3349/J XXV. GP

Eingelangt am 15.12.2014
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ANFRAGE

des Abgeordneten Schmid

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Justiz

betreffend dubiose Urteile der Salzburger Gerichtsbarkeit

 

 

Unlängst wurde uns der Fall eines in Schwarzach im Pongau wohnhaften türkischen Staatsbürgers, Herr Ercan Y., zugetragen, welcher trotz über 20 einschlägiger Vorstrafen bis dato nicht in sein Heimatland abgeschoben wurde und – sofern bedingte Haftstrafen verhängt wurden, diese seitens der jeweils zuständigen Gerichte endgültig nachgesehen wurden, anstatt diese auf Grund der weiteren Verurteilungen während der Probezeiten zu vollstrecken.

So zum Beispiel:

 

"LG Salzburg vom 27.7.1993, RK 27.7.1993

§§ 83 Abs 1; 84 Abs 3; 105 Abs 1; 83 Abs 1 StGB

Freiheitsstrafe 3 Monate, bedingt

Probezeit 3 Jahre

Vollzugsdatum 27.7.1993

Freiheitstrafe nachgesehen, endgültig

 

LG Salzburg vom 8.3.1994, RK 11.3.1994

§ 83 Abs 1 StGB

Geldstrafe 70 Tagesätze zu je 70,00 ATS

 

LG Salzburg vom 8.3.1994, RK 11.3.1994

§§ 142 Abs 1; 127; 129 Abs 1; 15 StGB

Freiheitsstrafe 11 Monate, bedingt

Probezeit 3 Jahre

Vollzugsdatum 11.3.1994

Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

 

BG St.Johann i.P. vom 15.9.1994, RK 19.9.1994

§ 83 Abs 1 StGB

Geldstrafe 20 Tagessätze zu je 70,00 ATS

 

BG St.Johann i.P. vom 16.1.1995, RK 8.2.1995

§ 231 Abs 1 StGB

Geldstrafe 40 Tagessätze zu je 60,00 ATS

BG Radstadt vom 21.3.1996, RK 19.4.1996

§ 231 Abs 1 StGB

Geldstrafe 60 Tagessätze zu je 80,00 ATS

 

LG Salzburg vom 12.12.1997, RK 16.12.1997

§§ 83 Abs 1; 107 Abs 1; 125 StGB

Freiheitsstrafe 7 Monate, bedingt

Probezeit 5 Jahre

Vollzugsdatum 16.12.1997

Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

 

LG Salzburg vom 14.12.1998, RK 3.2.1999

§§ 107 Abs 1; 297 Abs 1 StGB

Freiheitsstrafe 4 Monate, bedingt

Probezeit 5 Jahre

 

BG St.Johann i.P. vom 25.6.1999, RK 27.7.1999

§ 83 Abs 1 StGB

Geldstrafe 50 Tagessätze zu je 30,00 ATS

Vollzugsdatum 5.12.2000

 

BG St.Johann i.P. vom 14.9.1999, RK 3.10.1999

§§ 83 Abs 1; 125 StGB

Geldstrafe 80 Tagessätze zu je 70,00 ATS

Vollzugsdatum 5.12.2000

 

BG Salzburg vom 6.4.2000, RK 11.4.2000

§ 88 Abs 1 StGB

Geldstrafe 150 Tagessätze zu je 150,00 ATS

Vollzugsdatum 18.7.2000

 

LG Salzburg vom 20.12.1999, RK 5.5.2000

§ 107 Abs 1 StGB

Geldstrafe 280 Tagessätze zu je 130,00 ATS

Vollzugsdatum 19.12.2001

 

LG Salzburg vom 2.5.2001, RK 2.8.2001

§§ 15; 146; 147 Abs 2 StGB und §§ 27 Abs 1; 27; 27 Abs 1 SMG

Freiheitsstrafe 9 Monate, bedingt

Probezeit 3 Jahre

Vollzugsdatum 2.8.2001

Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

 

LG Salzburg vom 5.2.2002, RK 9.2.2002

§§ 146; 147 Abs 2 StGB

Freiheitsstrafe 2 Monate, bedingt

Probezeit 3 Jahre

Vollzugsdatum 9.2.2002

Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

 

