4351/J XXV. GP

Eingelangt am 24.03.2015
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Justiz

 

betreffend Abänderung des Textes der Bundeshymne

 

Am 22. Oktober 1946 wurde auf Initiative des damaligen Unterrichtsministers Dr. Felix Hurdes vom Ministerrat der österreichischen Bundesregierung, die Melodie des Wolfgang Amadeus Mozart zugeschriebenen „Brüder, reicht die Hand zum Bunde“ zur künftigen Volkshymne zu erklären. Über diesen Beschluss des Ministerrats wurde in der Wiener Zeitung am 23. Oktober 1946 Ausgabe 247 ausführlich berichtet. Am 09. März 1947 wurde in der Wiener Zeitung der endgültige Text unter dem Titel „die neue Bundeshymne“ veröffentlicht. Dieser wurde von der Dichterin Paula von Preradovic verfasst und lautete folgendermaßen:

 

„Land der Berge, Land am Strome,

Land der Äcker, Land der Dome,

Land der Hämmer, zukunftsreich.

Heimat bist du großer Söhne,

Volk, begnadet für das Schöne,

Vielgerühmtes Österreich.

 

Heiß umfehdet, wild umstritten,

Liegst dem Erdteil du inmitten,

Einem starken Herzen gleich.

Hast seit frühen Ahnentagen,

Hoher Sendung Last getragen,

Vielgeprüftes Österreich.

 

Mutig in die neuen Zeiten,

Frei und gläubig sieh uns schreiten,

Arbeitsfroh und hoffnungsreich.

Einig laß in Brüderchören,

Vaterland, Dir Treue schwören,

Vielgeliebtes Österreich.“

 

In den letzten Jahren ließen immer wieder Frauenrechtlerinnen damit aufhorchen, dass sie den Text in eine geschlechtsneutrale Form umändern wollen. Vor allem störten sie sich an der Zeile: „Heimat bist du großer Söhne“.

 

Am 18. November wurde von den Abgeordneten Schittenhelm, Wurm, Schwentner, Gerstl, Wittmann, Musiol ein Initiativantrag mit folgendem Text eingebracht:

 

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz über die Bundeshymne der Republik Österreich

Der Nationalrat hat beschlossen:

§1. Die Bundeshymne der Republik Österreich besteht aus drei Strophen des Gedichts „Land der Berge“ und der Melodie des sogenannten Bundesliedes, beides in der Form der einen Bestanteil dieses Gesetzes bildenden Anlage.

 

§2. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist die Bundesregierung betraut.“

 

Durch die Textänderung wird das Urheberrecht, welches das geistige Eigentum schützt, verletzt, denn jeder Text besteht noch 70 Jahre lang nach dem Tod des Dichters oder Komponisten. Im konkreten Fall steht dieses Recht den Rechtsnachfolgern, also dem noch lebenden Sohn sowie der Schwiegertochter von Paula von Preradovic, zu. Entsprechend dieses Urheberrechts darf ein Werk nur geringfügig verändert werden, Substanz und Inhalt, wie im Falle der Textänderung der Bundeshymne, müssen allerdings unangetastet bleiben. Die Republik bezieht sich auf ein OGH-Urteil vom 15.12.2010, in welchem der OGH einer Klage der Erben nicht stattgegeben hat (OGH-Urteil Nr. 4 Ob 171/10s). Allerdings bezog sich dieses Urteil nicht auf die generelle Änderung des Textes der Bundeshymne, sondern einzig und allein auf die Verwendung eines abgeänderten Textes zu Werbezwecken für eine Informationskampagne zum Thema Bildungsreform, also für einen speziellen Anlassfall. Unter Absatz 3.2 des OGH-Urteils heißt es: „Es bedarf einer Interessensabwägung im Einzelfall zwischen dem Werkschutz als zentraler Bestimmung des Urheberpersönlichkeitsrechts und dem Gebrauchsinteresse des Nutzungsberechtigten, bei der vor allem auf die Kriterien der Art und Intensität des Eingriffs, der Gestaltungshöhe des Werks (seines künstlerischen Rangs) und seines konkreten Gebrauchszwecks Bedacht zu nehmen ist (4 Ob 49/10z mwN)“.

 

Unter 3.6 steht zu lesen: „Im Anlassfall hat die werknutzungsberechtigte Republik Österreich den Text der Bundeshymne nicht ganz allgemein, sondern für einen konkreten Verwendungszweck dadurch abgeändert, dass in der ersten Strophe die vierte Zeile „Heimat bist du großer Söhne“ durch den Zusatz „und Töchter“ ergänzt wird, hingegen die fünfte Zeile und Wiederholung der Schlusszeile entfallen; nach den ersten drei Zeilen der zweiten Strophe wird sodann die vierte Zeile der ersten Strophe in der beschriebenen veränderten Form angefügt und abschließend die wiederholte Schlusszeile der ersten Strophe angefügt.“

 

Unter 3.7 steht: „Diese Veränderungen am Text verfolgen erkennbar die Absicht, zum einen den Grundsatz der Gleichbehandlung beider Geschlechter zum Ausdruck zu bringen, zum anderen eine Kurzfassung der Bundeshymne zu schaffen, die für junge Menschen (verglichen mit dem Originaltext, einem Hymnus in klassischer Versform) ansprechender ist und die in ihrem formalen Aufbau dem Schema vieler Pop-Songs (Strophe-Refrain-Strophe-variierter Refrain) entspricht. Die Veränderungen sind im Kontext der konkreten Verwendung des Werks durch Art und Zweck der erlaubten Werknutzung gerechtfertigt.“

 

Dieses OGH-Urteil bezieht sich ganz offensichtlich nur auf eine Hymnenänderung in einem ganz bestimmten Anlassfall.

 

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Justiz folgende

 

 

 

ANFRAGE

 

1.    Wie genau hat die Bundesregierung dieses Gesetz vollzogen bzw. wie wird sie es vollziehen?

2.    Gibt es zu diesem Gesetzesbeschluss eine entsprechende Verordnung der Bundesregierung?

3.    Wie beurteilen Sie die rechtliche Einschätzung, dass die Veränderungen des Textes der Bundeshymne und die Verwendung desselben ausschließlich der Republik vorbehalten sind?

4.    Inwieweit sind Privatpersonen vor Klagen betreffend das Urheberrecht geschützt, wenn sie die Bundeshymne in ihrer veränderten Form in der Öffentlichkeit singen?

5.    Inwieweit sind Künstler vor Klagen betreffend das Urheberrecht geschützt, wenn sie die Bundeshymne in ihrer veränderten Form singen?