3619/J XXV. GP

Eingelangt am 05.02.2015
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Anfrage

 

der Abgeordneten Georg Willi, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend falsche Achsen am Railjet - Sicherheitsproblem oder Aufsichtsproblem?

 

Mit einigem medialen Echo wurden in den letzten Wochen des Jahres 2014 die Vorgänge rund um den Einbau der „falschen Achsen“ in die Railjet-Garnituren der ÖBB begleitet. Immer wieder war in den Presseberichten auch von „Untersuchungen des Verkehrsministeriums“ zu lesen. Mitte Dezember wurden dann zwei ÖBB-Manager der ÖBB-Tochter „Technisches Service“ wegen der „Schlamperei“ gekündigt. Im Anschluss an diesen Paukenschlag flaute die mediale Berichterstattung abrupt ab. Auch vom Ergebnis der erwähnten „Untersuchungen des Verkehrsministeriums“ war in weiterer Folge nichts mehr zu hören. Es ist daher zu befürchten, dass nach diesen Personalopfern alle Beteiligten wiederum zur Tagesordnung übergegangen sind.

 

Aufgrund der Ereignisse rund um die Railjet-Achsen wären jedoch einmal mehr auch Struktur und Arbeitsweise der österreichischen Eisenbahnaufsicht nachdrücklich zu hinterfragen.

Ganz offensichtlich hat das Verkehrsministerium ja erst Monate später überhaupt von der Angelegenheit erfahren, obwohl VertreterInnen des BMVIT in diversen Kontrollgremien vertreten sind (AufsichtsrätInnen, StaatskommissärInnen) und auch umfassende Kontrollsysteme (Sicherheitsberichte, Bescheinigungen, Audits) vorgegeben sind. In so genannten Bahnforen im Internet sollen übrigens bereits Wochen vorher entsprechend Hinweise diskutiert worden sein.

 

Keinesfalls sollten derartige Vorfälle aber nach einem „Bauernopfer-System“ abgearbeitet werden, indem nicht allfällige Systemprobleme hinterfragt und tunlichst nachhaltig behoben werden, sondern nach einer symbolischen Personalmaßnahme weiter gemacht wird wie bisher. Dies wäre nicht im Sinne der Eisenbahnsicherheit in Österreich.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.) Nach diesbezüglichen Presseberichten soll bereits Anfang November 2014 der Einbau der falschen Achsen in die Railjet-Garnituren bekannt geworden sein. Tatsächlich sollen die falschen Achsen zu diesem Zeitpunkt schon seit eineinhalb Jahren eingebaut gewesen sein (Bericht Tageszeitung „Kurier“ vom 20. November 2014).

a) Zu welchem Zeitpunkt hat die Eisenbahnbehörde im Verkehrsministerium vom Einbau der falschen Achsen bei den Railjet-Garnituren erfahren?

b) Können Sie ausschließen, dass der Einbau der falschen Achsen in die Railjet-Garnituren der Eisenbahnbehörde vor dem November 2014 bekannt war?

 

2.) Der Einbau der falschen Achsen in die Railjet-Garnituren soll bereits mehrere Wochen vor den ersten Presseartikeln in Bahnforen im Internet diskutiert worden sein. Es ist wohl davon auszugehen, dass die SpezialistInnen des Verkehrsministeriums derartige Informationsflüsse in Bahnforen laufend beobachten, bzw. von den ÖBB, die dies nachweislich tun, gegebenenfalls umgehend informiert werden.

a) In welcher Weise wurde auf die diesbezüglichen Vorinformationen seitens der Eisenbahnbehörde reagiert?

b) Welche Veranlassungen wurden daraufhin von der Eisenbahnbehörde getroffen?

 

3.) Führende Bedienstete des Verkehrsministeriums sind (gegen Aufwandsentschädigung) in den Aufsichtsräten der verschiedenen ÖBB-Eisenbahnunternehmen vertreten. Es ist daher zu erwarten, dass diese in den Aufsichtsräten den diesbezüglichen Versäumnissen nachgegangen sind.

a) Die Railjet-Garnituren werden von der ÖBB-Personenverkehr AG betrieben. Sind im Aufsichtsrat der ÖBB-Personenverkehr AG auch Bedienstete des Verkehrsministeriums vertreten?

b) Was haben die VertreterInnen des Verkehrsministeriums im Aufsichtsrat der ÖBB-Personenverkehrs AG in der Angelegenheit konkret veranlasst?

c) Ab welchem Zeitpunkt sind die VertreterInnen des Verkehrsministeriums im Aufsichtsrat der ÖBB-Personenverkehrs AG tätig geworden?

d) Die Railjet-Garnituren werden von der ÖBB-Technische Services GmbH gewartet. Sind im Aufsichtsgremium der ÖBB-Technische Services GmbH auch Bedienstete des Verkehrsministeriums vertreten?

e) Was haben die VertreterInnen des Verkehrsministeriums im Aufsichtsgremium der ÖBB-Technische Services GmbH in der Angelegenheit konkret veranlasst?

f) Ab welchem Zeitpunkt sind die VertreterInnen des Verkehrsministeriums im Aufsichtsgremium der ÖBB-Technische Services GmbH tätig geworden?

