2621/J XXV. GP

Eingelangt am 26.09.2014
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Justiz

 

betreffend eigenwillige Rechtsauffassung des Wiener Bürgermeisters und Landeshauptmannes

 

 

Das Wiener Schulgesetz, welches ebenso wie die anderen Landesschulgesetze auf der Bundesverfassung fußt, regelt das Nominierungsrecht der Funktionen des Wiener Stadtschulrates. Diese sieht vor, dass analog zur Stärke der in den Landtag gewählten Parteien auch der Stadtschulratspräsident - von der stimmenstärksten Partei - sowie der Stadtschulratsvizepräsident - von der zweitstärksten Partei - gestellt wird.

Gemäß dieses Gesetzes hat die Freiheitliche Partei Österreichs – Landesgruppe Wien bzw. die freiheitlichen Mitglieder des Kollegiums des Stadtschulrates für Wien den jungen Studenten Maximilian Krauss für das Amt des Vizepräsidenten vorgeschlagen.

Bereits am 29. Juli 2014 hat der bisherige Kandidat Dr. Helmuth Günther seinen Rücktritt schriftlich dem Wiener Bürgermeister und Landeshauptmann mitgeteilt. Der Wiener Bürgermeister und Landeshauptmann Dr. Michael Häupl ließ jedoch wochenlang medial ausrichten, dass, basierend auf einem Gutachten des Wiener Verfassungsdienstes, ein Rücktritt Dr. Günthers erst dann erfolgen könne, wenn er selbst, in seiner Funktion als Landeshauptmann, den Stadtschulratsvizepräsidenten abberuft. Dieses Gutachten wurde trotz mehrmaligem Ersuchen, bis heute weder vom Verfassungsdienst der Stadt Wien noch vom Landeshauptmann herausgegeben. Das dieses außerdem von weisungsgebundenen Beamten verfasst wurde, die eben dem Wiener Bürgermeister und Landeshauptmann unterstellt sind, hat einen besonders schalen Beigeschmack. Iimmerhin kann angesichts des veröffentlichten Inhaltes einerseits, sowie der Interpretation des Wiener Landeshauptmannes die Tatsache, dass es sich um ein "Auftagsgutachten" handelt, nicht ausgeräumt werden.

Bei der Pressekonferenz zur dieser Causa verteilte der Landeshauptmann allerdings eine Zusammenfassung betreffend der Bestellung des Vizepräsident des Stadtschulrates.

Dort heißt es: "... Gemäß § 68 WrSchG dauert die Funktion des Amtsführenden Präsidenten und des Vizepräsidenten des Stadtschulrates für Wien bis zur Enthebung durch den Präsidenten des Stadschulrates für Wien. Die Enthebung des Vizepräsidenten kann nur mit Zustimmung jener Fraktion des Kollegiums des Stadtschulrates für Wien erfolgen, der das Vorschlagsrecht gemäß § 67 zukommt......Dagagen sieht das Wiener Schulgesetz hinsichtlich des Vizepräsidenten des Stadtschulrates für Wien, welcher Mitglied des Kollegiums (§ 65 Abs. 1 Z. 1 Lit.  b) sein kann, aber nicht sein muss, diesbezüglich lediglich vor, dass dessen Funktion bis zur Enthebung durch den Präsidenten des Stadtschulrates für Wien dauert und die Enthebung des Vizepräsidenten nur mit Zustimmung jener Fraktion des Kollegiums des Stadtschulrates für Wien erfolgen kann, der das Vorschlagsrecht gemäß § 67 zukommt. Zur Beendigung seiner Funktion und allfälliger Neubesetzung müsste der Vizepräsident des Stadtschulrates für Wien daher durch den Präsidenten des Stadtschulrates für Wien seines Amtes enthoben werden. Ebenso hat die Bestellung eines neuen Vizepräsidenten durch den Präsidenten des Stadtschulrates zu erfolgen. Ein informeller Austausch der Personen durch die vorschlagsberechtigte Fraktion ist daher nicht zulässig.

Der Präsident des Stadtschulrates für Wien hat auf Vorschlag der zweitstärksten Fraktion des Kollegiums des Stadtschulrates für Wien einen Vizepräsidenten zu bestellen. Der Landeshauptmann als Präsident des Stadtschulrates kann daher nur jemanden zum Vizepräsidenten bestellen, den die vorschlagsberechtigte Fraktion des Kollegiums vorgeschlagen hat; er kann jedoch den Vorschlag ablehnen und die Erstattung eines neuen Vorschlages verlangen (vgl. Jonas/Kövesi, Das Österreichische Schulrecht, FN 26 zu § 8 B-SchAufsG)."

