2480/J XXV. GP

Eingelangt am 24.09.2014
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten DI Gerhard Deimek

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Justiz

 

betreffend ROCO Modelleisenbahnen – jahrelanges Verfahren ohne Ende – undurchsichtige Rolle Raiffeisenverband Salzburg – Verhalten der Justiz

 

 

Im Jahr 2002 verkaufen die damaligen Eigentümer, d.h. die Salzburger Gründerfamilie, die gesamte ROCO-Gruppe (Nr.2 weltweit bei Modelleisenbahnen) mit 800 Mitarbeitern, Standorten in Österreich, Deutschland und Slowakei und 35 Mio. Euro Umsatz an Peter Maegdefrau. Kreditgeber bei dieser Transaktion war der Raiffeisenverband Salzburg (RVS).

Nach drei Jahren intensiver Sanierung und gleichzeitigem Umsatzwachstum auf ca. € 43,0 Mio. kam es zu einem durch den RVS provozierten Bruch der Grundsatzvereinbarung vom 29. April 2005 und damit zum Bruch aller auf Basis der Grundsatzvereinbarung bis Mai 2005 geschlossenen Verträge bzgl. Kredite, Sicherheiten, Verkaufsvollmacht, Stimmrechtvollmacht RVS inklusive einem Hinausdrängen von Peter Maegdefrau durch Raiffeisen Salzburg und in Folge zu einem bewusst angestrebten und in Kauf genommenen Konkurs von ROCO.

Nach einem Verlust von 3 Millionen Euro für die Lieferanten und der Kündigung von 300 Mitarbeitern werden die Vermögenswerte von ROCO (Wert ca. € 72 Millionen) um Null Euro über eine Zwischenfirma in eine Raiffeisen Privatstiftung eingebracht, der Insolvenzentgeltfonds übernimmt für Raiffeisen die Löhne und Abfindungen mit gut € 9 Millionen.

Bereits wenige Monate später, im Jahr 2006, gibt es den Versuch des RVS, ROCO gewinnbringend an Investoren zu verkaufen, was aber nicht gelingt.

Von 2005 bis 2013 erwirtschaftet ROCO ein Betriebsergebnis EBITDA von ca. € 50,0 Mio., inkl. ca. € 8,0 Mio. Zinsen. Die RVS-Beteiligungsfirmen Tinca Beteiligungs GmbH und Mittelstandsbeteiligungs GmbH (ehemals Zukunft Land Salzburg AG), die der RVS bereits 2002 - 2005 Peter Maegdefrau aufzwingen wollte, halten heute 9 Mio Euro Genussrechtskapital an ROCO und lukrieren damit jährlich satte Gewinnbeteiligungen.

Experten, die im Zuge des Konkurses aufgetauchte Dokumente prüfen, bestätigen Unregelmäßigkeiten seitens der geldgebenden und unternehmensübernehmenden Bank sowie den bewusst angestrebten und wissentlichen Bruch von Verträgen.

Im Jahr 2012 wurden 13 Strafanzeigen durch den heutigen Justizminister geprüft, (der ebenfalls unrechtmäßiges Handeln bestätigt hat), worauf die Wiener Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen 11 Verdächtige eröffnet, das die Salzburger Staatsanwaltschaft nach 3 Monaten ohne Ermittlungen einstellt.

Ein Schadensersatzprozess gegen Raiffeisen um rund 39 Mio. Euro wurde von der Justiz ebenso abgedreht. Angebliche Ermittlungen wurden über Jahre ausgedehnt. Ein Ende des Verfahrens, Rückgabe aller Vermögenswerte, oder ein Vergleich zwischen dem RVS und Peter Maegdefrau sowie insbesondere eine Einvernahme von Peter Maegdefrau, der offene Fragen mit Vorlage von Beweisen aufklären bzw. zu deren Beantwortung beitragen könnte, durch die Justizbehörden, stehen bis heute trotz Unterstützung aus dem ROCO-Umfeld seitens ehemaligen ROCO-Betriebsrates aus.

Seit 13.6.2014 laufen im Zusammenhang mit ROCO und den anhängigen Verfahren offensichtlich gesonderte Prüfungen der Oberstaatsanwaltschaft Großverfahren/ berichtspflichtige Verfahren im Bundesministerium für Justiz (AZ: BMJ-4035888/0006-IV 5/2014) wegen Verdacht des Amtsmissbrauchs gegen StA Salzburg, Landesgericht Salzburg und Oberlandesgericht Linz.

