4431/J XXV. GP

Eingelangt am 26.03.2015
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Petra Bayr, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend die Umsetzung des DAC Peer Reviews 2015 ‑ Kapitel 1 „Towards a comprehensive Austrian development effort“

Alle fünf Jahre wird die österreichische Entwicklungspolitik samt deren Umsetzung im Peer Review Verfahren überprüft[1]. Gemessen wird anhand der gemeinsamen Zielsetzung des Development Assistance Committee (DAC). Bei der Präsentation des Berichtes Mitte Jänner in Wien betonte Erik Solheim, Vorsitzender des DAC, vor allem die Leistungen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. Österreich trage wesentlich zur Armutsreduktion, zur Friedenssicherung und zum Schutz globaler Güter bei. Österreich könne und solle aber mehr tun: So empfiehlt er nicht nur mehr Geld für internationale Zusammenarbeit zur Verfügung zu stellen (Österreich ist ja bekanntlich mit 0,28% des BNE für EZA vom 0,7% Ziel meilenweit entfernt), sondern auch öfter bei spezifischen Themen eine Führungsrolle zu übernehmen. Damit spricht der ehemalige norwegische Umwelt- und Entwicklungsminister nicht nur das vielfach kritisierte geringe Ausmaß der österreichischen ODA (Official Development Assistance) an, sondern fordert auch stärkeren politischen Einsatz für Entwicklungszusammenarbeit ein.

Der Bericht spricht in sieben Analyseeinheiten klare Empfehlungen aus, die unter anderem die bessere Organisation der OEZA, eine langfristig abgesicherte Finanzierung und eine rasche Abwicklung der Humanitären Hilfe anstreben. Manche Empfehlungen sind alte Bekannte und wurden bereits in den vergangenen Berichten genannt.

Das Konzept der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung - Policy Coherence for Development (PCD) leitet dabei als optimaler Sollzustand die Empfehlungen im Bericht. Vereinfacht gesagt strebt PCD an, alle Politiken eines Landes unter entwicklungspolitischen Leitzielen zu versammeln[2]. Österreich hat sich mehrfach zu PCD bekannt: Der Artikel 208 des Lissaboner Vertrages verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten zur Bekämpfung der Armut in den Entwicklungsländern und zur Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung. Auch das österreichische Entwicklungszusammenarbeitsgesetz enthält einen Verweis auf Politikkohärenz.

Auch die beste Empfehlung bleibt ohne entsprechende Umsetzung wirkungslos. Österreich hat lediglich 7% der Empfehlungen aus dem vorigen DAC Peer Review Bericht aus dem Jahr 2009 umgesetzt (OECD DAC Peer Review, Seite 9 und 85 ff.). 73% wurden teilweise und 20% wurden gar nicht um gesetzt. Der Blick in die Schweiz[3] ergibt folgendes Bild: 53% der Empfehlungen wurden umgesetzt, 42% teilweise und 5% gar nicht.

Alle in den Anfragen zitierten Empfehlungen beziehen sich auf den DAC Peer Review 2015.

Im ersten Kapitel „Towards a comprehensive Austrian development effort“ spricht das DAC folgende Empfehlungen aus:

1.1.   Austria should develop a clear approach to addressing policy incoherence, prioritising selected topics and mechanisms and including means of monitoring and reporting across government, while drawing on the expertise and analytical capacity existing in the country.

1.2.   To ensure development effectiveness, Austria needs to set out clear developmental objectives and expected results of using ODA as a catalyst to leverage private Investment.

Zur Umsetzung der im ersten Kapitel genannten Empfehlung des OECD/DAC Peer Reviews stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres folgende

Anfrage:

1)    Empfehlung 1.1. kritisiert den fehlenden gesamtstaatlichen Ansatz der österreichischen Entwicklungspolitik. Alle Politikbereiche sollten einbezogen und kohärent im Sinne von Entwicklung abgewickelt werden. Bereits der Prüfbericht des DAC aus dem Jahr 2009 enthielt diese Empfehlung. Warum hat es bisher keine Fortschritte bei PCD gegeben?

a)     Welche Anstrengungen wurden diesbezüglich nach 2009 unternommen?

2)    Der Bericht moniert die starke Fragmentierung der österreichischen ODA und nimmt damit direkt Bezug auf die internationale Diskussion zur Wirksamkeit. Welchen Handlungsspielraum sehen Sie als zuständiger Fachminister, die vielfach kritisierte Fragmentierung der österreichischen ODA zu reduzieren?

