Eingelangt am 25.02.2015
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ANFRAGE
des
Abgeordneten Doppler
und
weiterer Abgeordneter
an den
Bundesminister für Finanzen
betreffend
Energieabgabenvergütungsgesetz
Das Energieabgabenvergütungsgesetz wurde mehrfach
geändert und letztendlich mit 31.12.2010, im Zuge eines
großkoalitionären Sparpakets, eingeschränkt. Seit 1.1.2011 gilt,
dass ausschließlich Betriebe, deren Tätigkeitsschwerpunkt in der
Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter liegt, die Vergütung
beantragen können. Allerdings ist nicht mehr der „betriebliche
Zweck“ für die Vergütung ausschlaggebend, sondern die
Verwendung der Energie für einen „Produktionsprozess“.
Dieses Gesetz brachte für viele
betroffene Betriebe massive finanzielle und existenzielle Probleme mit sich,
welche sich nicht nur im Wettbewerbsnachteil heimischer Gastronomie- und
Tourismusbetrieben gegenüber Konkurrenten in den Nachbarländern
begründen.
Nachdem sich die Beschwerden Betroffener
häuften und einige, massive Ungereimtheiten hinsichtlich der Umsetzung,
des Zustandekommens, der Kommunikation und des Verfahrens der Bundesregierung
hinsichtlich dieses Gesetzes nicht ausgeräumt werden konnten, hat das
Bundesfinanzgericht dem Gerichtshof der Europäischen Union, Fragen
gemäß Art 267 AEUV zur Vorabentscheidung vorgelegt.
(Ersichtlich unter: https://findok.bmf.gv.at/findok?execution=e1s1&segmentId=632556c3-6e2d-4142-9e4d-f50d10e0664).
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten
Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen folgende
Anfrage
- Wie viele Anträge auf
Energieabgabenvergütung wurden für den Zeitraum vom 1.1.2006 bis
zum 31.12.2010 gestellt? (aufgegliedert nach Jahren, Branchen [ÖNACE
Gruppen] und Bundesländern)
- Wie viele Unternehmen erhielten in diesem Zeitraum
eine Energieabgabenvergütung? (aufgegliedert nach Jahren, Branchen [ÖNACE
Gruppen] und Bundesländern)
- Wie hoch waren die durchschnittlichen, jährlich
vergüteten Beträge pro Antragsteller in diesem Zeitraum?
(aufgegliedert nach Jahren, Branchen [ÖNACE Gruppen] und
Bundesländern)
- Wie hoch war in diesem Zeitraum der
durchschnittliche Nettoproduktionswert der jeweils antragstellenden
Unternehmen? (aufgegliedert nach Jahren, Branchen [ÖNACE Gruppen] und
Bundesländern)
- Wie viele Anträge auf
Energieabgabenvergütung wurden für den Zeitraum vom 1.1.2011 bis
zum 31.12.2014 gestellt? (aufgegliedert nach Jahren, Branchen[ÖNACE
Gruppen] und Bundesländern)
- Wie viele Unternehmen erhielten in diesem Zeitraum
eine Energieabgabenvergütung? (aufgegliedert nach Jahren, Branchen [ÖNACE
Gruppen] und Bundesländern)
- Wie hoch waren die durchschnittlichen, jährlich
vergüteten Beträge pro Antragsteller in diesem Zeitraum?
(aufgegliedert nach Jahren, Branchen [ÖNACE Gruppen] und
Bundesländern)
- Wie hoch war in diesem Zeitraum der
durchschnittliche Nettoproduktionswert der jeweils antragstellenden
Unternehmen? (aufgegliedert nach Jahren, Branchen [ÖNACE Gruppen] und
Bundesländern)
- Wie wirkte sich die Abschaffung der
Energieabgaben-Rückvergütung auf die jeweiligen Budgets bis zum
derzeitigen aus? (Bitte um detaillierte Aufgliederung)
- Wie beziffern Sie den durch dieses Gesetz und den
damit verbundenen Wettbewerbsnachteil entstandenen finanziellen Schaden
für die betroffenen Unternehmen?
- Wie beziffern Sie den durch dieses Gesetz
entstandenen Gesamtschaden für die betroffenen Unternehmen?
- Ist es richtig, dass das Bundesministerium für
Finanzen schon vor Beschlussfassung des Gesetzes geplant hatte, die
Beihilfe von der Europäischen Kommission im Sinne der Art. 107 und
108 AEUV genehmigen zu lassen, wie den Salzburger Nachrichten vom
8.11.2010 zu entnehmen ist?
(„Diesmal werde man sich
die Regelung von vornherein von der EU-Kommission beihilfenrechtlich genehmigen
lassen“, sagt Harald Waiglein, Sprecher von Finanzminister Josef
Pröll. 2009 hat das Finanzministerium rund 1,25 Mrd. Euro über die
Energieabgabe eingenommen, von denen 593 Mio. Euro, also fast die Hälfte,
wieder zurückgezahlt wurde.)
- Ist es richtig, dass für solche Anträge
auf Genehmigung einer staatlichen Beihilfe das Bundesministerium für
Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft nicht aber das Bundesministerium
für Finanzen zuständig ist?