Weitere Anträge (AZ: BMJ-4035888/0009-IV 5/2014) hat Peter Maegdefrau dem Justizminister geschickt, die seit über zwei Monaten ohne erkennbare Bearbeitung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz liegen.

Versuche, zwischen der seinerzeitigen Hausbank Raiffeisen und Peter Maegdefrau einen Vergleich zu erreichen, mit dem beide Seiten leben können und der zu einem Ende dieses jahrelangen Rechtsstreits führen würde, waren trotz diverser Verhandlungsrunden mit unterschiedlicher Zusammensetzung und Verhandlungspartner und trotz anfänglicher positiver Signale seitens des RVS bislang nicht erfolgreich.

Die Rolle des RVS im Fall ROCO ist undurchsichtig und im Nachhinein scheint es so, dass die Übernahme von ROCO durch RVS, einer vom RVS und RVS-Tochterfirmen errichteten Stiftung, RVS-Mitarbeitern und heutigen ROCO-Eigentümern gezielt erfolgt ist, ohne Rücksicht auf die ROCO-Mitarbeiter und insbesondere ohne jede Rücksicht auf Peter Maegdefrau samt seiner wirtschaftlichen und finanziellen Situation.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Justiz folgende

 

 

ANFRAGE

 

1.     Wie ist der augenblickliche Stand der jeweils anhängigen Verfahren im ROCO-Umfeld?

2.     Weshalb wurde Peter Maegdefrau, als ehemaliger Geschäftsführer und Alleineigentümer von ROCO bislang von den Justizbehörden nicht einvernommen?

3.     Bis wann und wo ist seitens der Justiz geplant, Peter Maegdefrau umfassend einzuvernehmen?

4.     Aus welchen Gründen wurde vielmehr seitens der Justizbehörden eine Einvernahme von Peter Maegdefrau, der mehrmals samt Unterlagen bei den zuständigen Justizbehörden vorgesprochen hat und mehrmals Anträge stellte, verweigert?

5.     Weshalb sind die Anträge (nach §78 Strafprozessordnung „Opferschutz“) von Peter Maegdefrau vom 2. Juli 2014 (Beschlagnahme ROCO-Vermögen, Untersuchungshaft für diverse Personen, Hausdurchsuchungen bei Raiffeisen u.a., Kontenöffnungen bei ROCO und bei Raiffeisen), die das Bundesministerium für Justiz sofort am 7. Juli 2014 an die Oberstaatsanwaltschaft Linz verfügt hat, bis heute nicht vollzogen?

6.     Weshalb hat die Salzburger Justiz keinerlei Ermittlungen durchgeführt, sondern hat das Verfahren - zu den 13 Strafanzeigen von Peter Maegdefrau in 2012 gegen 11 Personen, zu den gleichzeitigen Strafanzeigen eines ehemaligen ROCO-Betriebsrates - obwohl die Wiener Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren (27St153/12g und 17St82/12d) eröffnet hat, binnen nur drei Monaten eingestellt?

7.     Weshalb verweigert die Salzburger Justiz mit fragwürdigen Aussagen die formale Zustellung von Bescheiden an einen in Deutschland lebenden ehemaligen ROCO-Betriebsrat?

8.     Weshalb hat die Justiz, auf Antrag des RVS, eine einstweilige Verfügung gegen Peter Maegdefrau erlassen, wenn dieser nicht einmal Kenntnis von dem Verfahren erlangt hat und der Beschluss mit Versäumnisurteil ohne rechtliches Gehör ergangen ist?

9.     Inwieweit sollen hier allenfalls andere Personen zum Nachteil von Gläubigern und zum Nachteil von Peter Maegdefrau geschützt werden?

10.  Weshalb wurden alle Strafanzeigen, die seit 2006 von Peter Maegdefrau substantiiert mit Beweisen gegen unterschiedliche Personen eingebracht wurden, umgehend eingestellt?

11.  Aus welchen Gründen wurde Peter Maegdefrau dazu niemals einvernommen?

12.  Weshalb wurden bei Strafanzeigen, die andere Personen in diesem Zusammenhang eingebracht haben, sehr wohl Ermittlungen durchgeführt und die anzeigenden Verantwortlichen umfassend einvernommen?

13.  Weshalb hat das Konkursgericht nur zwei Wochen nach Konkurseröffnung der ROCO-Firmen (Juli 2005) in Windeseile am 1. August 2005 dem RVS Sicherheiten über ca. 20 Millionen Euro nachträglich anerkannt (Anerkenntnisvereinbarung), obwohl diese laut Gesetz erloschen waren und weshalb haben dafür die Konkursmasse/Gläubiger vom RVS nur 600.000 Euro bekommen?

