3710/J XXV. GP

Eingelangt am 18.02.2015
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Kickl, Dr. Belakowitsch-Jenewein

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend Konsum Österreich und Nachfolgegenossenschaft OKAY Team eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftung

 

Konsum Insolvenz 1995

Am 10. Jänner lud der Konsum Österreich zum Bankengipfel, die teilnehmenden Banken waren die Bawag, Bank AustriaCreditanstaltGiro Credit, PSK und PSK Bank (heute: BAWAG P.S.K.), Erste österreichische Spar-CasseVolksbanken AG und die Raiffeisen Zentralbank. Die Banken beschlossen, die ab nun folgende Finanzierung im Verhältnis der Kreditaushaftung auf eine konsortiale Basis zu stellen. Der Konsortialführer wurde die Investkredit, die im Eigentum all dieser Banken steht.

Der Schuldenstand der Konsum Österreich Gruppe vergrößerte sich von 12 Milliarden Schilling (872 Millionen Euro) auf 14 Milliarden Schilling (ungefähr 1 Milliarde Euro).

Am 12. Jänner übergab der Konsum Österreich die Verhandlungsunterlagen über den Verkauf von 50 % der KGM/Familia-Anteile, 75 % der DFK-Immobilien, 100 % Meat/Ährenstolz-Betriebe an Migros an die Konsortialführer. Vier Tage später, am 16. Jänner, wurde die CS First Boston als Finanzberater mit der Veräußerung des 30,66 %-Anteils an der BAWAG, der Gerngross-Gruppe, der Ährenstolz Backwaren- und Mühlenindustrie Ges.m.b.H., der Meat Vieh- und Fleischvermarktungs Ges.m.b.H., der K. Knäbchen Ges.m.b.H. und der Tagger Kraftfutterwerke und Mühlen AG beauftragt.

Zwischen 19. und 20. Jänner fand ein Briefwechsel zwischen dem Konsum Österreich und dem 69,34 %-BAWAG-Mehrheitseigentümer ÖGB über die Verpfändung der 30,66 % der Aktienanteile, die der Konsum Österreich hielt. Eine Veräußerung an Dritte war nach einer Vereinbarung aus dem Jahr 1968 nur nach vorheriger schriftlicher Bestätigung möglich. Der ÖGB stimmte der Verpfändung zu, im Gegenzug wurde ihm ein Vorkaufsrecht eingeräumt. Die Österreichische Investitionskredit AG stimmte der Einräumung des Vorkaufsrechtes als Pfandgläubiger zu. Der Wert des Aktienpakets betrug 436.864.000 Schilling (31,8 Millionen Euro). Die Anteile wurden an ein Bankenkonsortium unter der Führung der Investkredit verpfändet.

Am 24. Jänner fanden Verhandlungen zwischen Konsum und Billa über die Übernahme der Konsum-Österreich-Filialen statt. 6 Tage später bekundete die Bayerische Landesbank Girozentrale ihr Interesse an den verpfändeten Bawag-Anteilen. Am 9. Februar stimmte die Generalversammlung des Konsum Österreich der Verpfändung aller ihrer Bawag-Anteile zu.

Die finanzielle Lage des Konsum spitzte sich zu, die Banken beschlossen am 3. März keine weiteren Auszahlungen aus dem Konsortialkredit zu tätigen. Außerdem wurde eine Delegation zu Migros nach Zürich entsandt. Bei den Gesprächen am 8. März zeigte sich Migros über die Wirtschaftslage des Konsum Österreich überrascht. Beim Schweizer Partner wusste man zwar, dass es eine Verlustsituation zum Zeitpunkt des Zusammenarbeitsvertrages gab, jedoch hatte man sich mit den Erklärungen des damaligen Konsum-Managements zufriedengegeben. Deshalb fühlte sich Migros nun getäuscht und begann den Rückzug aus der Zusammenarbeit vorzubereiten.

Per 9. März waren der Konsum Österreich selbst, sowie 22 Tochterunternehmen zahlungsunfähig. Nicht betroffen von der Insolvenz waren die Gerngross Gruppe und die Tagger AG. Die involvierten Banken stellten im Auftrag des Konsum Österreich Zahlungsgarantien für neue Lieferungen und Leistungen aus, wodurch der Konkurs verhindert werden konnte. Am 10. März brach Billa die Übernahmegespräche über den Kauf des Konsum-Filialnetzes ab. Zwischen 13. und 15. März wurde der Verkauf der Bawag-Anteile um 4,3 Milliarden Schilling[7] an die Bayerische Landesbank mit dem ÖGB geklärt. Am 24. März beschlossen der Konsum-Österreich-Vorstand und der Aufsichtsrat den Verkauf der Aktienanteile an der Österreichischen Nationalbank im Wert von 200 Millionen Schilling (14,5 Millionen Euro) an die P.S.K. Beteiligungsverwaltungs Aktiengesellschaft.

