3781/J XXV. GP

Eingelangt am 25.02.2015
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Anfrage

 

der Abgeordneten Georg Willi, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Nachteile für den Bundeshaushalt: Dividendenleistung der ASFINAG durch hochdefizitäre Projekte wie die Schnellstraße S 34 gefährdet

 

Die geplante Schnellstraße S 34 hat in der aktuellen Planung noch regionaler begrenzte Auswirkungen als bereits in früheren Planungsvarianten: Sie ist hauptsächlich eine Umfahrung eines Stadtteiles von St. Pölten, über Umwege wird weiters ein neues Betriebsgebiet am südlichen Stadtrand indirekt angeschlossen. Eine Bedeutung über den Regionalverkehr hinaus wird auch von den Initiatoren und vom BMVIT betont in Abrede gestellt.

Umso mehr wäre die Planung/Errichtung Kompetenz und Zuständigkeit der Stadt St. Pölten bzw. des Landes Niederösterreich – im Sinne von Bundesstraßengesetz und Bundesstraßen-Kompetenzbestimmung in Art. 10 Abs 1 Z 9 B-VG „… wegen ihrer Bedeutung für den Durchzugsverkehr …“. Es handelt sich bei einer S 34 als Bundesstraße somit um ein verfassungswidriges Projekt.

Um die Finanzierung der Schnellstraße zu sichern, wurde jedoch in vergangenen Jahren die Lösung gefunden, überregionale Bedeutung (in einem völlig aus der Luft gegriffenen „gedachten Korridor Znojmo/Jihlava – Graz“ u.dgl.) zu unterstellen, um dieses Projekt in Bundeskompetenz zu verschieben und so das NÖ Landesstraßenbudget zu schonen. Dafür fand sich auch eine Mehrheit im Nationalrat, die der verfassungsrechtlich wie erwähnt höchst fragwürdigen Aufnahme ins Bundesstraßengesetz zustimmte. Damit wird der Bau dieser Teil-Umfahrung von St. Pölten aber unnötig größer und teurer dimensioniert und belastet die Republik Österreich bei Bau und Erhaltung auf Generationen finanziell weit mehr als nötig.

 

In der Vergangenheit hat die ASFINAG selbst dargestellt, dass die S 34 als Netzerweiterung für die ASFINAG - immerhin eine Aktiengesellschaft - nicht sinnvoll ist. So heißt es in der ASFINAG-Stellungnahme in der Strategischen Prüfung Verkehr, die in der „Zusammenfassenden Erklärung zur SP-V gemäß § 9 SP-V-Gesetz“ durch das BMVIT von Februar 2006 auf Seite 10 wiedergegeben ist, wörtlich:

Von einem hoch bzw. noch höher negativen Barwert ist unabhängig von den millionenteuren Um- und Neuplanungen des letzten Jahrzehnts weiterhin auszugehen:

·         Es stehen nicht nur diese zusätzlichen Planungskosten zu Buche,

·         es haben sich zusätzlich die in den beiden SP-Vs unterstellten Verkehrsdaten/ Verkehrsprognosen als weit übertrieben, daher unbrauchbar und korrekturbedürftig erwiesen (vgl. Verkehrsuntersuchung 2013 und Stellungnahme Dez.2014 der TU-Wien),

·         und auch die baulichen Realisierungskosten sind mittlerweile zügig auf fast 25 Mio Euro pro Straßenkilometer (ohne Finanzierungskosten) angeschwollen.

 

Im Zuge eines Gespräches von kritischen Vertretern der Region am 7.10.2014 mit der ASFINAG wurde von Herrn DI Alexander Walcher, Geschäftsführer der ASFINAG Bau Management GmbH, bestätigt, dass dieses Projekt noch immer keine sinnvolle Ergänzung im ASFINAG Streckennetz darstelle.

Ähnlich zurückhaltende Aussagen zur Erforderlichkeit des Projekts gab es im Zusammenhang mit der erwähnten Stellungnahme aus der TU-Wien vom Dezember 2014 auch von hoher zuständiger Seite im BMVIT (vgl. http://www.s34.at/neues.html#c117).

 

Auch ein Blick auf die offizielle ASFINAG-Streckengrafik zur S 34 macht deutlich:

·         Kein Lückenschluss im Netz

·         Keine Verbindung von Ballungszentren

·         Keine hochrangige Verbindung

 

Projekte, die wie eine S 34 zum wirtschaftlichen Nachteil des 100-Prozent-Bundes-Unternehmens ASFINAG sind, auch seitens des ASFINAG-Eigentümers möglichst hintanzuhalten wäre nicht nur im Sinne des Aktienrechts dringend geboten.

 

Dem beliebten Verweis darauf, dass die ASFINAG doch zur Gänze nutzerfinanziert – also ausschließlich auf Basis von Mauteinnahmen – agiere und das alles daher die Regierung nichts angehe, ist entgegenzuhalten, dass erstens selbstverständlich der 100-Prozent-Eigentümer Republik Österreich und damit die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für die Schulden der ASFINAG von weit über 10 Mrd Euro haften und dass zweitens die Errichtung weiterer dauerhaft hoch defizitärer Straßen, wie es eine S34 erwiesenermaßen wäre, nicht nur die Schuldenrückzahlung verzögert und damit das Haftungsvolumen höher als nötig hält, sondern dass damit auch die Möglichkeiten der ASFINAG zur Dividendenzahlung an den Eigentümer eingeschränkt und gefährdet werden, also die Einnahmenseite des Bundeshaushalts unter Druck gebracht wird.

