2634/J XXV. GP

Eingelangt am 01.10.2014
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Anfrage

 

der Abgeordneten Georg Willi, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Autobahnprojekt „S 10 Nord“ (Abschnitt Rainbach)

 

Seit Spätherbst 2013 ist bekannt, dass die ASFINAG als Ergebnis einer 2012 gestarteten neuerlichen Voruntersuchung für den Bau der S 10 Nord (ab Freistadt Richtung Staatsgrenze) im Abschnitt Rainbach nicht mehr die 2004 festgelegte Variante Mitte mit einem 1,6 km langen Tunnel Rainbach, sondern die damals verworfene Variante West weiterverfolgen will.

 

Diese Variante vermeidet einige Kunstbauten wie den erwähnten Tunnel und eine Unterflurtrasse, bringt dadurch aber auch andere Emissionswerte und Belastungen für AnrainerInnen und Umwelt als eine teilweise untertage geführte Trasse.

Zudem war die Trassenentscheidung 2004 auch als Ergebnis zeitgemäßer BürgerInnenbeteiligung zustandegekommen – hier stellen sich Fragen nach der Pakttreue und Verlässlichkeit der ASFINAG und der involvierten politischen Akteure.

 

Schließlich verwundert gerade im Fall der S 10, dass zwar der gesamte Abschnitt Süd bis nördlich von Freistadt mit allen, teilweise extrem aufwändigen Kunstbauten (u.a. Tunnel Götschka und Neumarkt, zahlreiche Unterflurtrassen, riesige Brückenobjekte, kilometerweite Anschluss-Spangen) ohne Abstriche realisiert werden konnte, nun jedoch im vergleichsweise kleinen Abschnitt Nord auf Kosten von AnrainerInnen und Umweltschutz gespart werden „muss“. Dass dies seitens der federführenden Akteure in ASFINAG und Politik mit teilweise nicht nachvollziehbaren Begründungen unterlegt wird (vgl. u.a. Presseinformation anlässlich der „S 10 Nord Pressekonferenz“ von ASFINAG-Manager A. Walcher und OÖ LHStv F. Hiesl am 27.11.2013 in Freistadt), erhöht noch den Erklärungsbedarf.

 

Zuletzt stellt sich auch noch die Frage, wieso bei der S 10 Nord dem Spargedanken ein derart großer, unbedingter Vorrang eingeräumt wird, bei anderen, strukturell durchaus ähnlich gelagerten Projekten der ASFINAG hingegen nicht – so bei der S 7, insbesondere aber beim geplanten Weiterbau der A 5 Nordautobahn.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Welche Kriterien im Bereich Umwelt- und AnrainerInnenschutz haben im Zuge der Trassenfindung des Vorprojekts 2004 die Variante „Rainbach Mitte“ als beste Variante erscheinen lassen?

2)    Warum wurde nicht schon im Jahr 2004 die Variante „Rainbach West“ ausgewählt, wenn es sich aktuellen Aussagen von ASFINAG etc zufolge um die beste Trassenführung sowohl hinsichtlich Verkehrswirksamkeit, Umwelt- und AnrainerInnenschutz handelt?

3)    Ist ein wirksamer Lärmschutz bei Autobahnbauprojekten gekoppelt an die Anzahl der betroffenen AnrainerInnen?

4)    Welche Kriterien sind – neben den Baukosten – für die Entscheidung ob eine Trasse ober- oder unterirdisch geführt wird, relevant?

5)    Inwiefern unterscheidet sich der Bereich der Tunnel Götschka und Neumarkt geologisch vom Bereich des seit 2004 vorgesehenen Tunnels Rainbach?

6)    Welche dieser Unterschiede waren 2004 noch nicht bekannt?

7)    Wie ist es erklärbar, dass die in Sachen Tunnelbau und Autobahnbau doch recht erfahrene ASFINAG eigenen öffentlichen Aussagen zufolge (vgl. zB Presseinformation vom 27.11.2013) ausgerechnet im geologisch mit wenig Überraschungen aufwartenden Kristallin der Böhmischen Masse und in Kenntnis der anspruchsvollen Topographie erst während des Baus der südlicher gelegenen Baulose der S 10 „viele Erkenntnisse zu den tatsächlichen Baukosten“ gewonnen hat (obwohl derselben Presseinformation zufolge selbstverständlich „die Bauarbeiten von Unterweitersdorf bis Freistadt plangemäß“ abgelaufen seien)? Können Sie ausschließen, dass die Kostenschätzungen für die S 10 einfach deutlich unterhalb der Realität angesetzt wurden, um das Projekt leichter wirtschaftlich rechnen und durchsetzen zu können?