- Ist es richtig, dass sich diesbezüglich weder
das eine noch das andere Ministerium um diese Genehmigung gekümmert
hat?
- Wenn ja, warum nicht?
- Wenn nein, was unternahm Ihr Ressort dahingehend?
- Wer hatte wann und warum beschlossen an die Europäische
Kommission eine Mitteilung im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 800/2008 der Kommission
vom 6. August 2008 zur Erklärung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen
von Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt in Anwendung der Artikel 87 und 88
EG-Vertrag (allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung - AGVO) zu senden?
- Wie kam es zu einer Laufzeit von 1.2.2011 bis
31.12.2013 und wo findet sich diese Befristung innerstaatlich?
- Ist daher die Änderung der
Energieabgabenvergütung gemäß BGBl Nr. I 111/2010 mit 31.12.2013
(wie in der Mitteilung an die Europäische Kommission beschrieben)
ausgelaufen und steht daher den „Dienstleistungsbetrieben“ ab
1.1.2014 die Energieabgabenvergütung wieder zu?
- Es soll bereits ablehnende Bescheide für
Anträge auf Vergütung von Energieabgaben für 2014 von „Dienstleistern“
geben. Welche Informationen wurden diesbezüglich an die Behörden
weitergegeben und wie werden diese Ablehnungen begründet?
- Die EBzRV führen aus: „Wird die
Änderung des Energieabgabenvergütungsgesetzes von der
Europäischen Kommission als erlaubte staatliche Beihilfe genehmigt,
dann ist die gesetzlich vorgesehene Einschränkung auf
Produktionsbetriebe mit 1.Jänner 2011 anzuwenden, sodass ab diesem
Zeitpunkt Dienstleistungsbetriebe für die Verwendung von Energie
keinen Anspruch auf Energieabgabenvergütung haben.“
Gemäß BGBl. Nr. I 111/2010
und den zugehörigen erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage,
gilt der 1.1.2011 als einzig möglicher Zeitpunkt des Inkrafttretens
– warum wurde, wenn angeblich immer schon eine Anwendung der AGVO angedacht
war, die Mitteilung an die Kommission nicht wie in Kapitel 1 der AGVO (Art 9
Abs. 1) gefordert, innerhalb der 20 Arbeitstage, gerechnet vom 1.1.2011 an die
Europäische Kommission gesendet?
- Warum wurden auch weitere verpflichtende
Vorschriften des Kapitels 1 der AGVO nicht eingehalten:
a. Warum findet sich im Gesetzestext
kein Verweis auf die AGVO?
b. Warum findet sich im Gesetzestext
kein Verweis auf die Fundstelle im Amtsblatt der der Europäischen Union?
c. Warum ist dem Gesetzestext die
Anwendung der AGVO nicht zu entnehmen?
d. Warum wurde nicht der
vollständige Wortlaut der Maßnahme am 1.1.2011 veröffentlicht
bzw. wann und wo erfolgte die vollständige Veröffentlichung?
e. Warum wurde die an die Kommission
gemeldete „Laufzeit“ nicht in das Gesetz aufgenommen und daher
dieses Gesetz befristet erlassen?
f. Warum wurde in das Gesetz nicht die
in Art 25 Abs. 3 geforderte Höchstlaufzeit von 10 Jahren aufgenommen?
- Wie argumentieren Sie, dass es sich bei der
Energieabgabenvergütung um eine „Umweltschutzbeihilfe“ im
Sinne des Art 25 iVm Art 17 AGVO (alt) handelt, obwohl keine wie immer
gearteten Umweltschutzmaßnahmen gefordert sind, sondern vielmehr die
Vergütung umso höher ist, je mehr man die Umwelt verschmutzt?
- Wie sehen Sie die mehr als kritischen Rechnungshofberichte,
welche auf Seite 10 und 11 des Ersuchens um Vorabentscheidung genannt
werden und warum wurde darauf nicht reagiert?
- Gilt die Verlängerung der AGVO bis 30.06.2014
auch für die Energieabgabenvergütung?
- Wenn ja, wie wird dies argumentiert?
- Ab 1.7.2014 gilt die neue AGVO (Verordnung (EU) Nr.
651/2014 der Kommission vom 17.Juni 2014, Amtsblatt der Europäischen
Union Nr. L 187 vom 26. Juni 2014, S. 1; berichtigt durch Bekanntmachung
der Kommission vom 17. Juni 2014, Amtsblatt der Europäischen Union
Nr. L 283 vom 27. September 2014, S. 65; Pressemitteilung der
Europäischen Kommission vom 21. Mai 2014).
Welche Maßnahmen wurden
diesbezüglich seitens Ihres Ressorts gesetzt?
- Ist es richtig, dass eine Freistellung für die
Energieabgabenvergütung als unerlaubte staatliche Beihilfe über
die AGVO durch die Neufassung der AGVO nunmehr jedenfalls nicht mehr möglich
ist und jedenfalls ein Verfahren gemäß Art 108 Abs. 3
eingeleitet werden muss?
- Wenn ja, wurde dieses Verfahren bereits eingeleitet?
