3987/J XXV. GP

Eingelangt am 03.03.2015
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Ing. Dietrich

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesministerin für Gesundheit

betreffend „ADHS Broschüre Verein ADAPT“

 

Immer mehr Kinder nehmen Psychopharmaka, doch es ist nicht einmal geklärt, ob die betreffenden Mittel wie Ritalin, Concerta, Strattera etc. bei landläufigen ADHS-Diagnosen überhaupt etwas bewirken.

Psychopharmaka sind dennoch ein Milliardengeschäft: Schon 2003 wurden allein in den USA damit Umsätze von 2,8 Mrd. Dollar (zwei Mrd. Euro) gemacht. Das war allerdings verschwindend wenig gegen den aktuellen Wert von weit über 18 Mrd. Dollar. Und von Anfang an hatten die Pharmafirmen Eltern im Visier, die ihre Kinder „dopen“ wollen - oder glauben, das tun zu müssen. Wurde anfangs noch damit geworben, dass Kinder durch die Präparate „braver“ oder „leistungsfähiger“ seien, bemächtigte sich die Industrie später aggressiv des Themas ADHS.

 

„Gerade neben personellen und finanziellen Verflechtungen- denn die lautesten Befürworter der Medikation von ADHS werden oft über Umwege von Pharmafirmen bezahlt- deckte ein New York Times Artikel auf, dass der Ritalin-Produzent Ciba-Geigy die maßgebende ADHS-Eltern-Selbsthilfegruppe CHADD de facto finanzierte.“[1]

 

„Ein international agierender Produzent von ADHS-Medikamenten mit Sitz auf der Insel Jersey spendierte der deutschen Selbsthilfegruppe ADHS Deutschland e.V. für Telefonberatung im vergangenen Jahr mehrere tausend Euro. Selbsthilfegruppen gelten als gute Multiplikatoren für Arzneimittel.[2]

 

Der Verein ADAPT hat gemeinsam mit der Firma Eli Lilly eine Broschüre zum Thema ADHS veröffentlicht[3] mit dem Titel „ADHS- Ein Ratgeber für Eltern und Interessierte“:

 

„Der ADHS-Ratgeber wurde von der Firma Eli Lilly, einem führenden, forschenden Pharmazeutischen Unternehmen, in Zusammenarbeit mit der österreichischen Selbsthilfegruppe Verein ADAPT unter dem Fachbeirat von Ass.-Prof. Dr. Brigitte Hackenberg erstellt. Er soll Ihnen auch in Ihrem Gespräch mit dem behandelnden Arzt oder Therapeuten behilflich sein.“[4]

Laut Arzneimittelgesetz ist dies jedoch verboten:

§ 51. (1) Laienwerbung darf nicht für                                                                                        

1. Arzneispezialitäten, die der Rezeptpflicht unterliegen,

(…) betrieben werden.

§ 52. (1) Laienwerbung muss so gestaltet sein, dass der Werbecharakter deutlich zum Ausdruck kommt und das Produkt eindeutig als Arzneimittel dargestellt wird. Werbung und redaktionelle Beiträge sind deutlich zu trennen.

(2) Laienwerbung hat, sofern in Abs. 4 nichts anderes bestimmt ist, zumindest folgende Angaben zu enthalten:                                                                                      

1.         den Namen der Arzneispezialität und die wissenschaftlich übliche Bezeichnung des Wirkstoffes, sofern das Arzneimittel nur einen Wirkstoff enthält,

2.         die für die sinnvolle Anwendung der Arzneispezialität unerlässlichen Informationen und

3.         einen deutlich wahrnehmbaren Hinweis darauf, dass Arzneimittel neben Wirkungen auch unerwünschte Wirkungen hervorrufen können und daher die Gebrauchsinformation genau zu beachten oder der Rat eines Arztes oder Apothekers einzuholen ist. Erfolgt die Werbung über akustische oder audiovisuelle Medien, so muss dieser Hinweis akustisch deutlich wahrnehmbar sein.

(…)

•  § 53. (1) Laienwerbung darf keine Elemente enthalten, die                                                                                                                 

1.         bildliche Darstellungen im Zusammenhang mit Angehörigen der Heilberufe oder Einrichtungen des Gesundheitswesens aufweisen,

(…)

10.       durch eine ausführliche Beschreibung oder Darstellung der Anamnese zu einer falschen Selbstdiagnose verleiten könnten.