8)    Wie sind angesichts einerseits plangemäßer Umsetzung der S 10 Süd, andererseits nun unter anderem lärmschutzrelevant deutlich veränderter und reduzierter Weiterverfolgung der S 10 Nord die öffentlichen Aussagen der ASFINAG (vgl. zB Presseinformation vom 27.11.2013) zu verstehen, dass bei der S 10 Nord „natürlich die gleichen Anrainer- und Umweltschutzstandards wie im Abschnitt Süd“ gelten würden?

9)    Wie sind die beiden Aussagen der ASFINAG (beide vgl. Presseinformation vom 27.11.2013) in Deckung zu bringen, dass einerseits bei der S 10 Nord „natürlich die gleichen Anrainer- und Umweltschutzstandards wie im Abschnitt Süd“ gelten würden, andererseits aber „die aktuellen technischen und umweltrechtlichen Bestimmungen“ zu berücksichtigen seien, die seit 2004 überwiegend nicht zum Vorteil von AnrainerInnen und Umweltschutz verändert wurden?

10) Worin besteht der Unterschied in puncto technische Realisierbarkeit bei den Tunnelprojekten „Götschka“ mit einer Gesamtlänge von 4.425m, dem Tunnel „Neumarkt“ mit einer Gesamtlänge von 1.970m und dem nun nicht mehr verfolgten Tunnel „Rainbach“ mit einer Gesamtlänge von 1.635m?

11) Inwiefern unterscheidet sich der Tunnel „Götschka“ hinsichtlich Kosteneffizienz, Lärmschutzeffekt, Wasserrecht, Luftschadstoffimmissionen vom ursprünglich für den S-10-Abschnitt Nord (Rainbach) geplanten Tunnel Rainbach mit einer Gesamtlänge von 1.635m?

12) Inwiefern unterscheidet sich der Tunnel „Neumarkt“ hinsichtlich Kosteneffizienz, Lärmschutzeffekt, Wasserrecht, Luftschadstoffimmissionen vom ursprünglich für den S-10-Abschnitt Nord (Rainbach) geplanten Tunnel Rainbach mit einer Gesamtlänge von 1.635m?

13) Inwiefern unterscheidet sich. die Unterflurtrasse „Pernau“ hinsichtlich Kosteneffizienz, Lärmschutzeffekt, Wasserrecht, Luftschadstoffimmissionen von der ursprünglich für den S-10-Abschnitt Nord (Rainbach) geplante Unterflurtrasse „Kerschbaum“ mit einer Gesamtlänge von 500m?

14) Inwiefern unterscheidet sich. die Unterflurtrasse „Lest“ hinsichtlich Kosteneffizienz, Lärmschutzeffekt, Wasserrecht, Luftschadstoffimmissionen von der ursprünglich für den S-10- Abschnitt Nord (Rainbach) geplante Unterflurtrasse „Kerschbaum“ mit einer Gesamtlänge von 500m?

15) Inwiefern unterscheidet sich. die Unterflurtrasse „Ganglsiedlung“ hinsichtlich Kosteneffizienz, Lärmschutzeffekt, Wasserrecht, Luftschadstoffimmissionen von der ursprünglich für den S-10-Abschnitt Nord (Rainbach) geplante Unterflurtrasse „Kerschbaum“ mit einer Gesamtlänge von 500m?

16) Inwiefern unterscheidet sich. die Unterflurtrasse „Walchshof“ hinsichtlich Kosteneffizienz, Lärmschutzeffekt, Wasserrecht, Luftschadstoffimmissionen von der ursprünglich für den S-10-Abschnitt Nord (Rainbach) geplante Unterflurtrasse „Kerschbaum“ mit einer Gesamtlänge von 500m?