Am 31. März 1995 wurde beim Handelsgericht Wien der Ausgleich angemeldet (damals noch in der Riemergasse im 1. Bezirk, deshalb umgangssprachlich „der Gang in die Riemergasse“), der am 6. April eröffnet wurde.[11] Vom Ausgleich waren zirka 3.350 Lieferanten betroffen. Die gesamten Schulden der Konsum-Gruppe (ohne Tagger und Gerngross) beliefen sich auf 17,4 Milliarden Schilling (1,26 Milliarden Euro; nach Lexikon der Wiener Sozialdemokratie waren es 26 Milliarden Schilling bzw. 1,89 Milliarden Euro[7]). Der Ausgleich des „roten Riesen“ war bis zur Insolvenz der Alpine Holding die größte Wirtschaftspleite der Zweiten Republik.[11][12]

Der Verlust, den Migros durch die Konsumkooperationen gemacht hat, dürfte sich auf zirka 2,3 Milliarden Schilling (0,19 Milliarden Euro) belaufen. Die am 7. April tagende Generalversammlung entließ mit sofortiger Wirkung den Vorstand und wählte danach einstimmig Hansjörg Tengg zum Vorstandsvorsitzenden und Jan Wiedey zu dessen Stellvertreter. Tengg kam damit rückblickend die Rolle des „Konsum-Liquidators“ zu. Die Tagger AG ging ins Eigentum der Bank Austria über. Mit den am 15. Mai unterzeichneten Auflösungsverträge zwischen Konsum Österreich und Migros war auch das Ende dieser Zusammenarbeit besiegelt. Die Spar Österreich Warenhandels AG übernahm die 32 Filialen der Familia Einzelhandels GmbH in Vorarlberg.

Die rund 630 Filialen wurden unter den Konkurrenten Spar, Billa, AdegLÖWA und Meinl aufgeteilt. Die Gerngross-Gruppe übernahm der Palmers-Konzern, die Brotfabrik Ährenstolz ging an Ankerbrot. Die 60 defizitären Coop-Läden und Inform-Parfümerienübernahm Billa. Einige dieser „Konsum-Pleite-Gewinner“ übernahmen sich damit: Meinl und Löwa mussten sich aus dem Lebensmittelhandel zurückziehen, Ankerbrot geriet in Folge in wirtschaftliche Turbulenzen.[7]

Der Konsum Österreich hat nie Konkurs angemeldet. Einer der Hauptgründe dürfte gewesen sein, dass der Konsum 1995 noch einige Hunderttausend, offiziell 700 000, Mitglieder hatte. Da im Konkursfall jedes Mitglied mit dem doppelten Geschäftsanteil gehaftet hätte, was laut Statuten 6 000 Schilling (436,03 Euro) waren, wäre es zu großer Unruhe unter der Bevölkerung gekommen, denn die meisten Mitglieder hatten ihren Geschäftsanteil nicht voll eingezahlt. Auch wäre es ein großer Aufwand gewesen von hunderttausenden Mitgliedern je mehrere Tausend Schilling einzuklagen. Nebenbei hätte dies mit hoher Wahrscheinlichkeit politisch sehr große Wellen geschlagen. Der Ausgleich wurde mit einer 55 %-Quote an die Gläubiger abgewickelt.

Im Endeffekt wurde der gesamte Vorstand 1999 wegen fahrlässiger Krida verurteilt. Die Prozesskosten übernahm der Konsum Österreich. Aufgrund der Gutachterhonorare war es auch ein sehr teurer Prozess. Das teuerste Gutachten hat im Prozess 7 Millionen Schilling (508.709,84 Euro) gekostet.

Ex-Generaldirektor Hermann Gerharter, der bereits wegen fahrlässiger Krida zu einer bedingten Haft- und zu einer Geldstrafe verurteilt war, musste sich danach nochmals vor Gericht verantworten, da er relativ kurz vor der Insolvenz seines Unternehmens seinen gesamten Besitz auf seine Frau und seine Tochter überschrieben hatte. Gerharter wurde in erster und im Juli 2001 in zweiter Instanz wegen betrügerischer Krida zu 6 Monaten unbedingter und 15 Monaten Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Erst in letzter Instanz wurden im Dezember 2002 mit Urteil des OGH die 6 Monate unbedingt aufgehoben und die Strafe auf die 15 Monate bedingt reduziert.[14][7] Im Zuge des BAWAG-Verfahrens wurde Gerharter ein drittes Mal verurteilt. Zum Verhängnis wurde ihm eine „Spende“ von Ex-Bawag-Chef Helmut Elsner, der ihm 600 000 Euro in einem Plastiksackerl überreichte.[11]

Ab 1996 wurde die geschrumpfte Genossenschaft Konsum Österreich, die auch 2010 noch existiert und mit Jan Wiedey als neuem Vorstandsvorsitzenden vertreten ist,[1][12] wieder wirtschaftlich mit Kleinsupermärkten (zum Verkauf von „Reiseproviant“ im rechtlichen Sinn) im Handel aktiv und hält diverse Beteiligungen.