 

4.) Nach den Presseberichten über die falsch montierten Railjet-Achsen hat die Eisenbahnbehörde im Verkehrsministerium bereits Mitte November 2014 „umfangreiche Recherchen“ eingeleitet. Die Leiterin der Eisenbahnbehörde, SCin Ursula Zechner, soll in diesem Zusammenhang sogar an einem Sonntagabend “ein E-Mail an die Bahn“ geschrieben haben und dabei eine „schriftliche Sicherheitsgarantie“ und die Übernahme der „Haftung für allfällige aus dem Achsproblem resultierende Unfälle“ eingefordert haben (Bericht Tageszeitung „Kurier“, 20. November 2014). Die „umfangreichen Recherchen“ der Eisenbahnbehörde waren Mitte Dezember 2014 offenbar noch nicht abgeschlossen (Bericht Tageszeitung „Kurier“, 13. Dezember 2014). Auch seitdem wurde öffentlich nichts von entsprechenden Recherche-Ergebnissen bekannt.

a) Was haben die sichtlich jedenfalls zeitlich umfangreichen Recherchen der Eisenbahnbehörde zwischenzeitlich ergeben?

 


b) Welche Maßnahmen hat die Eisenbahnbehörde aufgrund des Ergebnisses der umfangreichen Recherchen mittlerweile eingeleitet und umgesetzt?

c) Welches Ergebnis hat das „E-Mail an die Bahn“ am Sonntagabend erbracht?

d) Bis wann können abschließende Untersuchungsergebnisse der Eisenbahnbehörde und ein Maßnahmenkatalog über künftige Verbesserungserfordernisse erwartet werden?

e) Erachten Sie es im Sinne der Eisenbahnsicherheit für zielführend, für mögliche Unfallrisiken Haftungen einzufordern, anstatt diese Unfallrisiken zügig und nachhaltig zu beseitigen?

 

5.) Nach den Bestimmungen des Eisenbahngesetzes haben Eisenbahnverkehrs-unternehmen jedes Jahr vor dem 30. Juni einen Sicherheitsbericht vorzulegen, in dem auch die Ergebnisse interner Sicherheitsprüfungen sowie Angaben über Mängel und Störungen, die die Eisenbahnsicherheit beeinträchtigen, enthalten sein müssen. Dies betrifft im vorliegenden Fall die ÖBB-Personenverkehr AG als Betreiberin der Railjet-Garnituren und die ÖBB-Technische Services GmbH als beauftragte Werkstätte, die beide als Eisenbahnverkehrsunternehmen zugelassen sind.

a) Haben die ÖBB-Personenverkehr AG und die ÖBB-Technische Services GmbH die Sicherheitsberichte im Juni 2014 zeitgerecht vorgelegt?

b) Welche Ergebnisse enthielten die Sicherheitsberichte der ÖBB-Personenverkehr AG und der ÖBB-Technische Services GmbH vom Juni 2014 über die Ergebnisse interner Sicherheitsprüfungen?

c) Welche Ergebnisse enthielten die Sicherheitsberichte der ÖBB-Personenverkehr AG und der ÖBB-Technische Services GmbH vom Juni 2014 über Mängel und Störungen, die die Eisenbahnsicherheit beeinträchtigen?

d) Bis wann wurden die Sicherheitsberichte der ÖBB-Personenverkehr AG und der ÖBB-Technische Services GmbH vom Juni 2014 von der Eisenbahnbehörde inhaltlich nachgeprüft?

e) Gab es in den Sicherheitsberichten der ÖBB-Personenverkehr AG und der ÖBB-Technische Services GmbH vom Juni 2014 Hinweise auf die falsch montierten Railjet-Achsen?

f) Sofern die Sicherheitsberichte vom Juni 2014 die falsch montierten Railjet-Achsen nicht berücksichtigt haben – welche Konsequenzen wird dies seitens der Eisenbahnbehörde für die ÖBB-Personenverkehr AG und die ÖBB-Technische Services GmbH haben?

 

6.) Die unzulässig bestückten Railjet-Garnituren waren offensichtlich auf der Infrastruktur der ÖBB-Infrastruktur AG unterwegs.

a) Welche Maßnahmen hat die ÖBB-Infrastruktur AG nach Bekanntwerden der Montagefehler im Rahmen der Netzzulassung verfügt?

b) Sind im Aufsichtsrat der ÖBB-Infrastruktur AG auch Bedienstete des Verkehrsministeriums vertreten?

c) Was haben die VertreterInnen des Verkehrsministeriums im Aufsichtsrat der ÖBB-Infrastruktur AG in der Angelegenheit konkret veranlasst?

d) Ab welchem Zeitpunkt sind die VertreterInnen des Verkehrsministeriums im Aufsichtsrat der ÖBB-Infrastruktur AG tätig geworden?

e) Sind bei der ÖBB-Infrastruktur AG auch StaatskommissärInnen des Verkehrsministeriums bestellt?

f) Was haben die StaatskommissärInnen des Verkehrsministeriums bei der ÖBB-Infrastruktur AG über die gemachten Wahrnehmungen bei der ÖBB-Infrastruktur AG in dieser Angelegenheit an Sie berichtet?