3406/J XXV. GP

Eingelangt am 08.01.2015
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Anfrage

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Birgit Schatz, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Justiz

betreffend strafrechtliche Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Salzburger Finanzskandal

BEGRÜNDUNG

 

In den Monaten Februar bis April 2013 befasste sich ein Untersuchungsausschuss des Salzburger Landtages intensiv mit der Frage, wie es dazu kommen konnte, dass angeblich eine einzige Person – eine Referatsleiterin – Hochrisiko-Geschäfte in Milliardenhöhe abschließen konnte. Unbehelligt von jeglicher Kontrolle flossen Steuergelder in ebenso komplexe wie dubiose Spekulationsgeschäfte, was letztlich zu einem Finanz-Desaster ungeahnten Ausmaßes – dem Salzburger „Finanzskandal“ - führte.

In politischer Hinsicht wurden die Konsequenzen aus dem Finanzskandal bereits gezogen. Zum einen haben die WählerInnen am 5. Mai 2013 den Landtag neu gewählt. Zum anderen haben sich die Parteien im U-Ausschuss auf eine Reihe von Maßnahmen geeinigt, die sicherstellen sollen, dass sich Derartiges nicht wiederholt. So hat der Salzburger Landtag ein Spekulationsverbot, die Umstellung von der Kameralistik auf die doppelte Buchführung sowie die Umstrukturierung des Wohnbaufonds beschlossen. Weiters wurden interne Kontroll-Systeme der Landesverwaltung massiv verschärft, sowohl Interne Revision wie auch Budgetreferat und Finanzabteilung erhielten jeweils neue Leiter.

Prinzipiell kann es freilich nur Aufgabe eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses sein, sich mit den politischen Konsequenzen für derartige Vorkommnisse zu befassen. Die strafrechtliche Relevanz dieses in seinen Ausmaßen ungeheuerlichen Tatbestandes aufzuarbeiten, bleibt Aufgabe einer unabhängigen Justiz. Diese ist spätestens seit 6. Dezember 2013 – dem Tag des öffentlichen Bekanntwerdens des Finanzskandals – mit der Causa befasst. Sowohl im Amt der Salzburger Landesregierung als auch im Magistrat der Landeshauptstadt fanden Hausdurchsuchungen statt, es wurden umfassendes Aktenmaterial beschlagnahmt und zahlreiche Personen einvernommen.

Mittlerweile ist ein Jahr vergangen und viele BürgerInnen fragen sich, wie es um die strafrechtliche Aufarbeitung des Salzburger Finanzskandals bestellt ist.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    In welchem Stadium befindet sich das Verfahren?

2)    Wie viele Personen werden als Beschuldigte geführt?

3)    Werden insbesondere auch Organe von Banken und/oder Kreditinstituten als Beschuldigte geführt?

4)    Wann rechnen Sie mit einem Strafantrag/Anklage durch die Staatsanwaltschaft?

5)    Der Untersuchungsausschuss brachte unter anderem eine geradezu abenteuerlich verlaufene Übernahme von sechs negativ bewerteten Derivatgeschäften der Stadt Salzburg durch das Land im Jahr 2007 ans Licht, für die der seinerzeitige Finanzreferent Othmar Raus (SPÖ) verantwortlich ist. Die Barbewertung der sechs Derivate, welche das Land der Stadt abnahm, war zum 31. August 2007 mit minus 5,4 Millionen Euro stark negativ! Alleine für zwei dieser Hypo-Derivate beliefen sich die Auflösungskosten für das Land auf 690.000 Euro. Da keine Gegenleistung der Stadt bekannt ist, besteht der Verdacht, dass diese Übernahme zum Schaden des Landes erfolgte. Die Salzburger GRÜNEN haben die entsprechenden Unterlagen der Korruptionsstaatsanwaltschaft zur Überprüfung übergeben. Welche Ermittlungen wurden in diesem Zusammenhang bereits durchgeführt?

6)    Der Untersuchungsausschuss des Salzburger Landtages stieß bei seinen Erhebungen auf eine geradezu beängstigende Dichte der Missachtung von Regeln, Bestimmungen und Limits. Haben die im Folgenden angeführten Fehlverhalten bereits zu strafrechtlichen Ermittlungen geführt?

·        Die seit 2007 geltenden Richtlinien für das Finanzmanagement wurden vom Leiter der Finanzabteilung Eduard Paulus willkürlich interpretiert und in entscheidenden Punkten nicht beachtet. So wurden Geschäfte von mehr als 20 Millionen Euro ohne die erforderliche Genehmigung des Abteilungsleiters abgeschlossen, der auch die Einhaltung der Zusendung „unter Verschluss“ ignorierte.

·        Das „4-Augen-Prinzip“, welches für den Abschluss der Geschäfte galt, wurde geradezu konterkariert, indem praktisch alle Geschäfte von Referatsleiterin Monika Rathgeber und einem ihr unterstehenden Mitarbeiter abgezeichnet wurden.

·        Vorgegebene Limits der Richtlinien wurden jahrelang mit Wissen und Billigung der Finanzabteilung nicht eingehalten. So findet sich auf zahlreichen Begleitschreiben zum Portfoliobericht der Risk Management Services (RMS Deutsche Bank AG) folgender Hinweis: „Auf ausdrücklichen Wunsch des Landes Salzburg ist das Stufenlimit weiterhin außer Kraft gesetzt und damit bei der Limitauslastung nicht berücksichtigt.“

7)    Wenn nein, warum nicht?

8)    Spätestens ab 15. Oktober 2012 wurde ein Panikverkauf („firesale“) von 253 Derivatgeschäften mit einer Nominale von knapp acht Milliarden Euro (!) gestartet, der laut Gutachter Univ. Prof. Dr. Meinhard Lukas jedenfalls 66 Millionen Euro zuzüglich 150 Millionen Euro an Einschüssen gekostet hat. Zu diesem Zeitpunkt lag der Finanzabteilung eine Landtagsanfrage der Salzburger GRÜNEN vor, in der eine umfassende Auflistung aller Spekulationsgeschäfte des Landes angefordert wurde. Ganz offensichtlich versuchte Ressortchef David Brenner (SPÖ) damals ohne Rücksicht auf die finanziellen Kosten all jene Geschäfte möglichst rasch loszuwerden, die in der Öffentlichkeit für massive Kritik gesorgt hätten. Der politische Wunsch des Ressortchefs nach einem „lupenreinen Portfolio“ hat die öffentliche Hand mindestens 216 Millionen Euro gekostet. War bzw. ist der „firesale“ Gegenstand von Ermittlungen?

9)    Wenn nein, warum nicht?

10) Der Untersuchungsausschuss des Salzburger Landtages hat zahlreiche Personen befragt. Dabei kam es vielfach zu widersprüchlichen Aussagen. Wegen des Verdachts der Falschaussage wurden die entsprechenden Protokolle des Untersuchungsausschusses an die mit den strafrechtlichen Ermittlungen betraute Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Gab bzw. gibt es zur Frage der Falschaussage Ermittlungen?

11) Wenn nein, warum nicht?