Okay-Kleinsupermärkte

Aus dem 1954 gegründeten 100 %-Konsum-Tochterunternehmen KOGROSS-Konsumgüter Großverbraucherbelieferungs-Gesellschaft m.b.H. wurde im Juni 1998 die OKAY Managementges.m.b.H.,[15] die zu 40 % an der im Juli 1990 als KOVI Immobiliengesellschaft m.b.H. gegründeten KOVI Warenhandelsgesellschaft m.b.H. beteiligt ist. Die Mehrheit von 60 % hält direkt die Konsum-Österreich-Genossenschaft.[16] Ab 1996 wurden die OKAY-Lebensmittelshops in Verkehrseinrichtungen wie Bahnhöfen mit flexiblen Öffnungszeiten zur Abgabe von „Reiseproviant“ eröffnet. 2006 hatte OKAY österreichweit drei Filialen in Wien mit dem Südbahnhof, dem Westbahnhof und in der Verkehrsstation Wien Mitte-Landstraße, sowie in Krems und Wiener Neustadt. Geplant war (2006) ein Ausbau um weitere 20 Filialen vor allem in der „Bundesbahnregion Ost“.[13]

Die Filiale am Wiener Südbahnhof musste dem Abriss weichen. Es gab zwar eine mündliche Vereinbarung zwischen dem Konsum-Österreich- und Okay-Geschäftsführer Wiedey mit den ÖBB für ein Ersatzlokal am provisorischen Endbahnhof der Südbahn Wien Meidling, dies wurde jedoch von Seiten der ÖBB nicht eingehalten. Wiedey hofft jedoch im neuen Wiener Hauptbahnhof über die spätere Generalbetreibergesellschaft, „die das als Ganzes sieht und nicht mehr nur als Bahnhof, so wie die ÖBB“, wieder einen Okay-Standort bekommen zu können.[17]

Aktuell bestehen folgende operative Standorte:

Bahnhöfe:

·         Wien Westbahnhof als KOVI WarenhandelsgesmbH

·         Bahnhof Wien Mitte als KOVI WarenhandelsgesmbH - OKAY-Reiseproviant

·         Bahnhof Wien Praterstern als OKAY - Reiseproviant Praterstern Nordbahnhof

·         Wien Schottentor (U-Bahn-Passage) als KOVI WarenhandelsgesmbH - OKAY-Reiseproviant

·         St. Pölten Hauptbahnhof als KOVI WarenhandelsgesmbH - OKAY-Reiseproviant

·         Wiener Neustadt Hauptbahnhof als KOVI WarenhandelsgesmbH

·         Bahnhof Krems an der Donau als KOVI WarenhandelsgesmbH

Sonstiger Standort:

·         Wien 9., Alser Straße 88a, als KOVI WarenhandelsgesmbH

Wirtschaftskammer, Gemeinde- und Städtebund haben sich 2008 geeinigt, dass 15% der zu Unrecht eingehobenen Getränkesteuer bis 30.4.2009 an den Handel zurückgezahlt wird. Von dieser Einigung profitieren jedoch nur Steuerpflichtige, die rechtzeitig ein Rechtsmittel eingebracht und dieses in der Folge auch nicht zurückgezogen haben. Mit dieser pauschalen Abgeltung soll erreicht werden, dass die Gemeinden von aufwändigen Ermittlungsverfahren über die Überwälzung Abstand nehmen, und die Steuerpflichtigen dennoch zumindest einen Teil des Steueraufkommens zurückbekommen. Gastgewerbebetriebe können keine Rückvergütung erhalten.

Aus dieser Rückvergütung der Getränkesteuer müssen auch Gelder an die Nachfolgegenossenschaft OKAY Team eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftung. In diesem Zusammenhang ist es von Interesse, wie hoch diese Rückflüsse waren.

 

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen folgende

 

 

ANFRAGE

 

  1. Wie hoch waren die Rückflüsse aus der Getränkesteuer insgesamt?
  2. Wie hoch waren die Rückflüsse aus der Getränkesteuer an die Nachfolgegenossenschaft OKAY Team eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftung?
  3. Wann sind diese Rückflüsse an die Nachfolgegenossenschaft OKAY Team eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftung abgewickelt worden?