3252/J XXV. GP

Eingelangt am 09.12.2014
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

 

betreffend Maßnahmen zur Erleichterung des Datenzuganges für Forscherinnen und Forscher

 

Lt. den Empfehlungen des Rates für Forschung und Technologieentwicklung von 2013 werden wir uns in Zukunft immer mehr mit großen Herausforderungen, den sogenannte Grand Challenges (wie. Z.B. Ageing Migration, Demographie etc.), auseinandersetzen müssen.

Hierbei handelt es sich vor allem um gesellschaftliche Entwicklungen, die nicht durch technische Innovationen gelöst werden können. „Gerade zur Lösung dieser Probleme braucht es auch die Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften“ (S. 12).

Die hier genannten Fächer werden, obwohl sie zu den Eckpfeilern in der österreichischen Wissenschafts- und Forschungslandschaft gehören, äußerst stiefmütterlich behandelt.

Prekäre Betreuungsverhältnisse während des Studiums betreffen diese Fächer zudem in besonderem Maße. Ebenso ist die Situation des Nachwuchses auch nach abgeschlossenem Studium mehr als besorgniserregend. Anstelle von sicheren Arbeitsplätzen müssen sich die meisten jungen Absolventinnen und Absolventen durch Projektforschungsförderungen über Wasser halten. Diese Förderungen sind nicht nur zeitlich begrenzt, sondern auch derart restriktive organisiert, dass ein finanzieller wie auch positioneller Aufstieg kaum möglich ist.

Jene, denen es gelingt, sich in einem Forschungsprojekt zu etablieren, das auch mit Förderungsmitteln bezuschusst wird, stehen zudem oftmals vor der Herausforderung, sich einen Zugriff auf Forschungsdaten- und materialien zu erarbeiten. Dabei ergeben sich nicht selten schier unüberwindbare Hindernisse durch die gesetzlichen Rahmenbedingungen in Österreich.

 

Zugang zu Archivmaterialien

Geistes-, Kultur-, wie auch Sozialwissenschaftler arbeiten sehr viel mit statistischen und archivalischen Daten. In Österreich gibt es zwar ein  österreichisches Bundesarchivgesetz, dieses stellt jedoch nur eine einheitliche Regelung für die Nutzung von Archivgut des Bundes dar.


Alle anderen Materialien, die in Landesarchiven eingelagert sind, unterliegen den jeweiligen Landesarchivgesetzen. Diese Gesetze unterscheiden sich von einander oftmals vor allem hinsichtlich der Sperrfristen für bestimmte Akten wie auch hinsichtlich des Umgangs mit personenbezogenen, sensiblen Daten.

Dabei sind besondere Bedingungen an die Nutzung personenbezogener Quellen gebunden, die im Datenschutzgesetz (DSG 2000) geregelt und deren Bestimmungen in die Archivgesetze eingeflossen sind.

§ 4 des DSG definiert „sensible Daten“, das sind besonders schutzwürdige Daten, als Daten natürlicher Personen über ihre rassische und ethnische Herkunft, politische Meinung, Gewerkschaftszugehörigkeit, religiöse oder philosophische Überzeugung, Gesundheit oder ihr Sexualleben. Solche Akten finden sich in nahezu allen Archiven, z.B. in Personalakten, Staatsbürgerschaftsakten, Krankenakten, Justizakten etc. Personenbezogene Daten dürfen nach dem Datenschutzgesetz nur für private Zwecke nach Mitteilung des Betroffenen verarbeitet werden (§ 45) und für Zwecke wissenschaftlicher und statistischer Untersuchungen, wenn diese keine personenbezogenen Ergebnisse zum Ziel haben (anonymisiert).

Es ist jedoch immer eine Interessenabwägung, ob ein Zugang zu den sensiblen Daten gewährt werden kann oder nicht. Diese Interessen werden zumeist von den jeweiligen Landesarchivdirektoren und Landesarchivdirektorinnen ausgelotet.

Daher kann es vorkommen, dass Forscherinnen und Forscher der Zugang und die Reproduktion von personenbezogenen Daten in einem Archiv verwehrt wird, dieselbe Art von Archivalien jedoch in einem anderen Bundesland eingesehen werden darf.

