3025/J XXV. GP

Eingelangt am 11.11.2014
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kollegin und Kollegen

an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend Arbeitsmarktfinanzierung

Mit einer Arbeitslosenquote von 5,1% ist Österreich nicht mehr Spitzenreiter was die niedrigste Arbeitslosenquote in der EU betrifft. Insgesamt sind 310.306 Menschen von Arbeitslosigkeit betroffen, ein Rekordwert in der 2. Republik. Um diesen Menschen eine entsprechende Perspektive in Form einer Partizipation am Arbeitsmarkt bieten zu können, ist es erforderlich, ihre Qualifikation zu verbessern. Durch die Rekord-Arbeitslosigkeit ist allerdings fraglich, wie mit den veranschlagten Mitteln laut den Bundesbudgets für 2014 und 2015 Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen finanzierbar sind.

Die Rekordarbeitslosigkeit ist ein Produkt verfehlter Standortpolitik. Seit Jahren rutscht Österreich in Standort-Rankings immer weiter ab. Die Politik schaut tatenlos dabei zu und verharrt in Schockstarre, ohne endlich Reformen zu setzen die die Konjunktur ankurbeln. Maßnahmen zur Belebung des Jobmotors bleiben aus. Es werden nur Symptome bekämpft. Nicht nur die Standortpolitik und die schleppende Entwicklung der Konjunktur belasten das Budget der Arbeitsmarktfinanzierung bzw. das AMS. Vor allem die Ergebnisse einer fatalen Bildungspolitik werden an das Arbeitsmarktservice ausgelagert. Das AMS muss hier Symptombekämpfung betreiben, um die schlechte (Aus-)Bildung der arbeitslosen Menschen zu kompensieren. Denn 46,7% aller Arbeitslosen verfügen höchstens über einen Pflichtschulabschluss, 31,8% über einen Lehrabschluss. Gerade hier ist die Tätigkeit des AMS wichtig, doch wäre durch eine umfassende Steigerung des (Aus-)Bildungsniveaus eine nachhaltige Entlastung des Arbeitsmarktbudgets möglich.

Die derzeitige Budgetentwicklung verdeutlicht die drohende Problematik in der Arbeitsmarktfinanzierung: Laut dem Monatserfolg für September 2014 des Bundesministeriums für Finanzen sind die Ausgaben in der Untergliederung "Arbeit" bereits um 7,6% gegenüber dem Vorjahreszeitraum gestiegen - veranschlagt war ein Anstieg von 4,8%. Auch wenn die Einnahmen um 5,9% statt 3,1% gestiegen sind, erscheint die adäquate Finanzierung der Arbeitsmarktpolitik fraglich. Denn mit dem Bericht des Bundesministeriums für Finanzen zur Entwicklung des Bundeshaushaltes für Jänner - September 2014 wird eine ausreichende und nachhaltige Finanzierung der Arbeitsmarktpolitik - insbesondere der aktiven Arbeitsmarktpolitik - nicht dokumentiert. Der Bericht fasst die Entwicklung für den Bereich der Arbeitsmarktpolitik so zusammen:

In der UG 20 (Arbeit) ergeben sich insbesondere hohe Mehrauszahlungen aus einem höheren Bedarf für Arbeitslosengeld und höheren Zahlungen für die Pensionsversicherung der Arbeitslosen. Zudem gibt es einen erheblichen Mehrbedarf für zusätzliche Förderprojekte.

Wie diese Mehrausgaben finanziert werden und worauf die gestiegenen Mehreinnahmen zurückzuführen sind, wird im Bericht ebenfalls erläutert:

 

Die Mehreinzahlungen resultieren aus der Auflösung der Arbeitsmarktrücklage (rund 141,5 Mio. €) und der Auflösungsabgabe (50 Mio. €) sowie geringfügig geringeren Einzahlungen für Arbeitslosenversicherungsbeiträge (-9,5 Mio. €).

Die Rücklagenstände der Arbeitsmarktrücklage, auch die Mittel, die zugeführt und entnommen werden, sind nicht näher ausgeführt und stellen insgesamt einen wesentlichen Bereich der Intransparenz in der Arbeitsmarktfinanzierung dar. Zudem scheint sich aus dem Bericht des Finanzministeriums der Trend dahingehend zu entwickeln, dass vermehrt Mittel der aktiven Arbeitsmarktpolitik zur Deckung passiver Leistungsansprüche verwendet werden müssen. Die Mittel für Arbeitslosengelder und Notstandshilfe sind wichtig und notwendig zur sozialen Absicherung der von Arbeitslosigkeit betroffenen Personen. Doch eine unverhältnismäßige Verringerung der aktiven Arbeitsmarktmittel in Bezug auf die steigende Arbeitslosigkeit ist deswegen allein nicht nachvollziehbar und so nicht vertretbar. Es scheint, als würden die Mehrausgaben hauptsächlich passiven Leistungen zukommen. Gleichzeitig werden der steigenden Arbeitslosigkeit und dem damit verbundenem Mehraufwand entsprechend die Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik entsprechend weniger - und damit in einem unverhältnismäßig geringen Ausmaß angepasst.

