4299/J XXV. GP

Eingelangt am 19.03.2015
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Anfrage

 

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Justiz

betreffend den Umgang mit dschihadistischen Inhaftierten im Strafvollzug

BEGRÜNDUNG

 

Alarmiert durch Terrorakte verspricht die Politik immer strengere Ermittlungsgesetze und setzt auf mehr Überwachung. Übersehen wird, dass es meist nicht an Informationen und Erkenntnissen fehlt, sondern an anderer Stelle zu Fehlern kommt, sei es bei der Einschätzung von Informationen oder im Umgang mit potentiellen TerroristInnen.

Die Bundesregierung hat ein Antiterrorpaket geschnürt. Rund 90% davon gehen in Ausgaben im Bereich der inneren Sicherheit. Ob damit auch finanzielle Mittel für den Bereich der Gefängnisarbeit mitumfasst sind, ist nicht bekannt. Gefängnisse waren jedenfalls bisher das Rekrutierungsgebiet des islamistischen Terrors. Dort braucht es Konzepte. Nicht nur die Attentäter von Paris haben sich im Gefängnis radikalisiert, sondern auch die Gründung und Anwerbung zahlreicher internationaler islamistischer Terrorgruppen haben ihre Wurzeln in den Gefängnissen.

Die Gründe, warum Gefängnisse Nährböden für Radikalisierung sind, liegen auf der Hand: Zeit, wenig Zukunftsperspektive und fehlende Netzwerke außerhalb des Gefängnisses, interne Hierarchien, Wut auf Staat und Gesellschaft, Religion als letzter Halt und Sinngeber, die Möglichkeit auf Anerkennung.

Nach derzeitigem Stand sind knapp 200 Personen aus Österreich in den Syrien-Krieg gezogen. Die Dunkelziffer könnte allerdings höher sein. Die Zahlen zeigen, dass mit einem Anstieg von Inahftierten, die islamistisches Gedankengut vertreten und die als Terror-SympathisantInnen einzuschätzen sind, gerechnet werden kann.

Der Strafvollzug in Österreich ist grundsätzlich als offener Vollzug organisiert. Tagsüber sind die Zellentüren zumindest bis zum frühen Nachmittag geöffnet, um Arbeit, Freizeit und Sozialkontakte zu ermöglichen. Das ist grundsätzlich sinnvoll, stellt den Strafvollzug aber gerade bei islamistischen Gefangenen vor Herausforderungen. Es ist davon auszugehen, dass zumindest ein Teil den Kontakt zu Gleichgesinnten sucht oder aber andere Gefangene für ihre Ideen gewinnen will.

Konzepte, wie mit Syrien-Rückkehrern im Strafvollzug umgegangen wird, sind nicht bekannt. Bis dato hat Ende Februar ein österreichweites Treffen der GefängnisdirektorInnen zum Thema stattgefunden. Mehr an Konzepten und Aktivitäten ist nicht bekannt. Wer dieses Problem nicht ernst nimmt, kann unendlich viele Polizeihubschrauber kaufen oder Überwachungsmaßnahmen ohne Ende einführen, riskiert aber trotzdem die Gründung von Terrorzellen hinter den Gefängnismauern und wird die Auseinandersetzung gegen den Terror verlieren.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Wie hoch ist der Betrag, den die Justiz für besondere Maßnahmen in der Gefängnisarbeit mit dschihadistischen Inhaftierten aus dem im Jänner von der Bundesregierung geschnürten Antiterrorpaket in der Höhe von 300 Millionen Euro erhält?

2.    Wie hoch ist der Betrag, der außerhalb der Mittel gemäß Frage 1 für die Herausforderungen im Umgang mit dschihadistischen Inhaftierten zusätzlich dem Strafvollzug zur Verfügung gestellt wird?

3.    Wie hoch sind in Summe die Mittel, die dem Strafvollzug für besondere Maßnahmen im Umgang mit dschihadistischen Inhaftierten zur Verfügung stehen?

