4046/J XXV. GP

Eingelangt am 05.03.2015
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr. Franz

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend „Abgabenrechtliche Nachschauen gem. § 144 BAO in 70 Tierarztpraxen in der Steiermark und in Kärnten“

 

 

Am 24. und 25. November 2014 haben die Finanzbehörde und die Finanzpolizei abgabenrechtliche Nachschauen gem. § 144 BAO und Kontrollen der Anmeldung vor Arbeitsbeginn gem. ASVG in 70 Tierarztpraxen in der Steiermark und in Kärnten durchgeführt. Die Österreichische Tierärztekammer, Landesstelle Steiermark übermittelt in der Anlage den Schriftverkehr mit der Finanzbehörde (Steuer- und Zollkoordination Süd) und der Finanzpolizei (Regionale Leitung der Finanzpolizei Kärnten und Steiermark) im Zusammenhang mit diesen Kontrollen.

 

Die als Routinekontrollen bezeichneten Nachschauen wurden durch  die Beamten der Finanzpolizei sowie der Betriebsprüfungsabteilungen unangemeldet, während der Ordinationszeiten, in Anwesenheit von Kunden der tierärztlichen Ordinationen und in teilweiser Unkenntnis des Arbeitsablaufs in tierärztlichen Ordinationen durchgeführt. Es wurden Kassenprüfungen vorgenommen und Einschau in Unterlagen (Terminkalender, Kunden- und Patientenkarteien, Arzneimittelanwendungs- und –abgabebelege) verlangt, die in keinem nachvollziehbaren Zusammenhang mit einer Überprüfung der Erfüllung steuerlicher Verpflichtungen standen.

 

Die Interpretation der Bestimmungen der BAO durch die Finanzbehörden geht weit über das Ziel der Überprüfung der Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen hinaus.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Herrn Bundesminister für Finanzen nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Die Kontrolle der Einhaltung einschlägiger berufsrechtlicher Verpflichtungen (z.B. berufsrechtliche Aufzeichnungsverpflichtungen) fällt nicht in die Kompetenz der Finanzbehörde, sondern in die Kompetenz der fachlich zuständigen Veterinärbehörde. Das wird jedoch von der Finanzbehörde als Grund angeführt. Wie begründen Sie Ihre Vorgangsweise?

 


2.    Eine Überprüfung der Aufzeichnungspflichten fällt nur insoweit in die Kompetenz der Finanzbehörde, als diese Aufzeichnungen die finanzielle Gebarung und die damit verbundenen Abgaben (Steuern und Gebühren, steuerliche Verpflichtungen) betreffen. Wie begründen Sie Ihre Vorgangsweise?

 

3.    Wie begründen Sie Ihre Vorgangsweise, die ohne das Vorliegen eines konkreten Verdachts des Sozial- und Abgabenbetrugs erfolgt ist?

 

4.    Wie begründen Sie (gesetzlich), dass Aufzeichnungen einer Tierarztpraxis, die auf Grund berufsrechtlicher Verpflichtungen zu führen sind (Tierärztegesetz, Tierarzneimittelkontrollgesetz, Apothekengesetz, Apotheken-betriebsordnung, Tierseuchengesetz, Tiergesundheitsdienstverordnung, Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, Rückstandskontrollverordnung, Veterinär-Antibiotika-Mengenströme-Verordnung) und die ausschließlich Patienten- und Kundendaten enthalten, den Finanzbehörden jederzeit zur Verfügung gestellt werden müssen?

 

5.    Wie begründen Sie (gesetzlich) die Einschau in „Aufzeichnungen zum Medikamentenverbrauch, Rückstandskontrollverordnung 2006 - Zeitvorgabe für Schlachtverbot bei Verabreichung bestimmter Anabolika“?

 

6.    Welche Bedeutung hat Ihrer Meinung nach die Kontrollkompetenz der Veterinärbehörde zur Einhaltung der Bestimmungen zum Schutze der Gesundheit?

 

7.    Wie begründen Sie (gesetzlich) den Zusammenhang der Kontrolltätigkeit Ihres Ressorts mit den für Tierärzte relevanten Bestimmungen zum Schutze der Gesundheit: die Bestimmungen des Tierärztegesetzes, des Tierarzneimittelkontrollgesetzes, des Apothekengesetzes, der Apothekenbetriebsordnung, des Tierseuchengesetzes, der Tiergesundheitsdienstverordnung, des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, der Rückstandskontroll-verordnung und der Veterinär-Antibiotika-Mengenströme-Verordnung?

 

8.    Aufzeichnungen zum Medikamentenverbrauch haben nur bei Anwendung von Tierarzneimitteln an bzw. bei Abgabe für die Anwendung an lebensmittelliefernden Tieren geführt zu werden. Sofern Anwendungen und Abgaben von Tierarzneimitteln aus der tierärztlichen Hausapotheke bei Tieren, die nicht der Lebensmittelgewinnung dienen, geführt werden, handelt es sich dabei um vertrauliche Patienten- bzw. Kundendaten. Weder aus den Aufzeichnungen zum Medikamentenverbrauch im Rahmen der Tierarzneimittelanwendung bei Lebensmittel-liefernden Tieren noch bei solchen, die nicht der Lebensmittelgewinnung dienen, kann ein Rückschluss auf die Erfüllung steuerrechtlicher Verpflichtungen gezogen werden. Wie begründen Sie (gesetzlich) einen solchen Rückschluss?