Dieser Eindruck verstärkt sich, wenn man die Medienberichterstattung der vergangenen Wochen betrachtet. Mehrfach wurde angekündigt, die Mittel der Landesstellen des AMS für Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen kürzen zu müssen. Auch wenn eine solche Kürzungen inzwischen nicht mehr so groß ausfallen sollten, wie ursprünglich geplant und kommuniziert, ist fraglich, wie diese angesichts der steigenden Arbeitslosenzahlen finanzierbar sind.

Eine Finanzierung durch die Arbeitsmarktrücklage ist in Anbetracht der derzeitigen Ausnahmesituation nachvollziehbar, doch wie oben ausgeführt, herrscht Ungewissheit über die tatsächlichen finanziellen Mittel, die in dieser Rücklage vorhanden sind und wie lange diese Mittel ausreichen werden.

In diesem Jahr wurden bereits zwei besondere arbeitsmarktpolitische Werkzeuge im Parlament besprochen bzw. beschlossen. Einerseits wurde im März ein umfassendes Arbeitsmarktpaket für Ältere Arbeitnehmer_innen beschlossen, andererseits wurden im vergangenen Sozialausschuss am 6. November die Mittel für Kurzarbeitsbeihilfen verlängert und erhöht. Die Finanzierung wurde in beiden Fällen "aus passivem Leistungsaufwand" sichergestellt. Die Finanzierung durch passiven Leistungsaufwand ist eine relativ intransparente Angelegenheit. Mittel, die sonst für Arbeitslosengeld aufgewendet werden müssten, werden zur Finanzierung dieser Maßnahmen herangezogen werden.

Da das Arbeitsmarktpaket für ältere Arbeitnehmer_innen als Initiativantrag und die Verlängerung der Kurzarbeit als Abänderungsantrag im Parlament eingebracht wurden, ist eine entsprechende wirkungsorientierte Folgenabschätzung ausgeblieben. Dadurch bleibt auch weitgehend unklar, welche Annahmen einer Festlegung der Höhe der verwendeten Mittel zugrunde liegen. Es scheint, dass im Bereich der Arbeitsmarktfinanzierung keine langfristige Planung forciert wird, sondern lediglich auf entsprechende Entwicklungen kurzfristig reagiert werden muss.

Wie viele Mittel tatsächlich für bestimmte Arbeitsmarktinstrumente des Arbeitsmarktservice aufgewendet werden, ist auch aus dem Bundesvoranschlag nur bedingt ableitbar. Es ist vollkommen klar, dass die Mittel für manche Förderungsinstrumente als zweckgebundene und fixe bzw. eben auch als variabel veranschlagt sind. Interessant ist, dass sowohl die Mittel für die Förderung älterer Arbeitnehmer_innen als auch die der Kurzarbeit als variabel budgetiert wurden. Dies ist an und für sich nicht außergewöhnlich, allerdings bleibt dadurch offen, inwiefern diese Mittel bereits aufgebraucht wurden und entsprechende budgetäre Nachbesserungen erfordern bzw. welche Arbeitsmarktentwicklung den veranschlagten Zahlen zugrunde liegen.

In Anbetracht der steigenden Ausgaben zur Finanzierung der Arbeitsmarktpolitik ist zudem fraglich, ob mit den gegenwärtigen budgetären Mitteln genügend Spielraum vorhanden ist, um entsprechende Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu setzen.

 

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende

Anfrage:

 

1.    In welchem Ausmaß sind am Tag der Anfrangenbeantwortung Mittel in der Arbeitsmarktrücklage vorhanden?

2.    Wie entwickelte sich die Höhe der Arbeitsmarktrücklage seit 2009? (Auflistung jährlich, mit Stichtag 31.12.)

3.    Wie hoch waren die Zuflüsse zur Arbeitsmarktrücklage? (jährlich für 2009, 2010, 2011, 2012, 2013)

4.    Woher kamen diese Zuflüsse zur Arbeitsmarktrücklage? (jeweilige gesetzliche Grundlage und Höhe der Zuflüsse, jährlich für 2009, 2010, 2011, 2012, 2013)

5.    Wie viel wurde aus der Arbeitsmarktrücklage abgezogen? (jährlich für 2009, 2010, 2011, 2012, 2013)

6.    Ist aufgrund der angespannten Situation im Bereich der Finanzierung der Arbeitsmarktpolitik damit zu rechnen, dass es aufgrund von § 3 Abs 1 Z 1 AMPFG zu einer Erhöhung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge kommen könnte?

