2985/J XXV. GP

Eingelangt am 05.11.2014
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Andreas Ottenschläger, Brigitte Jank, Gabriele Tamandl

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Nichtbeantwortung von Fragen aus der Anfrage 1523/J betreffend Zulässigkeit von Anrainerparkzonen in Bezirken/Gebieten ohne Kurzparkzonen mit Ausnahmegenehmigung ("Parkpickerl")

 

Die unterzeichnenden Abgeordneten haben am 21. Mai 2014 die Anfrage 1523/J, XXV. GP betreffend Zulässigkeit von Anrainerparkzonen in Bezirken/Gebieten ohne Kurzparkzonen mit Ausnahmegenehmigung ("Parkpickerl") eingebracht. Diese hatte folgenden Wortlaut:

 

„Das Bundesministerium für Verkehr, Innnovation und Technologie, Rechtsbereich Straßenverkehr, versendete mit seinem Schreiben vom 12.11.2013  (GZ. BMVIT- 160.010/0015-IV/ST5/2013 eine rechtliche Stellungnahme an alle Ämter der Landesregierungen - Verkehrsabteilung zu der Frage, ob die gesetzliche Möglichkeit bestehe, Bewohner bestimmter Gebiete von Halte- und/oder Parkverboten auszunehmen (sog. „Anrainerzonen“ oder „Anwohnerzonen“).

 

Laut dem Schreiben sei die Schaffung von meist als „Anrainerparkplätze“ und dergleichen bezeichneten, der lokal ansässigen Bevölkerung vorbehaltenen Parkraum, unter Beachtung des gesetzlichen Rahmens des § 43 Abs. 1 lit. b StVO sowie der verfassungsrechtlichen Gebote der Verhältnismäßigkeit und Gleichheit rechtlich möglich. Dies sei - so betont das Schreiben ausdrücklich - unabhängig von der Frage zu betrachten, ob in dem betroffenen Gebiet eine allfällige Gebührenpflicht für das Parken bestehe (Anm. z.B. in Wien das „Parkpickerl“).

 

Die bis dato bekannte Rechtsmeinung der Stadt Wien bzw. des Wiener Verkehrsressorts, wonach die Schaffung von „Anrainerparkplätzen“ - unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung, welche an das Kriterium der Erforderlichkeit des § 43 Abs. 1 lit. b StVO einen strengen Maßstab anlege - nur als gelindestes Mittel und daher nur in bereits bestehenden kostenpflichtigen parkraumbewirtschafteten Zonen („Parkpickerl-Bezirken“) zulässig sei, weicht von dieser Rechtsansicht des Bundesministeriums offenkundig ab.

 

In einer Beantwortung der schriftlichen Anfrage vom 13.12.2013 (PGL-04448- 2013/0001- KVP/GF), durch den Bürgermeister der Stadt Wien, datiert mit 06.02.2014, schreibt dieser in Bezug auf die zitierten Ausführungen des Verkehrsministeriums: „Wie mir mitgeteilt wurde, steht dem auch die Ihrerseits erwähnte Stellungnahme des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie vom 12. November 2013 nicht entgegen, da in deren Rahmen explizit nur auf die, allfällige Gebührenpflicht', nicht jedoch auf die straßenverkehrsbehördlich zu verordnende Kurzparkzone an sich Bezug genommen wird. “

Es ist daher angezeigt, eine Präzisierung der ministeriellen Rechtsposition im Sinne des o.g. Schreibens vom 12.11.2013 in Bezug auf die bestehende Situation der Parkraumbewirtschaftung speziell in der Bundeshauptstadt Wien zu erhalten, insbesondere hinsichtlich jener Bezirke, welche mittels Verordnung zu flächendeckenden Kurzparkzonen mit Sonderregelungen für Bezirksbewohner („Parkpickerl“) erklärt wurden.“

 

Die Fragen dieser Anfrage lauteten:

 

„1. Wie beurteilen Sie - auch unter Bezug auf die geäußerte Rechtsansicht Ihres Ministeriums in dem oben zitierte Schreiben Ihres Ressorts vom 12.11.2013 - konkret und im Detail die rechtliche Zulässigkeit der Schaffung / Verordnung von sog. „Anrainerparkplätzen“ bzw. „Anwohnerzonen“ (der im jeweiligen Bezirk ansässigen Bevölkerung vorbehaltenen Parkraums) ausschließlich in jenen Bezirken der Bundeshauptstadt Wien, welche mittels Verordnung zu flächendeckenden Kurzparkzonen mit Sonderregelungen für Bezirksbewohner („Parkpickerl“) erklärt wurden?

