4184/J XXV. GP

Eingelangt am 16.03.2015
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Nurten Yilmaz

und GenossInnen

an den Bundesminister für Justiz

betreffend Vorfälle nach dem Fußballspiel SK Rapid Wien gegen 1. FC Nürnberg am 7. September 2013 und die möglicherweise fragwürdigen Reaktionen der Staatsanwaltschaft

 

Am 7. September 2013 fand im Hanappi-Stadion in Wien Hütteldorf ein Freundschaftsspiel zwischen dem SK Rapid Wien und dem 1. FC Nürnberg statt, welches Rapid 1:3 verlor. Die 6.200 Zuschauer, darunter 2.000 deutsche Anhänger sorgten im Stadion für eine tolle und friedliche Stimmung.

 

Die Zeitung ,,Österreich“ vom 9.9.2013, Seite 13 schrieb zu den Ereignissen:

„Erst tolle Choreographie. Gemeinsam mit ihren Fußballbrüdern von Rapid marschierte die Masse dann zum Stadion. Zu Spielbeginn inszenierten die beiden Fankurven Hingucker-Choreographien. Doch nach dem Schlusspfiff offenbarte sich vor den Toren des Stadions die totale Schattenseite der innigen Verbundenheit....“

 

Die „Kronenzeitung“ vom 9.9.2013, Seite 49, Wien Abend schrieb:

„Der vermeintliche Auslöser der Ausschreitung klingt vergleichsweise harmlos, war laut Polizei eine von sieben Fans manipulierte Videokamera in der Tiefgarage'- also Sachbeschädigung. Doch die Tatsache, dass Beamte ihren Job gemacht haben und die, Täter anhielten‘, sollen gewaltbereite Fans als Provokation gewertet haben. Die Lage eskalierte für einige Minuten. Auf Seiten der Fans spricht man im Internet von unverhältnismäßig prügelnden Polizisten, die eine friedliche Party in ein Schlachtfeld verwandelt haben. Mit verletzten Frauen und Kindern‘. Die Fanklubs sammeln jetzt Fotos und Videos, wollen sich mit rechtlichen Schritten wehren. “

 

Anlässlich des aufgrund der genannten Vorfälle stattfindenden Prozesses am

Landesgericht für Strafsachen liest man im „Kurier.at“ vom 23. Juli 2014:

„29 wegen ,Landfriedensbruch‘ auf der Anklagebank.... Die Palette an Vorwürfen ist breit und variiert je nach Angeklagtem: Sie reicht von (versuchter) schwerer Körperverletzung, schwerer Sachbeschädigung (34.600 Euro), Widerstand gegen die Staatsgewalt bis zu Landfriedensbruch, den Schön (Staatsanwältin) allen 29 zur Last legt. ... Widerspruch erntet sie von allen sieben Verteidigern. Niemand hat sich verabredet, das entstand aus der Situation heraus‘, erklärte etwa Anwalt Nikolaus Rast. Schwere Vorwürfe gegen die Anklagebehörde brachte Manfred Arthofer, Anwälte von gleich 22 Rapid-Fans, vor. Der Video-Zusammenschnitt der Staatsanwaltschaft sei ,manipulativ‘ und das Rohmaterial nicht ausgehändigt worden. Genau das wird in der Verhandlung gezeigt. Arthofer: ,Da sind Ordner zu sehen, die auf Fans hintreten‘. Man werde klar sehen, von wem die Gewalt ausging, sagt Arthofer. Fangruppen sprachen damals von ausufernder Gewalt durch die Polizei und Ordner. Einige Angeklagten gestanden einzelne Taten, stritten aber das ,Date‘ zum Landfriedensbruch ab. Auch jenes Drittel der Beschuldigten, die wegen des Delikts vorbestraft sind. Zwei, die voll geständig waren, fassten drei Monate bedingte Haft und ein sechsmonatiges Stadionverbot aus. Der Prozess läuft bis 1. August.“

 

Einen weiteren Bericht über die bisher geschilderten Ereignisse gibt es im „Kurier.at“ vom 22. September 2014 mit der Überschrift „Rapid-Fans verurteilt: Anwalt will deshalb 20 Polizisten anzeigen“..... „Grün war am Montag im Landesgericht Wien die Farbe des Tages. Zur Urteilsverkündung gegen 19 angeklagte Rapid-Fans kamen auch zahlreiche solidarische Unterstützer. Allein: Der Erfolg war aus deren Sicht bescheiden. 18 der 19 Angeklagten wurden verurteilt (bis auf einen nicht rechtskräftig). 17 wegen Landfriedensbruch, einer wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt.

,Damit ist wieder etwas vom Rechtsstaat gestorben', sagt Rechtsanwalt Manfred Arthofer. Und er kündigt eine Retourkutsche an. ,Ich werde 20 Polizisten anzeigen. Davon 18 WEGA-Beamte, die davonlaufende Fans attackiert haben, und zwei Polizisten wegen falscher Aussagen.' “

 

 

Soweit ein Ausschnitt aus der diesbezüglichen Medienberichterstattung.

