3616/J XXV. GP
Eingelangt am 03.02.2015
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Bildung und Frauen
betreffend Schulaufsicht über den konfessionellen Religionsunterricht
Die Tageszeitung „Kurier“[1] berichtet am 29.01.2015 über einen Vorfall, wonach ein Islamischer Religionslehrer an einer Grazer Neuen Mittelschule Gewalt gegenüber Andersgläubigen gut geheißen und den Angriff auf die Satirezeitung Charlie Hebdo in Paris verteidigt haben soll:
„Die 13- und 14-jährigen
Schüler selbst meldeten ihren Religionslehrer: Gewalt gegen
Andersgläubige soll der Mann, der in einer Neuen Mittelschule in Graz
unterrichtet, gut geheißen haben. Den Anschlag auf die Satirezeitung
Charlie Hebdo in Paris soll er verteidigt haben: Wer Allah beleidige, dem
müsse weh getan werden.
Die Kinder wandten sich an die Sozialarbeiter ihrer Schule, die wiederum an den
Direktor. Er informierte den Landesschulrat, der den Religionslehrer umgehend
vom Dienst freigestellt hat. Der Sprecher von Präsidentin Elisabeth
Meixner bestätigte gestern einen Bericht der Kronenzeitung: Bis zur
Klärung der Vorwürfe darf der Lehrer nicht mehr unterrichten.
Der Vorfall wird aber nicht nur in der Schulbehörde untersucht:
Staatsanwaltschaft Graz und das Landesamt für Verfassungsschutz wurden
ebenfalls bereits aktiv. Vor allem ein Satz, der nach Aussagen einiger
Schüler nach dem offiziellen Unterricht gefallen sein soll, macht die
Ermittler hellhörig: Demnach habe der Lehrer auch das Töten von
Menschen in religiösen Zusammenhang legitimiert.
Ali Kurtgöz, Vorsteher der Islamischen Glaubensgemeinschaft und
Fachinspektor für islamische Religion, ist verwundert. "Ich kenne den
Lehrer als sehr offenen Menschen, er hat sehr gute Kontakte zu anderen
Religionen und macht viele Projekte in diese Richtung." Auch am
interreligiösen Friedensmarsch vergangene Woche in Graz habe der
gebürtige Ägypter teilgenommen.
Der Betroffene habe ihm erklärt, es dürfte sich "um ein
Missverständnis" handeln, schildert Kurtgöz: Er habe den
Schülern bloß vermitteln wollen, dass es eine Klagemöglichkeit
bei Gericht gäbe, sobald eine Religion beleidigt würde. "Viel
mehr kann ich dazu jetzt nicht sagen. Ich warte auf die schriftliche
Stellungnahme." Nur soviel: Erst vor drei Monaten sei er zur Inspektion in
der Neuen Mittelschule gewesen. "Alles war in Ordnung, es hat keine
Beschwerden gegeben."
Präsidentin Meixner hielt aber fest, dass dem Lehrer ernste Konsequenzen
drohen: Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, "wird von Seiten
des Landesschulrates die Kündigung ausgesprochen". Einen positiven
Aspekt gäbe es allerdings trotzdem: Es hätten jene Projekte
gegriffen, die Schüler bezüglich des "Phänomens der
Radikalisierung" sensibel machen sollten. Insgesamt unterrichten 1058
Lehrer in der Steiermark Religion, 36 von ihnen gehören der islamischen
Glaubensgemeinschaft an.“
Es ist sehr erfreulich, dass im oben beschrieben Fall alle Betroffenen ihre Verantwortung wahrgenommen und unverzüglich gehandelt haben. Vor allem haben die SchülerInnen bewiesen, dass sie den Unterricht aufmerksam verfolgen und die Lehrinhalte kritisch hinterfragen. Mit dem Sozialarbeiter an der Schule gibt es eine Ansprechperson, zu der die SchülerInnen vertrauen haben und an die sie sich unbürokratisch wenden können. Auch Schulleitung und Schulaufsicht haben sofort gehandelt.
