3703/J XXV. GP

Eingelangt am 18.02.2015
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Rudolf Plessl und GenossInnen

an den Bundesminister für Justiz

betreffend Strafverfahren gegen KWIZDA-Verantwortliche III

Die Causa KWIZDA beschäftigt und verunsichert die direkt betroffenen AnwohnerInnen seit dem Unfall im August 2010 und seinem verzögerten Bekanntwerden im Frühjahr 2011 intensiv. Erst kürzlich wurde im Kurier wieder über eine neu entdeckte „Giftfahne im Grundwasser" (5/2/2015) berichtet. Inzwischen - rund 4 Jahre später - ist aber am Landesgericht Korneuburg in dieser Causa auch gegen Verantwortliche der Kwizda Agro verhandelt worden. Das Strafverfahren wurde, für viele Beobachter überraschend, bereits am zweiten Verhandlungstag (!) mit einer Diversion eingestellt. Interessant ist, dass die im Zuge der Verhandlung vorgebrachte Darstellung der KWIZDA Agro zum Hergang der Tat weder in Einklang mit den kriminalpolizeilichen Ermittlungsergebnissen noch den eingeholten Sachverständigengutachten zu bringen ist und trotzdem auf die gerichtliche Wahrheits- und Plausibilitätsprüfung der Behauptungen anhand parater Beweismittel verzichtet wurde. Die individuellen Eindrücke mehrerer BesucherInnen der Verhandlung zeichnen zur Aufarbeitung der Causa demnach auch ein Bild von bestenfalls rudimentärster Pflichterfüllung anstatt interessierter Aufklärung gemäß dem Grundsatz „ Vor dem Gesetz sind alle gleich - Omnes ante legem aequi sunt !

Bemerkenswert ist aber, dass bisher weder beim Prozess gegen die KWIZDA Agro noch bei den Ermittlungen im Verfahren gegen die zuständigen (Aufsichts)Behörden - BH Korneuburg und Land NÖ - dem Thema „Befangenheit" - persönlicher, politischer und/ oder wirtschaftlicher Natur - ausreichende Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Weder von den verantwortlichen Stellen der zuständigen Staatsanwaltschaft noch vom BMJ bis hinauf zum Bundesminister. Andernfalls wäre eine Übertragung des Verfahrens gem. §28 StPO erfolgt, allein um jeden Anschein von Befangenheit der Behörde bereits im Vorfeld zu vermeiden. Ausreichenden Anlass hierzu hätten Zeitungsberichte, parlamentarische Anfragen und auch Briefe an den Herrn Bundesminister mit belegten „Indizien" und getroffenen Aussagen geboten. Daher bleibt dieser Umweltskandal und seine gerichtliche Aufarbeitung weiterhin Thema meiner parlamentarischer Anfragen - jedenfalls so lange, bis endlich eine objektive, umfassende und transparente gerichtliche Aufarbeitung und Aufklärung des gesamten Sachverhalts stattgefunden hat!

 

 

Daher richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Justiz nachstehende

Anfrage:

1)     Seit wann sind dem BMJ die familiären Bande zwischen der inzwischen zur Präsidentin und Leiterin des Landesgerichts Korneuburg aufgestiegenen Frau Dr. Zemanek und einer Beklagten in einem Verfahren am selben Landesgericht - der Bezirkshauptfrau Dr. Müllner-Toifl - bekannt?

2)      War dieser Umstand bereits vor den Vorerhebungen dem BMJ und der vor Ort zuständigen Staatsanwaltschaft bekannt?

3)      Falls diese Information den zuständigen Stellen erst im Rahmen der Vorerhebungen bekannt geworden sein sollte, wann und von wem wurden etwaige Auswirkungen auf die Erhebungen in der Causa KWIZDA Agro geprüft?

4)      Wann, von wem und aus welchem Grund/ welchen Gründen wurde bereits im Vorfeld gegen eine Übertragung dieses Verfahrens an eine andere Staatsanwaltschaft (gern. § 28 StPO) entschieden?