 

9.    Unbestritten ist, dass für abgabenrechtliche Kontrollen die zu führenden, abgaberechtlich relevanten Aufzeichnungen zum Tierarzneimitteleinkauf und Tierarzneimittelverkauf vorzulegen sind. Welche Sach- und Fachkompetenz haben die Organe der Finanzbehörde, um die geforderten „Aufzeichnungen zum Medikamentenverbrauch“ korrekt zu beurteilen?

 

10.  Die Rückstandskontrollverordnung normiert ausschließlich die Aufzeichnungspflichten von Verfügungsberechtigten von Betrieben, „die Nutztiere halten, sowie Betrieben, die Erzeugnisse der Aquakultur … erzeugen, aufziehen, halten oder in Verkehr bringen, als auch Betrieben, die Milch, Eier oder Honig in Verkehr bringen“. Der Verfügungsberechtigte eines Betriebes hat im Rahmen eines Eigenkontrollsystems durch entsprechende Aufzeichnungen im Bestandsregister für die Einhaltung der Bestimmungen der Rückstandskontrollverordnung (kurz zusammengefasst das Verbot, vorschriftswidrig behandelte Tiere oder tierische Produkte in einen Bestand einzubringen, zu halten oder in Verkehr zu bringen, sowie das Gebot, nur Tiere zur Lebensmittelgewinnung heranzuziehen oder zur Schlachtung in Verkehr zu bringen, bei denen nach Verabreichung von zugelassenen Stoffen oder Erzeugnissen die vorgeschriebene Wartezeit eingehalten worden ist) zu sorgen. Der behandelnde Tierarzt ist gemäß den Bestimmungen des § 12 Abs. 1 Rückstandskontrollverordnung „verpflichtet, im Rahmen seiner Tätigkeit … im Bestandsregister (Hinweis: des tierhaltenden Betriebes!) fortlaufend Zeitpunkt und Art der verordneten oder durchgeführten Behandlungen, die genauen Angaben zur Identität der behandelten Tiere und bei Erzeugnissen der Aquakultur die genaue Kennzeichnung der Teiche sowie die jeweiligen Wartezeiten noch am Tage der Behandlung einzutragen. Welche (gesetzliche) Kontrollkompetenz sehen Sie hier für Ihr Ressort gegeben?

 

11.  Gem. § 12 Abs. 3 Rückstandskontrollverordnung hat der behandelnde Tierarzt „den Tierhalter, Betriebsinhaber beziehungsweise Produzenten bei der Verschreibung, Verabreichung oder Abgabe von Arzneimitteln, die Rückstände verursachen, nachweislich über die einzuhaltende Wartezeit zu informieren.“ Die Rückstandskontrollverordnung schränkt daher die Arzneimittel, für die eine Nachweispflicht für die Information über die einzuhaltende Wartezeit besteht, auf Tierarzneimittel ein, die Rückstände verursachen. Welche Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen des Tierarztes wollen sie aus Aufzeichnungen gem. Rückstandskontrollverordnung, die der Verfügungsberechtigte eines Betriebes zu führen hat, und die ausschließlich lebensmittelliefernde Tiere betreffen, die mit Arzneimitteln behandelt wurden, die Rückstände verursachen, ersehen?

 

12.  Wie beurteilen sie (gesetzlich) und worin begründet sich Ihre Sachkenntnis in Fragen des Veterinär- und Lebensmittelrechtes bezüglich der Zielsetzung der am 24. und 25. November 2014 durchgeführten Nachschauen sei u.a. die „Einhaltung der Bestimmungen zum Schutze der Gesundheit … Rückstandskontrollverordnung 2006 – Zeitvorgabe für Schlachtverbot bei Verabreichung gewisser Anabolika“ wenn in Österreich kein Anabolikum als Tierarzneimittel zugelassen ist, da diese illegal sind?

 

13.  Ist Ihnen bekannt, dass Kontrollmaßnahmen hinsichtlich Rückständen von pharmakologisch wirkenden Stoffen und deren Umwandlungsprodukten sowie von anderen Stoffen, die auf Lebensmittel tierischer Herkunft übergehen und für den Menschen gesundheitsschädlich sein können in lebenden Tieren und Lebensmitteln tierischer Herkunft, von den Veterinärbehörden nach Umfang und Häufigkeit gem. der in § 2 Rückstandskontrollverordnung genannten EU-rechtlichen Bestimmungen mittels Stichproben auf Grund eines von der Bundesministerin für Gesundheit mindestens einmal jährlich für das gesamte Bundesgebiet erstellten Überwachungsplanes (§ 3 Rückstandskontrollverordnung) durchgeführt werden? Wenn nein, warum nicht?

 

14.  Anabolika sind verboten. Welche Tierarzneimittelanwendungs- und –abgabebelege für diese und alle anderen, nicht zugelassenen Stoffe und Dokumentationen der Anwendung dieser Stoffe im Bestandsregister des Landwirtes existieren, erwarten Sie?

 

15.   Wie begründen Sie die die sachlich völlig ungerechtfertigte Aufforderung der Finanzbehörde im Rahmen der durchgeführten Nachschauen, „Aufzeichnungen zum Medikamentenverbrauch, Rückstandskontrollverordnung 2006 – Zeitvorgabe für Schlachtverbot bei Verabreichung gewisser Anabolika“ vorzulegen?