Dennoch gibt es hinsichtlich des konfessionellen Religionsunterrichts noch deutlichen Verbesserungsbedarf. So unterliegen etwa die verwendeten Religionslehrbücher nicht der Schulbuchapprobation, sondern werden von den Glaubensgemeinschaften selbst für den Unterricht zugelassen, wie aus einer Anfragebeantwortung[2] Ihrer Vorgängerin, Bundesministerin a.D. Claudia Schmied hervorgeht.
In der Folge wurde zwischen dem damaligen Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur und der IGGiÖ vereinbart, Schulbücher und Lehrmaterialien für den islamischen konfessionellen Religionsunterricht von einem unabhängigen wissenschaftlichen Beirat überprüfen zu lassen. Die IGGiÖ hat daraufhin die Bücher überarbeitet und dem BMUKK zur Information übermittelt. Die Schulbücher unterliegen aber weiterhin nicht der Schulbuchapprobation.
Dasselbe gilt für die konfessionellen Lehrkräfte, die einer eigenen Schulaufsicht unterliegen, die wiederum den Glaubensgemeinschaften gegenüber Rechenschaftspflicht hat. Auch die Ausbildung und Zulassung der Lehrkräfte für den konfessionellen Religionsunterricht liegt in der Verantwortung der Glaubensgemeinschaften. Dass die österreichischen Grund- und Gleichheitsrechte sowie die Antidiskriminierung noch nicht in allen Teilen der Glaubensgemeinschaften als selbstverständlich angesehen werden, haben kürzlich auch die Aussagen von Bischof Laun[3] bestätigt, der Homosexualität mit der Nazi-Diktatur verglichen hatte.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1) Wie viele Beschwerden über Lehrkräfte für konfessionellen Religionsunterricht gab es in den letzten fünf Jahren? Bitte nach Schulformen, Konfession und Bundesländern aufschlüsseln.
2) Worauf bezogen sich die Beschwerden?
3) In wie vielen Fällen wurde die Schulaufsicht tätig? Bitte nach Schulformen, Konfession und Bundesländern aufschlüsseln.
4) In wie vielen Fällen wurden Disziplinarverfahren gegen betreffende Lehrkräfte eingeleitet? Bitte nach Schulformen, Konfession und Bundesländern aufschlüsseln.
5) Bei wie vielen Verfahren kam es zu einer Disziplinarmaßnahme gegen die betreffenden Lehrkräfte? Bitte nach Schulformen, Konfession und Bundesländern aufschlüsseln.
6) In wie vielen Fällen wurden Strafverfahren gegen betreffende Lehrkräfte eingeleitet? Bitte nach Schulformen, Konfession und Bundesländern aufschlüsseln.
7) Bei wie vielen Verfahren kam es zu gerichtlichen Verurteilungen der betreffenden Lehrkräfte? Bitte nach Schulformen, Konfession und Bundesländern aufschlüsseln.
8) In wie vielen Fällen von Beschwerden würden die zuständigen Schulbehörden durch die jeweils zuständige Fachinspektion informiert? Bitte nach Schulformen, Konfession und Bundesländern aufschlüsseln.
9) Welche Lehrbücher finden im konfessionellen Religionsunterricht an den Schulen Verwendung? Bitte nach Schulform, Schulstufe und Konfession aufschlüsseln.
10) Wurden bzw. werden die Schulbücher und Lehrmaterialien für den konfessionellen Religionsunterricht auf Übereinstimmung mit den Grundwerten der Verfassung und der Menschenrechte überprüft?
a. Wenn ja, welche Bücher und Lehrmaterialien wurden bzw. werden überprüft? (Bitte nach Konfessionen aufschlüsseln.)
b. Wenn ja, von wem werden die Bücher überprüft?
c. Wenn ja, mit welchen Konsequenzen?
d. Wenn nein, warum nicht?
11) Gibt es an den Pädagogischen Hochschulen und Universitäten Aus- und Weiterbildungsangebote für konfessionelle Religionslehrkräfte, wo sie entsprechend den Grundwerten der Verfassung und der Menschenrechte geschult werden?
a. Wenn ja, für wie viele PädagogInnen?
b. Wenn ja, für welche Konfessionen?
c. Wenn nein, werden Sie solche an den Pädagogische Hochschulen einrichten?