 

2. Laut der Rechtsansicht Ihres Ministeriums, welche im erwähnten Schreiben vom 12.11.2013 dargelegt wurde, wird die Zulässigkeit der Schaffung von sog. „Anrainerparkplätzen“ bzw. „Anwohnerzonen“ betont - dies sei unabhängig von der Frage zu betrachten, ob in dem betroffenen Gebiet eine allfällige Gebührenpflicht für das Parken bestehe. Steht diese Rechtsansicht der erwähnten Rechtsposition des Wiener Magistrats laut Anfragebeantwortung des Bürgermeisters der Stadt Wien vom 13.12.2013 - wie dieser behauptet - tatsächlich nicht entgegen?“

 

Die schriftliche Anfragebeantwortung durch die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures erfolgte am 21.07.2014. Es wurde wie folgt zusammenfassend geantwortet:

 

„Grundsätzlich ist die Frage der Gebührenpflicht in Kurzparkzonen unabhängig von straßenpolizeilichen Fragestellungen im Zusammenhang mit Kurzparkzonen zu betrachten; darauf bezieht sich auch die Aussage in der von Ihnen angesprochenen Rechtsmeinung meines Ressorts. Während Fragen der Gebührenpflicht ausschließlich aufgrund landesrechtlicher Regelungen zu beurteilen sind, ist Grundlage für die Lösung straßenpolizeilicher Fragen die Straßenverkehrsordnung.

 

Die in der Anfrage genannte Rechtsmeinunq des Bürgermeisters der Stadt Wien liegt dem bmvit nicht vor, es ist mir daher nicht möglich, näher darauf einzugehen. Unabhängig davon möchte ich darauf hinweisen, dass Fragestellungen zur Straßenverkehrsordnung aus kompetenzrechtlicher Sicht Angelegenheiten des Art. 11 B-VG (Straßenpolizei) sind, die Gesetzgebung daher in die Zuständigkeit des Bundes und die Vollziehung in den alleinigen Zuständigkeitsbereich der Länder fällt.“

 

 

Die Unterzeichneten Abgeordneten schließen dieser Anfrage die in der Anfrage genannte Rechtsmeinung des Bürgermeisters der Stadt Wien als Anlage bei und stellen daher folgende neuerliche


Anfrage:

 

1.  Wie beurteilen Sie - auch unter Bezug auf die geäußerte Rechtsansicht Ihres Ministeriums in dem oben zitierte Schreiben Ihres Ressorts vom 12.11.2013 - konkret und im Detail die rechtliche Zulässigkeit der Schaffung / Verordnung von sog. „Anrainerparkplätzen“ bzw. „Anwohnerzonen“ (der im jeweiligen Bezirk ansässigen Bevölkerung vorbehaltenen Parkraums) ausschließlich in jenen Bezirken der Bundeshauptstadt Wien, welche mittels Verordnung zu flächendeckenden Kurzparkzonen mit Sonderregelungen für Bezirksbewohner („Parkpickerl“) erklärt wurden?

 

2.   Laut der Rechtsansicht Ihres Ministeriums, welche im erwähnten Schreiben vom 12.11.2013

dargelegt wurde, wird die Zulässigkeit der Schaffung von sog. „Anrainerparkplätzen“ bzw. „Anwohnerzonen“ betont - dies sei unabhängig von der Frage zu betrachten, ob in dem betroffenen Gebiet eine allfällige Gebührenpflicht für das Parken bestehe. Steht diese Rechtsansicht der erwähnten Rechtsposition des Wiener Magistrats laut Anfragebeantwortung des Bürgermeisters der Stadt Wien vom 13.12.2013 -  wie dieser behauptet - tatsächlich nicht entgegen?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beilagen

 

 

Ø  Schriftliche Anfrage vom 13.12.2013 (PGL-04448-2013/0001-KVP/GF) an den Bürgermeister der Stadt Wien

 

Ø  Beantwortung der Schriftlichen Anfrage vom 13.12.2013 (PGL-04448-2013/0001-KVP/GF) durch den Bürgermeister der Stadt Wien, datiert mit 06.02.2014


 

 


 

 

 

 

 


der ÖVP-Gemeinderäte DI Roman STIFTNER und Mag. Bernhard DWORAK an den Herrn Bürgermeister

 

betreffend Anrainerparken auch in Bezirken ohne „Parkplckerl“-Regelung

 

 

Laut einer eindeutigen rechtlichen Stellungnahme von Verkehrsministerin Doris Bures bzw. des Bundesministeriums für Verkehr, Infrastruktur und Technologie, Rechtsbereich Straßenverkehr vom 12.11.2013 an alle Ämter der Landesregierungen - Verkehrsabteilung ist die Schaffung von „Anrainerparkplätzen“ und dergleichen, konkret: der lokal ansässigen Bevölkerung vorbehaltenen Parkraum, unter Beachtung des gesetzlichen Rahmens des § 43 Abs. 1 lit. b StVO sowie der verfassungsrechtlichen Gebote der Verhältnismäßigkeit und Gleichheit rechtlich möglich. Dies sei - so betont das Schreiben ausdrücklich - unabhängig von der Frage zu betrachten, ob in dem betroffenen Gebiet eine allfällige Gebührenpflicht für das Parken besteht (z.B. in Wien das „Parkpickerl").

