2387/J XXV. GP

Eingelangt am 15.09.2014
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kollegin und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend den Finanzausgleichsverhandlungen

 

Das aktuelle Regierungsprogramm hat sich unter anderem eine Neuverhandlung des Finanzausgleichsgesetzes zur Aufgabe macht. Das derzeit gültige FAG aus dem Jahre 2008 wird bis einschließlich 2016 verlängert, was insofern problematisch ist, als dass dringend notwendige Reformen nach hinten verschoben werden. Abgesehen vom Aufschub der Verhandlungen und der Verlängerung des bestehenden FAG stellt sich auf Grund von Kritik seitens Expert_innen die Frage, ob die Verhandlungen zum neuen FAG solche Reformen thematisieren werden, die schon bei den letzten Verhandlungen zum FAG 2008 nicht umgesetzt wurden. Zentrale Defizite sind unter anderem die große Diskrepanz zwischen Finanzierungs- und Aufgabenverantwortung, unübersichtliche Mischfinanzierung und die hohe Transferabhängigkeit der Länder. In einem 2011 veröffentlichten Endbericht zu Reformstrategien in Bezug auf den Finanzausgleich (Technische Universität Wien (u.a.): Reformoptionen und Reformstrategien) wird eine verstärkte Abgabenautonomie und ein verminderter Steuerverbund als Option aufgezeigt, außerdem eine stärkere Zielorientierung eingefordert. Wissenschaftlicher Konsens besteht insbesondere in Bezug auf die verstärkte Abgabenautonomie der subnationalen Gebietskörperschaften sowie auf die verstärkte Verknüpfung von Finanzierungs- und Ausgabenverantwortung. Auf Grundlage dieser Studien wären massive Strukturreformen, insbesondere in Bezug auf den vertikalen Finanzausgleich, denkbar.

Im Regierungsprogramm sind folgende Punkte als Richtlinien für die Verhandlungen angeführt:

"Folgende Eckpunkte sind jedenfalls zu beachten:

(...)

·        Transparenz in den Finanzströmen: Entflechtung der Aufgaben, Mischfinanzierungen und Transfers;

·        Aufgabenadäquate Mittelausstattung: Die Verteilung der Finanzmittel auf die einzelnen Gebietskörperschaften hat unter Berücksichtigung der jeweils zu tragenden Aufgaben und Zielorientierung stattzufinden;


·        Doppelgleisigkeiten: Die Aufgabenverteilung und Aufgabenerfüllung der Gebietskörperschaften ist zu prüfen. Effizienzsteigerungen durch Beseitigung von Doppelgleisigkeiten sind zu realisieren."

Zwar werden im Regierungsprogramm die weiter oben ausgeführten Defizite thematisiert, jedoch nicht ausreichend konkret, um abschätzen zu können, welche Reformstrategien das BMF hinsichtlich der anstehenden Verhandlungen zum neuen FAG verfolgen wird. Gerade in den Bereichen Wohnbauförderungen, Familienleistungen, Gesundheit, Förderungen oder Gemeindekooperationen bleibt offen, welche Maßnahmen gesetzt werden, um dem Anspruch auf Beseitigung von Doppelgleisigkeiten und erhöhter Transparenz gerecht zu werden.

 

 

 

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende

Anfrage:



1.    Wann beginnen die Verhandlungen zum FAG 2016 und welche Verhandlungspartner werden maßgeblich beteiligt sein?

2.    Inwiefern werden Interessenvertreter, Anspruchsgruppen und Sozialpartner in die Verhandlungen eingebunden?

3.    Welche Expert_innen welcher Institutionen werden in die Verhandlungen beratend tätig sein?

4.    In welcher Form werden die jeweiligen Fachministerien in die Verhandlungen miteinbezogen?

5.    Gibt es seitens des Finanzministeriums einen Zeitplan zu den einzelnen Verhandlungsgegenständen?

6.    Wenn ja, kann das BMF einen Zeitplan, aufgeschlüsselt nach Etappenzielen sowie des dafür veranschlagten Zeitraums, zur Verfügung stellen?