 

Projekte, die wie eine S 34

·         sowohl zum wirtschaftlichen Nachteil des 100-Prozent-Bundes-Unternehmens ASFINAG sind

·         als auch Haftungen der Republik unnötig erhöhen bzw. hoch halten

·         als auch durch Gefährdung bzw mutwillige Einschränkung der Dividendenleistungsfähigkeit des entsprechenden Unternehmens den Bundeshaushalt direkt beeinträchtigen

müssten vom Finanzminister aktiv bekämpft werden. Umsomehr von einem Finanzminister, der den Kampf gegen die Staatsverschuldung sehr hoch auf seiner Agenda reiht.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Sehen Sie bei diesem Projekt angesichts der dargelegten Fakten die Vorgaben bzgl. Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit gegeben?

2)    Wenn ja, wie begründen Sie dies? Wenn nein, was werden Sie tun, um das Projekt zu stoppen?

3)    Die ASFINAG hat die Verkehrsdaten bzw. Errichtungskostenschätzung der SP-V dazu genutzt, eine betriebswirtschaftliche Betrachtung des Projektes durchzuführen (auf Basis des Jahres 2006). Dabei ist ein negativer Barwert in der Höhe von € 303 Mio. ermittelt worden. Die S 34 hat in der aktuellen Planung noch regionaler begrenzte Auswirkungen als in früheren Planungsvarianten, zugleich ist mittlerweile erwiesen, dass die auf diesen Verkehrsdaten aufgebauten Verkehrsprognosen weit übertrieben waren, die Einnahmen werden also noch viel geringer als in dieser Barwert-Ermittlung ausfallen, zugleich sind Planungs- und Baukosten gestiegen. Teilen Sie unsere Meinung, dass unter diesen Umständen das Projekt von der ASFINAG nicht gebaut werden darf?
Wenn nein, was sind die begründeten Vorteile, dieses Projekt trotz hoch negativem Barwert umzusetzen?

4)    Wie ist der negative Barwert der S 34 in der aktuell geplanten Form und auf Basis korrekter Verkehrsprognosen konkret zu beziffern?

5)    Wenn eine staatliche Gesellschaft etwas baut, was zu einem hoch negativen Barwert führt, wird der – ohnedies riesige – Schuldenstand dieses Unternehmens unnötig erhöht bzw. die Rückzahlung dieser Schulden unnötig verzögert. Was werden Sie tun, um dies zu verhindern?

6)    Wenn eine staatliche Gesellschaft etwas baut, was zu einem hoch negativen Barwert führt, werden die Haftungen der Republik – also der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – unnötig erhöht bzw. ihr Abbau unnötig verzögert. Was werden Sie tun, um dies zu verhindern?

7)    Wenn eine staatliche Gesellschaft etwas baut, was zu einem hoch negativen Barwert führt, wird die Fähigkeit dieser Gesellschaft, durch Dividendenzahlungen zur Einnahmenseite des Staatshaushalts beizutragen, mutwillig geschmälert, die ASFINAG-Dividendenleistung an die Republik Österreich kommt dadurch also unter Druck. Was werden Sie tun, um dies zu verhindern?

8)    Falls Sie trotz der in Frage 5 bis 7 angeführten Fakten nichts getan haben und nichts tun werden: Wie begründen Sie dies in der Sache?

9)    Werden Sie von der ASFINAG eine Begründung verlangen, falls sie trotz der drohenden Schmälerung ihrer Dividendenleistung an diesem Projekt festhält?

10) Wenn das Projekt wie derzeit beabsichtigt umgesetzt wird, sollen für die Untertunnelung des Flugplatzes von Dietrich Mateschitz 6 Mio € aufgewendet werden. Ist diese Zahl richtig?

11) Stimmt es, dass Dietrich Mateschitz diesen Flugplatz seinerzeit um 400.000 € ersteigert hat?

12) Ist es richtig, dass die daneben angesiedelten Landwirtsfamilien hingegen für den Bau der S 34 – selbstverständlich – um einen Bruchteil dieser Summen abgelöst bzw. nötigenfalls enteignet werden sollen?

13) Finden Sie es richtig, dass für einen Flugplatz in privatem Eigentum, der hauptsächlich Freizeitvergnügens-Zwecken dient, eine Untertunnelung öffentlich finanziert werden soll, für einen Bauern zwecks Erhalt der für seine wirtschaftliche Existenz unverzichtbaren Nutzflächen dasselbe aber nicht gilt, sondern völlig andere, viel weniger großzügige Maßstäbe angesetzt werden?

14) Können Sie bestätigen, dass diese Vorgangsweise gleichheitswidrig und somit verfassungsrechtlich höchst bedenklich ist? Wenn nein, warum nicht?