 

(Jüngst bekannt gewordene Vorfälle, wie sie in der Titelgeschichte des Falter Nr. 11/15 geschildert werden - „Eine Frau. 12 Polizisten. Ein Video.“ - und wo der Falter wörtlich von der „Chronologie eines Polizeiskandals und eines Justizversagens“ schreibt, lassen den Schluss zu, dass es durchaus angebracht ist, auch das Verhalten von Staatsanwaltschaften kritisch zu hinterfragen.)

 

Am 23. Oktober 2014 übermittelte Rechtsanwalt Mag. Manfred Arthofer im Namen von zwei Anzeigern (per Einschreiben) eine Sachverhaltsdarstellung zu den Vorfällen vom 7.9.2013 an die Staatsanwaltschaft Wien. In dieser Sachverhaltsdarstellung werden Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma und Beamte des Einsatzkommandos der WEGA als Verdächtige genannt

wegen: Faktum 1: Verdacht der schweren Körperverletzung und Faktum 2: Verdacht der absichtlich schweren Körperverletzung. Weiters ergibt sich aus dem Schriftsatz, dass sich die beiden Anzeiger einem einzuleitenden Strafverfahren als Privatbeteiligte anschließen.


Im Schriftsatz wird der Sachverhalt, welcher durchaus Substrat hat, detailliert geschildert und neben anderen Beweisanträgen werden auch solche nach Sichtung von einschlägigem Videomaterial vorgebracht.

 

Mag. Arthofer hat (jedenfalls bis zum 16.2.2015) trotz der sehr substanzreichen Anzeige keine Information darüber, welche Reaktion die Staatsanwaltschaft aufgrund der Sachverhaltsdarstellung gesetzt hat.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten haben selbstverständlich nicht die Absicht, zu beurteilen, welche Tatbestände allenfalls nach dem genannten Fußballspiel von welcher Seite auch immer erfüllt wurden. Dies festzustellen, ist Aufgabe der unabhängigen Gerichte. Wichtig erscheint allerdings schon, dass gegenüber allen Beteiligten von Seiten der Justizbehörden und insbesondere von Seiten der Staatsanwaltschaft mit der gleichen Fairness vorgegangen wird und für alle die gleichen Maßstäbe gelten.

 

 

Die unterzeichneten Abgeordneten sind nicht frei von jedem Zweifel, ob diese gleiche Fairness im gegebenen Zusammenhang insbesondere gegenüber den Fußballfans ständig eingehalten wurde und richten daher an den Bundesminister für Justiz nachstehende

Anfrage:

1.    Wurden in der in der Begründung dargestellten Causa (Vorfälle nach dem Rapid-Spiel gegen den 1. FC Nürnberg am 7. September 2013) Weisungen an staatsanwaltliche Behörden erteilt?

2.    Wenn ja: Welche Weisungen wurden erteilt?

3.    Wurde das Bundesministerium für Justiz über die geplanten Vorgangsweisen der staatsanwaltschaftlichen Behörden gegenüber Fußballfans in dieser Causa informiert?

4.    Wenn nein: Warum nicht?

5.    Wenn ja: Was war die Reaktion des Bundesministeriums für Justiz?


6.    Wie in der Begründung der Anfrage dargestellt, übermittelte Rechtsanwalt Mag. M.A. im Namen von zwei Anzeigern eine umfassende, fundierte Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Wien. Was war die Reaktion der Staatsanwaltschaft Wien auf diese Sachverhaltsdarstellung?

7.    Wurde die Oberstaatsanwaltschaft Wien beziehungsweise in Folge das Bundesministerium für Justiz über diese Sachverhaltsdarstellung informiert?

8.    Sind Sie der Auffassung, dass die Staatsanwaltschaft Wien gegenüber allen in dieser Causa Beteiligten - das heißt insbesondere gegenüber allen der Begehung von Straftaten in diesem Zusammenhang Angezeigten - mit der gleichen Fairness vorgegangen ist und tatsächlich für alle die gleichen Maßstäbe gelten?

9.    Bei den gegenständlichen Verfahren kam es zur sehr weitgehenden Anwendung des § 274 StGB (Landfriedensbruch), welcher von vielen Seiten - auch vom Bundesminister für Justiz - in jüngerer Zeit kritisiert worden ist. Im Zuge der Vorbereitungen für das Projekt StGB 2015 soll § 274 StGB - wie die unterzeichneten Abgeordneten informiert sind - novelliert werden. Welche Inhalte sind für Sie bei der Neufassung des § 274 StGB besonders wichtig?

10.  Welche Gründe sprechen nach Ihrer Auffassung dagegen, dass § 274 StGB ersatzlos gestrichen wird?