- Wenn ja, von wem wurde dieses Verfahren eingeleitet?
- Wie wurde innerstaatlich darauf reagiert?
- Gibt es eine Stellungnahme seitens der Republik
Österreich an den EuGH im Zusammenhang mit dem Ersuchen um
Vorabentscheidung des BFG an den EuGH?
- Wenn ja, wie wird dort die Anwendung der AGVO
argumentiert und wo findet sich diese Stellungnahme?
- Welche Konsequenzen ergeben sich, wenn der EuGH eine
oder mehrere der vorgelegten Fragen bejaht?
- Besteht die Gefahr, dass es sich bei der
Energieabgabenvergütung in der Fassung des BGBl.Nr. I 111/2010 um
eine unerlaubte, nicht genehmigte staatliche Beihilfe handelt?
- Wenn nein, warum nicht?
- Wenn ja, welche Folgen würden sich daraus
für die Beihilfeempfänger ergeben?
- In welchem Bundesgesetzblatt findet sich innerstaatlich
das Inkrafttretedatum 1.2.1011, welches der Europäischen Kommission
bekannt gegeben wurde?
- In welchem Bundesgesetzblatt findet sich
innerstaatlich das Außerkrafttretedatum 31.12.1013, welches der
Europäischen Kommission bekannt gegeben wurde?
- Gemäß Artikel 23e. (1) B-VG hat der
zuständige Bundesminister den Nationalrat und den Bundesrat
unverzüglich über alle Vorhaben im Rahmen der Europäischen
Union zu unterrichten und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
Wie und wann wurden Nationalrat und
Bundesrat über die am 7.2.2011 erfolgte Mitteilung gemäß AGVO
an die Europäische Kommission unterrichtet?
- Aus der Stellungnahme zum Gesetzesentwurf des
Bundeskanzleramt-
Verfassungsdienstes:
„Zu Art. 16
(Änderung des Energieabgabenvergütungsgesetzes):
(…) Im Interesse der
einfacheren Rechtsanwendung und zu Erhöhung der
Rechtssicherheit sollte
geprüft werden, den Bundesminister für Finanzen zur
Kundmachung im BGBl. zu
verpflichten, wenn die Genehmigung der
Europäischen Kommission
erfolgt ist (vgl. etwa § 32d Abs. 1 des
Ökostromgesetzes).“
Warum wurde die angebliche Genehmigung
der Europäischen Kommission nicht im Bundesgesetzblatt
veröffentlicht?
- Wo liegt für Ihr Ressort der Unterschied
zwischen „Genehmigung
der Europäischen
Kommission“ und einer Freistellungsanzeige im Sinne der AGVO, oder handelt
es sich dabei um denselben Inhalt verschiedener Begriffe?
- Wenn nicht, wie muss dann der Begriff des
Gesetzestextes in § 4 Abs. 7
Energieabgabenvergütungsgesetz
gedeutet werden?
- Die EBzRV zum BBG 2010, BGBl. Nr.
I 111/2010 führen aus:
„Sollte die
Änderung von der Europäischen Kommission nicht genehmigt
werden, so bleibt die
bisherige Rechtslage unverändert und es haben sowohl
Produktionsbetriebe als auch
Dienstleistungsbetriebe Anspruch auf eine
Energieabgabenvergütung.“
Der Gesetzgeber geht also davon aus,
dass es eine Nichtgenehmigung geben könnte.
Wie und auf welche Weise hätte es
im Verfahren nach der AGVO eine Nichtgenehmigung geben können?
- Ist in diesem Verfahren so etwas vorgesehen, oder
zeigt auch das, dass nur von einer Notifikation durch die Europäische
Kommission ausgegangen wurde und eine Anwendung der AGVO nicht angedacht wurde?
- In welchem Rechtsakt sieht das Bundesministerium
für Finanzen die „Genehmigung der Europäischen
Kommission“?
- Auf welche Weise wurde dies innerstaatlich
kommuniziert?
- Artikel 10 der AGVO befasst sich mit der
Beihilfenkontrolle. Wurde die Regelung der Energieabgabenvergütung
bereits kontrolliert und wenn ja, wo und wie kann man die Ergebnisse
einsehen?
- Wenn nein, warum nicht?
- Gibt es die dort genannten Aufzeichnungen und wo und
wie kann man sie einsehen?
- Wie und wo kann man die in Artikel 11 AGVO
vorgeschriebenen Jahresberichte einsehen und wird die Forderung, dass
diese auch die Internetadresse, auf der der vollständige Wortlaut der
Beihilfenmaßnahme nachzulesen sein muss, eingehalten?
- Welche Maßnahmen sind seitens Ihres Ressorts geplant,
sollte der EuGH die Anwendung der AGVO als zu Unrecht erkennen?
- Ist es geplant, der zu erwartenden Entscheidung des
EuGH vorzugreifen und die Energieabgabenvergütung den
„Dienstleistern“ rückwirkend bis Februar 2011
zuzuerkennen?
- Wurde dies im Budget 2015 berücksichtigt bzw. wie
sollen eventuelle Zahlungen der Vergütungen an
„Dienstleister“ finanziert werden?