5)      Warum ist nach Ansicht des BMJ davon auszugehen, dass die frühere Vizepräsidentin und interimistische Leiterin des Landesgerichts Korneuburg (die inzwischen zur Leiterin befördert wurde) keinen dienstlichen Kontakt mit der in der Causa KWIZDA Agro ermittelnden Staatsanwältin hat, wenn nicht nur die Ermittlungen in allen hierzu anhängigen Verfahren in Korneuburg geführt und in Folge auch alle diesbezüglichen Verfahren am Landesgericht Korneuburg verhandelt werden?

6)      Warum wurde die Anzeige der Umweltstadträtin von Korneuburg - Fr. Kerschbaum, MSc. - vom 27.0ktober 2011 von der zuständigen Staatsanwaltschaft ohne eingehende Prüfung zurückgelegt und so wertvolle Zeit zur Information der Betroffenen und früheren Klärung der Verantwortung verloren?


7)      Warum wurde seitens der zuständigen Staatsanwaltschaft jenem Umstand kein Augenmerk geschenkt, dass (zumindest) der Firma KWIZDA Agro bereits im Herbst 2010 (durch ein eigenes in Auftrag gegebenes Gutachten) bekannt war, dass fast 90 Prozent ihrer Entsorgungsleitungen undicht waren?

8)      Warum wurde der von der Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 mehrfach benannte und der zuständigen Staatsanwaltschaft zur Kenntnis gebrachte ökologische Schaden, der durch die Einleitung großer Mengen des als giftig für Wasserorganismen eingestuften Herbizid Clopyralid, nicht Gegenstand der Gerichtsverhandlungen noch die Klärung der Verantwortung für diesen Schaden und etwaige Folgeschäden?

9)      Warum war die Kontamination der Trinkwasserversorgungsanlage Brunnenfeld Bisamberg der EVN Wasser sowie deren späte Entdeckung (Ende 2012) nicht Gegenstand der Gerichtsverhandlungen?

10)  Warum wurde von der zuständigen Staatsanwaltschaft im KWIZDA-Verfahren auf die Vernehmung von Experten der Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 verzichtet, obwohl von dieser zahlreiche Untersuchungen zum tatsächlichen Ausmaß der Kontaminierung durchgeführt wurden und auch mehrere Sachverhaltsdarstellungen zur Dokumentation (Handlungen und Versäumnisse seit der offiziellen Meldung des Vorfalls) an die zuständige Staatsanwaltschaft übermittelt wurden?

11)  Welche übergeordnete(n) Entscheidungseben(en) der zuständigen Staatsanwaltschaft sowie des BMJ wurden während der Erhebungen über die Sachverhaltsdarstellungen von GL0BAL2000 informiert und wurde eine etwaige Zeugenvernehmung dieser Umweltexperten - z.B. aufgrund einer schriftlichen Weisung oder eines diesbezüglichen Aktenvermerks - von diesen abgelehnt?

a.       Wenn ja, wer hat diese Weisung erteilt bzw. einen diesbezüglichen Aktenvermerk erstellt?

b.       Wenn nein, warum liegt dies allein im Ermessen der zuständigen Staatsanwaltschaft?

12)  Wie hoch schätzt das BMJ die abschreckende Wirkung des aktuellen zweitägigen (!) Prozesses mit Einstellung durch Diversion gegen die KWIZDA Agro in Hinblick auf die Verhinderung künftiger Verstöße gegen erteilte Umweltauflagen ein?


13)  Welche konkreten Maßnahmen zur besseren Kooperation zwischen BMJ, BMLFUW und Landesbehörden zur künftigen Verhinderung vergleichbarer Kontroll-, Prüf- und Aufsichtsversagen im Umweltbereich konnten aus den Erhebungen zum Prozess gegen die KWIZDA Agro bereits gewonnen werden und wann sollen diese rechtlich umgesetzt werden?

14)  Welche konkreten Maßnahmen und Initiativen sind vom BMJ im Jahr 2015 geplant, um im Bereich der Umweltkriminalität - sowohl in Österreich als auch grenzüber­schreitend - aktiver gegen Verstöße durch kriminelle Organisationen vorzugehen?