BG Zell am See vom 17.11.2003, RK 21.11.2003

§ 91 Abs 2 StGB

Geldstrafe 100 Tagessätze zu je 5,00 EUR

Vollzugsdatum 10.11.2004

 

LG Salzburg vom 17.3.2004, RK 16.4.2004

§ 107 Abs 1 StGB

Freiheitsstrafe 7 Monate, davon 6 Monate bedingt

Probezeit 3 Jahre

 

Vollzugsdatum 16.4.2004

Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 23.3.2004

Bedingter Teil der Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

 

BG St.Johann i.P. vom 1.12.2005, RK 30.6.2006

§ 83 Abs 1 StGB

Freiheitsstrafe 2 Monate

Vollzugsdatum 22.12.2006

 

BG St.Johann i.P. vom 4.11.2009, RK 10.11.2009

§83 Abs 2 StGB

Freiheitsstrafe 3 Monate, bedingt

Probezeit 5 Jahre

 

LG Salzburg vom 1.3.2010, RK 5.3.2010

§ 83 Abs 1 StGB

Freiheitsstrafe 1 Monat, bedingt

Probezeit 5 Jahre

 

BG St.Johann i.P. vom 15.4.2010, RK 20.4.2010

§ 133 Abs 1 StGB

Freiheitsstrafe 2 Monate, bedingt

Probezeit 5 Jahre

 

BG St.Johann i.P. vom 24.2.2011, RK 28.2.2011

§ 83 Abs 1 StGB

Freiheitsstrafe 4 Monate, bedingt

Probezeit 3 Jahre

 

(…)"

 

Bemerkenswert scheint die Tatsache, dass besagter türkische Mitbürger dieser Aufzählung zu Folge insgesamt – trotz weiterer Verurteilungen während der Probezeiten und offensichtlich nicht greifenden Begleitmaßnahmen wie Anti-Aggressionstrainings – gerade einmal insgesamt 3 Monate eine Justizanstalt "besuchen" durfte, von einem Verlust des Aufenthaltsrechts ganz zu schweigen. Somit war es Herrn Y. möglich ungehindert weitere Straftaten zu begehen.

 

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Justiz folgende

                                                                                                


Anfrage

 

  1. Stärken solche Urteile das Vertrauen der Bevölkerung in unsere Justiz?
  2. Wie viele strafrechtliche Verurteilungen müssen ausländische „Mitbürger“ vorweisen, um ihren Aufenthaltstitel zu verlieren?
  3. Wie viele weitere Straftaten darf besagter türkische „Mitbürger“ noch begehen, um endlich seinen Aufenthaltstitel zu verlieren?
  4. Wie oft kommt es bundesweit vor, dass bei derartigen Wiederholungstätern bedingte Freiheitsstrafen endgültig nachgesehen und nicht vollstreckt werden?
  5. Was sind die Gründe hierfür?
  6. Warum wurden im gegenständlichen Fall seitens der zuständigen Gerichte die jeweiligen Probezeiten ignoriert?
  7. Werden Sie diesbezüglich von ihrem Weisungsrecht gegenüber der Staatsanwaltschaft, bzw. gegenüber den Bezirksanwaltschaften, Gebrauch machen?
  8. Wenn nein, warum nicht?
  9. Wie oft haben die mit diesen Fällen betrauten Staats- bzw. Bezirksanwälte gegen die Urteile berufen?
  10. Wenn nicht berufen wurde, warum nicht?
  11. Gingen die mit diesen Fällen betrauten Richter, Staats- und Bezirksanwälte in vergleichbaren Fällen ebenso "großzügig" mit Straftätern um?
  12. Ist diese Vorgehensweise bei den besagten Gerichten üblich?
  13. Können Sie angesichts der geschilderten Tatsachen Korruption zu 100% ausschließen?
  14. Wenn ja, warum?
  15. Werden Sie die Korruptionsstaatsanwaltschaft beauftragen, in dieser Causa zu ermitteln?
  16. Wenn nein, warum nicht?
  17. Was werden Sie als Justizminister und politisch Verantwortlicher, auch im Sinne des Opferschutzes, unternehmen, um weitere Straftaten dieses türkischen „Mitbürgers“ zu verhindern?