14.  Sind hier nicht Gläubiger und Peter Maegdefrau um ihre rechtmäßigen Ansprüche gebracht worden?

15.  Weshalb stimmte die Justiz im Konkurs zu, dass die ROCO-Vermögenswerte „zufällig“ zum selben Betrag an die Raiffeisen-Auffanggesellschaft (die über eine Zwischenfirma der RVS-Privatstiftung gehörte) verkauft wurden, wie das Kreditobligo von ROCO vor Konkurs beim RVS bestand – nämlich ca. 26,1 Millionen Euro, obwohl die ROCO-Vermögenswerte bei ca. 72 Millionen Euro lagen?

16.  Weshalb ist die Wirtschafts- und Korruptions-Staatsanwaltschaft trotz ihr vorliegenden Sachverhaltsdarstellungen bisher nicht tätig geworden?

17.  Ist es im Zuge von Firmenübernahmen üblich, dass der/die eingesetzten „Sanierer“/Geschäftsführer zu %-mäßig nicht unbedeutenden Eigentümern des jeweiligen Unternehmens werden?

18.  Inwieweit wird seitens der Justiz die Rolle einer vom RVS Salzburg errichteten Stiftung (Privatstiftung zur Förderung des Wirtschaftsraumes Salzburg) als Eigentümer im Fall ROCO (in Hinblick auf Stiftungszweck, Stiftungsbegünstigte, Geldflüsse, Berücksichtigung in der RVS-Bilanz) geprüft, wenn in der Stiftungsurkunde erwähnt wird, dass auch natürliche Personen begünstigt werden dürfen?

19.  Weshalb wurde Peter Maegdefrau in Verfahren, die gegen ihn gerichtet waren, Verfahrenshilfe genehmigt und ausgerechnet in der Schadensersatzklage 2Cg113/08d LG-Salzburg über ca. € 39,0 Millionen nicht, sodass es zwingend zu einem Versäumnisurteil gegen Peter Maegdefrau kam?

20.  Weshalb wurde das Strafverfahren gegen Peter Maegdefrau über sechs Jahre verzögert, Entlastungszeugen nicht gehört, Peter Maegdefrau kein ausreichendes rechtliches Gehör gegeben und letztlich eine völlig überhöhte Strafe ausgesprochen?

21.  Inwieweit gab es seitens der Justizbehörden Ermittlungen, wer den Konkurs von ROCO verursacht hat, nachdem rechtskräftig in einem gegen Peter Maegdefrau geführten Strafverfahren entschieden wurde, dass er den Konkurs von ROCO nicht verursacht hat?

22.  Ist es zulässig, dass das Konkursgericht ohne Bieterverfahren dem Verkauf der nichtinsolventen deutschen ROCO-Firma (die immerhin ca. 60% des ROCO-Umsatzes gemacht hat) an die Wirtschaftsprüfungs-/Steuerberatungskanzlei Zobl, Bauer & Partner zustimmt, die dann jedes Jahr bis heute die Bilanzen der im Einfluss von Raiffeisen stehenden ROCO-Auffanggesellschaft prüft?

23.  Wie ist der Stand der Ermittlungen zu der Strafanzeige vom 27. Juni 2014 von Peter Maegdefrau?

24.  Welche Notwendigkeit sieht der Bundesminister für Justiz bezüglich Wiederaufnahmeverfahren, wenn Peter Maegdefrau einvernommen wurde, alle belegten Fakten von der Justiz gewürdigt wurden und damit die gesetzlich vorgeschriebene Erforschung der Wahrheit durchgeführt werden kann?

Inwieweit gab es seitens anderer Regierungsmitglieder Anstrengungen, die Verfahren zu ROCO zu einem für alle Beteiligten akzeptablen Abschluss zu bringen?

25.  Sind Ihnen weitere Fälle bekannt, bei denen seitens des Kreditgebers ähnlich vorgegangen wurde wie bei ROCO?

26.  Wenn ja, wie gehen Sie in diesen Fällen vor?

27.  Was wurde/wird seitens des Bundesministeriums für Justiz bzw. seitens der Justizbehörden unternommen, um dieses Verfahren voranzutreiben, endlich dem gesetzlichen Auftrag der Erforschung der Wahrheit nachzukommen, bzw. in absehbarer Zeit abzuschließen?

28.  Was wurde seitens des Bundesministeriums für Justiz bzw. seitens der Justizbehörden unternommen, um einen Vergleich zwischen dem Raiffeisenverband Salzburg und Peter Maegdefrau zu erreichen?