Auch die Regelungen in Deutschland sind weniger restriktiv, so dass nach Vorliegen aller Voraussetzungen (Anonymisierungszugabe, Weitergabeverbot, wissenschaftliches Erkenntnisinteresse), das deutsche Bundesarchiv Akten aushändigt, die in Österreich nur unter erheblichem Aufwand eingesehen werden können.

Zudem gibt es Archive, die eine herkömmliche Reprografie via Druck oder Scan verbieten, eine wortwörtliche Abschrift durch die Forscherinnen und Forscher der betreffenden Archivalien wird jedoch erlaubt.

 

Notwendige Änderungen

Um den Forscherinnen und Forschern in Österreich den Zugang zu Forschungsdaten daher zu erleichtern, bedarf es zusätzlicher, bundesweiter Richtlinien, die in die bestehenden Archivgesetze integriert werden können.

Entsprechend dem deutschen Vorbild müssen strenge Voraussetzungen zur Einsichtnahme und Reprografie vor allem von personenbezogenen, sensiblen Daten geschaffen werden, um etwaigen Willkürhandlungen entgegenzuwirken. Somit kann gewährleistet werden, dass der Datenschutz an allen österreichischen Archiven gleich bedeutend behandelt und zudem den Forscherinnen und Forschern ein einheitlicher auf das wissenschaftliche Interesse rechtlich abgestimmt Zugang ermöglicht wird. Damit könnte man nicht nur zeitliche Einsparungen schaffen, sondern vor allem auch das Projektforschungsbudget entlasten.


In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten folgende Anfrage an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

 

 

Anfrage

 

1.    Ist an eine bundesweit einheitliche Regelung insbesondere der Schutzfristen von personenbezogenen Materialien/Archivalien gedacht?

2.    Wenn nein, warum nicht?

3.    Ist unter Bedachtnahme auf einen bundesweiten Datenschutz – entgegen individueller Willkürhandlungen – die Einführung eines einheitlichen Gesetzestextes für alle Landesarchive angedacht?

4.    Wenn nein, warum nicht?

5.    Gibt es Möglichkeiten, Forscherinnen und Forscher, die im Zuge eines geförderten Projektes Archivalien (sensible Daten) einsehen müssen, den Zugang zu diesen zu erleichtern?

6.    Wenn ja, welche?

7.    Wenn nein, warum nicht?

8.    Ist Forscherinnen und Forschern die Einsichtnahme in diverse Archivalien auf Verlangen zu gestatten, wenn die gleiche Art von Archivalien in einem anderen Archiv in Österreich bzw. in der EU eingesehen werden dürfen und alle datenschutzrechtlichen Auflagen erfüllt werden?

9.    Wenn nein, warum nicht?

10. Wenn ja, ist ihnen im Zuge dessen auch die Reproduktion von Archivalien zu gestatten, sofern es der Zustand der Originaldateien zulässt und die Erlaubnis zur Reprografie der gleichen Art von Archivalien bereits von Seiten eines anderen Archives in Österreich bzw. in der EU erteilt wurde und alle datenschutzrechtlichen Auflagen erfüllt werden?

11. Wenn nein, warum nicht?

12. Ist angedacht, eine österreichweite Regelung zu treffen, um Forscherinnen und Forschern die Benützung von Digitalkameras zur Herstellung von Reprografien zu erlauben?

13. Wenn nein, warum nicht?

14. Hinsichtlich der Schonung von Materialien wäre die Benützung von Digitalkameras durchaus zu bevorzugen und würde den Forscherinnen und Forschern zudem viel Zeit und Geld ersparen. Gibt es hierfür Alternativlösungen?

15. Warum dürfen Archivalien in manchen Archiven handschriftlich reproduziert, jedoch nicht fotokopiert werden, obwohl der Zustand der Archivalien eine Reprografie zulassen würde?

16. Ist an eine bundesweite Regelung gedacht, damit Archivalien, sofern sie rechtskonform eingesehen und handschriftlich reproduziert werden dürfen, auch fotokopiert werden dürfen?

17. Wenn nein, warum nicht?