7.    Worin liegt die politische Legitimation, gem. § 3 Abs 1 Z 1 AMPFG den Arbeitslosenversicherungsbeitrag auf Grundlage einer Verordnung zu erhöhen?

8.    Gibt es hier Überlegungen § 3 Abs 1 Z 1 AMPFG dahingehend zu ändern, dass eine Erhöhung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages nicht nur auf Grundlage der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates möglich ist, sondern einer Gesetzesänderung bedarf?

9.    Für 2014 und 2015 wurden nur jeweils nur € 1.000 für die Überweisung gem. § 51 AMSG veranschlagt. Gibt es inzwischen substantiierte Annahmen darüber, wie hoch die tatsächlichen Überweisungen gem. § 51 AMSG sein werden?

10. Wie hoch waren die Einnahmen durch die Auflösungsabgabe 2013 und bisher für 2014? (Monatliche Auflistung)

11. Wieviel Mittel aus der Auflösungsabgabe wurden 2013 und 2014 an das AMS überwiesen? (Monatliche Auflistung)

12. Für 2014 und 2015 waren nur jeweils € 1.000 an Überweisungen an das AMS aufgrund der Auflösungsabgabe budgetiert. Wie hoch waren die Überweisungen an das AMS aufgrund der Auflösungsabgabe bisher im laufenden Jahr? (Monatliche Auflistung für 2014)

13. Wie hoch werden die Überweisungen an das AMS durch die Auflösungsabgabe für 2015 geschätzt?

14. Wie hoch waren die für Beihilfen an Unternehmen zur Förderung der Beschäftigung älterer Personen gemäß § 2b Abs. 3 AMPFG, die mit Hilfe der Auflösungsabgabe gefördert wurden?

15. Welche Arbeitsmarktpolitische Strategie liegt der Streichung der Aktivierungsgelder gem. Bundesvoranschlag 2014/15 zugrunde?

16. Welche Maßnahmen und entsprechenden Mittel werden für jene arbeitslosen Menschen verwendet, die zuvor von Aktivierungsgeldern profitierten?

17. Wie viele Personen sollen vom im Antrag 260/A der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffenden Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Dienstleistungsscheckgesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wurden, beschlossenen 100 Mio. € (2014) bzw. 150 Mio.€ (2015) voraussichtlich profitieren?

18. Wie hoch sind die angenommenen geringeren Ausgaben an Arbeitslosengelder bzw. PV-Beiträge für Arbeitslose, die aufgrund dieses Arbeitsmarktpaktes für ältere Arbeitnehmer_innen (gemäß Frage 17) nicht ausbezahlt wurden?

19. Wie hoch sind die angenommen Arbeitslosenversicherungsbeiträge, die aufgrund des Arbeitsmarktpaktes für ältere Arbeitnehmer_innen (gemäß Frage 17) zusätzlich eingezahlt werden und wurden?

20. Wie viele Personen wurden 2014 bisher durch das Arbeitsmarktpakt für ältere Arbeitnehmer_innen (gemäß Frage 17) gefördert?

21. Müssen aufgrund der Entwicklungen von 2014 die Annahmen betreffend die Ausgaben für und die Zahl der geförderten Personen für 2015 in Bezug auf das angesprochene Arbeitsmarktpaket für ältere Arbeitnehmer_innen (gemäß Frage 17) revidiert werden?

22. Wenn ja, wie sehen die Annahmen für die Ausgaben und die Zahl der geförderten Personen für 2015 aus?

23. Wieviele Arbeitnehmer_innen wurden aufgrund der Kurzarbeitsbeihilfe gefördert? (jährlich für 2009, 2010, 2011, 2012, 2013)

24. Wie hoch waren die Ausgaben für Kurzarbeitsbeihilfen? (jährlich für 2009, 2010, 2011, 2012, 2013)

25. Welche Annahme wurde hinsichtlich der Anzahl getroffen, wie viele Arbeitnehmer_innen von den veranschlagten 15 Mio. € Kurzarbeitsbeihilfen 2014 profitieren sollten?

26. Wie viele Arbeitnehmer_innen haben bereits 2014 von der Kurzarbeitsbehilfe profitiert?

27. Wie hoch waren bisher die Ausgaben für Kurzarbeitsbeihilfen 2014?

28. Wie viele Arbeitnehmer_innen sollen von den geplanten 30 Mio. € an Kurzarbeitsbehilfen, die für 2015 geplant sind, profitieren?

29. Wie hoch sind die angenommenen geringeren Ausgaben an Arbeitslosengeldern bzw. PV-Beiträge für Arbeitslose, die aufgrund der Verlängerung der Kurzarbeit 2015 voraussichtlich nicht ausbezahlt werden?

30. Wie hoch sind die angenommen Arbeitslosenversicherungsbeiträge, die aufgrund der Verlängerung Kurzarbeit 2015 eingezahlt werden?