3392/J XXV. GP

Eingelangt am 19.12.2014
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Anfrage

 

der Abgeordneten Sigrid Maurer, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

betreffend Finanzierung von Forschung in Österreich durch das US-Verteidigungsministerium

BEGRÜNDUNG

 

Am 8. Juli 2014 berichtete Bettina Figl in der Wiener Zeitung, dass das US-Verteidigungsministerium seit 2009 mit rund 8,8 Millionen Euro Forschungsaufträge an österreichischen Hochschulen, sowie der Akademie der Wissenschaften finanziert. Bei den geförderten Projekten handelt es sich um Grundlagenforschung, die Palette reicht von medizinischen Forschungen zu Brust, über Materialforschung (Metallbeschichtung) bis hin zu Quantenphysik und Quantencomputern[1].

Im Strategiepapier der Forschungsabteilung der US-Luftwaffe wird das Interesse an Grundlagenforschung damit begründet, technologische Überraschungen vermeiden zu wollen und eine Vorreiterrolle in der Grundlagenforschung einzunehmen. Besonderes Interesse besteht für die Quantenphysik: sie gilt als „militärisch interessant“ weil sie neue Möglichkeiten für Überwachungs- und Militärtechnologien eröffnet[2].

Eine von den militärischen Interessen einer ausländischen Regierung geleitete Forschungsfinanzierung ist in Hinblick auf die Unabhängigkeit und Freiheit von Wissenschaft äußerst bedenklich. In Deutschland, wo ebenfalls Drittmittelprojekte durch das US-Verteidigungsministerium finanziert wurden, sind Konsequenzen aus der Affäre gezogen worden. So wurden in einigen Bundesländern Transparenzregelungen für Drittmittelanwerbung und/oder Zivilklauseln eingeführt[3]. Das Thema hat hierzulande zusätzliche Brisanz, da Österreich (anders als das NATO-Mitglied Deutschland) ein neutraler Staat ist. Die Freiheit von Wissenschaft und Forschung ist die grundlegendste Voraussetzung für die Arbeit von Wissenschaftler_innen. Die Abhängigkeit von Drittmitteln, die mit konkreten Interessen verknüpft sind, gefährdet diese Freiheit.

Die Universitäten unterliegen der Aufsicht des Bundes. Als zuständigem Minister liegt es in Ihrer Verantwortung, die öffentlichen Interessen, die mit der Einrichtung von Hochschulen und Forschungseinrichtungen verbunden sind, bestmöglich zu sichern. Dass die sicherheitstechnische und militärische Forschung der USA im öffentlichen Interesse Österreichs liegen, darf stark bezweifelt werden.

Entscheidungen über die Rahmenbedingungen für Forschungsprojekte die neben zivilen auch militärischen Zwecken dienen können übersteigen rein hochschulische Belange und damit auch den Bereich hochschulischer Autonomie. Derart weitreichende und grundsätzliche Entscheidungen müssen gesellschaftlich breit diskutiert werden und können nicht einzelnen Forscher_innen, den Hochschulen oder Forschungseinrichtungen überlassen werden. Um diese Diskussion jedoch überhaupt führen zu können, ist größtmögliche Transparenz nötig.

Das BMWFW hat weder auf die parlamentarische Anfrage der FPÖ vom 05.12.2013 (Nr. 201/J-NR/2013 3) noch auf Nachfrage der Wiener Zeitung konkrete Antworten geliefert, sondern lediglich auf die Autonomie der Universitäten verwiesen: „Der  Abschluss  von  Projekten  ist  somit  kein  Gegenstand  der Vollziehung  des  Bundesministeriums  für  Wissenschaft  und  Forschung. Unabhängig  davon liegen,  mangels  diesbezüglicher  Informationspflichten,  meinem  Haus  dazu  keine  weiteren Informationen  vor.“[4]

Gegenüber der Wiener Zeitung argumentierten Sie: „Wenn wir Informationen wollen, bekommen wir sie.“[5] – dem entsprechend muss es Ihnen auch möglich sein, die im Rahmen des Interpellationsrechts verlangten Informationen dem Parlament zur Verfügung zu stellen.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Welche konkreten Forschungsprojekte wurden seit 2009 vom US-Verteidigungsministerium finanziert?

 

2.    Welche Rechte an den Forschungsergebnissen entstehen dem US-Verteidigungsministerium aus der Finanzierung der Forschungsprojekte?