4.    Welche konkreten Schulungsmaßnahmen für JustizwachebeamtInnen bezogen auf den Umgang mit dschihadistisch motivierten Inhaftierten hat es bis 31.3.2015 gegeben?

5.    Wie viele BeamtInnen aus welchen Justizanstalten haben daran teilgenommen?

6.    Was waren die genauen Schulungsschwerpunkte?

7.    Wie viele weitere Schulungen für JustizwachebeamtInnen sind bis zum 30.6.2015 bereits geplant und ausgeschrieben?

8.    Was werden die konkreten Inhalte dieser Schulungen sein?

9.    Wer führt diese Schulungen durch?

10. Gibt es einen Erlass, der sicherstellt, dass bei dschihadistischen Inhaftierten am Beginn der Haftstrafe eine Einschätzung darüber getroffen wird, ob sie weiter islamistisch-motiviert politisch aktiv sein werden und damit von ihnen im Gefängnis Rekrutierungs- und Vernetzungsgefahr ausgehen wird oder nicht?

11. Wenn ja, wann ist der Erlass ergangen und was ist sein genauer Inhalt?

12. Wer nimmt diese Einschätzung vor?

13. Wenn kein Erlass ergangen ist, warum nicht bzw. wie kann ohne diese Einschätzung im Strafvollzug der richtige Umgang mit den betroffenen Inhaftierten gefunden werden?

14. Ist im Strafvollzug sichergestellt, dass Personen mit dschihadistischen Einstellungen keinen Umgang untereinander haben?

15. Wenn ja, gibt es dazu einen Erlass?

16. Wann wurde er erlassen und was ist sein genauer Inhalt?

17. Gibt es eine festgelegte Vorgangsweise, welche Schritte im Vollzug zu setzen sind, wenn einzelne Inhaftierte dschihadistisch motivierte Agitations- und Anwerbeversuche im Strafvollzug vornehmen?

18. Wenn ja, gibt es dazu einen Erlass?

19. Wann wurde er erlassen und was ist sein genauer Inhalt?

20. Gibt es im Strafvollzug ein Angebot zur Deradikalisierung von dschihadistisch-motivierten Inhaftierten?

21. Wenn ja, welchen genauen Inhalt hat dieses Deradikalisierungsprojekt?

22. Wer hat es ausgearbeitet?

23. Wer soll der Träger dieses Projekts sein?

24. Welche fachlichen Professionen sind in die Deradikalisierungsarbeit eingebunden?

25. Laut Medienberichten sollen Imame in die Deradikalisierungarbeit eingebunden werden. Handelt es sich dabei um die islamische Gefängnisseelsorge oder eigens dafür ausgesuchte Imame?

26. Wenn GefängnisseelsorgerInnen, was bedeutet das für die Verschwiegenheit der Seelsorge?

27. Für den Fall, dass diese gilt, wie kann dann eine Einschätzung getroffen werden, ob die Deradikalisierungsarbeit bei einzelnen Inhaftierten greift?

28. Wer überprüft, ob die Gefängnisseelsorger oder andere Imame tatsächlich fachlich für die Deradikalisierungsarbeit geeignet sind?

29. Welche genauen islamischen Trägerorganisationen sollen diese Imame für die Deradikalisierungsarbeit zur Verfügung stellen?

30. Werden im Rahmen der Deradikalisierungsarbeit auch Familienangehörige einbezogen, um so möglicher weise leichteren Zugang zum Betroffenen zu bekommen?

31. Soll es im Rahmen des Strafvollzugs Präventionsarbeit für nicht-dschihadistisch motivierte Inhaftierte geben, die aber möglicherweise zur potentiellen Zielgruppe für Anwerbeversuche gehören?

32. Wenn ja, wer soll diese Präventionsarbeit durchführen?

33. Gibt es Überlegungen, wie Kontakte von Inhaftierten zum deutschsprachigen   islamistischen Gefangenunterstützungsverein Ansarul-Aseer unterbunden werden können?

34. Gibt es dazu einen Erlass?

35. Wenn ja, wann wurde er erlassen und was ist sein genauer Inhalt?