3053/J XXV. GP

Eingelangt am 13.11.2014
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Andrea Gessl-Ranftl,

Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Inneres betreffend Anhaltezentrum Vordernberg

Im Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode wurde die Errichtung eines Schubhaftzentrums vorgesehen, um Effizienzsteigerungen durch konzentrierte Vorbereitung der fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu erzielen.

Letztendlich hat man sich darauf geeinigt, in der obersteirischen Gemeinde Vordernberg ein hochwertiges neues Rückkehrzentrum zu errichten, welches neben klarem architektonischen Rahmen auch die außergewöhnlichen Nutzungsan­forderungen impliziert. Sicherheits-relevanten Bedürfnissen sollte mit integrierten baukonstruktiven Sicherheitssystemen und einer umfassenden und geschickten Konzeption besondere Bedeutung beigemessen werden.

Seitens des BMI wurde in diesem Zusammenhang mehrmals betont, dass bei der Errichtung besonderer Wert auf spezifizierende objektbezogene Sicherungs­einrichtungen gelegt wird, welches konzeptionell die unterschiedlichsten Bedürfnisse hinsichtlich Ein- und Ausbruchsschutz, Zutrittskontrolle, Brandschutz und Überwachung der Gebäudetechnik vollumfänglich umfasst.

Jetzt mag zwar das Anhaltezentrum Vordernberg Ausdruck dafür sein, dass entsprechend den demokratischen Anforderungen die Würde des Menschen im Mittelpunkt steht, jedoch trifft die von Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Mag. Mag. (FH) Konrad Kogler verlautbarte Devise: nach innen offen und nach außen sicher leider nicht zu. Denn das Gebäude ist zwar so konzipiert, dass die Menschen nach ihren persönlichen, sprachlichen, kulturellen und religiösen Wünschen und Bedürfnissen leben sowie auf die Rückführung in ihre Heimatstaaten vorbereitet werden können, die Gewährleistung der Sicherheit scheint aber nicht gegeben zu sein.

Das Anhaltezentrum mag ein Paradebeispiel für innovative Architektur sein, jedoch entspricht dieses Gebäude keinesfalls den Sicherheitsvorgaben, zumal es in den letzten Monaten zu mehreren Fluchtversuchen kam, die anscheinend großteils auf architektonische Fehlplanungen sowie auf offenkundig sinnloses Kompetenzwirrwarr zwischen Exekutive und privaten Dienstleistern zurückzuführen sind.

Wie sonst könnte es sein, dass alle Fluchtversuche so problemlos von statten gehen konnten? Durch diesen Umstand, dass innerhalb kürzester Zeit 4 Schubhäftlinge die Mauern des Anhaltezentrums ohne größere Anstrengung überwinden konnten, ist in der Vordernberger Bevölkerung das Sicherheitsgefühl massivst ins Wanken geraten, weshalb die dadurch ans Tageslicht gekommenen Mängel dringendst abgestellt werden müssen.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten an die Bundesministerin für Inneres nachstehende

Anfrage:

1.        Wie hoch ist der derzeitige Personalstand im Anhaltezentrum Vordernberg?

a)           Unterteilung in systemisierte und tatsächlich dienstzugeteilte

b)           Wie viele davon sind ExekutivbeamtInnen und private Dienstleister?

2.         Wie hoch ist der Personalstand in vergleichbaren Einrichtungen wie zum Beispiel im Polizeianhaltezentrum Hernals und im Polizeianhaltezentrum Rossauer Lände?

3.         Ist der Arbeitsablauf mit den Dienst zugeteilten ExekutivbeamtInnen innerhalb der Normalarbeitszeit bewältigbar oder müssen von den Beamtinnen und Beamten über die Normalarbeitszeit hinaus Überstunden geleistet werden?

4.         Wenn Überstunden anfallen, wie viele waren dies seit Aufnahme des Dienstbetriebes?

5.         Ist daran gedacht, dass das Personal in absehbarer Zeit aufgestockt wird?

a)        wenn ja, um wie viele Personen handelt es sich?

6.        Wie konkret sieht die Aufgabenverteilung im Anhaltezentrum Vordernberg zwischen dem Personal der G4S und den ExekutivbeamtInnen aus? Bitte detaillierte Auflistung wer für was zuständig ist.