Im B-SChAufsG heißt es im § 8 (12)

"Die Ausführungsgesetzgebung kann weiters - ohne Rücksicht darauf, ob die Bestellung eines Amtsführenden Präsidenten vorgesehen ist wird oder nicht - vorsehen, dass der Präsident des Landesschulrates einen Vizepräsidenten zu bestellen hat; gehört jedoch der Präsident desLandesschulrates nicht der stärksten Fraktion des Kollegiums an, so ist der Vizepräsident auf Vorschlag der stärksten Fraktion zu bestellen..."

 

Diese Zusammenfassung ist die Grundlage für die Aussagen des Wiener Bürgermeisters und Landeshauptmanns den bisherigen Stadtschulratsvizepräsident Dr. Helmuth Günther nicht abzuberufen!

Da es aber in keinem Österreichischen Gesetz festgeschrieben steht, dass jemand aus einer Funktion nicht ausscheiden, auch ein Vizekanzler über Nacht seine Funktion zurücklegen kann, ist es kaum nachvollziehbar, dass der Wiener Bürgermeister ernsthaft meint, jemanden gegen seinen Willen in einer Funktion belassen zu können. Vielmehr scheint der Wiener Bürgermeister absichtlich und zum Schaden eines Dritten, des neu nominierten Maximilian Krauss, das Gesetz falsch zu interpretieren. Die Angelobung und Abberufung durch den Wiener Stadtschulrat ist ein Formalakt, wie auch die Angelobung und Abberufung anderer politisch besetzter Funktionen! Das Einholen eines Rechtsgutachtens des Wiener Verfassungsdienstes, das offensichtlich zu der völlig wirren Rechtsauffassung des Wiener Bürgermeisters kommt, ist somit mehr als hinterfragenswert und der Geruch der politischen Weisung durch den Auftraggeber Dr. Michael Häupl nicht wegzureden. Damit aber hätte der Wiener Bürgermeister einen groben Amtsmissbrauch begangen. Das scheint diesem aber bewusst geworden zu sein, denn er hat kurze Zeit danach in der Öffentlichkeit bekannt gegeben, dass er Dr. Helmut Günther nun doch als Vizepräsidenten abberuft. Der ordnungsgemäßen Nominierung des Maximilian Krauss kommt er dennoch nicht nach.

 

In der Fußnote 22 des B-SchAufsG heißt es: "Der Landeshauptmann als Präsident des Landesschulrates kann nur jemanden zum Amtsführenden Präsidenten bestellen, den das Kollegium vorgeschlagen hat; er kann jedoch den Vorschlag des Kollegiums auch ablehnen und die Erstattung eines neuen Vorschlages verlangen."

 

Diese Fußnote nimmt der Wiener Bürgermeister und Landeshauptmann nun zum Anlass, um groß medial zu verkünden, dass er die Angelobung des Herrn Krauss nicht durchführen und dem Vorschlag der zweitstärksten Fraktion nicht nachkommen wird.

Da aber ein amtsführender Präsident die Amtsgeschäfte führt und direkte Vertretungsbefugnis gegenüber dem Präsident hat, ein Vizepräsident aber reine Kontroll- und Beratungsfunktion ausübt, ist diese Analogie nicht zulässig.

Sollte der Landeshauptmann mit seiner Rechtsauffassung aber durchkommen, so bedeutet dies einen Anschlag auf die Demokratie, die ihresgleichen sucht!

Dann würde sich die stärkste Fraktion sämtliche Repräsentanten einer Oppositionspartei "aussuchen".

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister für Justiz folgende

 

 

Anfrage

 

 

1.    Wurde die Staatsanwaltschaft bereits aufgrund des beharrlich gesetzeswidrigen Verhaltens des Wiener Bürgermeisters und Landeshauptmannes aktiv?

2.    Wenn ja, welche Konsequenzen gibt es für ein solch gesetzeswidriges Verhalten?

3.    Wenn nein, werden Sie eine entsprechende Weisung erteilen?

4.    Wurde die Staatsanwaltschaft bereits aktiv aufgrund des Amtsmissbrauchs durch den Wiener Bürgermeister und Landeshauptmann zum Schaden eines Dritten, in diesem Fall zum Schaden des Herrn Maximilian Krauss und der FPÖ, die ihr Nominierungsrecht nicht ausüben kann?

5.    Welche Konsequenzen gibt es für einen fortgesetzten Amtsmissbrauch?

6.    Werden Sie sich um eine Novellierung der Bundesverfassung betreffend der Bestellung der Landesschulräte bemühen um klare Bestimmungen für alle Bundesländer zu bekommen?

7.    Wenn nein, warum nicht?

8.    Wenn ja, wann und in welcher Form soll diese Novellierung beschlossen werden?

9.    Der Landeshauptmann und Vorsitzende der SPÖ-Wien bestellt als Landesorgan in einer Schulbehörde des Bundes den amtsführenden Präsidenten, der wiederum Politiker ist. Werden sie sich für eine Entpolitisierung in den Rechtsvorschriften einsetzen, damit kein Politiker mehr eine Funktion in einer Schulbehörde hat?