3)    Welche Schritte hat Ihr Ressort bereits unternommen, um Inkohärenzen der österreichischen Politik zu thematisieren und im besten Fall zu beseitigen? Bitte um genaue Auflistung nach verschiedenen Aktionen und Handlungsebenen (ressortintern, ressortübergreifend, auf EU­Ebene...).

4)    Wie sieht der Arbeitsplan 2015 -2016 für die Interministerielle Arbeitsgruppe (IMAG) Kohärenz aus?

5)    Nach welchen Kriterien setzten sich die Mitglieder der Interministeriellen Arbeitsgruppe Kohärenz zusammen?

6)    Was waren die Aktivtäten der IMAG in den vergangenen beiden Jahren?

7)    Bei welchen konkreten Beispielen hat die Aktivität der IMAG Inkohärenz(en) verhindert?

8)    Wie bewerten Sie das Funktionieren der IMAG?

9)    Welche Möglichkeiten sieht ihr Ressort, für eine bessere Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Ministerien?

10)  Der Bericht empfiehlt verstärkt auf Expertise zu PCD von österreichischen NGOs und Think Tanks zurückzugreifen. Wie beurteilen Sie diese Empfehlung?

11)  Wird Ihr Ressort in den nächsten beiden Jahren verstärkt auf zivilgesellschaftliche Expertise zum Thema Politikkohärenz zurückgreifen?

a)   Wenn ja, in welcher Art und Weise?

b)   Wenn ja, von welchen NGOs oder Think Tanks?

c)    Wenn nein, warum nicht?

12)  Wie bewertet Ihr Ressort die Idee des Prüfberichts, dem Parlament regelmäßig über Fortschritte zu PCD zu berichten?

13)  Welche Schritte plant Ihr Ressort zur Umsetzung der Empfehlung 1.2.?

14)  Im Prüfbericht lobt das DAC Team die österreichische Kooperation mit dem Privatsektor. Kritisiert jedoch, dass die Zielsetzung dieser Kooperation nicht ausreichend definiert und der Beitrag zur Armutsminderung ungewiss sei. Wie bewerten Sie diese Kritikpunkte?

15)  Wie wird aus Sicht Ihres Ressorts sichergestellt, dass die Aktivitäten des Bereichs Wirtschaft und Entwicklung der Armutsminderung dienen?

16)  Wie wird aus Sicht Ihres Ressorts sichergestellt, dass die Aktivitäten des Bereichs Wirtschaft und Entwicklung nach Beschlussfassung der SDGs zum Erreichen einzelner dieser Ziele dienen?

17)  Auf welche Weise ist im Rahmen konkreter Landesstrategien vorgesehen, das strategische Ziel der Armutsminderung durch Entwicklung des Privatsektors in den Mittelpunkt zu stellen?

18)  Auf welche Weise ist im Rahmen konkreter Landesstrategien vorgesehen, nach Beschlussfassung der SDGs das Erreichen spezifischer Ziele durch Entwicklung des Privatsektors anzustreben?

19)  Welche Potentiale können gegeben sein, wenn das strategische Ziel Armutsminderung durch Entwicklung des Privatsektors in einer Landesstrategie in den Mittelpunkt gestellt wird?

20)  Welche Potentiale können gegeben sein, wenn nach Beschlussfassung der SDGs das Erreichen spezifischer Ziele durch Entwicklung des Privatsektors in einer Landesstrategie in angestrebt werden?

21)  Welche Hindernisse können gegeben sein, wenn das strategische Ziel Armutsminderung durch Entwicklung des Privatsektors in einer Landesstrategie in den Mittelpunkt gestellt wird?

22)  Welche Hindernisse können gegeben sein, wenn nach Beschlussfassung der SDGs das Erreichen spezifischer Ziele durch Entwicklung des Privatsektors in einer Landesstrategie angestrebt werden

23)  Wie wird in diesem Zusammenhang der Resultatorientierung, unter anderem auch im Sinne einer regelmäßigen Selbstbewertung der Performance dieses Förderungsbereichs, Rechnung getragen?



[1] Alle Berichte finden sich auch der Seite des DAC: http://www.oecd.org/dac/peer-reviews/peer-review-austria.htm

[2] (vgl. Obrovsky/Schlögl: Politikkohärenz durch Kohärenzpolitik, Bedingungen für Policy Coherence for Development in Österreich, ÖFSE Edition 17, 2011)

[3] http://www.oecd.org/dac/peer-reviews/peef-review-switzerland.htm