4318/J XXV. GP

Eingelangt am 20.03.2015
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Anfrage

 

der Abgeordneten Alev Korun, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Bildung und Frauen

betreffend wertschätzender und lebensnaher Umgang mit Mehrsprachigkeit statt Sprachverbote

BEGRÜNDUNG

 

Artikel 29 der Kinderrechtekonvention der Vereinten Nationen, die auch von der Republik Österreich unterzeichnet wurde, besagt: "Die Vertragsstaaten kommen darin überein, dass die Bildung des Kindes darauf gerichtet sein muss, die Persönlichkeit, die Begabung und die geistigen und körperlichen Fähigkeiten des Kindes voll zur Entfaltung zu bringen, dem Kind Achtung vor den Menschenrechten und den Grundfreiheiten und den in der Charta der Vereinten Nationen verankerten Grundsätzen zu vermitteln, dem Kind Achtung vor seinen Eltern, seiner kulturellen Identität, SEINER SPRACHE und seinen kulturellen Werten zu vermitteln (siehe unter: https://www.unicef.at/fileadmin/media/Kinderrechte/crcger.pdf).

Trotzdem wird seit Jahren immer wieder bekannt, dass manche Mutter-, Umgangs- und Familiensprachen von Kindern und Jugendlichen an österreichischen Schulen verboten werden.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.      Wie kann es sein, dass gerade dort, wo Kindern und Jugendlichen mit Respekt vor ihnen, aber auch vor anderen, begegnet werden soll, ebendiesen ihre Sprache(n) verboten werden wie es kürzlich wieder bekannt wurde?


2.      Die Wiener Zeitung berichtete am 1.3.2013, das Unterrichtsministerium "reagiert auf Beschwerden mit Präventionsmaßnahmen in der Pädagogenausbildung und durch Erlässe und Rundschreiben, die alle Lehrer darauf hinweisen, dass es zum Beispiel rechtswidrig ist, Schülern in der Pause den Gebrauch ihrer Muttersprache zu untersagen". Bitte um Auflistung der besagten Präventionsmaßnahmen und die Beifügung der Erlässe und Rundschreiben, die auf die Rechtswidrigkeit von Sprachverboten in Schulen hinweisen.

 

3.      Von wann sind die genannten Erlässe und Rundschreiben? Wann wurden sie an die Schulen weitergeleitet?

 

4.      Wie geht das Ministerium vor, wenn trotz dieser Erlässe und Rundschreiben rechtswidrige Sprachverbote bekannt werden?

 

5.      Da das Ministerium auch schon damit argumentiert hat, dass die Schulaufsicht in erster Instanz den Landesschulräten obliege und das Ministerium damit nur indirekt betroffen sei: Wie schaut die konkrete Kooperation mit diesen in der Bekämpfung von rechtswidrigen Sprachverboten aus?

 

6.      Wie stellen Sie sicher, dass mit dem oben genannten Argument nicht ein Vorgehen a la "Wenden Sie sich an das Salzamt" an den Tag gelegt wird, an dessen Ende die vielen, immer wieder bekannt werdenden faktischen Sprachverbote stehen, weil die zuständigen Stellen insgesamt untätig sind und wegschauen?

 

7.      Falls es die in der Wiener Zeitung von Ministeriumssprecher angegebenen Rundschreiben und Erlässe noch immer nicht gibt: werden Sie ein Rundschreiben, mit dem die Rechtswidrigkeit des Verbots von Mutter-, Umgangs- und Familiensprachen bzw von Sprachen insgesamt klar dargelegt und dafür gesorgt wird, dass solche Sprachverbote nicht mehr vorkommen, beauftragen und finalisieren?

 

8.      Da das Verbot meist sogenannte "Migrantensprachen" wie Bosnisch-Kroatisch-Serbisch, Türkisch, Kurdisch, Arabisch ua betrifft: Sind Fälle bekannt, dass auch Englisch oder Französisch am Schulhof verboten werden/wurden?

 

9.      Ist es für Sie vorstellbar, dass Englisch oder Französisch am Schulhof verboten wird?

 

10.  Das Netzwerk SprachenRechte weist in ihrer Stellungnahme vom 20.3.2015 "die Sprachverbote auf das Schärfste zurück" und sagt "Wer Kindern ihre Sprachen verbietet, richtet Schaden an, denn für das Erlernen der deutschen Sprache braucht es ein solides Fundament in der Familiensprache". Was werden Sie den ExpertInnen des Netzwerks SprachenRechte auf ihre Kritik antworten?

 

11.  Was werden Sie konkret unternehmen, um allen Verantwortlichen die schädlichen und kontraproduktiven Auswirkungen von Sprachverboten bewußt zu machen und dafür zu sorgen, dass es nicht mehr zur Missachtung der Sprachen von Kindern und Jugendlichen an österreichischen Bildungseinrichtungen und zu Sprachverboten kommt?