7.         Erbringen die Beschäftigten des privaten Sicherheitsdienstes G4S die für den Betriebsablauf eines Schubhaftzentrums notwendigen Anforderungen?

8.         Welche Ausbildung bringen die dort dienstzugeteilten Personen der G4S mit, um zu gewährleisten, dass sämtliche anfallenden Tätigkeiten professionell abgewickelt werden können?

9.         Wie haben sich die Beschäftigten der G4S wie in den konkreten Fällen der Fluchtversuche gegenüber jenen, welche die Ausbruchsversuche unternehmen, zu verhalten? Dürfen sie zum Beispiel Gewaltintervention betreiben?

a)        Wenn nein, wie soll dann künftig ein Fluchtversuch vereitelt werden?

10.      Falls eine medizinische Versorgung für die Insassen notwendig wird, in welchen Räumlichkeiten erfolgt diese?

11.      Ist diese medizinische Abteilung rund um die Uhr besetzt?

Wenn nein, wie bzw. wo erfolgt dann die medizinische Behandlung während der Nachtstunden?

12.      Sollte eine externe Krankenbehandlung erforderlich sein, wer übernimmt in so einem Fall den Krankentransport?

13.      Werden in so einem Fall ExekutivbeamtInnen vom Dienst abgezogen, um die Schubhäftlinge in ein Spital zu begleiten?

14.      Wie kann in so einem Fall der Dienstbetrieb aufrecht erhalten werden?

15.      Welche konkreten Maßnahmen werden ergriffen für den Fall, dass Schubhäftlinge versuchen, sich durch Maßnahmen wie zum Beispiel Hungerstreik freizupressen?

16.      Fast wöchentlich kann man Medienberichten entnehmen, dass in Reisezügen aus Italien illegal eingereiste Personen festgenommen werden.


Wie viele davon wurden im heurigen Jahr in der Steiermark aufgegriffen und um welche Nationalitäten handelt es sich dabei?

17.      Wenn diese Personen nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes festgenommen werden, wohin werden diese Personen in weiterer Folge gebracht?

18.      Wo und durch wen erfolgt die Ersteinvernahme und die weitere fremdenpolizeiliche Behandlung dieses Personenkreises?

19.      Wen dies auswärts erfolgt, ist daran gedacht, die Kompetenzen derart zu verändern, dass die Erstanträge künftig auch vor Ort gestellt werden können?

20.      Welche konkreten Maßnahmen werden seitens des BMI unternommen, um Fluchtversuche wie in den vergangenen Monaten hint an zu halten?

21.      Dadurch, dass es sich in Vordernberg um einen offenen Anhaltevollzug handelt, ergibt sich die Frage, ob flächendeckend in ausreichender Anzahl Überwachungskameras installiert sind?

a)   Wenn nein, wann wird dieser Missstand beseitigt?

22.      Sind Ihnen etwaige architektonische Planungsmängel bzw. sicherheits­technische Schwachstellen bekannt?

Wenn ja, bitte um detaillierte Auflistung derselben

23.      Wurden Sie während der Bauphase bzw. während des inzwischen zehnmonatigen Betriebs auf etwaige Mängel wie etwaige Fluchtwege hingewiesen?

a)   Wenn ja, wie haben sie darauf reagiert?

24.      Wer sich bewegt, bleibt körperlich und geistig fit. Deshalb ist nicht von der Hand zu weisen, dass Sport eigentlich gesund ist. Dies dürfte aber dem Architektenteam Michael Anhammer, Harald Höller und Christian Ambos vom Wiener Architekturbüro SUE nicht geläufig sein, denn warum stehen dann im Widerspruch zu diesem gesundheitspolitischen Ansatz überall Aschenbecher auf dem Sportplatz des Anhaltezentrums? Ist daran gedacht, diese zu entfernen?

a)     Wenn nein, warum nicht?


25.      Bereits im Vorjahr wurde den unmittelbaren Anrainern des Schubhaftzentrums versichert, auf dem Sportplatzgelände einen Sichtschutz anzubringen, um deren Kinder und Jugendliche vor etwaigen Belästigungen seitens der Schubhäftlinge bestmöglichst zu schützen.

a)    Warum ist dieses Versprechen bis heute nicht eingelöst worden?

b)    Wann wird dieses Versäumnis endlich nachgeholt?