7.    Welche grundlegenden organisatorischen Veränderungen denkt das BMF an, um bei den anstehenden Verhandlungen umfassendere Reformen umsetzen zu können, als dies bei den Verhandlungen zum FAG 2008 der Fall war?

8.    Denkt das Finanzministerium an, in öffentlichen Veranstaltungen die laufenden Verhandlungen und deren (Zwischen-)Ergebnisse zu thematisieren?

9.    Plant das BMF Infokampagnen zum Thema Finanzausgleich, um die Bürger_innen umfassend zu diesem Thema zu informieren?

10. Wird das BMF Zwischenberichte zum Verhandlungsstand veröffentlichen?

11. Inwiefern werden die Studien, die vom BMF zur Reform des Finanzausgleiches in Auftrag gegeben wurden, als Verhandlungsgrundlage herangezogen?1

12. Plant das BMF, weitere Studien und Gutachten zur Reform des Finanzausgleichs in Auftrag zu geben und wenn ja, welche Reformoptionen sollen weitergehend evaluiert werden?


13. Wird sich das Finanzministerium als Verhandlungspartner für die verstärkte Abgabenautonomie der subnationalen Gebietskörperschaften einsetzen?

14. Wenn ja, in welcher Form soll verstärkte Abgabenautonomie - vor allem in Hinblick auf die Länder - realisiert werden?

15. Wenn nein, mit welcher Begründung?

16. Wie schätzt das BMF nach derzeitigem Stand das Effizienzpotential von verstärkter Abgabenautonomie ein?

17. Welche Maßnahmen wird das BMF in den FAG Verhandlungen vorschlagen, um Überschneidungen zwischen den Gebietskörperschaften in Bezug auf bestehende familienbezogenen Leistungen und Förderungen zu bereinigen?

18. Wird das Finanzministerium als Verhandlungspartner im Rahmen des Finanzausgleichs für neue Rahmenbedingungen in Bezug auf die Zweckwidmung der Wohnbauförderungsbeiträge aus den Lohnnebenkosten und der Rückflüsse aus Wohnbauförderungsdarlehen eintreten?

19. Wenn ja, hat das BMF konkrete Pläne zur Gestaltung dieser Rahmenbedingungen und wie sehen diese aus

20. In welchem Ausmaß gibt es derzeit Zuschüsse aus dem Bundesbudget zur Wohnbauförderung in den Ländern?

21. Sieht das BMF Handlungsbedarf in Bezug auf die Transfers zwischen den Gebietskörperschaften im Gesundheitsbereich?

22. Wenn ja, welche Maßnahmen sind hier angedacht und welche Reformen werden innerhalb der anstehenden FAG Verhandlungen vom BMF vorgeschlagen?

23. Wenn ja, welche Studien und Berichte werden hierfür als Grundlage herangezogen?

24. Wenn nein, auf Grundlage welcher Studien und Berichte erachtet das BMF die derzeitige Finanzierungs- und Aufgabenverteilung zwischen den Gebietskörperschaften im Gesundheitsbereich als effizient?

25. Worin liegt der Sinn, gerade im Gesundheits-, aber auch im Familienbereich die Transfers zwischen den Gebietskörperschaften über 15a Vereinbarungen festzulegen, wenn dadurch doch die Unüberschaubarkeit der Transfers steigt?

1) IHS – Institut für Höhere Studien (u.a.): Verstärkte Aufgabenorientierung
WIFO – Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung (u.a.): Gemeindestruktur und Gemeindekooperation
KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung (u.a.): Transfers und Kostentragung
Technische Universität Wien (u.a.): Reformoptionen und Reformstrategien
Achatz: Zur Stärkung der Abgabenautonomie subnationaler Gebietskörperschaften (der Länder)