3.    Welche Verpflichtungen ergeben sich für die Forscher_innen aus der Finanzierung ihrer Forschungsprojekte durch das US-Verteidigungsministerium (Berichtspflichten, Schweigepflichten oä)?

 

4.    In welchem Umfang wird über die vorhandene und verwendete Infrastruktur (zB Räumlichkeiten, Labors, Mitarbeiter_innen, etc.) Forschung für das US-Verteidigungsministerium indirekt über österreichische öffentliche Gelder mitfinanziert?

 

5.    In der Wiener Zeitung wurden auch Finanzierungen durch das Pentagon an der Universität für Bodenkultur angesprochen, die bereits 2003 für eine Professur geflossen sind. Welche konkreten Forschungsprojekte, wurden seit 2005 durch militärische Geldgeber wie Verteidigungsministerien, Sicherheits- oder Rüstungsunternehmen

a)    an österreichischen Universitäten

b)    an österreichischen Fachhochschulen

c)    an österreichischen außeruniversitären Forschungseinrichtungen finanziert?

 

6.    Welche Professuren oder technische Infrastrukturen wurden seit 2005 durch militärische Geldgeber wie Verteidigungsministerien, Sicherheits- oder Rüstungsunternehmen

a)    an österreichischen Universitäten

b)    an österreichischen Fachhochschulen

c)    an österreichischen außeruniversitären Forschungseinrichtungen finanziert?

 

7.    Das BMWFW argumentierte gegenüber der APA, es sehe keinen Handlungsbedarf zur Einführung neuer Transparenzregeln bei Drittmittelprojekten. Die bestehenden internen Kontroll- und Bewilligungsmechanismen der Universitäten würden genügen. Welche konkreten internen Kontroll- und Bewilligungsmechanismen der einzelnen Universitäten waren damit gemeint?

 

8.    Welche konkreten internen Kontroll- und Bewilligungsmechanismen bestehen für Drittmitteleinwerbungen an den Fachhochschulen?

 

9.    Welche konkreten internen Kontroll- und Bewilligungsmechanismen für Drittmitteleinwerbungen bestehen an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften?

 

10. An der ÖAW besteht eine Ethik-Kommission. Welche konkreten Aufgaben erfüllen ihre Mitglieder und welche Richtlinien sind für sie gültig?

 

11. An welchen österreichischen Universitäten gibt es

a)    Ethik-Richtlinien zur Einwerbung von Drittmitteln

b)    Ethik- oder Bewilligungskommissionen?

c)    eine transparente Auflistung der Drittmittelprojekte?

 

12. An welchen österreichischen Fachhochschulen gibt es

a)    Ethik-Richtlinien zur Einwerbung von Drittmitteln bzw.

b)    Ethik- oder Bewilligungskommissionen?


c)    eine einsehbare Auflistung der Drittmittelprojekte?

 

13. Welche konkreten Ergebnisse zur Transparenz bei der Drittmitteleinwerbung ergaben sich aus der Enquete des BMWFW „Fundraising für Wissenschaft und Forschung“?

 

14. Setzt das BMWFW konkrete Maßnahmen um die Transparenz bei Drittmitteleinwerbungen zu erhöhen?

a)    Wenn ja, welche konkret?

b)    Wenn nein, warum nicht?

 

15. Plant das BMWFW gemeinsam mit der Scientific Community Ethik-Richtlinien für die Drittmittelvergabe auszuarbeiten?

a)    Wenn ja, in welcher Form und welchem Zeitrahmen?

b)    Wenn nein, warum nicht?

 

16. Gibt es aus Sicht des BMWFW überhaupt keine neutralitätspolitischen Bedenken, wenn von den militärischen Interessen einer ausländischen Regierung geleitete Forschungsfinanzierung in Österreich gelebte Praxis ist? Wenn nein, begründen Sie bitte Ihre Antwort im Detail.

 



[1] http://www.wienerzeitung.at/themen_channel/bildung/uni/643644_US-Militaer-laesst-an-Oesterreichs-Universitaeten-forschen.html

[2] http://www.wienerzeitung.at/themen_channel/bildung/uni/644293_Militaerisch-interessant.html

[3] http://www.wienerzeitung.at/themen_channel/bildung/uni/?em_cnt=643644&em_cnt_page=2

[4] http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AB/AB_00183/imfname_339227.pdf

[5] http://www.wienerzeitung.at/themen_channel/bildung/uni/645487_Wenn-wir-Informationen-wollen-bekommen-wir-sie.html