Zudem ist hier ebenso das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 (UWG), insbesondere §2, zu beachten.

Tatsächlich ist es so, dass die Broschüre unter anderem folgende Darstellungen/Grafiken enthält:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abb. 1[5]

Abbildung 1[6]

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an die Frau  Bundesminister für Gesundheit nachstehende

 

Anfrage

 

1)    Wird der gemeinnützige Verein ADAPT von der öffentlichen Hand unterstützt, wenn ja von wem, in welcher Höhe und mit welcher Begründung?

2)    Wird der gemeinnützige Verein ADAPT von der Firma Eli Lilly finanziell unterstützt?

3)    Wenn er finanzielle Zuwendungen von der Firma Eli Lilly erhalten hat, wo wäre dies nachzulesen?

4)    Ist geplant, dass Vereine, die sich im Informationsbereich der Gesundheit bewegen (wie der Verein ADAPT), zur Offenlegung ihrer Sponsoren und der Höhe ihrer Sponsorengelder verpflichtet werden und, wenn nein, warum nicht?

5)    Ist es gesetzlich zulässig, dass die Firma Eli Lilly in der vom Verein ADAPT veröffentlichten Informationsbroschüre für „Eltern und Interessierte“ zum Thema ADHS Werbung für den Wirkstoff „Atomoxetin“ macht, einem Psychopharmakon, bekannt unter dem Namen „Strattera“, deren alleiniger Hersteller die FA Eli Lilly ist?

6)    Ist es gesetzlich zulässig, dass in einer an Laien gerichtete Broschüre eine nähere Beschreibung zu dem Psychopharmakon Strattera und seinem Vorteil erfolgt (auch wenn der Name nicht explizit fällt, Atomoxetin/Strattera jedoch das einzige Nicht-Stimulans ist, welches im Mai 2006 für die Behandlung von ADHS zugelassen wurde)?

7)    Ist es gesetzlich zulässig, dass eine Broschüre für Laien, also Eltern, Lehrer, Therapeuten und Interessierte bildliche Darstellungen im Zusammenhang mit Angehörigen der Heilberufe oder Einrichtungen des Gesundheitswesens aufweist?

8)    Ist es zulässig, dass eine Oberärztin der Medizinischen Universität Wien, nämlich Univ. Prof.in Dr.in Brigitte Hackenberg ihr Konterfei und Empfehlungen in einer Laienbroschüre zur Verfügung stellt, in der Werbung für verschreibungspflichtige Wirkstoffe gemacht werden?

9)    Hat eine Universitätsprofessorin, in diesem Fall Dr. Brigitte Hackenberg im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Einfluss darauf, welche Produkte bei der Behandlung von ADHS verwendet werden? Wenn ja welchen, wenn nein, warum nicht?

10) Sehen Sie eine generelle Unvereinbarkeit bei einer hauptberuflichen Tätigkeit als medizinische Expertin der Universität Wien bei der Mitwirkung an einer Laien-Broschüre, in der Werbung für Psychopharmaka gemacht wird? Wenn nein, warum nicht?

11) Ist es gesetzlich zulässig, dass in einer Laienbroschüre als direkter Informations-Kontakt die Firma Eli Lilly angegeben ist, die der Hersteller des ADHS Psychopharmakons Strattera ist?

12) Ist es gesetzlich zulässig, dass der verschreibungspflichtige Wirkstoff Methylphenidat, welcher dem Suchtmittelgesetz unterliegt, in einer Laienbroschüre als Empfehlung erwähnt wird?



[1] Quelle: http://orf.at/stories/2210588/2210589

[2] http://www.deutschlandfunk.de/rheinland-pfalz-immer-mehr-kinder-mit-adhs-diagnose.680.de.html?dram:article_id=288068

[3] Quelle: http://www.patienten-broschüren.at/scripts/getfile.php?fid=5461

[4] Quelle: http://www.patienten-broschüren.at/scripts/getfile.php?fid=5461

[5] Quelle: http://www.patienten-broschüren.at/scripts/getfile.php?fid=5461

[6] Quelle: http://www.patienten-broschüren.at/scripts/getfile.php?fid=5461