Vertragstext nicht. 

Bundeskanzler Faymann hat in der Kronenzeitung vom 27.3.2014 in Bezug auf das derzeit verhandelte EU-USA-Freihandelsabkommen (TTIP) gemeint. "Spezielle Investitionsschutzvorschriften sind nicht erforderlich. Die EU und die USA haben einen sehr guten Rechtsschutz. Schiedsgerichte sind nicht dazu da, um über die Hintertür soziale und umweltpolitische Standards auszuhöhlen." Gleiches gilt wohl für Kanada, das ebenso über ein hochentwickeltes Justizsystem mit Instanzenzug verfügt. Insofern besteht keine Notwendigkeit, Investitionsschutzbestimmungen in CETA zu verankern.


Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1)    Wann wurde in welchem EU-Gremium das Mandat an die Europäische Kommission zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit Kanada (CETA) erteilt?

2)    Hat die Bundesregierung diesem Verhandlungsmandat zugestimmt?

3)    Durch wen war Österreich in dieser Sitzung vertreten?

4)    Was waren die Inhalte des Verhandlungsmandats?

5)    Waren Investitionsschutzklauseln und entsprechende Streitbeilegungsverfahren (ISDS) Teil des Verhandlungsmandats?

6)    Welche Position hat Österreich bei Erteilung des Verhandlungsmandats zu ISDS vertreten?

7)    Welche Position hat Österreich auf EU-Ebene im Laufe der CETA-Verhandlungen zu ISDS vertreten?

8)    Welche Position hat Österreich bei der Debatte zu CETA beim Rat der Handelsminister am 8.5.2014 vertreten?

9)    Gab es bei diesem EU-Rat strittige Punkte zwischen den EU-Mitgliedstaaten?

a.     Wenn ja, welche?

b.    Welche Position vertrat Österreich dazu?

10) Wie hat sich Österreich bei diesem Rat hinsichtlich der Frage der Investitionsschutzbestimmungen positioniert?

a.    Falls die Position zustimmend war, aufgrund welcher Argumente?

b.    Falls die Position ablehnend war, aufgrund welcher Argumente?

11) Sind Sie der Meinung, dass sowohl die EU als auch Kanada über hochentwickelte Justizsysteme verfügen, so dass Investoren keine besonderen Schutzbestimmungen brauchen?

a.    Wenn nein, weshalb?

12) Zu welchem Ergebnis sind Sie nach Prüfung des vorliegenden Vertragstexts durch die Bundesregierung gelangt?

13) Wie waren die Sozialpartner in diese Prüfung involviert?

14) Welche Positionen haben die jeweiligen Interessenvertreter in diese Prüfung eingebracht?

15) Sind darüber hinaus andere AkteuerInnen in die Prüfung einbezogen worden?

a.    Wenn ja, welche?

16) Werden Sie dem vorliegenden Vertrag ihre Zustimmung geben?

a.     Wenn ja, weshalb?

b.    Wenn nein, warum nicht?

17) Wird die Bundesregierung dem vorliegenden Vertrag ihre Zustimmung im Rat der EU geben?

a.     Wenn ja, weshalb?

b.    Wenn nein, warum nicht?

18) Welche Mehrheit ist im Rat der EU für die Zustimmung erforderlich?

19) Werden Sie sich auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass der Vertrag bzw. Teilbereiche des Vertrags nachverhandelt werden?

a.    Wenn ja, in welchen Bereichen?

b.    Wenn nein, weshalb?

20) Wie beurteilen Sie Kapitel 10 über Investitionsschutz und entsprechende Streitbeilegungsverfahren (ISDS) im vorliegenden Vertragstext?

a.    Welche Probleme und Gefahren sehen Sie?

21) Werden Sie sich auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass ISDS aus dem Vertrag gestrichen wird?

a.    Wenn nein, weshalb?

22) Wie beurteilen Sie die Klauseln zur fairen und angemessenen Behandlung („fair and equitable treatment“) im Kapitel 10?

