3493/J XXV. GP

Eingelangt am 22.01.2015
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Nachbaur, Ing. Dietrich

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend „Nächstes Budgetloch? - Wohlfühl-Zahlen und die Realität“

 

Erst zuletzt musste die österreichische Budgetplanung für das Jahr 2015 korrigiert werden. Nach dem medial bekanntgewordenen Spindelegger-Brief nach Brüssel musste Neo-Finanzminister Schelling Korrekturmaßnahmen nach Brüssel melden. Nicht nur der Budgetdienst thematisierte  die fehlende Bestimmtheit der genannten (Konsolidierungs-)Maßnahmen. Gleichzeitig erscheinen die zugrunde gelegten Zahlen und Ziele widersprüchlich - auch die geplante Steuerreform ist nicht erfasst.

Darüber hinaus wurde die Bundesregierung nicht nur im Rahmen der letzten Doppelbudgetverhandlungen mehrfach darauf hingewiesen, dass wesentliche Annahmen wissentlich zu positiv dargestellt sind und erhebliche Budgetrisiken - etwa im Bereich Pensionen bzw. Pensionsantrittsalter - bestehen.       

 In diesem Zusammenhang erstaunen die Worte des Finanzministers:

 

 

"Kurier" vom 22.01.2015                                    Seite: 2

Ressort: Innenpolitik

 

Oberösterreich, Morgen

 

Schelling kritisiert frühere "Wohlfühl-Zahlen" beim Budget

 

   Von Sandra Baierl und Michael Bachner

 

Leere Staatskassa.

Millionen, etwa für den Arbeitsmarkt, engen den Budgetspielraum weiter massiv ein.ÖVP-Finanzminister Hans Jörg Schelling gibt Budget-Alarm und bremst damit Hoffnungen auf eine allzu üppige Steuerentlastung.

 

   "Hart trifft mich, dass die Republik in den vergangenen Jahren eine Feng-Shui-Politik betrieben hat - man hat sich Wohlfühlzahlen geschaffen und dabei viel kaschiert", sagte er bei einer Diskussionsveranstaltung in Wien.

 

   Auf der Ausgabenseite gebe es weiterhin "dramatische Blöcke", sagte Schelling. Der größte "Bedrohungsbrocken" seien die Pensionen, dringlich seien aber auch Reformen auf dem Arbeitsmarkt und in der öffentlichen Verwaltung.

 

   Konkret bringen derzeit gleich mehrere Bereiche das Budget durcheinander: Das soeben geschnürte Sicherheitspaket kostet bis zu 290 Millionen Euro. Diese Summe müssten alle Ressorts in den nächsten fünf Jahren gemeinsam stemmen, sagt Schelling. Dazu komme die dramatische Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt: trotz der Rekordbeschäftigung gebe es wegen der steigenden Arbeitslosigkeit einen Mehraufwand von 500 Millionen Euro pro Jahr zu verkraften.

 

   Außerdem rechnet der Finanzminister mit erheblichen Mehrausgaben im Sozialbereich bzw. bei den Pensionen: "Beispielsweise bei der Pflege werden wir uns etwas überlegen müssen."

 

   Aktuell ist Schelling freilich auch mit Mindereinnahmen konfrontiert, "weil es so gut wie kein Wachstum gibt, jedenfalls weniger als angenommen".

 

   Dennoch: Eine Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuer "wird es mit mir niemals geben", legt sich der ÖVP-Minister erneut fest. Und ergänzt: "Wenn sich die SPÖ hier einbetoniert, ist das ihr Problem."

 

   Sozialminister Rudolf Hundstorfer hat sich nicht einbetoniert, rührt aber einmal mehr die Werbetrommel für Vermögenssteuern. Wie der neue Sozialbericht zeige (siehe unten), steige die Einkommensungleichheit in Österreich. Gemeint sind Einkommen aus Arbeit versus Einkommen aus Unternehmen oder Kapital. Für Hundstorfer ist die Entlastung der Arbeitnehmer unumgänglich: "Die niedrigen Einkommen müssen spürbar profitieren."

 

   Der liberale Thinkthank Agenda Austria präzisiert Hundstorfer: Nicht die Einkommen aus Arbeit würden sinken, sondern die steigende Belastung durch Steuern und Abgaben fresse zu viel von an und für sich steigenden Arbeitslöhnen weg. Leider weigere sich die Regierung in der laufenden Debatte jedoch "beharrlich, auch einmal darüber nachzudenken, wie sie mit weniger Geld auskommen könnte."

 

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Finanzen nachstehende

 

Anfrage:

 

1.    Was genau meinten Sie mit Ihrer Aussage "Hart trifft mich, dass die Republik in den vergangenen Jahren eine Feng-Shui-Politik betrieben hat - man hat sich Wohlfühlzahlen geschaffen und dabei viel kaschiert"?

 

2.    Welche Zahlen seit dem Jahr 2008 stufen Sie konkret als „Wohlfühl-Zahlen“ ein und wie lauten Ihre diesbezüglichen Einschätzungen im Detail? 

 

3.    Haben Sie Erkenntnisse darüber, ob wissentlich „Wohlfühl-Zahlen“ verwendet worden sind?

 

4.    Welche "dramatischen Blöcke" gibt es, und wie sehen die genannten Problematiken im Detail aus?

 

5.    Welche Abweichungen von den bisherigen budgetären Planungen erwarten Sie?

 

6.    Welche nachträglichen Nachbesserungen planen Sie hinsichtlich der bisher geplanten Konsolidierungsmaßnahmen und haben Sie dies bzw. die gegenständliche Gesamtproblematik bereits auf europäischer Ebene besprochen?

 

7.    Sehen Sie in Betracht Ihrer Aussagen die Notwendigkeit weitere budgetärer Nachbesserungen?

 

8.    Haben Sie bereits die Verhandler der Steuerreformkommission über Ihre Ansichten informiert und korrigierte Einschätzungen übermittelt?

 

9.    Welche Auswirkungen erwarten Sie auf das Volumen der geplanten Steuerreform bzw. auf die geplante Steuerreform insgesamt? 

 

10.  Halten Sie eine Steuerreform trotzdem für denkbar?

 

11.  Können die Steuerzahler Ihre Aussage, wonach es mit Ihnen niemals Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuern geben werde, als „Garantieerklärung“ verstehen bzw. als verbindliche Erklärung ansehen?

 

12.  Handelt es sich um ein erneutes „Budgetloch“?

 

13.  Welche (rechtlichen) Schritte planen Sie in der Causa „Wohlfühl-Zahlen“ gegen wen?