17) Inwiefern unterscheidet sich der Tunnel „Satzingersiedlung“ hinsichtlich Kosteneffizienz, Lärmschutzeffekt, Wasserrecht, Luftschadstoffimmissionen vom ursprünglich für den S-10-Abschnitt Nord (Rainbach) geplanten Tunnel Rainbach mit einer Gesamtlänge von 1.635m?

18) Inwiefern unterscheidet sich der Tunnel „Manzenreith“ hinsichtlich Kosteneffizienz, Lärmschutzeffekt, Wasserrecht, Luftschadstoffimmissionen vom ursprünglich für den S-10-Abschnitt Nord (Rainbach) geplanten Tunnel Rainbach mit einer Gesamtlänge von 1.635m?

19) Welche Kriterien im Bereich Lärmschutz, Kosteneffizienz, Wasserrecht, Luftimmissionen wurden bei der Evaluierung 2012 herangezogen, die in der Vorstudie 2013 zum Entfall der im Vorprojekt 2004 enthaltenen Kunstbauten a) Tunnel Grottental, b) Tunnel Summerau/Rainbach, c) Tunnel bei km 5,5, d) Grinnebrücke und e) Unterflurtrasse Kerschbaum geführt haben, und wie wurden diese Kriterien gewichtet?

20) Wie bewerten Sie das nunmehrige Abgehen der ASFINAG vom seinerzeit mit intensiver BürgerInnenbeteiligung erzielten Ergebnis des Trassenauswahlverfahrens 2004 im Raum Rainbach im Hinblick auf Pakttreue?

21) Welche Sachverständigen/Gutachter wurden von der ASFINAG im Rahmen der neuerlichen Voruntersuchung 2012/13 zum Abschnitt S 10 Nord beauftragt?

22) Welche Sachverständigen/Gutachter wurden bzw werden von der ASFINAG im Rahmen des Vorprojekts zum Abschnitt S 10 Nord/Westtrasse beauftragt?

23) Bei welchen anderen ASFINAG-Projekten sind Evaluierungen geplant oder im Laufen, die aufbauend unter anderem auf jenen neuen Erfahrungen aus dem laufenden Projekt S-10 Abschnitt Süd und analog zur Vorgehensweise bei der S 10 Nord ebenso zu Änderungen bei der Trassenlage, zum Verzicht auf Kunstbauten wie Brücken, Tunnels, Einhausungen oder zur Neubewertung des Bedarfs insbesondere in staatsgrenznäheren Abschnitten führen?

24) Falls solche Evaluierungen geplant oder im Laufen sind – wann konkret wurden bzw. werden diese jeweils begonnen und abgeschlossen?

25) Falls keine solchen Evaluierungen geplant oder im Laufen sind – warum nicht?

26) Welche Evaluierungen sind insbesondere beim Projekt A 5 Nordautobahn (“Weinviertelautobahn“) geplant oder im Laufen, die aufbauend auf

a) den Erfahrungen aus dem bereits realisierten Abschnitt dieser Autobahn (u.a. massiv niedrigeres Verkehrsaufkommen und weitaus niedrigere Einnahmen als prognostiziert),

b) den - trotz künstlicher Kanalisierung des grenzüberschreitenden Verkehrs incl. Umwegverkehr auf den Übergang Drasenhofen-Mikulov durch eine fragwürdig bis rechtswidrig zustande gekommene Tonnage-Beschränkung am Grenzübergang Reintal/Postorna – stagnierenden Verkehrszahlen an der Staatsgrenze bei Drasenhofen,

c) dem wiederholten und mittlerweile nachhaltigen rechtlichen Scheitern einer höher- oder hochrangigen Fortführung in der Tschechischen Republik ab/bis zur Staatsgrenze bei Drasenhofen

wie bei der S10 zu kostenminimierenden Änderungen bei der Trassenlage und zum Verzicht auf Kunstbauten u.dgl. sowie zu einer sachgerechten Redimensionierung allerspätestens ab Walterskirchen (Gabelung der Achsen Richtung Brünn einerseits und Richtung Breclav-Schlesien-Polen samt Autobahn D2 andererseits) führen?

27) Falls keine solchen Evaluierungen bei der A 5 geplant oder im Laufen sind – warum nicht?