23) Welcher Interpretationsspielraum wird den Schiedsgerichten zur Beurteilung der Frage, was fair und angemessen ist, eingeräumt?

a.    Wie beurteilen Sie diesen Interpretationsspielraum?

24) Ist die Definition im Vertragstext, was fair und angemessen ist, aus ihrer Sicht ausreichend?

a.     Wenn ja, weshalb?

b.    Wenn nein, weshalb?

25) Welche Maßnahmen gelten in CETA als nicht fair und nicht angemessen?

a.    Wie steht es in diesem Zusammenhang mit manifester Willkür?

b.    Handel es sich bei dieser Aufzählung um eine demonstrative oder abschließende Liste?

c.    Wie beurteilen Sie diese Sachverhalte?

26) Wie wird im Vertragstext sichergestellt, dass die Klauseln der fairen und angemessenen Behandlung kein Einfallstor für Klagen gegen demokratisch zustande gekommene Regulierungen und Verfahren im Interesse der Allgemeinheit sind?

a.    Sind die entsprechenden Definitionen im Abkommen ausreichend, um den geschilderten Sachverhalt zu verhindern?

b.    Wenn ja, weshalb?

c.    Wenn nein, weshalb?

27) Welches Prozedere ist vorgesehen, um nähere Bestimmungen über die Anforderungen an faires und angemessenes Verhalten vorzusehen?

a.    Wie beurteilen Sie dieses?

b.    Welche Gefahren sehen Sie, wenn die Definition näherer Bestimmungen an zwei Komitees ausgelagert werden soll?

28) Welche Regelungen enthält der Vertrag hinsichtlich enttäuschter Erwartungen von Investoren? Wie beurteilen Sie diese?

29) Kann durch die oben genannte Regelung ausgeschlossen werden, dass Konzerne staatliche Stellen im Falle des Erweckens von Erwartungen durch Versprechen, die politisch nicht eingelöst werden, klagen können? 

a.    Wenn nein, weshalb?

b.    Wie beurteilen Sie diesen Sachverhalt?

30) Wie ist die Frage des Schutzes vor Enteignung geregelt? Wie beurteilen Sie diese?

31) Könnten regulatorische Maßnahmen als Enteignung gelten?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wie beurteilen Sie diese Möglichkeit?

32) Sind auch indirekte Enteignungen als Möglichkeit für Klagen von Konzernen vorgesehen?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wie beurteilen Sie diese Möglichkeit?

33) Wie sieht die Missbrauchsklausel hinsichtlich Klagen gegen demokratisch-legitimierte politische Entscheidungen aus?

a.    Ist diese klar und unmissverständlich formuliert?

b.    Lässt diese Klausel Spielraum für etwaige Klagen von Konzernen gegen demokratisch zustande gekommene Regulierungen und Verfahren im Interesse der Allgemeinheit? Wenn ja, in welcher Hinsicht?

c.    Sehen Sie mögliche Gefahren des Missbrauchs von Klagemöglichkeiten für Konzerne?

d.    Wie beurteilen Sie diese?

34) Wie soll die Transparenz der Schiedsgerichtsverfahren sichergestellt werden? Ist diese aus Ihrer Sicht ausreichend, um den Prozess und die Entscheidungen der Verfahren in der Öffentlichkeit nachvollziehen zu können?

35) Sind Berufungsmöglichkeiten vorgesehen?

a.     Wenn ja, in welcher Form?

b.    Wenn nein, warum nicht?

36) Handelt es sich bei CETA um ein gemischtes Abkommen, das auch einer Ratifikation im ö. Nationalrat bedarf?

a.    Wenn ja, wann ist diese geplant?

37) Wie sieht der Zeitplan für die Ratifikation sowohl durch den Rat der EU als auch durch das Europäische Parlament aus?



[1] http://www.theguardian.com/commentisfree/2013/dec/18/wrong-george-monbiot-nothing-secret-eu-trade-deal