 

Die bis dato bekannte Rechtsmeinung der Stadt Wien bzw. des Wiener Verkehrsressorts, wonach die Schaffung von „Anrainerparkplätzen“ - unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung, welche an das Kriterium der Erforderlichkeit des § 43 Abs. 1 lit. b StVO einen strengen Maßstab anlege - nur als gelindestes Mittel und daher nur in bereits bestehenden kostenpflichtigen parkraumbewirtschafteten Zonen („Parkpickerl-Bezirken“) zulässig sei, ist vor diesem Hintergrund nicht schlüssig und nicht zwingend. So betont auch die diesbezügliche Rechtsliteratur einen relativ großen Ermessensspielraum, den der VfGH der Behörde bei der Interessensabwägung lasse.

 

Die gefertigten ÖVP-Gemeinderäte stellen daher gemäß § 31 der Geschäftsordnung des Gemeinderates der Stadt Wien nochmals folgende

 

Anfrage:

 

1.    Die oben zitierte rechtliche Stellungnahme des Bundesministeriums bzw. von Bundesministerin Doris Bures erachtet die Schaffung von „Anrainerparkplätzen“ auch in kostenpflichtig parkraumbewirtschafteten Gebieten („Parkpickerl-Bezirken") eindeutig als zulässig. Die Stadt Wien, konkret: das Verkehrsressort der Stadt Wien, widerspricht dieser Ansicht. Wieso leistet sich die Stadt Wien eine luxuriöse, bürgerferne und Bundesministerin Doris Bures (bzw. ihrem Ministerium) widersprechende Rechtsmeinung?

 

2.    Werden Sie die zitierte eindeutige, bürgerfreundliche Rechtsmeinung des Bundesministeriums zum Anlass nehmen, Ihre eigene Rechtsansicht zu überdenken und die von den Bürgerinnen und Bürgern und den Bezirksorganen der Bezirke Hietzing, Währing und Döbling gewünschten Schaffung von „Anrainerparkplätzen“ in diesen Bezirken zulassen?

 

 

Wien, 13.12.2013


 

DER BÜRGERMEISTER

DER BUNDESHAUPTSTADT WIEN

 

Wien, 6. Februar 2014

 

 

Sehr geehrter Herr Gemeinderat!

 

 

Zu Ihrer Anfrage betreffend Anrainerparken auch in Bezirken ohne „Parkpickerl“- Regelung teile ich Ihnen Folgendes mit:

 

Der Erlassung von Verkehrsbeschränkungen auf Grundlage der Straßenverkehrsord­nung 1960 ist immanent, dass sie erforderlich sein müssen. Im Sinne der Benutzbarkeit der öffentlichen Straßen für alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes an das Kriterium der Erforderlichkeit ein strenger Maßstab anzulegen und eine Interessensabwägung vorzu­nehmen. Die Behörde hat daher abzuwägen zwischen den Interessen der Wohnbevöl­kerung am möglichst zeitnahen Auffinden eines Stellplatzes einerseits und den Interes­sen aller Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer, diese Stellplätze ebenfalls nutzen zu dürfen.

 

Dabei hat sich die Behörde jeweils des gelindesten noch zum Ziel führenden Mittels zu bedienen. Ehe daher die Exklusion bestimmter Verkehrsteilnehmerinnen und Ver­kehrsteilnehmer überhaupt in Betracht kommt, ist zu prüfen, ob nicht eine zeitliche Einschränkung genügt, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Das Ziel von „Anwohnerlnnenparkzonen“ ist, den Anwohnerinnen und Anwohnern das Auffinden eines Stellplatzes zu erleichtern. Dieses Ziel wird auch mit der Schaffung von Kurzparkzonen verfolgt. Allerdings sind Kurzparkzonen für andere Verkehrsteilnehmerin­nen und Verkehrsteilnehmer weniger einschneidend, da ihnen das Abstellen des Fahrzeuges hierin nicht gänzlich verwehrt, sondern lediglich zeitlich limitiert wird. In diesem Sinne sind daher Kurzparkzonen grundsätzlich als gelinderes Mittel anzusehen als , "Anwohner Innenparkzonen“.

 

Lediglich wenn es trotz einer bereits bestehenden Kurzparkzone den Anwohnerinnen und Anwohnern erheblich erschwert wäre, innerhalb einer angemessenen Zeitspanne bzw. einer angemessenen Entfernung vom Wohnort einen Stellplatz aufzufinden, kann die Verordnung von „Anwohnerlnnenparkzonen“ in Betracht gezogen werden.

 

Wie mir mitgeteilt wurde, steht dem auch die Ihrerseits erwähnte Stellungnahme des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie vom 12. November 2013 nicht entgegen, da in deren Rahmen explizit nur auf die „allfällige Gebührenpflicht“, nicht jedoch auf die straßenverkehrsbehördlich zu verordnende Kurzparkzone an sich Bezug genommen wird.

 

 

                                                                                              Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

                                                                                                Dr. Michael Häupl

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Herrn

Gemeinderat

Dipl.-Ing. Roman Stiftner

 

ÖVP-Klub im Rathaus